Eintracht Frankfurt - Arsenal Kairo

Freundschaftsspiel 1928/29

1:1 (0:0)

Termin: 29.06.1929
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Weingärtner (Offenbach)
Torschützen: 1:0 Walter Dietrich (55.), 1:1 Rihan (80.)

 

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Eintracht Frankfurt Arsenal Kairo

 


  • Askar
  • Hamido
  • Masoud
  • Swifi
  • Hassan
  • Rihan
  • Mahran
  • Lebib
  • Androus
  • Mansour
  • Mehdawi

 

Trainer Trainer

 

Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — Arsenal Cairo (Aegyptische Auswahlelf)

1:1 (0:0).

Am Samstag abend herrschte in Frankfurt zwar keinesfalls Hochsommerwetter, immerhin aber wohlig warme Witterung. (Großer Richard! Was sagst du zu dieser Alliteration?) Man sollte einem Bericht über Gastspiele der Aegypter in Deutschland stets einen Wetterbericht vorausschicken, denn es scheint nunmehr festzustehen, daß die nicht gerade günstigen Ergebnisse aus den ersten Begegnungen auf den Einfluß der für die Söhne König Fuads ungewohnt frostigen Temperaturen zurückzuführen sind. In Frankfurt machten die weitgereisten Gäste einen vollkommen günstigen Eindruck, wenn auch das interessante Treffen nicht unbedingt unentschieden hätte zu enden brauchen. Die vom mitteleuropäischen Weiß bis in die dunkle Hautfarbe des Zentralafrikaners abgetönten Exoten beherrschen ein kultiviertes, modernes Spiel. Vor allem bringen sie elf vorbildlich schlanke, sehnige Männer auf den Platz, die außerordentlich schnell und verblüffend wendig sind. Zu ihrer Körperbeherrschung in größter Vollendung besitzen sie minutiöses Ballgefühl. Was sind aber Körperbeherrschung und Ballgefühl anderes als die unentbehrlichen Grundlagen dessen, was man Balltechnik nennt? Also haben sie auch gute, sogar sehr gute Balltechnik. Sie beherrschen den rollenden oder fliegenden Ball in jeder Lage. Da es außerdem ein Spezifikum exotischer Mannschaften zu sein scheint, einen vorzüglichen Kopfball zu spielen, mag sich der geneigte Leser nunmehr selbst sagen können, daß die ägyptische Elf unmöglich schlecht gewesen sein kann. Sie erwarb sich um so mehr Sympathien, als sie fast übertrieben fair kämpfte, allerdings — nur, so lange die Partie günstig für sie stand. Als Eintracht das längst fällig gewesene Führungstor buchte, wurden die Gegner hart, vereinzelt sogar zu hart, und selbst als der (leicht vermeidbare) Ausgleich gefallen war, blieb ein Temperament in allen Bewegungen, dem man nie recht trauen mochte. Diese Fuadisten (bitte, erschrick nicht, lieber Leser!' Das ist beileibe weder eine neue Religionsgemeinschaft, noch eine neue Reichstagspartei, noch eine neue Sexualrichtung! Wenn du intelligent bist, wirst du's sofort verstehen!) können den Ball recht hübsch flach zuspielen, aber der Flachpaß erleidet auch manchmal unliebsame Unterbrechungen. Außerdem läßt die Taktik zu wünschen übrig. Man hat fast nie die Ueberzeugung, daß planmäßiger Spielaufbau beabsichtigt ist. Das sind die Schwächen der Aegypter, die ihnen einen Sieg auf deutschem Boden bei gleichbleibender Klasse ihrer Gegner immer schwer machen wird. Immerhin darf man ihnen glauben, daß sie „auf den harten, heißen Plätzen ihrer Heimat" renommierte Mannschaften des Kontinents geschlagen haben. So z.B. Rapid Wien 4:0, MTK. Budapest 2:1 und Gradjanski Agram 4:1. Interessant ist es übrigens auch, zu hören, daß die ägyptische Regierung den Spielern, die meistens Staatsbeamte sind, in der Urlaubsfrage weitestgehend entgegengekommen ist und deren Angehörige während der Dauer der europäischen Fußball-Tournee unterstützt. In diesem Augenblick darf man sich auch vergegenwärtigen, daß an den Ufern des Nil erst seit 20 Jahren Fußball gespielt wird, daß die Repräsentanten des Landes aber trotzdem bei ihrem ersten öffentlichen Auftreten in Europa anläßlich der Pariser Olympiade im Jahre 1924 größtes Aufsehen erweckten und Ungarns Nationalteam einwandfrei 3:0 schlagen konnten.

Arsenals bester Mann steht im Tor. Ich weiß nicht, warum Askar in Hamburg, Kiel oder Dresden weniger gefallen hat. In Frankfurt verkörperte er ganz große Klasse. Er stellte sich vorzüglich, war katzenhaft gewandt und fing den Ball ungemein sicher auf eine erstaunlich natürliche Art. Dieser Mann mit dem etwas koketten Ballabschlag hat auf alle Fälle einen erheblichen Anteil an dem 1:1, das seiner Elf mit viel Glück in den Schoß fiel. Auch der rechte Verteidiger Masoud darf sich jederzeit sehen lassen, ebenso der linke Läufer Swifi. Der Halblinke Labib ist der „Bekir" dieser Mannschaft aus der Zeit, als der Türke die Heimreise vergaß. Labib ist der einzige kleine Mann in seinem Team, aber zweifellos der wertvollste Spieler und gediegenste Könner. Auch seine Nebenleute Mahran als Linksaußen und Androus als Mittelstürmer halten sich auf achtbarer Höhe, während die beiden Leute auf dem rechten Angriffsflügel in einigem Abstand folgen. „Bekir", rite Labib, kann schießen, flach, wuchtig und placiert. Die andern — können sogar das leere Tor verfehlen. Tout comme chez nous!

Eintracht Frankfurt ist für Arsenal Cairo der geeignetste Gegner. Auch die Frankfurter verstehen sich auf das weiche Zuschieben des Balles famos. Manchmal scheint es, als hätten die Leute statt Fußballstiefel Glacehandschuhe an den Füßen. Darin offenbart sich die ritterlich korrekte Art, einen geachteten Gast ehrbar zu empfangen. Aber, man darf sich darüber nicht im unklaren sein! Dieses zarte Tändeln mit dem Balle, dieses „Après vous monsieur!" mit dem Gegner hat Eintracht diesmal den Sieg gekostet, auf den alle interessierten Kreise in Deutschland gewartet haben und der dem Mainmeister nach allen Geschehnissen auf dem Rasen unbedingt zugestanden hätte. Was Eintracht zeigte, war mehr Fußball-Exhibition als Fußball-Kampf, es war „a very nice show, indeed". Wer in dieser Art Fußball spielen will, muß viel, sehr viel können. Nur bei Trumpp sah man zwei Schwächen. Einmal, als er zwei Meter vor der Torlinie stehend einen vermeintlich über die Latte gehenden Strafstoß zum Ausgleich werden ließ, einmal, als er durch ein Mißverständnis mit Pfeifer sein im Stiche gelassenes Tor gefährdete. Trumpp gehört nun einmal zu den Hütern, die dauernd beschäftigt sein wollen. In diesem Spiele war alles andere eher der Fall. Im übrigen gab es keinerlei Grund zu Tadel an dieser Elf. Besondere Hervorhebung verdiente sich wieder einmal Mantel als linker Flügelläufer. Dem DFB.-Spielausschuß und Herrn Nerz angelegentlichst zu empfehlen! Ich weiß, daß man diesem Spieler bei vorausgegangenen Versuchen vorgeworfen hat, daß er für Länderspiele zu langsam und „nicht Kämpfer genug" sei. Nun! Mehdawi und Mansour haben sich trotz ihrer großen Schnelligkeit gegen Mantel nicht im geringsten entwickeln können. Und was Mantels Kämpferherz anbetrifft, so hat er sich derart gebessert, daß man ihn heute getrost als einen ,fighter' bezeichnen darf. Außerdem — und das ist das Wichtigste — ist Mantel ein solch vorzüglicher Techniker, daß er den Ball auch ohne körperliches Tangieren des Gegners in seinen Besitz bringt. Hat er ihn aber, so ist es erstaunlich, wie unerbittlich er dem Ball seinen Willen aufzwingt, wie präzise er ihn seinem Vordermann zuschiebt. Denkt man nun ferner noch an die Teufelskünste, mit denen er immer wieder den gegnerischen Rechtsaußen foppt, den Halbrechten „eingehen" läßt oder den Gegenläufer „genießt", so wird man verstehen, weshalb ich in Mantel den künftigen vierten Frankfurter „Internationalen" der Gegenwart erblicke. Recht gut waren auch die beiden Flügelstürmer, Kellerhoff und Schaller, in Fahrt. Letzterer zeigte drei gewaltige Volley-Schüsse, auch von Dietrich und Ehmer sah man scharfe Schüsse.

Zehn Minuten nach der Pause gab Kellerhoff eine genaue Flanke, die von Dietrich mit Kopfball verwandelt wurde. 25 Minuten später trat der rechte Läufer Rihan einen famosen Strafstoß, der zum vermeidbaren Ausgleich führte. Hätte der Kampf im Yankee-Stadion in USA. stattgefunden, so würde die Punktwertung lauten: 1. Runde (bis zur Pause) klare Ueberlegenheit der Eintracht: 2. Runde teils ausgeglichen, teils leichte Ueberlegenheit der Eintracht. Gesamtwertung: klarer Punktsieg der Eintracht. So aber lautete der Richterspruch: 1:1-Tore!

Herr Weingärtner leitete wieder sehr gut.      Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 02.07.1929)

 

 

 




Arsenal Kairo spielt unentschieden!

Eintracht Frankfurt - Arsenal Kairo 1:1 (0:0).

Von dem ägyptischen Fußball wußte man bis zu den olympischen Spielen in Paris (1924) nur wenig. Gelegentlich wurde einmal ein Resultat bekannt, wenn österreichische oder ungarische Spieler eine Reise in das Land der Pyramiden unternahmen, und die Niederlagen, die die europäischen Mannschaften öfters einstecken mußten, führte man allgemein auf die ungewohnten klimatischen Verhältnisse zurück. Dann kam Paris mit seinem Fußballturnier, und jetzt erst wurde man darauf aufmerksam, daß man auch am Nil einen auf achtbarer Stufe stehenden Fußball spielt. Amsterdam bestätigte dann die Pariser Beobachtungen. Das dürfte mit ein Grund gewesen fein, weshalb man der Reise des bekanntesten Klubs von Aegypten nach Deutschland größere Beachtung schenkte. Das 2:2 gegen den H.S.V. schien für diesen einen Erfolg zu bedeuten, aber dann folgte eine vernichtende 7:0-Niederlage gegen Holstein Kiel und eine weitere 3:1-Niederlage gegen den Dresdner Sportklub.

Der Kapitän des Arsenal Kairo glaubte eine Erklärung für diese Mißerfolge nur in den ungewohnten Witterungsverhältnissen zu finden. Und man durfte derselben auch schon Glauben schenken, denn schließlich bedeutet es doch einen zu großen Temperaturunterschied, wenn man Kairo bei 38 Grad Wärme verläßt und dann in Norddeutschland nur noch deren 7 Grad antrifft, wie es in der letzten Woche der Fall war. Kurz vor Spielbeginn hatte ich Gelegenheit, einen der Gästespieler zu sprechen, der mir in englischer Sprache -die meisten sprechen nur arabisch - versicherte, daß auf Grund des Witterungsumschwunges diesmal mit einer besseren Leistung zu rechnen sei. Das klang zwar etwas übertrieben, sollte aber dann doch seine Bestätigung finden.

*

Die Aegypter sind eine sonderbare Rasse. Man glaubt bei ihrem Anblick Mischlinge aus ganz verschiedenen Ländern vor sich zu haben, denn jeder hat einen anderen Typ: Dunkelbraune bis schwarze mit schwarzem Kraushaar, hellbraune mit schwarzem Haar, aber es soll auch negerähnliche geben, die Haar so weiß wie Milch haben und dies schon in der Jugend. Aber diese Mischlinge haben alle eins gemeinsam: Ihr Körper ist gut durchtrainiert, sehnig, der ganze Körper von wundervoller Proportion.

Was die Gäste zu leisten vermögen, wenn ihnen das Klima richtig zusagt, das bewiesen sie in diesem Spiel. Ihre Schnelligkeit ist ihre größte Stärke: Sie haben einen schnellen Start und besitzen ein gutes Laufvermögen. Was sie weiterhin besitzen, ist eine recht ausgeprägte Ballsicherheit. Was ihnen noch fehlt, ist die Idee, die erst die Krönung bedeutet. Wenn man während des Spieles stets das Gefühl nicht los wurde, daß diese Aegypter kaum einen Erfolg zu erzielen vermögen, so war das eben auf diese Feststellung zurückzuführen. Die Paßfolgen sind recht gut, das Spiel überhaupt von hinten heraus gut aufgebaut, aber vor dem Tore fehlt die Entschlossenheit, aber auch der Schuß. Groß sind sie dagegen in der Zerstörung ebenso wie in der Abwehr.

*

Daß Eintracht gegen diese Mannschaft nur ein Unentschieden erspielte, war eigentlich zu verwundern. Ein Sieg war unwiderruflich, wenn etwas mehr Druck in der ganzen Spielweise gelegen hätte. Aber der fehlte zeitweise bei dem prächtigen Feldspiel, das aber durch sein Manko, weil es zeitweise zu sehr in die Breite ging, manchmal schleppend wirkte. Dies wirkte sich schon deshalb sehr aus, weil diesmal die Halbstürmer nicht richtig aus dem Damm waren.

Aber dafür hatte das Spiel wieder seinen Vorzug. Diese manchmal katzenartige Gewandtheit der Gäste und ihre damit gezeigte Schnelligkeit sorgten für den richtigen Fluß. Und wenn nach Spielschluß einer der Reisebegleiter sich dahingehend äußerte, daß die Zuvorkommenheit, mit der man sie überall empfangen hätte, alles Erwartete übertroffen habe, so glaubte er aber andererseits hinzufügen zu müssen, daß die seitherigen Spiele und auch dieses zu "rough" durchgeführt worden seien. Das dürfte aber nicht stimmen, weil für unsere Begriffe das Spiel von einer größeren Härte eigentlich nichts besaß.

Im allgemeinen hatte Eintracht die weit größeren Chancen. Daß diese aber nicht entsprechend ausgewertet wurden, lag einerseits an der eingangs erwähnten Schwäche des Eintrachtangriffes und andererseits an der vorzüglichen Arbeit des Gästeschlußtrios. Diesem hatten es denn auch die Leute vom Nil in erster Linie zu verdanken, daß sie sich in diesem Treffen ein ehrenvolles Unentschieden erspielten.

In der Mannschaftskritik

kann man sich kurz fassen. Die Gäste hatten einen vorzüglichen Torwart zur Stelle, der akrobatenhaft sein Tor hütete. Seine beiden Vorderleute hatten zwar keinen sonderlich reinen Abschlag, aber dafür stellten sie sich immer sehr gut und zeigten blitzschnelle Entschlossenheit. Die Läuferreihe war sehr beweglich, vortrefflich in der Unterstützung der Hintermannschaft. Der Beste der linke Läufer Swifi. Im Sturm gefiel die linke Seite und der Mittelstürmer.

Eintracht Frankfurt hatte in der Läuferreihe seine stabilste Reihe. Mantel der Beste und Trickreichste. Die Verteidigung war gut, dagegen Trumpp als Torwart nicht auf der Höhe. Das Tor der Gäste mußte er unter allen Umständen vermeiden. Im Sturm gefielen eigentlich nur die beiden Außenstürmer Schaller und Kellerhof, während der Innensturm merklich von seiner sonstigen Form entfernt war.

Weingärtner-Offenbach als Schiedsrichter leitete großzügig und zufriedenstellend.

Aus dem Spielverlauf.

Nach der üblichen Begrüßungszeremonie liegt Eintracht vom Anstoß weg in Front. Kellerhof ist durchgebrochen, Schaller benutzt diesen Angriff zu einem erneuten Flankenwechsel. Dietrich hat sich freigestellt und faßt den Ball aus der Luft ab, aber das Leder prallt von einem der Gästespieler ab. Einen Bombenschuß von Schaller, der eine Flanke von Kellerhof gestoppt hatte, wird von dem Gästetorwart Askar hervorragend gemeistert. Ein gut vorgetragener Angriff des Gästeinnentrios wird durch eine gute Leistung von Trumpp unschädlich gemacht. Askar hält dann einen erneuten Schuß von Schaller und lenkt später einen Effetball von Kellerhof zur Ecke. Eine todsichere Sache vergibt dann Kron durch Fehlschuß.

Erst in der 8. Minute nach Seitenwechsel kommt Eintracht zum Führungstreffer. Kellerhof hat sich auf der Seitenlinie mit bekannter Meisterschaft durchgespielt, um dann eine hohe Flanke zu ziehen, die Dietrich durch famosen Kopfball im Hochsprung verwandelt. Im weiteren Verlauf zeigt der Gästetorwart wahre Glanzleistungen. Zehn Minuten vor Schluß verwirkt Pfeiffer einen Strafstoß. Dieser, von dem Gästerechtsaußen aus beträchtlicher Entfernung geschossen, landet über dem falsch stehenden Trumpp im Tor. Kurz vor Schluß haben dann die Aegypter ihre größten Chancen, als Trumpp einmal herauslaufend den Ball verfehlt hatte, und dann, als einer der Aegypter zum Schuß kam, bevor der ihm entgegenstürzende Trumpp am Ball war. Aber beidemal ging das Leder ganz knapp vorbei.  (aus dem 'Sport-Echo aus dem Maingebiet' vom 01.07.1929)

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