Minerva 93 Berlin - Eintracht Frankfurt

Turnier "30 Jahre Tennis Borussia Berlin" 1931/32

1:4 (0:3)

Termin: 26.03.1932
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter:
Tore: 0:1 Walter Dietrich, 0:2 Karl Ehmer (24.), 0:3 August Möbs, 1:3 Elsholz, 1:4 Karl Ehmer

 

>> Spielbericht <<

Minerva 93 Berlin Eintracht Frankfurt

  • Elsholz

 


 

Trainer
Trainer

 

Die Eintracht imponiert in Berlin

In jedem Jahre bringen die Osterfeiertage der Reichshauptstadt eine lange Reihe der glänzendsten sportlichen Veranstaltungen und es ist seit Jahrzehnten Tradition im Fußball, daß zum Frühlingsfest die besten und bekanntesten Mannschaften des In- und Auslandes nach Berlin zu Gaste gebeten werden. Es wurde auch diesmal so gehalten und von Gründonnerstag bis Ostermontag rollten auf allen Plätzen die Bälle, breiteten Klubs allererster Marke die Schönheiten unseres Spiels vor den Zuschauern aus, ihnen so etwas von jenem Osterglanz verschaffend, den die aus allen Fugen gegangene Wirtschaftsordnung Millionen von armen feiernden Händen nicht bringen konnte.

Einer der Berliner Spitzenklubs feiert in diesen Tagen ein Jubiläum. Die Tennis-Borussia wird 30 Jahre alt und ein ganz groß besetztes Fußballturnier weist die Berliner auf diese Tatsache hin. 30 Jahre im sportlichen Leben sind viel. Und es werden denn auch mehr oder weniger geistvolle Reden von allen möglichen Leuten gehalten und gehalten werden. Wir hören und werden hören, daß die Te-Be es nicht immer leicht gehabt habe, daß sie auch mal in der 2. Spielklasse ihr Brot habe suchen müssen, daß sie noch niemals Berliner Meister geworden sei, nur einmal den Pokal gewonnen habe, aber trotz aller Widrigkeiten unentwegt ein Pionier des Fußballs, ein Freund der Jugend (NB. diese Jugend spielt heute bei Pankow) gewesen sei usw., usw. Diese Reden werden meistens von Herren gehalten und gehalten werden;' die von der Existenz des Fußballs lediglich aus Anlaß von Jubiläumsfeierlichkeiten erfahren und die nach den Banketten schnell alles .vergessen, weil sie wieder an andere Bankette denken müssen. Wir, die wir die Te-Be noch für Jahre auf ihrem Wege zu begleiten hoffen, wollen keinen Jubiläumsspeech, der immer etwas von dem ranzigen Schmalz einer Gedenkrede an sich hat, halten. Wir wollen der Te-Be kurz von Herzen gratulieren, daß sie zu den nicht zahlreichen deutschen Fußballvereinen gehört, die man im In- und Auslande kennt und mit Achtung nennt. Wir wollen ihr zurufen: Bilde Dir bloß nichts auf Deine 30 Jahre ein, Du bist ja noch so jung, alles liegt ja erst noch vor Dir, die brandenburgische und die deutsche Meisterschaft! Und auf diesem Wege, der zeitlich lang sein mag, aber ewig kurzweilig sein wird, werden wir Dir Dein liebes, lilaweißes, ach so empfindliches Fell gelegentlich auch tüchtig zausen, wenn uns das erforderlich zu sein scheint. Aber trotzdem werden wir immer Freunde bleiben, denn der Sache dienen — ja, das wollen wir beide. Und darum steck die feierliche Miene fort, laß Dir einen herzhaften Schubbs in Deinen breiten Rücken geben und vernimm das eine Wort: Vorwärts!!

Aber brechen wir hier ab, denn es ist Sonnabendnachmittag, wir sitzen auf der Tribüne des Hertha-BSC.-Platzes und die Jubiläumsspiele sollen beginnen. Eben kommt denn auch unter freundlichem Beifall die Elf von 1860 München auf das Spielfeld, die Te-Be [...]

Dafür erlebten 12 000 Zuschauer unmittelbar darauf

das rotschwarze Wunder aus Frankfurt a. M.

Es wurde immer stiller rings um den Platz, je älter das Spiel Eintracht gegen Minerva 93 wurde. Die Süddeutschen, die schon im November vorigen Jahres Berlin begeisterten, waren ganz große Klasse. Ihr schon immer glänzendes Spiel ist noch zügiger, trockener, effektiver geworden. Es erwies sich heute 3/4 Stunden lang als schlechthin zwingend, der Eindruck war, für jeden Zuschauer ohne Beispiel. Gewiß, die erfahrungslose und im Können erst so neue Minerva ist nicht die Mannschaft, die Eintracht zwingen kann, zu zeigen, was wirklich in ihr steckt. Deshalb mag das Lob auch mit etwas gedämpfter Stimme gesungen werden. Aber das darf man wohl sagen: Eine bessere Mannschaft sahen wir in Berlin in den letzten Monaten nicht und wir sehen doch wirklich allerhand. Jedenfalls, ganz Berlin erblickt nach diesem Spiel in Eintracht den deutschen Meister, und man möchte derselben Ansicht sein — wenn man eben nicht die Unberechenbarkeit des K. o.- Systems so oft augenfällig demonstriert bekommen hätte.

Vom Spiel waren wir entzückt, denn alles, was zum hochklassigen Spiel nötig ist, das haben diese Leute, mögen sie nun Schütz und Stubb, Gramlich, Leis und Mantel oder Dietrich, Ehmer und Schaller (dieser wurde schnell populär unter dem Namen Bujo) heißen. Ja, selbst der Ersatz für Kellerhoff, der blutjunge Linksaußen Gorth, fiel keineswegs ab. Ein Mann aber ist in diesem hervorragenden Ensemble noch besonders zu nennen — Ehmer. Was ist dieser Brecher vom Hardertyp doch für ein famoser Mittelstürmer geworden. Früher erschien er nur als Brecher, steif und ungelenk. Heute ist er geschmeidig wie eine Katze, schnell wie ein Panther und von einer geradezu sagenhaften Schußgewalt. Man muß dieses Ding gesehen haben, das Ehmer in der 24. Minute aus 20 Metern ins Minervanetz funkte, um zu wissen, wie Schießen wirklich ist. Zur Pause stand es 3:0 für Eintracht. Das erste Tor hatte Dietrich auf Flanke von rechts erzielt und der Schütze des dritten war Möbs auf Steilvorlage Ehmers.

Nach der Pause kam auch Minerva endlich schön zum Zuge, aber nur deshalb, weil Eintracht genug hatte und sich für das schwere Spiel des Sonntags schonte. Eine Vorlage des Rechtsaußen setzte Elsholz, der beste Mann der Blaugelben, herrlich ins Netz, aber Eintracht antwortete umgehend mit einem weiteren Tor durch Ehmer auf Hochflanke Schallers. Dabei blieb es. Sieger Eintracht mit 4:1. Möglich, daß Eintracht am Sonntag ihre Leistung von heute nicht wiederholen kann. Aber von ihr wird noch lange gesprochen werden. (aus dem 'Kicker' vom 01.04.1932)

 


 

Das bedeutendste deutsche Oster-Ereignis gab es in Berlin, wo vier Teilnehmer der diesjährigen D.F.B. -Endspiele spielten: Eintracht Frankfurt, Schalke, Tennis-Borussia Berlin und Minerva Berlin. Dazu als interessanter Vergleichsmaßstab die beiden vorjährigen Finalisten der Deutschen Meisterschaft Hertha-B.S.C. und München 1860.

*

Nach ihren Spielen und den vorhergehenden der beiden norddeutschen Meister ist das derzeitige Stärkeverhältnis der in die Endspiele der Deutschen Meisterschaft 1932 Kommenden:

Favorit: Eintracht Frankfurt.
Halbe Klasse schwächer: Schalke, Holstein, Tennis-Borussia.
Weitere halbe Klasse schwächer: Minerva Berlin, H.S.V. Hamburg.

*

Als beste Elf in Berlin zeigte sich Eintracht Frankfurt. Sie spielte am ersten Tag des Tennis-Borussia-Jubiläumsturniers gegen Minerva.

*

„Die kommen wie Fürsten!" sagte das Publikum, wie die Eintrachtleute in ihren vornehmen dunkelblauen Klubjacken mit weißen Randlitzen das Feld betraten. Dann, ausgezogen, bilden sie mit ihren engen schwarzrot-langgestreiften Trikots einen schrillen Gegensatz zu den knallgelben Kanarienvogelhemden der Minerva. In der Spielweise ist der Kontrast nicht so scharf.

Ist die Eintracht die deutsche „Arsenal"-Elf? Zunächst beiderseits durchaus verteiltes offenes Spiel. Erst ein 25-m-Schuß des kräftigen Mittelstürmes Ehmer und dann ein 15-m-Schuß des gleichen Spielers scharf in die Ecke — von dem Jugendmannschafts-Ersatztorwart Minervas famos abgewehrt — zeigen Extraklasse. Ja, schießen kann Eintracht, im Gegensatz zu manchen anderen deutschen Mannschaften.

Aber auch die Minerva-Leute können schießen und machen der Nationalverteidigung Schütz-Stubb die Arbeit nicht leicht. Minerva spielt bedeutend besser als in ihren letzten Spielen. Erst durch eine brillante Trickserie kommen die Rotschwarzen zum ersten Tor. Halbrechts gibt fein steil zum Rechtsaußen. Der flankt flach, Möbs, gedeckt, springt absichtlich über den Ball. Dito Ehmer. So daß der freistehende Dietrich den Ball bekommt und auch flach einschießt. 1:0 Eintracht....

*

Hinterher jedoch schießt der durchgebrochene Ehmer selbst — vorbei, statt dem freistehenden Linksaußen den Ball zu geben. Eine rasante Bombe aus 20 m knallt Ehmer ins Tor. 2:0 Eintracht.

*

Minerva ist nicht entmutigt, wirft ihren Sturm vor. Doch der scheitert an den langen Beinen der Frankfurter Backs. Dagegen triumphiert das glänzende Stellungsspiel des Eintracht-Sturms — beste süddeutsche Tradition — bald wieder. Ehmer paßt glänzend zum kleinen Halblinken Möbs, der flach seitlich von 6 m einsendet. 3:0 Eintracht.

*

Jetzt läßt Minerva plötzlich sehr nach. Ist sie schon ausgepumpt? Eintrachts Leute, ruhig - stark - intelligent - schußkräftig, zeigen nun ohne Unterbrechung vortreffliche Technik und ausgezeichnete Kombination. Flach und halbhoch, immer mit Vernunft. Halbzeit 3 : 0 Eintracht.

*

Gleich nach der Pause spielt Ehmer den kleinen Möbs frei, doch der schießt von 5 m daneben. Der kleine schwarzhaarige Eintracht-Mittelläufer Leiß ist unermüdlich. Legt die Kombinationsversuche der Minerva-Stürmer jetzt oft völlig lahm. Und bedient seine Stürmer aufs beste. In Berlin war Leiß trotz seiner kleinen Figur — die an sich sonst nicht gerade für Mittelläufer geeignet ist — bei allen Spielen ausgezeichnet.

*

Im Eintrachtsturm wird vor allem der rechte Flüge! beschäftigt. Er gibt entzückende Kombinationskunststücke zum besten. Minervas jetzt umgestellter Sturm dreht nun aber unerwartet mit einer rasanten Zufallsperiode auf. Der Innensturm paßt hoch, aber direkt und präzis und schnell. Überrumpelt im Nu die berühmten Frankfurter Backs. Der flinke Mittelstürmer Elsholz schießt flach ganz seitlich ein. 3:1 Eintracht.

*

Frankfurts Torwart Schmitt, in leuchtendem Rotsweater macht einen groben Schnitzer, hat aber noch Glück. Der Ball läuft knapp aus. Eintracht spielt momentweise zerfahren. Aber sie behält auch in dieser ganz gefährlichen Anfallsperiode des gelben Sturms die Nerven! (Das eben ist die höchste Meisterschaft heutiger Elitemannschaften: sich nicht überrumpeln zu lassen!) Eintrachts brillanter Rechtsaußen bekommt immer wieder freie Vorlagen. Er flankt vors Tor, Ehmer tritt dem Torwart den Ball hoch aus den Händen. 4:1 Eintracht.

*

Eins hat Eintracht sicher mit Arsenal gemeinsam, der Sturm spielt konsequentes W-Format. Die Außen und der Mittelstürmer besorgen vorn das Rennen allein. Und Mittelstürmer ist mit Ehmer ein schußräftiger starker Durchbrecher, wie Lambert beim englischen Muster.

*

Gegen Schluß stehen beide Eintracht-Backs weit übet der Mittellinie, beinahe 30 m vorm feindlichen Tor! Die ganze Eintracht-Elf hängt vor dem Minerva-Tor. Frankfurts hervorragende Seitenläufer Gramlich und Mantel imponieren riesigen hohen Vorlagen haargenau an die Außen--Stürmer.

Die gelben Minervastürmer kämpfen bis zur letzten Minute. Werden zwischendurch immer wieder gefährlich. Der Eintracht-Tormann muß sich werfen und wieder werfen. Es scheint seine Spezialität zu sein. Ende 4:1 Eintracht. (aus dem 'Fußball' vom 29.03.1932)

 

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg