BC Augsburg - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1956/57 - 30. Spieltag

1:3 (0:2)

Termin: 19.05.1957
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Kreitlein (Stuttgart)
Tore: 0:1 Eckehard Feigenspan (7.), 0:2 Eckehard Feigenspan (10.), 0:3 Dieter Lindner (62.), 1:3 Hochstätter (77.)

>> Spielbericht <<

BC Augsburg Eintracht Frankfurt

  • E.Schmid
  • Hochstätter II
  • Fischer
  • Nikiasch
  • Miller
  • Vogel
  • Schuller
  • Arnold
  • Biesinger
  • A.Schmid
  • Kratzer

 


 

Trainer
  • Fritz Rebell
Trainer

 

Eintracht spielte CinemaScope-Fußball

Was ist nur in die Eintracht gefahren? Zum zweitenmal innerhalb einer Woche zeigte sie sich von einer Seite, die selbst ihre intimsten Kenner überraschte. Einfach toll, was da monate-, ja jahrelang im verborgenen schlummerte. Ein ganzes still gelegtes Kraftwerk scheint wieder in Gang gekommen zu sein. Wer vor acht Tagen den Riederwälder Aufbruch gegen den VfB Stuttgart erlebte, kann sich vieles von dem vorstellen, was nun in Augsburg geschah; aber noch nicht alles. In Augsburg war die Freude an der Eintracht noch reiner, das Gesamtbild noch makelloser.

Zu dem Draufgängerischen, dem Tempo und der Wucht kam in noch stärkerem Maße als vor einer Woche die klare Raumaufteilung, das Intuitive der jeweiligen Lage und das treffsichere Erkennen der Erfordernisse. Nichts mehr blieb dem Zufall überlassen. Es gab Spielabschnitte, in denen die Riederwälder Angriffsoperationen wie der auf die Brettwand projizierte Film einer Fürther Flachpaß-Kombination wirkten. Genau so sicher und glatt lief bei den Fürthern, wenn sie einen großen Tag hatten, der Ball von einem Fuß zum anderen. Nur, daß sich alles in einem drei- oder viermal weiteren Raum abspielte. Sechstausend Augsburger vergaßen, daß es schon bald nichts mehr zu hoffen gab für ihre Mannschaft, drehten sich ein- ums anderemal auf dem Absatz herum und fragten den Hintermann „Hast du das wieder gesehen?" Auf dem Bänkchen, wo Patek saß, stieß man sich fassungslos mit dem Ellbogen an.

Das nicht zu Fassende bestand darin, daß sich auf einmal alle Notlösungen und Überbrückungsmaßnahmen, daß sich sämtliche Provisorien auf einmal in Entdeckungen verwandelten. Bei Kreß muß man anfangen. Gewiß, man weiß seit Jahren, was er für die Eintracht bedeutet. Aber wer wußte, daß er neben seinen bekannten Qualitäten auch technische Fertigkeiten besitzt, die über dem Durchschnitt stehen, daß er außer explodieren auch maßhalten kann, daß er sich zerreißt, nur um den Jungen eine Gasse zu bahnen und über so viel Feingefühl in der großen Zehe verfügt, daß er bei Freistößen den Ball an die Latte zu nageln vermag wie Alfred Pfaff in seinen besten Sekunden.

Bitte. Sechstausend haben es gesehen und waren so versessen auf seine Einsätze, daß die Leistung der Nebenleute gar nicht in dem gebührenden Maß ankamen. Jeder dieser Nebenleute war irgendwie ein verlängerter Fuß von Kreß, Feigenspan machte jeden Spurt, den Kreß mit dem Ball machte, ohne Ball mit und schoß die Tore, zu denen der Richard einfach keine Zeit hatte. Seine beiden Treffer innerhalb drei Minuten waren brillante Beispiele dafür, wie man seine Chancen am Zipfel erwischt und festhält. Zweimal kam Feigenspan einer ganzen Abwehr im Strafraum zuvor, einmal bei einer Flanke von Lindner und einmal bei einer Flanke von Meyer, und beide Male handelte er so besonnen wie entschlossen. Am Riederwald kann man sich glücklich preisen, ihn wieder zu haben. Aber jetzt laßt ihn auch in der Mitte!

Lindner bestand im Rosenau-Stadion ohnehin seine Prüfung als Halbstürmer und zeigte darüber hinaus, daß er auch aus dieser Position ins Netz trifft. Sein kapitaler Schuß aus achtzehn Metern nach einer Intelligenz-Vorlage von Kreß, der das 3:0 einbrachte, gehört zu den schönsten Einzelheiten des Tages, Meier rannte, kämpfte und bohrte wie ein Reserve-Kreß auf der anderen Seite, und nur Geiger kam nicht ganz mit, ohne allerdings abzufallen.

Was den Innensturm an jenen Eingebungen fehlte, die eine ganze Abwehr plötzlich zur Seite schieben können, das ersetzte Weilbächer als rechter Läufer mit seinen weittragenden Flugbällen, die hin und wieder das halbe Feld diagonal überquerten, ohne an Richtung zu verlieren. Wenn sich nur das geringste Anzeichen ergab, das Angriffsspiel der Eintracht könnte in einem gewissen Abschnitt erstarren, dann riß Weilbächer die Stoßrichtung herum auf die andere Seite. Daß er gegen Ende einen Elfmeter weit am Pfosten vorbeischoß, als Geiger von Tormann Schmid mit Hüftschwung vom Ball gedrängt worden war, ist ihm zu verzeihen.

Die übrigen brauchten nur noch sin Normalpensum abzuleisten, um nie einen Zweifel an sich aufkommen zu lassen. Aber im Falle Eigenbrodt, der den verletzten Wloka vertrat, war auch dieses Normalpensum ein Labsal für die Eintracht. Eigenbrodt gelang, was man dem erfahrensten Mittelläufer des Landes als Großtat anrechnen würde: Er verjagte Biesinger in Zonen, wo er ungefährlich bleiben mußte. Also ist auch dies ein Irrtum, daß die Eintracht außer dem „Eisernen Hans"' und Höfer keinen Stopper besäße.

Wen wundert es nun noch, daß die unverkennbare Standhaftigkeit des BCA nach einer Stunde zerbrach? Die Augsburger hatten gekämpft, wie eine Mannschaft, die die Saison eröffnet. Aber zum Schluß schienen sie ausgehöhlt und verdrossen. Daß Hochstätter II, dem Verteidiger, auf einer Tour durch die Eintrachthälfte dennoch eine Viertelstunde vor Schluß ein Tor gelang, war nicht viel mehr als ein gelungener Gag. (Ludwig Dotzert in 'Der neue Sport' vom 20.05.1957)

 

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