Stuttgarter Kickers - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1957/58 - 23. Spieltag

0:0

Termin: 02.02.1958
Zuschauer: 7.000
Schiedsrichter: Fischer (Augsburg)
Tore: ./.

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Stuttgarter Kickers Eintracht Frankfurt

  • Strauß
  • Dienelt
  • Binder
  • Schefold
  • Fauser
  • Herr
  • Eglin
  • Zechmeister
  • Weise
  • Flaig
  • Schukraft

 


 

Trainer
  • Oswald Pfau
Trainer

 

Hier war nichts zu machen mit Technik

Kickers Stuttgart — Eintracht Frankfurt 0:0

Das Spielfeld des Neckarstadions lag da wie eine Musterkollektion all jener Tücken, die einem das Fußballspielen verleiden können: von der Eisdecke über das Glatteis, die laut Straßenzustandsbericht ein erheblicher Unterschied ist, bis zum Schmelzwasser und knochenharten Rasenstellen, bei denen jeder Grasbüschel wie ein Stolperstein wirkte, fehlte nichts, um die Eintracht das Gruseln zu lehren. Wie hatte ihr Trainer Anfang der vorigen Woche gesagt: „Wir fürchten nur noch schlechte Platzverhältnisse." Nun, dieses Neckarstadion war schon kein schlechter Platz mehr, das war eine Zumutung. Die Riederwälder können sich gratulieren, daß ihnen schließlich der Verlust des zweiten Punktes erspart blieb. Ihre Reserve verlor nicht nur das Spiel, sondern mit Henig und Markert auch zwei Spieler, die sich erheblich verletzten.

Um den unausbleiblichen Einwand der Zuhausegebliebenen vorwegzunehmen: Gewiß, auch die Stuttgarter spielten wie auf einem frisch eingeseiften Waschbrett, das sich zwischen den Toren ausbreitete. Aber die Stuttgarter Kickers spielen ein anderes Spiel. Während die Eintracht steht und fällt mit jenen technisch brillanten Geistesblitzen, die eine ganze gegnerische Hintermannschaft in die verkehrte Richtung jagen, bewegen sich die Kickers mit Methoden nach vorn, die streng im Rahmen des Ueblichen bleiben. Das liebliche ließ sich aber zur Not auf diesem Boden praktizieren. Die Geistesblitze dagegen blieben auf dem Weg vom Kopf in die unsicheren Beine irgendwo stecken; man kann sie unter diesen Verhältnissen einfach nicht in die Tat umsetzen. Kurz, die Eintracht wirkte wie ein hochgezüchteter Motor, der sich bei zwanzig Stundenkilometer im vierten Gang herumquält.

Das gilt in erhöhtem Maße für die erste Halbzeit. Einige gelungene Eröffnungsangriffe verführten die Riederwälder offenbar zu der Annahme: „Na ja, es geht also doch!" Ueber Schymik, Lindner und Sztani drangen sie in den ersten Minuten mehrmals verhalten in den Stuttgarter Strafraum ein und einige weittragende Steilpässe kamen wie durch ein Wunder an den richtigen Mann am richtigen Platz. Aber dann blieb das Wunder aus und die Eintracht versuchte, ihren Streifen trotzdem weiterzuspielen. Unmöglich. Die sichersten Verbindungen rissen ab. Jede Aktion, die ein gewisses Risiko in sich einschloß, ging schief. Und nun kamen die biederen Schwaben zum Zug. Fast zwanzig Minuten lang beherrschten sie mit ihrem kreuzbraven ABC-Fußball die Situation fast eindeutig, und manchmal, wenn Weise oder Rechtsaußen Eglin auftauchten, dann sah man von ihnen sogar so etwas wie einen echten Einfall.

Eglin war fast eine Sensation für die 7000 auf den Rängen. Er schlug Bögen um den verdutzten Bechthold, die ihm wahrscheinlich einen Vertrag bei „Holiday on Ice" eingebracht hätten, und er schmetterte kurz hintereinander einen Kopfball und einen Schuß auf das Eintracht-Tor, von denen jeder einen Treffer wert war. Aber noch unheimlicher als diese Schüsse war Loy, der sich zweimal in den Winkel bäumte und den Ball gerade noch zur Ecke drücken konnte. Das genügte, um Loy zum besten Spieler der Riederwälder zu stempeln. Er bekam auch nachher noch einige Male Gelegenheit, um seinen Ruf zu bestätigen. Kurz vor der Pause endlich glückten der Eintracht wieder einige Angriffe Riederwälder Zuschnitts.

Das Unglaubliche

Aber da passierte das Unglaublichste von allem: Sztani, Riederwalds zuverlässigster Vollstrecker, lenkte den Ball freistehend aus 2 m Entfernung am leeren Tor vorbei. Es war eine Chance, wie sie der Ungar in seiner kurzen Oberligalaufbahn noch nie hatte und vielleicht auch nie wieder bekommt, es war eine Chance, an der selbst Geiger nichts mehr hätte verderben können.

Später versuchte es die Eintracht mit dem Kraftfußball, das heißt bei ihr soviel wie Weilbächer an die Front! Und Weilbächer zerrupfte sich förmlich, um seinem Sturm eine günstige Ausgangsstellung zu verschaffen. Aber dieser Sturm, der nun bis fünf Minuten vor Schluß fast ständig im Angriff lag, brachte es nur auf Eckbälle. Als sich Sztani nach Rechtsaußen absetzte und Kreß in der Mitte herumrümpelte, fuhr der letzte Omnibus ab. Wer hat - um Gottes willen - der Eintracht diese Kateridee von Positionswechsel eingeblasen?

Da die Verhältnisse abnorm waren, kann man sich mit einer Einzelkritik im Telegrammstil begnügen:

Als ausgesprochene Stützen bewährten sich Loy und Horvat, der sein Gewicht mit unwahrscheinlicher Meisterschaft über alle Fährnisse hinwegbalancierte. Fast immer in der Balance blieb Schymik. Sztani und Lindner blieben trotz beträchtlicher Einbußen die führenden Köpfe im Sturm. Bei Bechtold und Höfer langte es immerhin, um die meisten ihrer eigenen Pannen noch rechtzeitig irgendwie selbst zu reparieren. Im übrigen aber schweigt des Sängers Höflichkeit. Geiger, nach einigen Pfiffen ein glatter Ausfall. Lörinzc fast ein Ausfall und Kreß unglücklich in allen Dingen, die er anfaßte.

Bleibt Weilbächer. Er hatte zwei grundverschiedene Halbzeiten. Bis zur Pause, als es hauptsächlich auf die Abwehr ankam, zeigte sich, daß er auf glattem Boden von einem geschickten Dribbler leicht zu umspielen ist. Später konzentrierte sich auf ihn und seine Gewalten die letzte Hoffnung auf den Sieg.      Ludwig Dotzert (aus 'Der neue Sport' vom 03.02.1958)

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