Hamburger SV - Eintracht Frankfurt

Endrunde Deutsche Meisterschaft 1932/33 - Achtelfinale

1:4 (0:2)

Termin: 07.05.1933
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Dondelinger (Köln)
Tore: 0:1 Karl Ehmer (1.), 0:2 Willi Lindner (30.), 1:2 Sveistrup (55.), 1:3 August Möbs, 1:4 Willi Lindner

 

>> Spielbericht <<

Hamburger SV Eintracht Frankfurt

  • Blunck
  • Beier
  • Risse
  • Mahlmann
  • Halvorsen
  • Gloede
  • Koch
  • Dörfel
  • Sveistrup
  • Noack
  • Politz

 


 

Trainer
  • Asbjørn Halvorsen
Trainer

 

Klassisches Spiel der Frankfurter Eintracht

In Hamburg: HSV. - Frankfurter Eintracht 1:4 (1:2)

Wir haben nicht erwartet, daß Nordens Meister in der Vorrunde so sang- und klanglos untergehen würde. Wir haben dabei den Gegner, den man ihm gegenüberstellte, sicher nicht unterschätzt, aber wir haben erwartet, daß die Hamburger zumindest in diesem Spiel eine Chance geltend machen würden. Es bleibt aber nur festzustellen, daß sie gegen diesen Gegner eigentlich in keiner Minute des Kampfes diese berühmte Chance hatten. In der Eintracht lernten wir eine Mannschaft kennen, die einen geradezu mustergültigen Fußball vorführte und damit ihren Gegner restlos an die Wand spielte; dann finden wir eine weitere Erklärung für den Verlauf der Dinge. Es wäre einfach schade gewesen, wenn dieser Elf die Möglichkeit, sich weiter an der DFB.-Runde zu beteiligen, genommen wäre. Das Gefühl hatten wohl auch die Fünfzehntausend, die dem Gast eine gute Portion Sympathie entgegenbrachten und ihm nach Schluß des Kampfes durch einen lebhaften Beifall den Dank für die gezeigte gute Leistung aussprachen. Wir haben das Gefühl, daß diese Eintrachtelf, wenn sie in dem gleichen Stil und in der gleichen Kondition weiterkämpfen kann, in der DFB.-Runde eine bedeutsame Rolle spielen wird und voraussichtlich sogar in der Endrunde zu finden sein dürfte. Warten wir ab.

*

Die Tribüne und Terrassen des Elmsbütteler Platzes waren gefüllt, die Spannung auf dem berühmten Siedepunkt und, wie gesagt, ein gutes Fünkchen Hoffnung bei den Zuschauern, die dem HSV. nach seinen Osterspielen doch allerlei zutrauten. Der bisher disqualifizierte Noack war wieder freigegeben. Die Mannschaften: Eintracht: Schmidt — Schütz, Stubb — Dietrich, Leis, Mantel — Trumpler, Hemmrich, Ehmer Möbs, Lindner. Der HSV.: Blunck — Beier, Risse — Mahlmann, Halvorsen, Gloede — Koch, Dörfel, Sveistrup, Noack, Politz. — Pfeifenmann der Kölner Dondelinger.

Vom Spielverlauf.

Er war interessant genug und setzte die Hamburger Gemeinde schon in der ersten Minute in einen gehörigen Schrecken. Der HSV. stößt an, der Ball wird vom Gegner aufgenommen, Möbs gibt eine Steilvorlage, Ehmer jagt ihr nach, umspielt ohne Zögern Beier und aus zwanzig Meter sitzt ein Bombenschuß in Bluncks Heiligtum. Nach 20 Sekunden hatte Eintracht eine 1:0-Führung! Der HSV. ist durch diesen plötzlichen Erfolg des Gegners ganz aus dem Häuschen geraten. Die Mannschaft spielt nervös und Eintracht diktiert schon jetzt die Handlung. Die Frankfurter spielten selbstsicher. Die krampfhaften Vorstöße des Hamburger Angriffes zerflattern, Schütz und Stubb lassen sich nichts vormachen. Auf der einen Seite ein sicheres, zielbewußtes Arbeiten, auf der anderen Systemlosigkeit bis zum Uebermaß. Die schnellen, tatkräftigen Einträchtler setzen dem Gegner hat zu. Trumpler und Lindner überlaufen die Routinier Beier und Risse, die diesem schnellen Tempo nicht mehr gewachsen sind. Die ausgezeichnete Eintrachtläuferreihe ist ihrem Sturm eine starke Stütze. Der HSV. muß sich hart wehren. Ein Bombenschuß Hemmrichs brummt gegen die Latte, ein Schuß von Möbs geht knapp vorbei. Eintracht hat das Spiel vollständig in der Hand. Im HSV.-Sturm ist nur der schnelle Koch brauchbar, aber der Innensturm hängt, zeigt kein Verständnis für seine Vorlagen. Die HSV.-Läufer fast nur in der Abwehr. Dann, nach einer halben Stunde, köpft Beier einen Ball hoch in die Luft, er kommt zu Lindner, und Blunck ist zum zweitenmal geschlagen. Beier und Risse werden wiederholt überlaufen, es ist viel dicke Luft vor dem HSV.-Tor. Der eigene Angriff spielt verkrampft, systemlos. Aber einmal muß Schmidt doch energisch gegen Sveistrup eingreifen. Ein wenig später hält er einen Schuß Kochs, zeigt sich überhaupt bei den wenigen Gelegenheiten sehr sicher. Dann wieder ein plötzlicher Durchstoß Ehmers, der kurz vor dem Strafraum gehakt wird; er schießt, der Ball saust ins Netz und ... der Schiedsrichter pfeift und diktiert einen Strafstoß gegen den HSV. Einige von den Frankfurtern vorzüglich getretene Ecken bringen nichts ein. Es bleibt bei der 2:0-Pausenführung.

Nach dem Wechsel setzt der HSV. alle Kräfte ein — soweit der kleine Vorrat reichte —; sein Angriff vergibt durch Unüberlegtheit einige gute Chancen, einige Ecken bringen nichts ein, und im übrigen steht das Läufertrio Dietrich, Leis, Mantel eisern. Nach zehn Minuten durch ein Durchspiel Noacks zu Sveistrup. Der HSV.-Mittelstürmer wird bedrängt, kommt aber doch zum Schuß, für den auch Schmidt keine Rettung findet. Nur noch 2:1 für Eintracht. Sollte der Umschwung wirklich kommen? Die Masse ist begeistert, aber die Freude ist nur kurz. Möbs zieht mit dem Ball nach rechts, umspielt nicht weniger als drei Leute und schießt aus einem unmöglichen Winkel ein. Ein Stellungsfehler von Blunck, denn sonst hätte er diesen Erfolg verhindern können. 3:1 für Eintracht! Das Spiel ist für die Hamburger verloren. Die Frankfurter ziehen ihre Halbstürmer zurück, aber der so unüberlegt spielende HSV.-Sturm — Stürmchen ist besser — kann nichts werden. Mantel hat eine eiserne Ruhe, trotzdem er dem einzig wirklichen aktiven HSV.-Stürmer — Koch — gegenübersteht. Dann macht der schnelle Trumpler einen herrlichen Alleingang, fast auf der Linie gibt er den Ball hoch nach links und ein herrlicher Schuß Lindners flitzt in die äußerste, obere Torecke. (Ueberhaupt, schießen können diese Eintrachtstürmer!) Die Frankfurter haben mit 4:1 die Sicherheit des Sieges. Es gibt dann noch ein sehr übles Foul Risses gegen Trumpler, der etwas mitgenommen wird, noch einen verzweifelten Angriff des HSV. und ... das Spiel ist aus.

Kritische Betrachtung.

Es ist wohl bezeichnend, daß die Hamburger Gemeinde, trotzdem ihr Liebling und Meister so eindeutig aus dem Rennen geworfen wurde, der abgehenden Eintrachtelf Beifall spendete. Aber sie hat ihn verdient, denn sie führte uns ein Spiel vor, wie wir es sehr lange nicht bei uns gesehen haben. Ganz abgesehen von der guten Kondition der Spieler, waren der Aufbau der Handlungen, das Stellungsspiel, die Körperbeherrschung und noch viele andere Dinge so selbstsicher und überzeugend, daß der unbefangene Zuschauer seine helle Freude daran haben konnte. Selbst wenn wir in Rechnung stellen, daß der HSV. durch das so schnell erzielte erste Tor des Gegners etwas aus dem Konzept geraten war, war nicht daran zu zweifeln, daß er gegen diese hochklassig spielenden sympathischen Frankfurter nichts zu bestellen hatte. Da war dieser Sturm, der in Trumpler und Lindner zwei äußerst gefährliche Außen hatte, mit denen der Gegner einfach nicht fertig werden konnte. Diese schnellen und talentierten Burschen waren die gefährlichste Waffe ihres Angriffes. Daneben Möbs, der nichts Unvernünftiges tat, technisch sogar zeitweise ganz Hervorragendes zeigte. Ehmer ist ein gefährlicher Brecher, der aber auch seine Flügel bediente und sich nur dann und wann in „Privatgefechte" mit Beier einließ. Hemmrich ganz gewiß kein Ausfall. Auf jeden Fall spielte dieser Angriff nicht nur gut, sondern auch produktiv. Sehr zum Unterschied vom gegnerischem Sturm. Leis spielte sehr aufmerksam und zuverlässig. Er war allerdings nicht der Belastung ausgesetzt, die Halvorsen hatte. Die Außenläufer Dietrich und Mantel bestachen durch ihr gutes Stellungs- und Abspiel, und letzten Endes die schlagsicheren Stubb und Schütz mit Schmidt im Hintergrund. Eine famose Elf, die uns durch das hier gezeigte Können bestochen hat und sogar so gut spielte, daß sie einen HSV. deklassieren konnte.

*

Ueber die Hamburger Elf läßt sich leider wenig Gutes sagen. Sie stand so ganz im Schatten dieses Gegners und hatte genug zu tun, um größeres Unheil zu verhüten. Dem Sturm fehlte der notwendige Zusammenhang und vor allen Dingen die Tatkraft, um eine Chance zu einem Erfolg umwerten zu können. Wie umständlich wurde hier operiert. Und dabei muß man sagen, daß Politz und besonders Koch sehr achtbare Flanken zur Mitte gaben. Aber dann war niemand da, der sich zu einer Tat aufschwingen konnte. Von dem versagenden Dörfel ganz zu schweigen. Auch Noack wurde nichts, Sveistrup ebensowenig. Es zerflatterte alles, machte sich stümperhaft gegen das technisch und taktisch vollendete Arbeiten der Gegner. Die HSV.-Läufer hatten es verdammt schwer, Halvorsen rackerte sich ab, er mußte viel Kleinarbeit leisten, konnte dadurch selten eine große Linie finden. Sein unerhörter Fleiß konnte nicht belohnt werden. Mahlmann wird festgestellt haben, daß gegen technisch so ausgezeichnete Spieler mit dem Elan allein nichts zu machen ist. Wie häufig wurde er von Lindner umspielt! Bei Gloede ging es zwar etwas besser, aber die Schnelligkeit eines Trumplers war ihm äußerst unangenehm. Beier und Risse sind doch zu langsam geworden, um mit derart ausgekochten und schnellen Stürmern fertigwerden zu können. Ihr Spiel wirkte schwach, verkrampft und man hätte gerne gesehen, daß sie etwas rücksichtsvoller gespielt hätten. Blunck hätte vielleicht ein Tor verhindern können. Aber letzten Endes konnte er an den Dingen nichts ändern, denn der Gegner spielte zu gut für einen HSV., dessen Schwächen hier sehr eindeutig ans Licht gestellt wurden. — Schiedsrichter Dondeldinger hatte das Spiel in der Hand.      Julius Happy (aus dem 'Kicker' vom 09.05.1933)

 

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