Eintracht Frankfurt - Karlsruher FV

Süddeutsche Meisterschaft 1927/28 - 3. Spiel

4:1 (2:0)

Termin: 15.01.1928
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Maul (Nürnberg)
Tore: 1:0 Karl Döpfer, 2:0 Bruno Goldammer, 2:1 Quasten, 3:1 Fritz Schaller, 4:1 Fritz Kübert

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Karlsruher FV

 


  • Waßmannsdorff
  • Günther
  • Trauth
  • Lange
  • Grocke
  • Reeb
  • Reisch
  • Kastner
  • Link
  • Bekir
  • Quasten

 

Trainer Trainer

 

 

Eintracht Frankfurt 4, Karlsruher F. V. 1

Der Karlsruher Fußballverein, der unter Führung von Dr. Ivo Schricker nach Frankfurt kam, hat in seiner großen Glanzzeit unvergeßliche Spiele auf Frankfurter Boden geliefert, und wenn er auch heute nicht mehr im Brennpunkte allerersten Interesses steht, seine Leistungen aus jenen ruhmreichen Jahren sind in der Erinnerung des Frankfurter Altfußballers heute noch so voll und ganz gegenwärtig, daß der Name dieses berühmtesten süddeutschen Fußballvereins der Vorkriegszeit noch viel von seiner damaligen Anziehungskraft besitzt. Etwa 12.000 Zuschauer wollten diesmal den Altmeister sehen, der leider ohne Vogel, Würzburger und Huber antrat. Seine Mannschaftsaufstellung lautete: Waßmannsdorff; Günther, Trauth; Lange, Grocke, Reeb; Reisch, Kastner, Link, Bekir, Quasten.

Auch Eintracht kam nicht ganz in der Aufstellung der letzten Wochen. Sie hatte zur Stelle: Trumpp; Schütz, Kirchheim; Kübert, Goldammer, Müller; Schaller, Döpfer, Dietrich, Kissinger, Kellerhoff.

Anfangs fiel es beiden Parteien schwer, die notwendige Ruhe und Umsicht zu finden. Ueberhastete Handlungen waren das Gepräge der ersten wenigen Minuten, in denen immerhin Karlsruhe noch am ehesten gefallen konnte. Bald aber bekam Eintracht Oberwasser, zumal es auf Flachspiel sah, während der KFV. auffallend hoch spielte. In Verfolg mehrfacher Vorstöße brannte einmal Kellerhoff wuchtig durch, flankte zur Mitte, wo Grocke zögerte und sich schließlich eine verunglückte Rückgabe leistete, so daß Döpfer den ersten Treffer anbringen konnte. Selbstredend blieb der hierdurch gegebene Ansporn auch weiterhin nicht ohne Wirkung. Eintracht fing an, aufs Tempo zu drücken. Unmittelbar vor der Pause entstand durch die Hartnäckigkeit Döpfers ein Gedränge vor dem Karlsruher Tore, mehrere Schüsse gingen erfolglos in Richtung des fremden Tores, bis schließlich Goldammer mit Rollschuß aus dem Hinterhalte einsenden konnte. Nach der Pause schien sich Eintracht mit dem als sicher betrachteten Siege begnügen zu wollen. Karlsruhe aber dachte nicht im entferntesten daran, sich geschlagen zu geben. Unter Bekirs Leitung ging die Initiative unbemerkt und doch recht deutlich an die Gegenseite über. Ein tadelloser Flügelwechsel von rechts nach links brachte Quasten zu einem famos plazierten Schuß, der den Gästen ihr längst verdientes Tor brachte. Jetzt erst griff Eintracht wieder lebhafter in den Kampf ein und kam schließlich noch zu zwei weiteren Toren durch Schaller und Kübert. 4:1 lautete also schließlich das Ergebnis.

In dieser Höhe entspricht es keineswegs dem Stärkeverhältnis der Parteien. Gewiß, Eintracht hatte einen verdienten Sieg zu verzeichnen, wenn sie auch nicht in ihrer besten Form war, bestimmt nicht in dieser Hochform, von der aus Stuttgart so viel Rühmliches berichtet wurde. Zwei Mängel fielen auf Frankfurter Seite auf. Die schlechten Schußleistungen des Sturmes, noch mehr aber die Schwierigkeiten, die die Verteidigung bei Klärung kitzlicher Situationen erkennen ließ. Die Abwehr der Hintermannschaft war sehr oft nicht raumgreifend genug. Im übrigen aber sah man technische und taktische Leistungen von anerkennenswerter Qualität. Das Zusammenspiel klappte bis zu dem Augenblicke, in dem der verletzte Döpfer nicht mehr recht mittun konnte. Bedenkt man, daß Kübert etwa 25 Minuten fehlte, so gewinnt der Eintrachtsieg entsprechend höheren Wert. Nach den Kämpfen gegen München und Stuttgart wollte und mußte die Mannschaft siegen; es gelang ihr, wenn auch manchmal auf Kosten der Schönheit des Kampfes und seines ästhetischen Reizes.

Der KFV. hatte keinen sonderlich glücklichen Tag. Daß er unverdient viel Tore hinnehmen mußte, wurde schon oben erwähnt. Obendrein hatte die Elf auch noch mehrfach großes Schußpech. Trotzdem hat sie verdient verloren. Den Kernpunkt Ihrer berechtigten Niederlage erblicke ich in dem Umstande, daß sich Karlsruhes Flügelstürmer nur ganz selten gegen die Außenläufer der Eintracht durchzusetzen vermochten, während die gleichen Mannschaftsteile der Gäste den Täuschungsmanövern Kellerhoffs und Schallers kaum ein einziges Mal gewachsen waren. Von Frankfurts Flügelleuten kam der Sieg, von Karlsruhes Außenstürmern die Niederlage. Der beste Mannschaftsteil der Badener ist die sichere Verteidigung, ihr bester Spieler der bekannte Türke Bekir, ein eleganter Ballkünstler und umsichtiger Sturmführer.

Beide Parteien kämpften sehr hart, aber nicht unfair. Regelverletzungen wurden vom Schiedsrichter Maul prompt und unbeirrbar abgepfiffen. Maul zeigte nicht ganz die große Leistung, wie am 30. Oktober im Stadion, erwies sich aber trotzdem wieder als besonders brauchbar für schwere Spiele.

Nachträglich drangen offenbar berechtigte Klagen über das Benehmen einiger Zuschauer des Spieles Eintracht gegen Bayern München an die Oeffentlichkeit. Wenn auch festgestellt werden konnte, daß Eintracht ihren Ordnungsdienst sofort reorganisierte und diesmal ausgedehnte Vorkehrungen zur Abwehr aller Unsportlichkeiten getroffen hatte, so muß doch noch einmal auf die Zwischenfälle vom 1. Januar zurückgekommen werden, denn sie betrafen bedauerlicherweise eine so sympathische Mannschaft, wie sie die Münchener Bayern hierher gesandt hatten. Sicherlich hatte die Elf die Frankfurter Reise nicht angetreten, um Lebensgewohnheiten von Lamas kennen zu lernen. Gewiß, Verein und Vereinsleitung hatte mit Bayern immer aufrichtige Sportfreundschaft gepflegt und ist demgemäß sofort von dem Gebahren einiger Fanatiker deutlich abgerückt. Es muß aber immer wieder und zwar ganz allgemein gesagt werden, daß der platzbesitzende Verein in jedem Falle für Vorkommnisse auf seinem Grunde verantwortlich bleibt. Wie er seinen guten Willen zuvorkommender Gastfreundschaft Wirklichkeit werden läßt, ist seine Sache. Auf alle Fälle können die Pflichten des Gastgebers nicht ernst genug überwacht und allen Platzbesuchern bis zur Selbstverständlichkeit beigebracht werden. Und wenn man gar Gäste zu betreuen hat von der tadellosen sportlichen Haltung der Münchener Bayern, dann wiegt jeder faux pas doppelt schwer.     Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 17.01.1928)

 

 

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