Eintracht Frankfurt - Karlsruher SC

Oberliga Süd 1960/61 - 19. Spieltag

4:2 (2:2)

Termin: 15.01.1961
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 0:1 Nedoschil (13.), 1:1 Wolfgang Solz (15.), 1:2 Späth (24.), 2:2 Richard Kreß (34.), 3:2 Dieter Stinka (56.), 4:2 Erwin Stein (79.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Karlsruher SC

 


  • Paul
  • Schwall
  • Witlatschil
  • Ruppenstein
  • Rihm
  • Szymaniiak
  • Schmitt
  • Herrmann
  • Späth
  • Wischnowski
  • Nedoschil

 

Trainer Trainer
  • Edmund Frühwirth

 

Szymaniaks Traum: Kreuz

Horst Kickhefel berichtet vom Riederwald

Eintracht Frankfurt — Karlsruher SC 4:2 (2:2)

Die Eintracht ist noch da und wer geglaubt hatte, die Mannschaft werde den Rest der Saison so sang- und klanglos zubringen, der sah sich am Riederwald eines Besseren belehrt. Es war ein Spiel, das die Zuschauer so recht in Fußballfeiertagsstimmung versetzen konnte. Zwei Mannschaften kreuzten auf dem Schneeboden die Klingen, die sich in der Technik und im Kampfeswillen gleichwertig waren — nur mit einem Unterschied: den Karlsruhern fehlte ein Kreuz.

Man hatte bei der Eintracht das Wagnis unternommen, den schlaksigen Ernst Kreuz gegen Horst Szymaniak einzusetzen, dem gerade der bekannte französische Sportjournalist Gabriel Hanot bescheinigt hatte, daß er die Spitze der Weltklasseläufer anführe. An diesem Sonntagnachmittag war Szymaniak nicht der Anführer, sondern der Angeführte. Uns fehlen die Worte, wie Kreuz sich auf dem Schneeboden bewegte. Er stakste links und rechts an Szymaniak vorbei, als wäre dieser überhaupt nicht vorhanden. Wohl noch nie in seinem Fußballeben ist Szymaniak so ausgespielt worden wie in diesem Spiel. Und das noch unter den Augen Sepp Herbergers!

Wenn dieses Spiel von der Eintracht gewonnen wurde, dann ist es das Verdienst des 20jährigen Ernst Kreuz, denn lange Zeit war er der einzige Stürmer in der Vorderreihe. Zuerst wollte vorne nichts zusammengehen — und in der Abwehr war auch nicht alles so wie es sein sollte. Schymik sah gegen Nedoschil einfach kein Land und so wunderte sich niemand, daß der KSC-Linksaußen den Torreigen eröffnete. Dabei half ihm Loy, indem er zu lange auf der Torlinie klebte.

Eine Minute später stand die Partie wieder pari. Solz hatte einen Freistoß Stinkas eingeköpft. Ein schönes, aber auch ein glückliches Tor, denn beim Abspringen war Torwart Paul ausgerutscht. Aber dieser Ausgleich war die richtige Spritze für den Eintrachtsturm. Auf einmal besann man sich auf die Kunst des Schießens. Aus allen Lagen rauschten die Scharfschüsse auf Pauls Tor, der einmal Schämers Bombe zur Ecke abdrehte, dann von Witlatschil unterstützt wurde, von dessen Kopf Weilbächers Granate abgelenkt wurde. Schließlich hatte Paul mit einem Stein-Schuß viel Mühe und sah eine Solz-Bombe am Tor vorbeifliegen.

Den ersten Ansturm hatte der KSC überstanden — und die elf Blauen schlugen zurück. Als Loy einen Freistoß Ruppensteins verfehlte, schlug Schymik mit Rückzieher Nedoschils Kopfball zurück. Aber der KSC gab nicht klein bei: Schmitt spielte Herrmann steil an. Herrmann flankte und Späth stieß den Ball mit dem Kopf ins Tor. Auen hier war Loy auf der Torlinie kleben geblieben. Und als Späth dasselbe kurz danach wiederholte, hatte die Eintracht Glück: der Ball prallte gegen die Latte und sprang über das Tor.

Aber immer wieder blickte alles auf Kreuz. Der Lange beeindruckte Szymaniak so sehr, daß sich der Weltklassemann kaum über die Mittellinie traute — und ein völlig defensiver Szymaniak ist kein Szymaniak. Zudem fand auch sein Mitläufer Ruppenstein keine Einstellung zum Spiel. Und dieser Ruppenstein bereitete zugleich den zweiten Eintrachttreffer vor. Geruhsam wollte er den Ball an Paul zurückspielen, da pirschte sich Kreß heran und schubste den Ball über die Linie.

Es blieb beim 2:2, weil Paul einen Stein-Schuß doch noch zu fassen bekam und Loy einen Schuß Herrmanns über die Latte lenken konnte. Das 2:2 war für den gegen den Wind spielenden KSC ein Erfolg! Ein Erfolg, an dem Loy und Schymik nicht ganz unbeteiligt waren.

Doch die Hoffnungen, mit denen die Gäste in die zweite Hälfte gegangen waren, sollten sich nicht erfüllen. Szymaniak wurde zwar offensiver, aber das konnte Kreuz nur recht sein. Auf einmal waren die anderen Eintracht-Stürmer da. Auf einmal hatte sich Schymik auf Nedoschil eingestellt und brauchte Lutz nicht mehr zu Hilfe zu eilen. Auf einmal kam Stinka gut ins Spiel.

Bei der Eintracht lief das Spiel aus dem ff — und der KSC kam nicht mehr recht zur Geltung. Paul riskierte gegen Stein Kopf und Kragen, rettete gegen Solz und ließ dann Stinkas Kopfball (auf eine von Kreuz getretene Ecke) passieren. Noch einmal bot sich eine Chance, doch Witlatschils Kopfball stieg über die Latte. Alles vergebens, die Eintracht hatte sich in eine Begeisterung hineingespielt, die Erinnerungen wach werden ließ.

Stein köpfte gegen den Pfosten, aber er kam auch noch zu seinem Treffer. Steilpaß von Kreuz zu Kreß, Flanke von Kreß vor das KSC-Tor und Steins Kopf stieß den Ball ins Netz. Vom KSC war nichts mehr zu sehen, er hatte angesichts dieser kämpferischen Eintracht-Mannschaft aufgesteckt. Und sollte Szymaniak in der Nacht nach dem Spiel von Kreuz geträumt haben, so ist es für den Nationalspieler kein angenehmer Traum gewesen. (aus 'Der neue Sport' vom 16.01.1961)

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