Frankfurter Fußball-Verein - Kickers Oxxenbach

Süddeutsche Meisterschaft, Nordgruppe 1919/20 - 4. Spiel

2:1 (1:0)

Termin: 18.04.1920
Zuschauer:
Schiedsrichter: Dr. Leibig (München)
Tore: 1:0 Karl Herber (10.), 1:1 Best, 2:1 Paul Imke

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach



  •  
  • Wendlig
  • Maßmann
  • Best
  •  

 

 

AUS DEM MAINGAU.

Das allgemeine Interesse im Nord- und Südmainkreis richtete sich auf das Spiel der beiden Kreismeister in Frankfurt. Nachdem vor acht Tagen in Offenbach sich Kickers und Fußballverein torlos die Wage hielten, gab man heute F.V. ein kleines Plus an Chancen, verursacht durch den Vorteil des eigenen Platzes und die Aussicht auf weniger als fünf Ersatzleute. Das Spiel endete denn auch zu Frankfurts Gunsten knapp 2:1; aber nicht auf Grund besseren Spiels, sondern größeren Glücks. Die Offenbacher waren nämlich fast dauernd im Angriff, während Frankfurt sich ernstlich seiner Haut wehren mußte.

Beide Mannschaften traten mit Ersatz an. Offenbach mit Wendlig und Maßmann als Ersatzverbindungsstürmer, sonst vollzählig, und diese beiden nicht aus dem Rahmen fallend. Frankfurt hatte sich dagegen wieder reichlich mit Ersatzleuten herausgeputzt. Zunächst fehlte die Seele der Mannschaft, der Mittelläufer Jockel, in der ersten Hälfte durch Becker, ganz gut, und dann durch Pfeiffer, sehr unvollkommen, ersetzt. Schönfeld spielte rechter Läufer sehr annehmbar und ging nach der Pause als Mittelstürmer vor, während Becker auf seinen alten Platz ging. Vom Sturm war nur Imke, trotz Verletzung spielend, vertreten. Die übrigen vier ersetzt; davon nur Thömes, Linksaußen, seinen Posten voll ausfüllend. Herber, Halbrechts, war vor Halbzeit sehr eifrig, dann aber nicht mehr gefährlich.

Das Spiel wird von Frankfurt gleich in die gegnerische Hüfte verlegt, wo die Verteidigung befreiend eingreift. Nach einem Abstecher ins andere Tor, ist der Ball gleich wieder zurück. Bereits in der l0. Minute gibt Herber durch unerwarteten Schuß der Frankfurter Elf die Führung. Der schwache Schuß hätte unbedingt gehalten werden können. Nach Wiederantritt setzt ein scharfes Tempo ein. Der Schiedsrichter, Dr. Leibig-München, von vorneherein bemüht, das Spiel durch wenig Pfeifen nicht zu stören, übersieht beiderseits Abseits, und verliert dadurch das Vertrauen der Zuschauer. Publikum wie Spieler werden nervös. Im Bestreben, das Heft durch Entscheidungen wieder in die Hand zu bekommen, ertönt die Pfeife mehrmals zu Unrecht. Und die Aufregung wächst; schon hat Offenbach mehr vom Spiel. Das Loch (nicht „im Westen", sondern in der Mitte der Frankfurter Läuferreihe, wo Jockel fehlt, wird immer deutlicher. Schneider versteht den neuen Nebenmann nicht, und hängt allein in der Gegend. Sein Spiel ist nicht wiederzuerkennen. Dagegen sind die Verteidiger und der Torhüter wieder fabelhaft, so daß es bis zur Pause es bei dem einen Tor bleibt.

Nach dem Wechsel spielt Pfeiffer Mittelläufer, damit ist die Verbindung in der Läuferreihe erst recht verschwunden und die verwundbare Stelle vergrößert. Offenbach ist im Angriff. Ein Strafstoß aus 20 Meter Entfernung (verwirkt durch Pfeiffer) wird durch Best scharf eingesandt. Den Ausgleich konnte Gmelin nicht verhindern, da ihm die Sicht genommen war. Immer lebhafter wird der Kampf, auch ausgeglichener. Viele Abseits übersieht der Schiedsrichter, der dem Ball nicht zu folgen vermag. Auf eine Flanke von rechts, die sich mit Effet ins Tor dreht, rennt Imke mit dem Offenbacher Tormann, als dieser gerade den Ball auf den Fingern der einen Hand unter der Latte tanzen läßt, ins Netz. Pfiff; Tor! Das Publikum ist teilweise unzufrieden; die Offenbacher Spieler glauben ebenfalls an einen falschen Entscheid, und wollen zunächst nicht weiterspielen. Die Entscheidung Tor ist durchaus richtig, der Tormann wurde nicht gefährlich angegangen und hatte den Ball berührt, übrigens schien dem Leder der Weg ins Tor ohne das Eingreifen Imkes sicher, da der sich drehende Ball schon unter der Latte war, als der Torhüter ihn erst mit einer Hand von seitwärts fassen konnte.

Die letzten paar Minuten waren für beide Mannschaften chancenreich, aber kein zählbarer Erfolg wurde eingebracht. Zweifellos hatte Offenbach mehr vom Spiel, aber andrerseits hätte der Südmeister auch keine Aussicht, die kompletten Frankfurter zu bewältigen.      Mönus.

 


 

Die Begegnungen Offenbacher Kickers - F.F.V.

Eine kritische Betrachtung.

Wenn ich als Sportsmann die Feder ergreife und zu dem letzten Treffen unserer beiden Mainmeister einige Worte sage, so geschieht dies nicht deshalb, um der Sportswelt einen üblichen Spielbericht vorzusetzen, sondern ich bin der Ansicht, daß der Verlauf des Spieles eine allgemeine Kritik verschiedener Umstände rechtfertigt. Über den Spielverlauf näher einzugehen, erübrigt sich wohl von selbst, denn der gebotene Sport war dermaßen arm an „Fußballspielen", daß ich es anderen Federn überlassen will, über die rasenden Flankenläufe mit blitzschnellen Flanken zu schreiben. Aber ich glaube, selbst ein Vereinsfanatiker findet keinen Stoff, um seinen Gefühlen Luft zu machen. Die Umstände sind nun verschiedener Art, die das Zusammentreffen unserer beiden Meister, auf das man so gespannt war, zu einem sozusagen planlosen Hin und Her werden ließ. An beiden Sonntagen wurde mit reichlich Ersatz angetreten. F.F.V. hatte im ersten Treffen den ganzen Sturm mit Ersatzleuten besetzt, die an Hilflosigkeit nichts zu wünschen übrig ließen, während im Rückspiel auf jeder Seite 4 Mann Ersatz auf dem Plan erschienen. Daß die beiden Vereine mit so reichlichem Ersatz antreten mußten, ist nicht ihre Schuld gewesen, aber die Art und Weise, wie man das vorhandene Spielermaterial aufstellte, ist mir jedenfalls nicht verständlich und ich glaube, der größte Teil der Frankfurter geht mit mir darin einig, daß da beim F.F.V. viel gesündigt wurde. Über die Offenbacher Mannschaft bzw. Verhältnisse bin ich nicht genügend orientiert, um mir da ein abschließendes Urteil zu bilden, was aber Frankfurt anbelangt, so glaube ich zur Abgabe eines solchen in der Lage zu sein.

Ich fange beim größten Nullpunkt der F.F.V.-Mannschaft — dem Rechtsaußen Debus an. Dieser Spieler fand schon früher in der Ligamannschaft Aufstellung und hat da seine Unfähigkeit als erstklassiger Spieler m.E. zur Genüge beweisen, als daß ihn der Spielausschuß des F.F.V. überhaupt noch jeweils aufstellen konnte. Ein Verein, der erste Klasse repräsentiert, kann doch unmöglich an einem einzigen Spieler kleben. Was Debus als Ersatzmann leistete, hätte sicher jeder andere jüngere Spieler ebenfalls gezeigt.

Herber als rechter Verbindungsstürmer konnte als Ersatzmann genügen, das bewies auch die schöne Leistung, durch welche er das erste Tor für F.F.V. erzielte. Nun kommt Pfeiffer als Mittelstürmer, der auf diesem verlorenen Posten für ihn ganz und gar ausfiel. Pfeiffer ist nun einmal ein Verteidiger, aber auch sonst nichts. Daß man gerade ihn, der noch niemals im Sturm gestanden hatte, für diesen Posten ausersehen hatte, ist das zweite Fragezeichen für mich. Warum hat man für diesen Tag nicht Brandt oder Klemm in den Sturm gestellt? Besonders letzterer war früher doch stets mit Erfolg dort tätig gewesen. Man hätte sich doch wohl bei Seitenwechsel mit dieser Frage beschäftigen müssen, aber Pfeiffer blieb vorne, wenn auch nicht im Sturm, so stellte man ihn als Mittelläufer. Auch hier kam er nicht zur Geltung. Halblinks stürmte Imke zwar als Statist, aber immer noch annehmbar. Der Linksaußenstürmer Thoemes konnte als Ersatzmann ebenfalls nicht befriedigen.

Die Läuferleihe war mit Schneider, Becker und Schönfeld besetzt. Während Schneider und Becker in gewohnt guter Verfassung waren, fiel Schönfeld ganz aus dem Rahmen und konnte den gegnerischen Flügel nur selten halten. Die Verteidigung Brandt, Klemm und Gmelin war auf voller Höhe, ihr verdankt die Frankfurter Mannschaft den glücklichen Ausgang des Spieles. Ich muß mich immer wieder fragen, wie Gmelin gegen Süddeutschland seinerzeit so versagen konnte. Böse Zungen sprachen ihm damals nach dem Spiel überhaupt jede Fähigkeit als Torwart ab, eine Ansicht, die natürlich nur unverantwortliche Elemente vertreten können. Gmelin ist ein Torwart mit selten gesehenen Fähigkeiten, die ihn leider nur zu oft zu recht leichtsinnigem Spiel hinreißen, die er nachher meistens mit einem oder zwei Toren bezahlen muß. Das sollte aber selbst für seine Gegner keinen Anlaß bilden, diesen verdienstvollen Spieler derartig abfällig zu kritisieren.

So weit die einzelnen Spieler der Frankfurter Mannschaft. Konnten sie im großen und ganzen als solche nicht befriedigen, so war auch die Zusammenarbeit der ganzen Elf recht mangelhaft, wie auch das harmonische Zusammenwirken auf der Gegenseite recht mäßig war. Aus diesem Umstände heraus sahen wir an den beiden vergangenen Sonntagen zwei Spiele, die in keiner Weise befriedigen konnten, zudem noch als süddeutsche Meisterschaftsspiele bei horrenden Eintrittspreisen. Unter diesen Verhältnissen heißt es gegen Mannheim doppelt auf der Hut zu sein, um nicht wieder aus anderen Gebieten vom „dunklen Nordkreis" sprechen zu hören. Daß Offenbach sowohl wie auch Frankfurt, vorzügliches Spielermaterial im Hintergrund hat, das aber leider zu den Schlußspielen keine Spielerlaubnis bekommen konnte, will ich in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen.

Noch ein Wort sei mir zu dem Tagesgespräch in Frankfurrt und Offenbach nach dem Spiel und am Montag gewährt —, zum zweites Tor für Frankfurt. Ich will meine Ansicht über das Für und Wider hier nicht erläutern, der ganze Vorgang war Sache eines Augenblicks, nur der Vorgang selbst sei hier festgestellt wie er war. Ein hoher Ball kommt aufs Offenbacher Tor, der Torwächter will den Ball fangen, entgleitet ihm aber und der hinzueilende Imke köpft den Ball über des Gegners Kopf hinweg ins Tor, in seinem mächtigen Anlauf den Torwächter mit ins Tor befördernd. Dieser Vorgang spielte sich im berüchtigten Torraum ab. So und nicht anders war der Augenblick, und nun mag die Behörde handeln, denn Offenbach hat, wie man hört, Protest eingelegt, nachdem das Publikum, wie auch die Spieler, untröstlich waren, als der Schiedsrichter, der unter „die Schiedsrichterfrage" fällt, Tor für Frankfurt entschied.

Es war zweifellos ein hochinteressanter Augenblick, wie Imke den Ball samt Torwart auf elegante Art und Weise ins Tor beförderte und es ist bedauerlich, daß solche Momente durch die neuerliche Verfügung durch Freistoß für die Gegenpartei unterbunden werden sollen, und so das Nervenkitzelnde aus unserem Sport ausgeschaltet wird. Der Frankfurter Vorfall bewies jedenfalls, daß die neue Regel m.E. nicht zu Recht besteht, es kommt ganz darauf an, wie ein Stürmer den Torwächter angeht und welche Absichten er dabei hat Der Offenbacher Tormann hat zweifellos keinen Schaden davongetragen. Unser Fußballspiel ist eben ein Kampfspiel und damit muß eben jeder rechnen,' der Fußball spielt, einerlei, ob Tormann oder Stürmer, Verteidiger oder Läufer. Dies ist meine allgemeine Ansicht und keinesfalls eine Stellungnahme zu dem speziellen Fall vom letzten Sonntag. Ich wünsche als Frankfurter den Offenbachern nur Erfolg zu ihrem eingelegten Protest, ein neu angesetztes Spiel möge dann bei kompletten Mannschaften ein einwandfreies Ergebnis und wirklich erstklassigen Sport bieten. - ass. - (aus dem 'Fußball' vom 28.04.1920)

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