Eintracht Frankfurt - Union Niederrad

Bezirksliga Main-Hessen 1928/29 - 11. Spieltag

3:2 (0:1)

 

Termin: 04.11.1928
Zuschauer: 2.500
Schiedsrichter: Erwin List (Stuttgart)
Tore: 0:1, 1:1, 2:1, 3:1, 3:2; Eintracht: Fritz Schaller, Karl Ehmer (2)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Union Niederrad

 


  • Roth
  • Wissenbach
  • Reutter

 

Trainer Trainer
  • William Townley

 

Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — Union Niederrad 3:2 (0:1).

Die Frankfurter Eintracht, nach wie vor klarer Erster unter den zehn Bezirksligavereinen, hatte diesmal gegen die Mannschaft anzutreten, der es als einziger in diesem Jahre gelang, den Riederwäldern eine Niederlage beizubringen. Damals sprach man vielerorts von einem Ueberraschungsergebnis, wobei man sich hauptsächlich auf die Tatsache stützte, daß Eintracht zunächst ziemlich mühelos zu einer 2:0-Führung gekommen war, um schließlich doch noch 2:4 zu verlieren. Wer das erneute Zusammentreffen der beiden Gegner gesehen hat, weiß nunmehr, daß Union Niederrad eine Elf besitzt, vor der man sich gar nicht genug in acht nehmen kann. In bezug auf Eifer, Schnelligkeit und Kopfspiel übertreffen die Union-Leute gar manche Mannschaft, die heute noch in der Tabelle vor ihr steht, sehr bald aber — wenn auch vielleicht nicht mehr in diesem Jahre — die Ueberlegenheit der Blaujacken anerkennen muß. In manchen anderen Dingen, wie z.B. Stellungsspiel, Zuspiel und ähnlichen Sachen, geben die Niederräder den mainischen Spitzenvereinen nichts nach.

So kam es, daß Eintracht auch diesmal sehr große Mühe hatte, und alle Register ziehen mußte, um mit einem ihrer hartnäckigsten Gegner fertig zu werden. Man darf sich nicht an den Umstand halten, daß Eintracht in den entscheidenden Augenblicken des aufregenden Kampfes klar mit 3:1 Toren führte. Man muß sich vielmehr vergegenwärtigen, daß Union bis zur Pause mit 1:0 im Vorteil war und in den letzten Minuten, als das Spiel 2:3 stand, noch beängstigende Angriffe auf das Eintrachttor richtete, so daß die Anhängerschaft der Eintracht froh war, als ihre Elf den knappen Vorsprung über die Zeit retten konnte. In den eben geschilderten Momenten liegt der Angelpunkt des Riesenkampfes, in dem beide Parteien den letzten Tropfen Schweiß, das letzte Fünkchen Kraft hergeben mußten. Diese Kampfphase zeigt, daß das knappe Ergebnis dem Spielverlauf entspricht. Dieses Resultat ist immerhin ein riesiger Achtungserfolg für den Unterlegenen, zumal es auf Gegners Platze errungen wurde.

Die Schwerkraft der Niederräder liegt in der Hintermannschaft. Hier war nur Roth bis zur Pause merkwürdig unsicher im Fangen der Bälle, legte diesen Fehler aber später restlos ab. Im übrigen klappte alles recht gut. In der Läuferreihe überragte wieder Wissenbach seine Nebenleute, wenn auch Reutter das bessere Stellungsspiel zu verzeichnen hatte. Der Erfolg des Sturmes hängt ganz von der Disposition der beiden Flugelleute ab, die allein gefährliche Angriffe nach vorne zu tragen vermögen. Der Innensturm scheiterte sehr oft an mangelhafter Schnelligkeit im Entschlusse. Der Gesamteindruck der Niederrader war auf alle Fälle besser als je. Wenn man der Elf eine Vorhaltung machen will, dann die, daß sie zwar nie unfair, wohl aber zeitweilig so hart kämpfte, daß gegen Schluß des Spieles sehr viele Eintrachtspieler „groggy" waren. Ich erblicke übrigens hierin den wesentlichsten Grund, weshalb Eintracht das ursprüngliche 3:1 nicht ganz hat halten können.

Eintracht war in zweierlei Hinsicht benachteiligt. Sie trat ohne Trumpp und Goldammer an und mag begreiflicherweise mit etwas gemischten Gefühlen an das Vorspiel und an die Erfahrungen früherer Jahre gedacht haben. So kam eine gewisse Nervosität in die Elf, unter der der Innensturm und die Verteidigung am meisten litt. Ohne die Energieleistung Schallers hätte Eintracht vielleicht auch nach der Pause nicht den Eindruck einer Mannschaft gemacht, die sich ihrer Sache bewußt war. Auf alle Fälle beruhigte das Spiel der Mannschaft in den ersten 45 Minuten nicht in dem gewohnten Maße. Und trotz dieses Mangels hat mir gerade in diesen ersten 45 Minuten der restlose Einsatz des zähesten Willens besonders gut gefallen. Das war das Kampfspiel, das wir Fußballer so gerne sehen, weil es fesselt und packt und mitreißt, auch wenn die einzelnen Handlungen nicht ganz so gelingen, wie sie gedacht sind, und der erwünschte Erfolg manchmal verteufelt lange auf sich warten läßt. Was Eintracht in der Zeit zwischen dem Führungstor der Niederräder und ihrem eigenen Führungstreffer zeigte, das war „veritable football — indeed", das war „very nice", das war „wonderfull", wie Will Townlev, allerdings in anderem Zusammenhange, seinerzeit einmal seine Begeisterung zusammengefaßt haben soll. Daß die stark invalide Mannschaft am Schlusse gegen den wiedererwachten Gegner kleinlaut beigab und sich — beinahe — noch einen Punkt abknöpfen ließ, soll ihr nicht sonderlich verargt werden. Die imposanteste Leistung bot diesmal der junge Kübert, der in einem solchen Kampfspiel ganz in seinem Element war. Auch der früher so weiche Mantel beginnt, am Kämpfen und Einsetzen der Körperkraft sichtlich Spaß zu gewinnen. In der Hintermannschaft verdient die Hingabe Maurischats besonders betont zu werden, während Schütz einen schlechten Tag hatte. Im Sturme — ganz wie bei Niederrad — die Flügelleute die besten.

Was den Schiedsrichter betrifft, so fand ich, daß Constance (alias: Erwin List vom SC. Stuttgart) sich richtig verhielt.       Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 06.11.1928)

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