Eintracht Frankfurt - Wormatia Worms

Süddeutsche Meisterschaft, Gruppe Nord-West 1931/32 - 5. Spiel

4:2 (1:0)

Termin: 07.02.1932 im Stadion
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Glaser (Neckarsulm)
Tore: 1:0 August Möbs (30.), 2:0 August Möbs, 2:1 Winkler (59.), 3:1 Karl Ehmer (64.), 4:1 August Möbs (67.), 4:2 Winkler (86.)

 

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Eintracht Frankfurt Wormatia Worms

 


  • Gisberts
  • Völker
  • Closet
  • Pölsterl
  • Fries
  • Wolf
  • Bitter
  • Winkler
  • Schäfer
  • Müller
  • Boll

 

Trainer Trainer
  • Fritz Pölsterl

 

In Nord-West setzt die Eintracht ihren Siegeszug fort

Eintracht Frankfurt — Wormatia Worms 4:2 (1:0).

Nimm's nicht übel, lieber Leser. Man ist an diesem närrischen Faschings-Sonntag mehr auf Spott. als auf Sport eingestellt. Und gerade just in diesem Augenblick, in dem die Lautsprecherübertragung aus der Mainzer Stadthalle die folgende köstliche Probe goldenen Meenzer Humors hinausschmettert:

„Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!
Un wenn mei Fraa ihr'n Mund, ihr'n lose,
Bloß aan oder zwaa Dag halte wollt,
Hätte wir Deutsche noch mehr Gold
Als wie die Franzose!"

Da fällt es dem Chronisten schwer, ernst zu bleiben, zumal es diesmal wieder ärgerlich ist, über die heutige Stadion-Veranstaltung berichten zu müssen. Angesichts der Raumverhältnisse da draußen und in wehmütiger Erinnerung an die längst vergangene Zugkraft 'der süddeutschen Meisterschaftsspiele in früheren Jahren muß man allmählich von einer gähnenden Leere sprechen Leider ist diese Leere immer noch keine Lehre für die hiesige Stadtverwaltung geworden, denn sie zwingt nach wie vor die Vereine zur Benutzung des Stadionfeldes. Das wäre ganz.nett, wenn heutzutage selbst die leidenschaftlichsten Fußballinteressenten sich durch Fahrtkosten von fünfzig Pfennig nicht abschrecken ließen. In dem Stadtteil, in dem die Eintracht und der Fußballsportverein ihre Vereinsplätze haben, ist auch der weitaus größte Teil ihres Anhanges wohnhaft. Ein Spielbesuch wäre ohne Fahrtspesen zu ermöglichen. Im Stadion kosten die Spiele vorweg eine halbe Mark Spesen. Das ist heutzutage für Tausende von Fußballanhängern ein so erheblicher Betrag, daß an der Unmöglichkeit, ihn allsonntäglich aufzubringen, der Gang zum Sportplatz scheitert. Unsummen an Eintrittsgeldern gehen hierdurch den Vereinen verloren. Aber die Stadtverwaltung stößt sich nicht daran. Theoretisch erklärt sie permanent, den Sport unterstützen und fördern zu wollen. Aber man darf sich durch die Worte nicht irritieren lassen, die Taten stehen hierzu in krassestem Widerspruch.

Etwa 4000 Zuschauer sahen zwischen Eintracht Frankfurt und Wormatia Worms ein recht bescheidenes Treffen. Das war alles andere eher, nur keine Meisterbegegnung. Die zwei Ersatzleute auf Seiten der Gäste und die drei „Austauschspieler" bei Eintracht machten das mäßige Niveau der Veranstaltung nicht aus. Auch der wiederum sehr glatte Boden entschuldigt nur einiges, bei weitem nicht alles. Es war kein Schneid in der ganzen Sache, zum mindesten nicht in der ersten Halbzeit. Man sah fast gelangweilt auf den Rasen hinunter. Man wurde nicht recht warm.

Wormatia hatte bis zur Pause ein kleines Uebergewicht, weil sie schnelleren Start und größere Beweglichkeit zeigte. Auch das Kopf- und Stellungsspiel übertraf in den ersten fünfundvierzig Minuten das der Eintracht. Lasch und gleichgültig, fast interesselos kämpften die Riederwäldler.

Erst nach dem Seitenwechsel ging Eintracht mehr aus sich heraus, und zeigte zeitweilig ihre bekannten, planvollen Kombinationszüge. Von diesem Augenblick an beherrschte sie natürlich auch vollkommen die Situation, und wenn man in den Halbzeitstand von 1:0 für Frankfurt mit Recht nicht ganz einwilligen wollte, so hatte das Endergebnis von 4:2 Toren und 9:3 Ecken unstreitig seine Richtigkeit. Aber man wurde doch auf einige Mängel aufmerksam, die einer so gut eingespielten Elf vom Schlage der Eintracht nicht mehr anhaften sollten. Eine Mannschaft von so gutem und wohlerworbenen Ansehen müßte auch jederzeit geistig auf voller Höhe sein. Das war diesmal nicht der Fall. Mehrfache, leicht vermeidliche Abseits, von denen der Schiedsrichter nicht einmal alle pfiff, nicht weniger als drei Schüsse, die an den Beinen des im Wege stehenden Parteikameraden abprallten, und zwei Fälle, in denen ein Eintrachtler seinem zum Schusse ausholenden Mitspieler den Ball vom Fuß nahm, beweisen dies. In allen diesen Fällen handelte es sich um Denkfehler. Derlei Mängel müssen noch ausgemerzt werden. Erst dann wird man sagen können, daß im Eintrachtsturm Umsicht und Ueberblick in genügendem Maße herrschen.

Auch Wormatia überzeugte durchaus nicht restlos. In erster Linie konzentrierte sich die Läuferreihe zu viel auf ihre Abwehraufgabe. Sie gab dem Sturm zu wenig Druck nach vorne. Weiterhin störte in dieser Angriffsreihe zu sehr die hohe Kombination. Nur Winkler, der Halbrechte, hielt seinen Ball beharrlich am Boden. Aber auch er machte gemeinsam mit seinen vier Helfern den Fehler, zu sehr nach der Breite zu kombinieren. Unter diesen Verhältnissen konnte also auch von Wormatias Seite kein Tempo in das Spiel kommen. Balltechnisch war jeder einzelne der Gäste vielleicht nicht ganz so gut wie die Frankfurter, aber trotzdem einwandfiei ligareif. Aber Ballbehandlung allein befriedigt den Besucher eines Meisterschaftstreffens nicht. Er will Leben und Bewegung, steten Fluß und forsche Aktionen sehen.

Aber es gab auch einiges Lobenswerte bei den Gästen. Winkler und Müller sind immer noch gute Verbindungsstürmer, wenn auch zurzeit nicht in ihrer besten Form. Ihr Wollen verrät meistens kluge Spielauffassung, die Umwertung n die Tat glückt allerdings nicht immer. Allgemein wurde im Wormser Stunn viel zu wenig und zu schlecht geschossen. Dir meisten Versuche gingen hoch über die Torlatte. Bester Mannschaftsteil war das Schlußtrio, und das schlagsichere Bollwerk Völker-Closet, erwies sich unbedingt als eine gute Verteidigung.

Schiedsrichter Glaser aus Neckarsulm amtierte ehrlich und regelkundig, wenn auch etwas 'engherzig. Zwei solch fairen Mannschaften hätte er bei aller Härte in der beiderseitigen Spielweise etwas mehr Bewegungsfreiheit lassen sollen. Zu Elfmeter-Entscheidungen scheint sich Herr Glaser nur schwer zu entschließen. Trotzdem war der Gesamteindruck seiner Spielleitung gut.       Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 09.02.1932)

 


 

Frankfurt am Main

Grundsätzliches...

Die süddeutschen Endspiele werden im Stadion ausgetragen, das bei gutem Besuch ein imposanter Rahmen für große Spiele ist. Der Anblick ist jedoch trostlos, wenn man einige Häuflein unentwegter Fanatiker, etwa 2000 zusammen, in dem Oval verstreut sieht, das für 40000 Menschen bestimmt ist. Bei Waldhof gab es noch einigermaßen Besuch. Dann folgten Saarbrücken—Mainz—Worms, eine ständig absteigende Kurve... Das Lokalderby Eintracht — Fußballsportverein, stets ein Zugstück, wird den beiden Frankfurter Vereinen die Kosten der unrentablen Endspiele hereinbringen müssen.

Fazit: Eine unrentable Bezirksmeisterschaft, unrentable S.F.V.-Endspiele und — falls die Eintracht zu den D.F.B.-Endspielen gelangt —, auch hier kein Geschäft! Das Frankfurter Fußballpublikum aber langweilt sich, muß wirkliche Großkämpfe entbehren und verliert langsam das Interesse am Fußballsport. Die ganze Aufbauarbeit der Jahre um 1925 versandet.

Es ist nicht zu verstehen, wieso den maßgebenden Vereinsführern noch nicht eingegangen ist, daß hier eine Änderung getroffen werden muß. Im Südostgebiet sieht es besser aus, dank Club, Fürth, 1860, Bayern, Pforzheim, die untereinander spielen. Aber sie sind es auch allein, die das Geschäft bringen. Die logische Folge wäre eigentlich, daß diese Vereine den Ballast der Grüppchenspiele abwerfen und gleich unter sich bleiben würden. Das ist der grundlegende Gedanke, der heute unter dem Titel „Reichsliga" seinen Weg in die Öffentlichkeit genommen hat. Natürlich sind gleich die Gegner auf den Plan getreten, um die unentschlossenen Spitzenvereine wankend zu machen.

Geschürt wird die Abwehr durch die Verbandsbehörden, die Macht und Vorteile ihrer
Position bedroht sehen.

Natürlich sind auch die schwachen Vereine dagegen, die für ein solches Unternehmen nicht in Frage kommen. Trotzdem sollten die Spitzenvereine den Mut haben, den Schritt zu wagen!

Anhängern der Reichsliga wird entgegengehalten, eine Besserung gäbe ist nicht (außer in der Spielstärke!), man wolle eben nur auf diesem Wege zum Professionalismus gelangen und Geschäfte machen. Diese Argumente sind teils unberechtigt, teils schmutzig. Mit einer Hebung der Spielstärke (und des Interesses an den großen Spielen!) ist bereits das Meiste erreicht! Alles andere reiht sich zwangsläufig ein. Und was den Professionalismus (bzw. das italienische System) anbelangt, so würde doch nur eine gefälschte und verschleierte Buchführung in eine geordnete übergeleitet werden. Mit den jetzigen Amateurvereinen sind viel mehr „Geschäfte" zu machen, weil alles unklar bleiben muß und man nicht feststellen kann, wohin aufgewandte Gelder geflossen sind.

Die „Geschäftemacher" sitzen jetzt in den Amateurvereinen.

Die Reichsliga hat gerade an diesen Leuten kein Interesse.

Im „Essener Sportprozeß" ist es gelungen, die heute üblichen Verhältnisse in selbst kleinen „Amateurvereinen" eidlich festzunageln. Werden noch mehr Beweise gewünscht? Von heute? Bitte! Es würden dann nur einige gute Kräfte für die Nationalmannschaft nicht mehr in Frage kommen. Die Vereine bezahlen nach wie vor ihre Spieler. Ein hiesiger Club, der in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, mußte dieser Tage die Zahlungen an die Spieler einstellen. Die Spieler haben jetzt dem Vorstand ein „Ultimatum" gestellt: sie ziehen die Fußballstiefel nur noch an, wenn vorher gehalten wird, was in mündlichen und schriftlichen Verträgen vereinbart wurde. Die Spieler sind vollkommen im Recht. Der Professionalismus braucht heute in Deutschland gar nicht mehr eingeführt zu werden, denn er ist vorhanden. Verlangt wird nur der Übergang von der Unehrlichkeit zu einer sauberen Geschäftsführung.

Eintracht — Wormatia 4:2 (1:0).

Nicht nur der Umstand ist betrübend, daß nur 2000 Zuschauer zum Spiele Eintracht — Wormatia kamen; man mußte leider auch feststellen, daß dieser Kampf keine größere Zuschauerzahl wert war! Die Eintracht, bei der Pfeiffer für Schütz, Mantel für Dietrich und Kron für Schaller spielten, kämpfte zumeist lässig, ohne richtigen Zusammenhang. Mantel war nach der langen Pause noch nicht wieder in Form, und Leis sorgte eifrig dafür, daß jede Taktik möglichst ausgeschaltet wurde. Sein Zuspiel ließ alle Wünsche offen. Es war zumeist hoch und ungenau. Wenn trotzdem ein klarer Sieg herauskam, so lag das hauptsächlich an den Wormsern, die frisch und munter ein Spiel hinlegten, das von süddeutscher Spielkultur auch nicht einen Hauch verspürt hat. Einige geschickte Kombinationszüge des Eintrachtsturms genügten, um dieWormser im Frankfurter Stadion zu Fall zu bringen. In Worms wird die Sache anders aussehen; da wird es Kampf kosten. Die Eintracht ist auf ihren Platz nicht angewiesen. Sie braucht nur ein erstklassiges Spielfeld, um sich richtig entfalten zu können.

Im Wormser Sturm war einzig und allein Winkler wirklich gefährlich. Er zog bei jeder Gelegenheit ab, versuchte Durchbrüche, dribbelte und schoß, wie es sich für einen internationalen Stürmer großen Formats geziemt. Schon in der ersten Minute konnte Schmidt einen gefährlichen Schuß und Nachschuß von ihm nur auf der Torlinie bannen. Dann wechseln die Situationen. Ehmer erzielt eine Ecke aus Strafstoß, Winkler bricht wieder durch, Trumppler schießt auf den Torwart Giesberts aus torreifer Lage. Beiderseits fallen Ecken, erfolglos. Endlich, in der 30. Minute, spielt Ehmer zu Möbs, der mit flachem Schrägschuß Eintracht in Führung bringt. Es sollte das einzige Tor vor der Pause bleiben, denn selbst ein Bombennachschuß des Läufers Gramlich und ein unheimlicher Strafstoß Winklers werden von den aufmerksamen Torhütern zur Ecke gelenkt. Insgesamt ist der Eindruck der ersten Halbzeit recht farblos. Man freut sich nur an der warmen Sonne, die das Spielfeld in sattem Grün erstrahlen läßt.

Nach der Pause gibt es in der 6. Minute einen aufregenden Zwischenfall: der Eintrachthüter Schmidt wird verletzt vom Platz getragen. Stubb geht ins Tor. Eintrachts Mannschaft ahnt die Gefahr und greift erstmals forsch an. Trumppler und Möbs kombinieren und schon nach wenigen Minuten läuft Trumppler durch, gibt geschickt ab und Möbs schießt ein! Das 2:0 beruhigt die nervösen Gemüter.

Stubb fängt zwei leichte Bälle, von Beifall überschüttet. In der 12. Minute humpelt Schmidt wieder ins Tor. Nur 2 Minuten später macht Mantel unnötige Faxen, Winkler kommt zum Schuß, und Worms hat einen Treffer aufgeholt.

Der Eintrachtsturm belagert jetzt den Wormser Strafraum. Dort ist die Abwehr nicht immer sauber, so daß das Volk nach Elfmeter ruft. Schiedsrichter Glaser, Neckarsulm, konzediert aber nur Strafstöße an der 16-Meter-Linie. In der 19. Minute setzt sich Ehmer jedoch kraftvoll durch, hat endlich den Ball vor dem rechten Fuß und jagt die bekannte „Ehmerbombe" unhaltbar ins Netz.

Der Reigen geht weiter. In der 22. Minute legt Ehmer Möbs vor. Schuß und Nachschuß von Möbs : es steht 4:1, das Spiel ist gewonnen. Ehmer schießt nochmals an den Pfosten. Endlich, in der 42. Minute, kann Worms verdient noch ein Tor aufholen. Bei einem Strafstoß stellt sich die Eintrachthintermannschaft wieder einmal schlecht, und der abgefälschte Ball Winklers rollt ins Netz.

In der siegreichen Eintrachtmannschaft stach Möbs hervor, der wieder bessere Form erreicht hat und mit Kellerhof einen gefährlichen Flügel bildete. Ehmer hatte sehr gute Momente; Etwas mehr Beweglichkeit würde ihm nichts schaden und dann muß er endlich mit dem linken Fuß schießenlernen. Trumppler spielte am Flügel besser als innen, wo er zu zerfahren und schußunsicher war. Kron ist ein, guter Allroundspieler, als Außenstürmer jedoch zu langsam. Über die Läufer habe ich bereits geschrieben. Gramlich war hier der beste und allein befriedigende Spieler. In der Abwehr zeigte Stubb Glanzstücke und gelegentliche Unsicherheiten. Pfeiffer spielte regelmäßiger. Schmidt war vor seiner Verletzung gut.

Worms baut ganz auf Winkler auf. L. Müller tritt lange nicht so in Erscheinung. Nicht bewährt hat sich die Neubesetzung des Mittelstürmer- und Linksaußenpostens. In der Läuferreihe stach der Münchener Pölsterl durch sehr feines Spiel hervor; er war nur zu langsam und unsicher auf dem glatten Boden. Die Verteidigung der Wormser begnügte sich mit der Wucht, machte aber sonst viele Fehler. Torwart Giesberts etwas originell und leichtsinnig, in vielen Momenten jedoch verblüffend sicher.

Schiedsrichter Glaser, Neckarsulm, machte nur wenige Fehler. Er übertreibt etwas mit „Niederwürfen". (aus dem 'Fußball' vom 09.02.1932)

 

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