Eintracht Frankfurt - Karlsruher FV

Süddeutsche Meisterschaft 1930/31 - 3. Spiel

4:1 (2:1)

 

Termin: 01.02.1931 im Stadion
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Weyrich (Mettlach)
Tore: 1:0 Fritz Schaller (10.), 1:1 Nagel (Elfmeter), 2:1 Fritz Schaller (35.), 3:1 Bernhard Kellerhoff (60.), 4:1 Fritz Schaller

 

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Eintracht Frankfurt Karlsruher FV

 


  • Stadtler
  • Huber
  • Nagel
  • Quanten
  • Link
  • Bekir

 

Trainer Trainer

 

Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — Karlsruher Fußball-Verein 4:1 (2:1).

Armselige 6000 zahlende Zuschauer bei dem Meisterschaftstreffen im Frankfurter Stadion zwischen Eintracht Frankfurt Karlsruher Fußball-Verein! Die badischen Gäste werden sich erinnern, daß sie selbst in ihren Privatspielen stets ein viel zahlreicheres Publikum gefunden haben. Dahin also sind wir dank der städtischen Kommunalisierungsbestrebungen in sportlichen Dingen gekommen. Die führenden Frankfurter Vereine und ihr eintrittzahlender Anhang sind weder im Stadtteil Niederrad noch in Sachsenhausen ansässig und lassen sich nun einmal nicht durch teure Straßenbahnfahrten den an sich genügend kostspieligen Besuch eines Fußballspiels noch mehr verteuern. Die „Versailler Diktate", mit denen die städtisches Pachtgelände als Spielplatz benutzenden Vereine bei allen größeren Veranstaltungen zur Benutzung des Stadions gezwungen werden, haben allmählich die passive Restistenz des Publikums erweckt, mit der genaue Kenner der Verhältnisse schon lange gerechnet haben.

Man muß streng unterscheiden: die Frankfurter Vereine hängen an ihrem Stadion und sind jederzeit bereit, zur Finanzierung dieser prachtvollen Anlage ihr möglichstes zu tun, soweit irgend die Verhältnisse danach angetan sind. Was nutzt es aber, die im Norden und Nordosten der Stadt wohnenden Interessenten nach dem entgegengesetzten Stadtteil zu locken, wenn sich jeder Einsichtige im voraus sagen kann, daß damit dem Stadion nicht ein einziger Pfennig übrig bleibt und lediglich dem platzbauenden Verein die Einnahmequote geschmälert wird? Bitte laut vorrechnen zu dürfen: knapp 6000 Zuschauer bedeuten eine Kasseneinnahme von etwa 5000 Mark, von denen das Stadion für Platzmiete einschließlich Kassen- und Ordnungsdienst 15 Prozent, also 750 Mark, erhält. Wer die Riesenzahl von Funktionären kennt, die selbst bei kleinen Veranstaltungen in der Kampfbahn des Stadions aufgeboten werden muß, wer die Kosten der Herrichtung und Wiederinstandsetzung des Hauptfeldes kennt, der weiß, daß das Jahresbudget des Stadions nicht eine einzige Mark bei solchen Durchschnittsveranstaltungen erübrigt. Die Vereine aber werden mühelos den Nachweis führen können, daß die ihnen aufoktroierte Stadionbenutzung nicht nur auf dem prozentualen Abgabenwege recht erhebliche Mindereinnahmen für sie bedeutet.

Um keinen Irrtum aufkommen zu lassen: mit der Stadion-Verwaltung selbst, mit seinem durchaus einsichtigen Direktor Eduard Zeiß und seinen unmittelbaren Helfern, arbeiten die Frankfurter Vereine in ungetrübter Harmonie. Beide Parteien wissen, daß sie auf einander angewiesen sind, beide wissen, daß sie sich in dieser Notzeit gegenseitig nicht das bieten können, was sie im Grunde zu tun bereit wären. Aber die Stadt-Verwaltung kennt nur das Bestreben, aus dem Leder der Vereine die Riemen ihrer respektiven „Ressorts" zu schneiden. Inzwischen haben die Groß-Vereine mindestens die Hälfte ihrer Besucher an die Kreisliga-Vereine verloren, deren Plätze ohne Straßenbahnfahrten zu erreichen sind und deren qualitativ nicht allzu viel schlechtere Veranstaltungen zum Teil sogar auf öffentlichen Plätzen ohne Einfriedigung ausgetragen werden. Angesichts der durch völlig unproduktive Maßnahmen der Stadt-Verwaltung verursachten oder mindestens gesteigerten Notlage der Groß-Vereine muß wieder einmal die altberühmte Frage hervorgekramt werden: „Quousque tandem, Catilina?", auf deutsch „Wie lange noch, Herr Stadtrat?".

*

Die beiden Mannschaften litten unter Erkrankungen ihrer Spieler. Die Karlsruher hatten Keller auf rechtsaußen durch Quanten ersetzt, und für Reeb spielte Huber als rechter Verteidiger. Bei Eintracht pausierten Dietrich, Möbs, Gramlich und Stubb. Kron, Trumpler, Leis und Pfeiffer sind allerdings keine Ersatzspieler, und doch mußte die Mannschaft als stark geschwächt bezeichnet werden. Mit Dietrich fehlte dem Eintrachtangriff der unentbehrliche Führer. Keiner der fünf Stürmer bemühte sich, die Rolle des Sturmführers zu übernehmen. Fußball ist Kampf, eine Fußballmannschaft ist eine Kampftruppe. Man erinnere sich, daß im Kriege selbst die kleinste Kampfeinheit niemals ohne ihren Führer blieb. War der Leutnant gefallen, dann proklamierte der erste beste: „Die Kompagnie hört auf mein Kommando!" Wo waren am vergangenen Sonntag die „Gefreiten" dieses Eintrachtsturmes, um das „Sprung auf! Marsch, marsch!" unter einen einheitlichen Willen zu bringen?


Zweikampf mit Karl Ehmer
aus dem Heimspiel gegen
den Karlsruher FV (4:1)

Der Gästesturm litt unter dem Ausfall Links, der eine Viertelstunde vor der Pause bedauerlicherweise verletzt wurde. Die hierdurch bedingte völlige Umstellung nahm dem ohnedies durchschlagskräftigen Quintett fast alle Aktionskraft. Allerdings sprechen die Erfahrungen der ersten dreißig Minuten nicht für die Mutmaßung, die Gäste hätten ohne den Zwischenfall ihres Mittelstürmers mehr erreicht, als geschehen. Man erinnere sich daran, daß auch die völlig intakte Karlsruher Mannschaft nur wenig zur Offensive kam.

Auf Frankfurter Seite war Schaller bei Karlsruhe Bekir mit deutlichem Abstand der beste Mann im Sturm. Schaller war ungemein wuchtig und schnell. Seine drei Tore waren die wohlverdiente Belohnung für seine besonderen Anstrengungen. Bekir dirigierte selbst als Linksaußen recht gut. Seine Ballführung zeugt nach wie vor von großem Feingefühl. Aber auch ihm fehlt, wie allen seinen Nebenleuten, die körperliche Wucht. Im Vergleich zu früheren Jahren ist der Karlsruher Sturm verzärtelt. Deshalb auch nur ein einziges Tor und dieses aus einem vom Läufer Nagel blendend verwandelten Elfmeter.

Ohne in Einzelheiten einzudringen, waren beiden Hintermannschaften durchschnittlich gut. In der Abwehr blieben die Gäste trotz großer Ueberlastung zäh bis zum äußersten. Aber die Gegner, die zum Aufbau wesentlich mehr Zeit fanden, arbeiteten dementsprechend produktiver. Beiderseits gab es übertrieben viel Kopfspiel, das im Grunde doch nur ein Notbehelf ist. So kam es, daß in manchen Fällen die Bälle nicht weit genug wegbefördert wurden. Beide Torwächter, von denen der Frankfurter Schmitt beträchtlich weniger zu tun hatte, gleichmäßig sicher im Fangen und Stellungsspiel. Stadtler neigte zu der Gewohnheit, den Ball mehr als zwei Schritte zu tragen.

Nach dem Feldspiel und den Torgelegenheiten ist Eintrachts Sieg mit 4:1 Toren berechtigt. Sie lag fast dauernd im Angriff, und nur mit Zwischenpausen war der Kampf ausgeglichen. Eine knappe Zeitspanne vor der Pause und noch etwas deutlicher Mitte der zweiten Halbzeit lag Karlsruhe vorübergehend im Angriff. Zehn Minuten nach Beginn ließ Stadtler einen sehr wuchtigen Schuß Schallers abprallen. Der dem Balle nachsetzende Schaller schoß ein zweites Mal unhaltbar ins Netz. Ein Elfmeter wegen regelwidrigen Spiels im Strafraum brachte den Ausgleich durch Nagel. Zehn Minuten vor der Pause ergab der 2. Eckball für Eintracht erneut den Führungstreffer durch den mit Linksschuß skorenden Schaller. Eine Viertelstunde nach dem Seitenwechsel benutzte Kellerhoff ein Gedränge vor dem gegnerischen Tor zum dritten Treffer. Schaller schloß dann noch einen geschickten Flankenwechsel Krons durch placierten „volley" ab.

Das Treffen blieb fair. Vereinzelt gab es natürlich auch Härten Schiedsrichter Weyrich aus Mettlach (Saar) griff im Bedarfsfalle ein. Er leitete gut.      Ludwig Isenburger. (Aus dem 'Kicker' vom 03.02.1931)

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