SG Praunheim - FC Bayern München

Bundesliga, Staffel Süd - 4. Spieltag

1:0 (1:0)

Termin: 30.09.1990
Zuschauer: 2.200
Schiedsrichter: Haupt
Tore: 1:0 Dörner (39.)

 

 

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SG Praunheim FC Bayern München

  • S. Metz
  • Häusler
  • Zeeck
  • Hasche
  • E. Metz
  • Damerau
  • Zimmermann
  • Wegener (41. Spees)
  • Dörner (71. Kessler)
  • Heck
  • Henninger

 


  • Friedrich
  • Uebelhör
  • Paul
  • Weis
  • Walden
  • Yamak (67. Becker)
  • Wiest
  • Weimar
  • Beyerbach
  • Bindl
  • Grom (57. Steinbrunner)

 

Trainer

  • Dieter Hochgesand

Trainer

  • Cornelia Doll

 

 

Frankfurterinnen versetzten jetzt schon den vierten Berg

Der Höhenflug hält weiter an

Nach drei Bergen haben die Fußballerinnen des Bundesligisten SG Praunheim, um mit den Worten des SG-Trainers Dieter Hochgesand zu reden, nun auch den vierten Berg versetzt: Die Praunheimerinnen bezwangen vor heimischer Kulisse durch einen Treffer von Anja Dörner kurz vor der Pause Bayern München mit 1:0.

Wahrlich: die Gastgeberinnen haben sich nicht nur zum Favoritenschreck gemausert, sondern sich bereits als abermalige Spitzenreiter fest im oberen Tabellendrittel etabliert Selbst die Assistenztrainerin der Frauen-Fußball-Nationalmannschaft, Christina Theune-Meyer, zeigte sich von Spiel und Kulisse (2200 Zuschauer bedeuteten Rekord in der noch jungen Bundesliga-Saison) sehr angetan, sprach von einer Euphoriewelle, auf der die Gastgeberinnen schwimmen.

Doch zunächst sah es nicht danach aus, als würde die SG den Gipfel der Fußball-Glückseligkeit erklimmen können. Die Gäste schwangen das Zepter, wirkten homogener und erwiesen sich als zweikampfstärker. Ausgeprägtes Spielverständnis, gepaart mit guter körperlicher Athletik verschafften ihnen ein deutliches Übergewicht, das sie jedoch nicht zu nutzen wußten. Ihre Durchschlagskraft endete an der Strafraumgrenze der SG. Lediglich ein Fernschuß von Jutta Wiest, den die ausgezeichnete Sandra Metz über die Latte lenkte, sorgte für ernsthafte Gefahr. Ansonsten gab die SG-Abwehr um Libero Lisa Häusler, die einen hervorragenden Part abgab, ihre Strafraumhoheit nicht ab.

Mit weitaus größeren Problemen sah sich dagegen das kompakte Mittelfeld der SG mit einer fitgemachten Ingrid Zimmermann und der Sturmspitze Anita Henninger konfrontiert Sie vermochten aufgrund des langanhaltenden gegnerischen Drucks ihre Abwehr nur selten zu entlasten und mußten sich auf gelegentliches Konterspiel besinnen. Das indes war vom Erfolg gekrönt. Kurz vor der Pause fiel der im Fünf-Meter-Raum freistehenden Anja Dörner ein Abpraller vor die Füße, den sie an Torhüterin Niobe Friedrich vorbei ins Tor lenkte.

In der zweiten Hälfte stritten beide Parteien nun ausgeglichener um die Spielanteile. Als knapper Punktgewinner gingen die Gastgeber hervor. Bayern-Trainerin Cornelia Doll lobte denn auch die Praunheimerinnen: „Aufgrund der Leistungssteigerung der SG in der zweiten Hälfte ist der Sieg nicht unverdient.“ Sowohl Anita Henninger, als mögliche zukünftige Nationalspielerin im Gespräch, als auch Münchens Nationalspielerin Roswitha Bindl scheiterten immer wieder an den beiden Torhüterinnen, die die wenigen Torchancen hervorragend vereitelten. (FR vom 01.10.1990)

 

 

Die SG Praunheim ist neuer Tabellenführer

In der Oberliga Hessen waren die Fußball-Frauen der SG Praunheim immer nur die Nummer zwei. Am FSV Frankfurt kamen sie nie vorbei. Für die neu eingeführte Bundesliga qualifizierten sie sich im letzten Moment. Abstiegskandidat, so lautete die Einschätzung der Konkurrenz. Vor zwei Wochen erreichten die Praunheimerinnen gegen den alten Rivalen FSV Frankfurt ein 3:3. Seit Sonntag sind sie Tabellenführer. Im Spitzenspiel schlug die SG Praunheim Bayern München 1:0 und hat jetzt 7:1 Punkte.

Sportlich ist die Erfolgsserie kaum zu erklären. „Die Mannschaft ist zu mehr in der Lage, als ich je vermutet hätte“, sagt Trainer Dieter Hochgesand. Er könne die Meßlatte für ihre Leistungen gar nicht so schnell höher legen, wie sie seine Spielerinnen überträfen. Tine Theune-Mayer, Trainerin der Junioren-Nationalmannschaft und Assistentin von Frauen-Bundestrainer Gero Bisanz, erklärt sich die überraschenden Siege der SG so: „Die Mannschaft spielt über ihre Verhältnisse. Sie schwebt geradezu, die Spielerinnen gehen auf den Platz und sind durch nichts zu erschüttern.“

Wodurch auch? Seit Monaten eilt die SG Praunheim von Erfolg zu Erfolg. Nicht nur auf dem Fußballplatz. Die Spielerinnen merken, daß sie etwas bewegt haben, daß sie und ihr Sport akzeptiert werden. Praunheim, der Stadtteil im Nordwesten Frankfurts, ist stolz auf seine Fußballspielerinnen. In der Oberliga kamen zwischen 20 und 50 Zuschauer, zu den Begegnungen mit dem FSV einmal 300. Seit es die Bundesliga gibt, ist es „in“, den Frauen beim Fußballspielen zuzuschauen. Gegen Sindelfingen waren 700 Praunheimer auf dem Platz, gegen die Bayern 2000. Das ist Rekord für alle Bundesligavereine. Zur Popularität dürfte auch das Portrait über die Mannschaft im Hessischen Fernsehen beigetragen haben. Eine halbe Stunde lang waren die Spielerinnen auf dem Bildschirm zu sehen. Viele Praunheimer erkannten ihre „Mädcher“ wieder. Die Männermannschaft der SG akzeptiert die weibliche Konkurrenz, die ihr den Rang in der Zuschauergunst abgelaufen hat. Zwar müssen die Frauen nach wie vor nach den Männern trainieren (20 Uhr Beginn), aber sie dürfen mittlerweile manchmal auf den Rasenplatz und nicht nur auf den Hartplatz.

Die Männer können nur davon träumen, einmal gegen die Bayern zu spielen. Die Frauen gewinnen sogar noch. Das ist mehr als man von der Eintracht behaupten kann. „Da kann sich die Eintracht eine Scheibe von abschneiden“, sagte einer der 2000 Zuschauer und meinte das Ergebnis. Er konnte sich nicht an den letzten Frankfurter Männersieg über die Bayern erinnern. Von der Spielweise der Frauen sollte sich die Eintracht keinesfalls eine Scheibe abschneiden. Frauen-Fußball sollte mit Männer-Fußball überhaupt nicht verglichen werden. Frauen spielen anders, eher wie Jugendmannschaften, in denen ebenfalls mehr wert darauf gelegt wird, selbst Fußball zu spielen, als den Gegner am Fußballspielen zu hindern.

In der gesamten Partie zwischen Praunheim und Bayern gab es drei absichtliche Foulspiele. Fair ging vor. Und das beim Aufeinandertreffen zwischen dem Zweiten und dem Dritten. Es war ein glücklicher Erfolg für die Frankfurterinnen. In der ersten Halbzeit zeigten sich die Bayern in allen Belangen ein wenig besser: läuferisch, körperlich und spielerisch. Die Münchnerinnen hatten allerdings wenige Torchancen, Praunheim jedoch einige. Die dritte verwertete eine Minute vor der Pause Anja Dörner. Nach der Pause konnte die SG die Partie offener gestalten. Wenn die Bayern gefährlich vors Frankfurter Tor kamen, wurden sie von dem überragenden Libero Lisa Häusler gestoppt. Und eine Minute vor dem Abpfiff verhinderte Torfrau Sandra Metz mit einer mutigen Parade den Ausgleich.

Der Favorit war besiegt. Die Frauen aus Praunheim freuen sich auf das nächste Heimspiel. „Ich schäme mich nicht für das Glück, das wir heute hatten“, sagte Trainer Hochgesand. „Ich weiß, daß wir irgendwann einmal die Rechnung dafür bekommen.“ Aber der Triumph über die Bayern und das Erlebnis, 2000 Zuschauer zu begeistern, ist der SG Praunheim nicht mehr zu nehmen. (FAZ vom 01.10.1990)

 

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