Eintracht Frankfurt - Union Niederrad

Bezirksliga Main-Hessen 1929/30 - 3. Spieltag

1:0 (1:0)

Termin: 08.09.1929
Zuschauer: 5.000
Schiedsrichter: Walter (Oggersheim)
Torschützen: 1:0 Karl Ehmer

 

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Eintracht Frankfurt Union Niederrad

 


 

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Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — Union Niederrad 1:0 (1:0).

Die diesmalige Begebenheit am Riederwald, die sich Verbandsspiel zwischen Eintracht Frankfurt und Union Niederrad betitelte, ist schnell beschrieben. Es gab eine erste Halbzeit, in der die Platz besitzende Eintracht in sehr guter Form war, völlig überlegen kämpfte und eine Unmenge reelster Torchancen hatte. Aber sie versuchte teils mit Ungeschick teils mit großem Pech den Gewinn aus den häufigen Besuchen vor dem Niederräder Tor zu ziehen, und so gab es einen Latten- und vier Pfostenschüsse neben mehrfachen Versuchen, die im Ansatz bereits verfehlt waren. Nur einmal leitete Döpfer im gemeinsamen Vorgehen mit Ehmer einen Vorstoß durch die Mitte ein, Ehmer, der in Versuchung stand, seinen Nebenmann zu behindern, überließ ihm schließlich besonnen den Ball, erhielt ihn in denkbar günstigsten Augenblicke mit noch größerer Ueberlegung zurück und konnte so mit Ruhe und Sicherheit wenigstens ein einziges Tor schießen, während die Mehrzahl der 5000 Zuschauer in allen anderen aussichtsreichen Fällen vergeblich auf den Treffer lauerten. Eintracht beging eben eine psychologische Unterlassungssünde. Sie ging nicht darauf aus, dem sichtlich unterlegenen Gegner bereits in der ersten Viertelstunde mit zwei oder drei durchaus möglichen Toren den Schneid, das Selbstvertrauen und den letzten Rest einer etwaigen Siegesaussicht abzukaufen. Als die Gegner merkten, daß die Omnipotenz des Gegners keine restlos vollkommene war, wuchsen sie in ihrem Unternehmungsgeist. Wuchsen kurz nach der Pause mehr und mehr, bis schließlich Eintracht wahrlich Mühe und Not genug hatte, den knappsten aller Torvorsprünge, krampfhaft, und einige Male nicht ohne Glück, festzuhalten. Union hätte zweifellos auf Grund ihrer anscheinend recht beträchtlichen Ausdauer und ihres Endspurtes fast während der letzten 30 Minuten gut und gerne ein Tor verdient. Da jedoch Eintracht absolut nicht zum zweiten oder gar weiteren Male den Weg ins Netz finden wollte, ihr alles in allem aber wohl der Sieg zukam, möge sich der gütige Leser in die Schicksalsfügung finden und das 1:0 gütigst akzeptieren.

Auf der Unionseite ragte in der ohnedies recht standhaften Hintermannschaft der unverwüstliche rechte Läufer Winterstein sichtlich hervor. An der lobenswerten Leistung dieses jugendlichen Spielers gab es nichts zu tadeln, wenn auch sein Gegenspieler, der Linksaußen der Eintracht fast immer an Winterstein vorbeikam. Das war lediglich die Folge der besonders guten Form, in der sich diesmal Kellerhoff befand. Auch sein Sturmgenosse Döpfer, der nach langer Pause wieder einmal in der Mannschaft spielte, gefiel außerordentlich gut. Ansonsten gab es hüben wie drüben noch manches andere Lobenswerte. Schlecht war keiner von den 22 fairen Kämpen.

Auch Schiedsrichter Walter vom VfR. Oggersheim war vorzüglich. Peinlich genau, aber nie kleinlich, und ohne Ansehen der Person, leitete er das recht spannende Spiel, das allerdings nur infolge seines Tempos, niemals aber wegen einer etwaigen Gefahr auszuarten, große Anforderungen an den Leiter stellte.

Es gab Zuschauer, die den von Ehmer an die Latte getretenen Ball für ein regulär erzieltes Tor halten wollten. Ich bin der Meinung des Schiedsrichters, der in dem Scharfschuß einen Lattenball erblickte. Ich möchte jedoch die lange ersehnte Gelegenheit benutzen, den Vereinen endlich nahe zu legen, ihre Tore auf englische Weise aufzubauen. Die Engländer verwenden Tornetze aus starker Hanfleine, die mit „Heringen" am Boden befestigt werden. Die Art des Torbaues in Deutschland mit festen Holzbalken oder mit Gasrohren mit Drahtverspannung hat so oft schon zu unliebsamen Meinungsverschiedenheiten geführt. Deshalb fort mit einer Einrichtung, die sich noch nie bewährt hat, zu peinlichen Zwischenfällen führen kann und teurer in der Anschaffung ist. Allerdings müssen die regenempfindlichen Tornetze der besonderen Obhut und Fürsorge des Platzwartes anvertraut werden und nach jedem Spiele eingeholt werden. (Was bei uns gewöhnlich nicht geschieht).

Noch ein zweites Monitum möchte ich diesmal anbringen. Es betrifft den Eintrachtverteidiger Willy Pfeiffer. Die Menge versündigt sich direkt an diesem Spieler, der sich seit seiner Wiedereinstellung in die Mannschaft sichtlich eisern bemüht, unbedingt fair zu spielen. Die Erinnerung an frühere Zeiten sollte endlich begraben werden, und man sollte nicht so weit gehen, den Mann durch unsinniges und völlig unbegründetes Gebrüll derart einzuschüchtern, daß er sich schließlich überhaupt nicht mehr an den Ball und noch weniger an einen Gegner traut. Wie gesagt, man versündigt sich schwer an Willy Pfeiffer!      Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 10.09.1929)



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