SpVgg Sülz 07 - Eintracht Frankfurt

Deutsche Meisterschaft 1927/28 - Achtelfinale

3:1 (2:1)

Termin: 08.07.1928 in Köln, Müngersdorfer Stadion
Zuschauer: 35.000
Schiedsrichter: Schulz (Hamburg)
Tore: 1:0 Swatosch (20.), 2:0 Zarges (38.), 2:1 Karl Ehmer (43.), 3:1 Swatosch (80.)

 

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SpVgg Sülz 07 Eintracht Frankfurt

  • Schmitz
  • Leers
  • Richard
  • Gausepohl
  • Koch
  • Swatosch
  • Ulrich
  • Kerp
  • Pelzer
  • Zarges
  • Schmitz

 


 

Spielertrainer
  • Ferdinand Swatosch
Trainer

 

 

Spvg. Köln-Sülz 07 3, Eintracht Frankfurt 1

Es ist nicht schwer, Grunde für diese, wohl erwartete Niederlage des süddeutschen Tabellenzweiten zu suchen; sie waren zum Teil schon vor dem Spiele und zum Teil schon nach Verlauf der ersten Viertelstunde gegeben. Während der Woche erkrankte plötzlich der rechte Verteidiger der Eintracht, Schütz, der beste Spieler, den die Frankfurter besitzen, und dieser Ausfall stellte die Leitung vor eine sehr schwere Aufgabe. Man wußte, daß die Kölner eine sehr flinke Mannschaft stellen, und man hatte in Maurischat und Kirchheim nur zwei schwere, langsame Verteidiger zur Verfügung. Allein dieser Umstand hätte auf die Leistung der Eintracht keinen so krassen Einfluß ausgeübt, wenn die Mannschaft den ganzen, harten Kampf hindurch alle elf Mann fit gehabt hätte. Aber in der 15. Minute, als die Partie noch torlos stand, wurde Goldammer, der hervorragende Mittelläufer von seinem Gegner Gausepohl so schwer verletzt, daß er kaum noch mit halber Kraft den Anforderungen genügen konnte, und wenig später war Kübert, der rechte Läufer der Frankfurter, ebenfalls schachmatt gesetzt worden. Für den allergrößten Teil des Kampfes hatte die Eintracht somit nur neun Spieler, die unter den gegebenen Verhältnissen nicht nur zu befriedigen, sondern zeitweise auch überlegen ihren Mann zu stellen vermochten.

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Die Leistung des Siegers war keineswegs überzeugend. Die Mannschaft ist infolge ihrer Schnelligkeit und ihres flinken Startes sehr gefährlich und hat in Swatosch, dem alten österreichischen Internationalen, ihre Hauptstütze. Dieser Spieler trägt das Hauptverdienst an einem Siege bei, den man als verdient bezeichnen darf. Solange die Eintracht sich nicht gefunden hatte und nur wenig Widerstand entgegensetzte, lief die Maschine sehr nett. Die Stürmer kombinierten recht schön, liefen rasch in Stellung, stellten sich so frei, daß sie den Ball richtig und unbehindert verwerten konnten und warteten nicht lange mit ihren scharfen Schüssen. Später aber, als auch die Eintracht mit voller Kraft bei der Sache war, merkte man aber zu deutlich, daß die Schulung ihres Meisters Swatosch vorerst nur Schablone ist, daß die gelehrigen Schüler die Kunst der guten Kombination noch nicht in sich aufgenommen haben. Die Angriffe wurden in den meisten Fällen damit eingeleitet, daß Swatosch zu einem der beiden Flügelstürmer eine weite Vorlage sandte, die diese beiden Stürmer vermöge ihres raschen Startes und ihrer Schnelligkeit ohne große Mühe erreichten und dann so feinberechnete Flanken gaben, wie sie der Innensturm benötigte. Pelzer, der Halbrechte, und Zarges auf der andern Seite, war auch stets zut Stelle, als der Ball nach innen kam, und sie schossen ohne zu zaudern. Aus drei solchen Angriffen resultierten auch die drei Tore, die die Eintracht hinnehmen mußte. Die Läuferreihe und die beiden Verteidiger stehen, was Können und Spielintelligenz anbetrifft, hinter der Stürmerreihe zurück. Diese beiden Linien waren dem Ansturm der Eintracht zu Beginn der zweiten Hälfte nicht gewachsen, und sie vermochten nur mit viel Mühe und mit noch mehr Glück, Erfolge des Gegners zu verhindern. Gausepohl, der Mittelläufer, brachte eine unnötig scharfe Note ins Spiel; die Art, in der er ein Duell mit seinem gegnerischen Zenterhalf Goldammer abschloß, war ausschlußreif. Als der Ball schon weit weg war, trat er seinen Gegner an den Knöchel; und auch im späteren Verlauf des Kampfes befleißigte er sich oft einer Spielweise, die ganz hart an die Regeln sportlicher Disziplin streifte. Von den Außenläufern war Koch der bessere. Kerp ließ den linken Eintrachtflügel gar oft frei laufen. Die beiden Verteidiger hatten gute, aber auch sehr viele schwache Momente; ihr Schlag ist kräftig, aber das Stellungsspiel und Abdecken noch nicht ausgeprägt. Oft mußte Schmitz, der Torhüter, den Posten eines helfenden dritten Verteidigers ausfüllen, und in vielen gefährlichen Fällen sein Tor weit herauslaufend verlassen, war er ein Hindernis, das der geschwächte Eintrachtsturm nicht mehr nehmen konnte. Mit Swatosch ist Schmitz der beste Spieler des westdeutschen Meisters. Er fischte sich noch Bälle, die man schon im Tore zappeln sah und infolge seines schönen, befreienden Schlages bildete er eine sehr brauchbare Entlastung für die eigene Verteidigung. Wie alle guten Torwächter, so hat auch ihn Frau Fortuna mit reichlichem Glück gesegnet, und das, scheint mir, kann die Sülzer Mannschaft für die kommenden Spiele sehr notwendig gebrauchen.

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Die Eintracht ist ritterlich unterlegen. In der ersten Hälfte spielte die Mannschaft unter einem seelischen Druck, der keine besondere Leistung zuließ. Es dauerte eine geraume Zeit, bis sie sich zu einer Einheit zusammengefunden hatte, aber das Mißgeschick der Verletzungen und dazu noch das sehr schwache Spiel des ahnungslosen linken Läufers Müller zerschlugen berechtigte Hoffnungen auf einen Erfolg. Dieser, der Erfolg, mußte sich in den ersten zwanzig Minuten der zweiten Hälfte unbedingt einstellen. In dieser Zeit lief der Apparat der Eintracht ohne Fehl und Tadel; der Ball wanderte von Mann zu Mann, daß man seine helle Freude haben konnte. Eine Unmenge von Chancen wurde herausgespielt, unter Aufbietung der letzten Energie kämpften selbst Goldammer und Kübert prachtvoll, aber nichts wollte gelingen. Ganz knapp, um Haaresbreite, sausten Schüsse am Tor vorbei oder darüber hinweg, oder der Sülzer Torwächter fing sie oft in dem letzten Bruchteil der bangen Sekunden ab. Die Hintermannschaft des westdeutschen Meisters griff gar oft zum letzten Mittel; sie verwirkte sechs Eckbälle, die, alle gut hereingegeben, von der zahlreichen Verteidigung zunichte gemacht werden konnten. Es war aber nicht nur Pech, das den Erfolg verhinderte, ein Gutteil Unvermögen und mannigfache taktische Fehler der Eintrachtstürmer halfen auch mit. Wie oft wurde der Ball im gegnerischen Strafraum noch hin- und hergepaßt, wie oft klebten zwei Eintrachtler am Ball, bis schließlich ein Sülzer den lachenden Dritten mimen konnte! Der beste Mann im Sturm der Eintracht war Ehmer, den man ursprünglich nicht aufstellen wollte. Sein Tor war eine Prachtleistung, sein Ballverteilen musterhaft. Schaller und Dietrich, die in der ersten Hälfte den rechten Flügel bildeten, konnten sich nicht durchsetzen, beide sind überspielt. Das gilt insbesondere für Schaller, dem sich verschiedene schöne Chancen boten, Langsamkeit und mangelnde Energie (zwei Eigenschaften, die man doch gerade bei ihm nie kannte) zeichneten ihn besonders aus. Auf der linken Seite war Kellerhof recht gut; er wurde aber nicht genügend beschäftigt und litt stark unter der Indisposition von Kissinger, der den Ball immer zu lange hielt und erst dann abgab, als Kellerhof schon abgedeckt war. In der Drangperiode der zweiten Halbzeit wurde es etwas besser um ihn, er fiel aber bald wieder ab. Ueber die Läuferreihe der Eintracht kann man kein Urteil fällen. Goldammer und Kübert wurden schon frühzeitig schwer verletzt; ihr Mut und ihre Aufopferung sind aber nicht hoch genug einzuschätzen und anzuerkennen. Müller, der dritte Eintrachtläufer, war der schlechteste Mann auf dem Felde. Maurischat und Kirchheim, die beiden der Eintracht, waren ziemlich außer Form, sie sind an allen drei Toren nicht schuldlos; sie brachten den Ball nur in den seltensten Fällen weit genug weg. Ausgezeichnet arbeitete Trumpp, der gute Eintrachttormann. Er hielt viele gefährliche Schüsse in ganz großer Manier, erkannte alle Situationen, die sich in der Nähe seines Tores abspielten, rasch und wußte sich auch danach einzurichten. Die drei Tore, aus kürzester Entfernung erzielt, waren unhaltbar.

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Der Schiedsrichter, Herr Schulz aus Hamburg, leitete das Spiel korrekt, unparteiisch. Seine Auffassung von foulen und gefährlichem Spiel darf aber nicht als nachahmend empfohlen werden, wie denn überhaupt die Auffassung unserer Schiedsrichter in Bezug auf regelwidrige Fouls und gefährliches Angehen ziemlich locker wird. Es gab viele Fouls, die der Schiedsrichter nicht ahndete, und das gefährliche Angehen, das Bein hoch voraus, bestrafte er überhaupt nicht. Der Schiedsrichterausschuß muß unbedingt straffe Richtlinien ergehen lassen, dahin lautend, daß genau nach dem Wortlaut der Regeln zu schiedsrichtern ist. Es geht auf die Dauer nicht an, daß man die gute Durchführung eines Spieles nur der Selbstdisziplin der Mannschaften überläßt, die gerade bei so schweren Spielen begreiflicherweise selten lobenswert ist.

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In der ersten Hälfte stellte der westdeutsche Meister die bessere Mannschaft, die mit wenig Augenblicken das Spiel diktierte. In der heimischen Umgebung hatte sie sich bald zurecht gefunden und drückte der nervösen, zusammenhanglosen Frankfurter Elf ihr System auf. Die beiden schnellen Flügelstürmer Ulrich und Schmitz leiteten immer und immer wieder gefährliche Angriffe ein, ohne auf Widerstand bei den gegnerischen Stellen zu stoßen. In der Hast verschoß aber der Innensturm schon in den ersten Minuten zwei große Chancen. Nur langsam kam die Eintracht auf, erzwang rasch hintereinander drei Ecken, war aber nicht gefährlich. Als dann Goldammer verletzt wurde und auch Kübert nicht mehr mitkonnte, fiel das eben erst zusammengeschweißte Gefüge wieder auseinander und mußte den flüssiger spielenden Einheimischen das Feld überlassen. Ein wunderbarer Angriff der Sülzer, exakte Swatoschschule, erbrachte in der 20. Minute durch den Meister das erste Tor. Gleich vom Anstoß weg kam die Eintracht glänzend durch, Ehmer und Kissinger fummelten aber zu lange mit dem Ball, und als das Leder zu Dietrich kam, war der Schweizer schon so bedrängt, daß er nicht mehr placiert genug schießen konnte. Die Kölner beherrschten aber die Partie überlegen, und sie gaben Trumpp viel Arbeit auf; einmal warf sich der Frankfurter Hüter dem jungen Zarges entschlossen in den Schuß, und gleich darauf mußte er einen gut placierten Schuß von Swatosch aus der obersten Ecke herausfausten. Zwischenhinein boten sich Schaller zwei schöne Gelegenheiten, Erfolge einzuleiten, die Gegner aber waren schneller und ballsicherer. Kurz vor dem zweiten Tore der Sülzer hatte dann Schaller eine große Chance zum Ausgleich, der Ball sauste aber an die Latte, und der gleich erfolgte Nachschuß von Kissinger konnte vom glücklichen Torhüter Schmitz eben noch zu einer Ecke gelenkt werden. Dann, wir schrieben die 38. Minute, kam der rechte Flügel der Sülzer ohne Widerstand gut durch, Pelzer gab eine flache Hereingabe zu dem freistehenden Zarges, der den Ball langsam, aber exakt, an Trumpp vorbei, einlenkte. Die Eintracht gab sich trotz der zwei Tore, die sie im Rückstand lag, nicht geschlagen, und ihre energischen Versuche, das Resultat zu korngieren, waren auch zwei Minuten vor der Pause von Erfolg gekrönt. Ehmer raffte sich zu einem Dribbling auf, lief an drei Gegnern vorbei und schoß, trotz starker Behinderung, zum 2:1 ein.

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Die ersten 20 Minuten der zweiten Hälfte, in der die Frankfurter eine große Partie lieferten, sind schon geschildert. In dieser Zeit war die Eintracht im richtigen Schwung, die elf Mann kämpften mit einer bewunderswerten Energie, und der Ausgleich hing gar oft nur noch an einem dünnen Faden. Man glaubte ihn fallen hören zu müssen, aber mit des Geschickes Mächten und dem überragenden Spiel des gegnerischen Torwarts war kein Bund zu flechten. Die Minuten verrannen, ohne daß an dem Ergebnisstand eine Aenderung vorgenommen werden konnte. Als sich die Sülzer dann wieder gefunden hatten, gab es für die Eintracht nichts mehr zu ernten. Wohl war das Spiel ausgeglichen, aber die Nervosität, die langsam in der Eintrachtmannschaft Platz gegriffen hatte, gab keine Hoffnung auf einen Erfolg. Ehmer erwischte noch einmal einen weitvorgelegten Ball vor dem Torwart und lüpfte das Leder bedächtig über den herauslaufenden Gegner; aber der launische Ball war nicht ins Netz zu bringen, er rollte an den Pfosten und von da ins Aus. Zehn Minuten vor Schluß übernahm der ungedeckt stehende Swatosch einen Paß seines Linksaußens, das dritte Tor war fertig und damit auch die endgültige Niederlage der Süddeutschen besiegelt.

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Der Rahmen, in dem sich dieses Vorrundenspiel um die deutsche Meisterschaft abwickelte, war prächtig. Das herrliche Wetter hatte über 25.000 Zuschauer ins wundervolle Stadion gezogen, unter denen sich 600 Frankfurter Sonderzugler befanden. Auf der Tribüne sah man Dr. Peco Bauwens, den Polizeipräsidenten Bauknecht, den Bürgermeister Dr. Billstein, Breithaupt von der DT. (die ja in vierzehn Tagen ihr Turnfest in Köln abhält), den Gaugewaltigen Köbes Zündorf und, last but not least, Max Breunig, der jetzt in Köln sein Domizil aufgeschlagen hat.      hjm.

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Das also war die Rheinfahrt der Frankfurter Eintracht! Es sind Jahre verflossen, seitdem ich nicht mehr mit dieser Mannschaft auf gemeinsame Sportreise gegangen bin, aber ich muß sagen, daß es nach wie vor eine besondere Annehmlichkeit ist, mit solch honetten Reisegefährten im D-Zug zu sitzen. Und wenn es gar linksseitig den deutschesten aller Ströme entlang geht, wo jedes Fleckchen, jede Burgruine, jede Biegung des Wasserlaufes neuen Gesprächsstoff bietet, dann möchte man fast bedauern, daß man nach gut vierstündiger Fahrt schon in Köln angelangt ist.

Im „Komödienhof", einem durchaus gut geführten Hause, in dem nur die kulinarischen Genüsse etwas schneller an die schneeiggedeckten Plätze ihrer bestimmungsgemäßen Vernichtung zugeführt werden dürften, war das Standquartier der Frankfurter Mannschaft und ihres gewohnten Reisestabes. Ein Blick in die Liste der noch verfügbaren Zimmer rückte einen Weg zum Asyl für Obdachlose für mich als Ueberraschungsgast in greifbare Nähe. Wäre Albert Sohn nicht nach wie vor ein solch unentwegter Betreuer der Presse, dann hätte ich in dieser Samstagnacht meinen lebenden Leichnam im Fundbüro zur Aufbewahrung abliefern müssen.

Der erste Blick ins Fremdenregister offenbarte die vollkommen unvermutete, dafür umso angenehmere Anwesenheit Hanns Jakob Müllenbachs, des lieben Freundes. Mit ihm habe ich dann den Abend unter der ganz besonders zuvorkommenden Führung Zündorfs in dem wundervollen Ausstellungspark der "Pressa" aufs angenehmste verbracht. Als langjähriger Funktionär des Westdeutschen Verbandes kennt Zündorf auf das genaueste die besonderen Interessengebiete des Sportjournalisten und weiß sie aufs wertvollste zu bereichern. Selbst Journalist u. a. auf organisatorischem Gebiete hinter die Kulissen einer so komplizierten Stadtverwaltung tun, wie sie das fast zur Millionenstadt gewordene Gemeinwesen von Köln erfordert. Es ist wahr! Eine Stadt, durch deren Verwaltung von der obersten Spitze aus ein solch lebensfrischer Zug weht, wird die westliche Metropole des Deutschen Reiches sein und bleiben.

Ein kursorischer Blick in die engen Gassen des Kölner „Whitechapel" mit seinen deutlichen Spuren des Grauens, des Elendes und Verbrechens bildeten einen merkwürdigen Kontrast zu den Bildern strahlenden Glanzes, die dem Abend ihr unvergeßliches Signum gegeben hatten. Ein Plauderstündchen im Cafe Bauer beschloß den genußreichen Abend.

Am Sonntag Vormittag besuchten wir selbstredend die „Pressa". Mit dieser Riesenfachausstellung aus dem Gebiete des Zeitungs- und Druckwesens hat Köln und seine Ausstellungsleitung eine Kulturtat allerersten Ranges vollbracht. Leider reichte die knappe Zeit nur zu einem flüchtigen Bück in die ungemein interessante "Historische Abteilung" und in die Sonderschau der russischen Sowjetunion und Schwedens, dieses allerdings die beiden Paradestücke der ganzen Ausstellung, wie hjm, der diesmal den sachkundigen Führer abgab, am Tage zuvor bereits eruiert hatte

Um 5 Uhr nachmittags stieg dann das Spiel, um dessentwillen inzwischen 700 Sonderzügler aus Frankfurt eingetroffen waren und die siegesfrohe Stimmung der Eintrachtmannschaft stärken halfen. Für die sportliche Einstellung Kölns ist es bezeichnend und riesig schmeichelhaft, daß es an dem Tage, an dem viele Zehntausende den Ozeanfliegern Köhl und Hünefeld ihre begeisterte Huldigung darbrachten, an dem große Pferderennen hinaus nach Nippes lockten, die Turner ihren riesigen Anhang zu den Vorbereitungskämpfen für das Deutsche Turnfest für sich in Anspruch nahmen und fast die gesamte autofahrende Bevölkerung zu den Nürburgrennen entschwunden war, doch noch etwa 40.000 Zuschauer zu dem Vorrundenkampfe um die Deutsche Fußballmeisterschaft auf die Beine bringen konnte. Die Anfahrt zum Kölner Stadion ist eine Qual, der Aufenthalt dort draußen aber ein umso größerer Genuß. Die Anlage ist schlicht und einfach in ihrer Ausführung, gigantisch in ihren Ausmaßen.

Die 90 Minuten Kampf waren ein einziger, drastischer Beweis für die Unhaltbarkeit des „Knockoutsystems", nach dem immer noch (und wie lange noch??) den monatelangen Bemühungen emporstrebender Mannschaften ein jähes „Halt!" zugerufen wird. Waren im allgemeinen schon die Leistungen beider Parteien durchaus unbefriedigend, so war es viel mehr noch der ziffernmäßige Ausgang, der der zweifellos schlechteren Mannschaft einen glücklichen und unverdienten Sieg in den Schoß warf. Köln-Sülz war durchschnittlich schneller als der Gegner, hatte — streng genommen — aber nur in Swatosch und Ullrich zwei wirklich gute Spieler zur Verfügung, denen man vielleicht auch noch die beiden Schmitz zur Seite stellen kann, im übrigen spielte die Sülzer Vereinigung vor der Pause nicht ganz so schlecht wie Eintracht, aber immerhin ebenfalls herzlich schlecht. Nur selten eine blasse Andeutung eines "Meisterschaftskampfes". Dafür hatte sie den "Dreh" mit dem Schiedsrichter schon nach wenigen Minuten tadellos heraus und bolzte mächtig drauf los. Im Handumdrehen hatte Eintracht ihre wohlgemessene Anzahl Verletzte, und den übrigen war der Schneid derart abgekauft, daß sie auch nach dem Seitenwechsel, als Eintracht gut in Fahrt kam, ihre sichtliche Ueberlegenheit nicht zu Erfolgen ausnutzen konnten. Kaum, daß die Leute merkten, wie schachmatt und ausgepumpt die Rheinländer zeitweilig waren, und wie es nur eines kleinen bischen Glückes bedurft hätte, den greifbar nahen Sieg an die süddeutsche Fahne zu heften. Selten habe ich eine solche Reihe von unglücklichsten Situationen in einem Fußballkampfe miterlebt. Da war der fehlgeschlagene zweite Durchbruch Ehmers, nachdem er gerade zuvor das Spiel auf 1:2 gestellt hatte, da war der Lattenschuß Schallers und der Pfostenschuß Ehmers, beide aufs leere Tor, da war Ehmers unglückseliges Dazwischenspringen, als Goldammers Ball rettungslos den Ausgleich gebracht hätte, da war die vollkommen unbegründete Abseitsunterbrechung des Schiedsrichters, als Kellerhoff ungehindert aufs Tor ziehen wollte, und was solcherlei Dinge mehr waren. Kurzum, Pech und abermals Pech! So wurde Eintracht geschlagen, nachdem Goldammer, Schaller und namentlich Kübert frühzeitig verletzt worden waren. Angesichts dieser fatalen Sachlage darf man den einzelnen Spielern, wiewohl keiner von ihnen die gewohnte Form der letzten Monate zeigte, einen Vorwurf wegen der Niederlage machen.

Herr Schulz aus Hamburg, zweifellos ein netter Mann im Außerdienstlichen Verkehr, war zur Leitung dieses Treffens vollkommen fehl am Platze. Seine Anwesenheit auf dem Spielfelde war ein lebender Freibrief für jegliche Art von Regelverletzung, die die Spielvorschriften überhaupt nur kennen. Besonders duldsam erwies er sich gegen gefährliches Spiel, das sich namentlich Gausepohl mehrfach leistete. Einmal allerdings ging auch Dietrich gegen Schmitz I in einer Weise vor, die eine harmlose Deutung nicht mehr zuläßt. Auch einen klaren Elfmeter für Sülz glaubte Herr Schulz anscheinend nicht riskieren zu dürfen. Im übrigen aber waren die Kölner diejenigen, die aus der befremdend lässigen Spielleitung des Herrn Schulz am gründlichsten Kapital schlugen.      Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 10.07.1928)

 

 

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