Viktoria Aschaffenburg - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1946/47 - 20. Spieltag

2:2 (0:1)

Termin: 09.02.1947
Zuschauer: 7.000
Schiedsrichter: Höhn (Mannheim)
Tore: 0:1 Edmund Adamkiewicz (40.), 0:2 Georg Muth (59.), 1:2 Becker (65.), 2:2 Horsky (81.)

 

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Viktoria Aschaffenburg Eintracht Frankfurt

  • Endrich
  • Meining
  • Bachmann
  • Mautz
  • Bundschuh
  • Dennig
  • Budion
  • Becker
  • Horsky
  • Schütze
  • Scholl

 


 

Trainer
  • Werner Feth
Trainer

 

Remis im Schneeschach

Viktoria Aschaffenburg gegen Eintracht Ffm 2:2

Südländische Leidenschaft umtoste das Spielfeld, doch der Schnee tat kund, daß man sich nicht an fernen Argentinien, sondern auf dem Aschaffenburger Viktoria-Platz befand. Der Schneeboden stellte hohe Anforderungen, doch die zweiundzwanzig Akteure erlahmten nicht bei ihrer Treibjagd nach dem Ball, der durch den Schnee baldigst überdimensionale Formen annahm. Kaum hatten die Unpünktlichen ihre Tribünenplätze eingenommen, da entstand vor dem Viktoria-Tor eine kritische Szene. Szakany preschte in eine Rückgabe hinein und Endrich konnte nur mit Mühe zur Ecke retten. Meisterhaft begann die Eintracht ihr Schneeschach zu spielen, doch die Gastgeber wurden nicht so schnell zur Aufgabe gezwungen. Ihre technische Unterlegenheit ersetzten sie durch — oftmals zu hitzigen — Eifer. Da stand plötzlich Adamkiewicz frei vor Endrich, der Frankfurter Anhang holte schon tief Atem, doch der Hamburger jagte das Leder in den schneeverhangenen Himmel. Als ein paar „Freunde" Schiedsrichter Höhn (Mannheim) mit Schneebällen bedachten, hielt dieser eine kleine Ansprache vor der Tribüne. Anschließend wandelte Turek auf den Pfaden Rastellis, zum Entsetzen der Aschaffenburger jonglierte er den Ball aus dem Torgehäuse heraus. Und dann war es so weit, fünf Minuten vor der Pause schickte Wirsching Adamkiewicz auf die Reise, und Endrich war zum ersten Male geschlagen.

Nach dem Wiederbeginn spielte die Eintracht ihr Spiel. Die schillernden Kombinationen der Gäste setzten die Viktoria immer wieder in größte Verlegenheit. Szakany ließ Bachmann wie eine Salzsäule stehen. Muth forderte Meining alles ab, der Innensturm wirbelte seine Gegenspieler nur so durcheinander. Meining mußte gerade einen Schuß Szakanys aus dem Tor schlagen, da schwebte ein Kopfball Wirschings knapp über die Latte. Viktoria wurde direkt an die Wand gespielt und konnte keinen Notausgang finden. Muth übersprintete Meining an der Außenlinie, seine Flanke erreichte wohlgezirkelt Adamkiewicz und dieser brauchte weiter nichts zu tun als einzuschieben. Das Spiel schien somit für die Gäste gelaufen, doch es schien nur so. Bei einem Gegenstoß wimmelten plötzlich drei Viktorianer um Liesem, und da ihm niemand zu Hilfe eilte, konnte Becker den (Schnee)ball in die Frankfurter Maschen jagen. Nach diesem Treffer riß beim Eintrachtspiel der Faden ab, die Hintermannschaft geriet ins Schwimmen. Die „Ascheberger" gewannen dadurch Oberwasser und unternahmen zügige „Torläufe". Acht Minuten vor dem Ende erwischte Horsky den „getarnten" Ball und erzielte unter ohrenbetäubendem Lärm den Ausgleich. Doch die Frankfurter gaben sich nicht geschlagen. Wieder wirbelte Muth an der Linie entlang, seine Flanke nickte Wirsching mit dem Kopf ins Tor ein. Alle Freude blieb vergebens, denn Schiedsrichter Höhn erkannte nachträglich dieses einwandfreie Tor wieder ab. Angeblich sollte Muth bei der Ballaufnahme abseits gewesen sein. Es blieb somit bei dem Unentschieden, und das Aschaffenburger Publikum brachte seine Freude darüber einigen Frankfurtern handgreiflich zum Ausdruck. ('Der neue Sport' vom 10.02.1947)

 

 


 

 

Aus 2:0 wurde noch ein 2:2

Viele Frankfurter hatten nach dem schwachen Spiel von Viktoria gegen Offenbach einen doppelten Punktgewinn für die Eintracht errechnet. Sie wurden enttäuscht. Das Spiel der Gäste lief zunächst trotz des hohen Schnees ausgezeichnet. Die emsigen Außenläufer warfen ihren Sturm mit herrlichen Steil- und Querpässen nach vorn. Czakany und Muth liefen den Deckungsleuten davon und ihre Flanken schufen manche Chance. Aber es dauerte fast eine Halbzeit, bis Adamkiewicz mit einem placierten Schuß endlich das Aschaffenburger Tor fand. Nach der Pause lief das Eintracht-Spiel auf Hochtouren, wenn auch Viktoria durch blitzschnell geführte Vorstöße mitunter recht gefährlich wurde. Adamkiewicz schloß eine Drangperiode mit einem weiteren Treffer ab, zu dem Muth mit schönem Flankenlauf die Vorarbeit leistete. Der Frankfurter Sieg schien sicher! Aber kurz darauf eine Verwirrung im Frankfurter Strafraum, ein Schuß von Becker ... und es stand 2:1. Die Frankfurter Kombinationen gerieten mit einem Schlage ins Stocken und Horsky nützte einen Deckungsfehler zum Ausgleich. Zwar gelang in der letzten Minute Wirsching noch ein reguläres Kopfballtor, aber ein Aschaffenburger Linienrichter erreicht bei dem schwachen Schiedsrichter Höhn die Annullierung. Was sich danach (und nach dem Abpfiff) ereignete, hatte mit Sport und „fair play" nichts mehr zu tun. Trotz der Benachteiligung sicherte die Eintrachtelf den Abgang des Unparteiischen. Turek, Heilig und Czakany waren bei den Frankfurtern, Meining, Dennig und der eifrige Scholl bei den Aschaffenburgern die stärksten Spieler. Das Fehlen von Gärtner war zu spüren, Adolf Schmitt ersetzte ihn nicht schlecht — jedoch ohne die erforderliche Härte eines Stoppers. ('Frankfurter Neue Presse' vom 10.02.1947)

 

 


 

 

Das „abdisputierte" Siegestor

In Aschaffenburg wurde die Eintracht durch eine krasse Fehlentscheidung des Schiedsrichters um den verdienten Sieg gebracht. Fünf Minuten vor Schluß erzielte Wirsching auf Flanke von Muth ein einwandfreies Kopfballtor, doch nachträglich wurde es annulliert, da Muth angeblich abseits gewesen sein sollte. Von Beginn an spielte die Eintracht mit reifer Technik einen Trumpf nach dem anderen aus. Die Fünferreihe spielte ohne Tadel, und auch hinten stand man fest wie der Lohrberg. Fünf Minuten vor Halbzeit schickte Wirsching Adamkiewicz in die Gasse, und gegen dessen Schuß war kein Kraut gewachsen. Nach der Pause spielte die Eintracht mit ihren Gastgebern Katz und Maus. Meining konnte gerade noch einen Schuß Szakanys aus dem Tor schlagen, da wurde der Viktoria-Anhang in neuen Schrecken versetzt, Wirschings Kopfstoß stieg gerade noch über die Latte. Doch Minuten später sprintete Muth, flankte, und Adamkiewicz brachte den Ball zum zweiten Male unter. Doch die Punkte drehten sich noch einmal: Becker schlug Turek mit einem Kernschuß. Die „Ascheberger" schossen acht Minuten vor dein Ende durch Horsky ihr Ausgleichstor. Nach dem Spiel wurde es an allen Ecken lebhaft und manche „Kirchweih-Szene" geboten. ('Frankfurter Rundschau' vom 11.02.1947)

 

 


 

 

Rasanter Außen: Szakany

Nach verheißungsvollem Start spielten die Platzherren eine leichte Feldüberlegenheit gegen die zur Zeit mit stärkster Besetzung antretenden Eintrachtler heraus. In dieser Zeit wurde Turek durch spritzig vorgetragene Angriffe wiederholt auf die Probe gestellt. Die Unentschlossenheit des Innentrios und der fehlende körperliche Einsatz machten die klarsten Chancen, mit denen das Spiel reich gesegnet war, zunichte. Während sich Eintracht immer mehr in die gewohnte Form hineinspielte — voran der quicklebendige und spritzig spurtende Szakany — vergab aber Adamkiewicz. Ihm gelingt es doch in der 40. Minute, nachdem er von Wirsching gut in Szene gesetzt wurde, durch Kraftschuß zum Führungstreffer, für Endrich unhaltbar, einzuschießen.

Die Ueberlegenheit der Gäste machte sich besonders durch raumgreifendes Spiel und präzise Vorlagen bemerkbar. In dieser Phase ist es dem aufopfernden Abwehrspiel und der Taktik Bundschuhs zu verdanken, daß sich der Angriff der Eintracht immer im Abwehrnetz der Viktoria verfing und nicht zu weiteren Torerfolgen kam. Ueberraschend konnte Muth in der 59. Minute den sonst sehr aufmerksamen Endrich zum zweiten Mal schlagen. Eine Umstellung des Viktoriasturms wirkte sich vorteilhaft aus, was auch im rasanten Endspurt durch Tore von Becker und dem nun Rechtsaußen stürmenden Horsky bewiesen wurde. Bei 2:2 wurde Eintracht in die Defensive gedrängt und der Führungstreffer Aschaffenburgs lag nahe. Einmal preschte gerade noch der standfeste Bechtold dazwischen, ein andermal waren die stämmigen Beine von Liesem das letzte Hindernis oder es warf sich Adolf Schmidt dazwischen, der ganz groß seine Rolle als Mittelläufer beherrschte. Als beinahe unüberwindliches Hindernis und Künstler seines Faches zwischen den Pfosten zeigte sich Turek.

In der Gesamtwertung schneiden die Gäste besser ab als Viktoria, die nur durch großen Einsatz den Ausgleich erzwangen. (aus dem 'Sport' vom 12.02.1947)

 


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