Eintracht Frankfurt - Manchester United

Freundschaftsspiel 1963/1964

1:1 (0:0)

Termin: 13.08.1963, Flutlichtspiel im Waldstadion
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Handwerker (Ketsch)
Tore: 0:1 Crerand (48.), 1:1 Lothar Schämer (52.)

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Eintracht Frankfurt Manchester United

 


  • Gaskell
  • Dunne
  • Cantwell (Platzverweis, 40.)
  • Crerand
  • Foulkes
  • Setters
  • Giles
  • Quixall
  • Herd
  • Cisnall
  • Charlton

 

Eingewechselt

Trainer Trainer
  • Sir Matt Busby

Bei der Eintracht klappte es nur bis zur Pause

Das Innentrio brillierte!

Recht enttäuscht verließen die Zuschauer am Dienstagabend das Waldstadion. 1:1 endete das Freundschaftsspiel gegen den englischen Pokalsieger Manchester United, in dem die Eintracht vor der Pause eine so prächtige Vorstellung gab, daß ein Erfolg sicher zu sein schien. Die Engländer hatten 50 Minuten lang nur zehn Mann auf dem Platz (Schiedsrichter Handwerker stellte In der 40. Minute Manchesters linken Verteidiger Cantwell nach einer ersten Verwarnung wegen Nachtretens gegen Kreß und Trimhold vom Platz) und dennoch bestimmten sie gerade nach der Pause das Spiel.

Sie verlangsamten nämlich in raffinierter Weise das Spiel, bauten dazu eine immer besser funktionierende Abseitsfalle auf, in die die Frankfurter immer wieder hineintappten. Nach der Pause schienen die Leute vom Riederwald alles das vergessen zu haben, was sie vor der Pause ausgezeichnet hatte: schnelles Abspiel, lange Pässe. Wo war nun der stürmische Drang des Außenläufers Horn, der vor der Pause das Spiel so nachhaltig nach vorn getrieben hatte? Wo war das Innentrio, das vorher so begeisterte: Huberts mit seiner raffinierten Ballbehandlung, Trimhold mit seinem Aufbaufleiß und Kraus mit seinem enormen Laufpensum, seinem ständigen Rochieren und seiner Schußkraft?

Nichts war mehr da. Es reichte gerade noch - nachdem Manchesters rechter Läufer Crerand, völlig ungedeckt, die Engländer in Führung gebracht hatte - zum Ausgleich durch einen Bombenschuß von Schämer vier Minuten später. Dann noch ein paar stürmische Angriffe, aber immer mehr ging die Uebersicht verloren, immer stärker fehlte der Zusammenhang, und offensichtlich mangelte es am Schluß auch an der nötigen Kondition.

Um so mehr trumpften die Engländer auf, Linksaußen Bobby Charlton, schon vor der Pause der raffinierteste und wirkungsvollste Stürmer der Gäste, schickte immer wieder seinen Angriff vor, der rechte Verbinder Quixall (hart zwar, und meistens nicht gerade wählerisch in seinen Mitteln) störte hier und baute dort auf. Vor allem aber rückte die Abwehr dicht zusammen, baute Stopper Foulkes ein immer festeres Bollwerk vor seinen ausgezeichneten Schlußmann Gaskell.

So war am Ende kein Durchkommen mehr für die Frankfurter. Sie wurden immer nervöser und unsicherer, und schließlich gab es sogar Pfiffe...

Eintracht-Spielausschußvorsitzender Ersnt Berger und Trainer Paul Oßwald vertraten nach dem Schlußpfiff die gleiche Meinung: „Wir sind seit dem Spiel gegen Rijeka einen Schritt weiter gekommen. Die erste Halbzeit gegen die Engländer war doch ausgezeichnet. Hier wurde von unserem Innentrio alles gezeigt, was wir von ihm erwartet haben. Die Kondition, die gegen Ende der zweiten Halbzeit stellenweise fehlte, wird noch kommen, bevor die Bundesliga beginnt."

Interessant war auch, daß einhellig beim Eintracht-Vorstand die Meinung vorherrschte: „Das Spiel ist durch die Herausstellung des englischen Verteidigers eigentlich für uns schief gelaufen. Weil die Engländer dann mit allen Profi-Raffinessen das Spiel verzögerten und unsere Leute leider nicht die Gegenmittel fanden, um damit fertig zu werden."

Im übrigen waren die Leute von Manchester United ebenfalls der Meinung, daß die Herausstellung von Cantwell berechtigt war. Der 81jährige Vorsitzende Harald Hartmann bezeichnete es als ein gutes Spiel, während Vorstandsmitglied Allan Gibson vor allem die ersten 45 Minuten gefallen hatten.

Noch ein Trost für die Eintracht: Dr. Runzheimer erklärte, daß Stopper Landerer auf dem Wege der Besserung sei. Er habe am Dienstag sein erstes Lauftraining absolviert, werde Mitte der Woche mit dem Balltraining beginnen, und es sei beabsichtigt, den Exmünchner am Samstag wenigstens 45 Minuten lang einzusetzen. (aus dem 'Sport-Magazin' vom 19.08.1963)

 


 

 

Ein attraktiver englischer Bobby

Eintracht Frankfurt — Manchester United 1:1 (0:0)

1:1 gegen den englischen Pokalsieger — nicht schlecht. Die Sache hatte nur den einen Haken, daß die Briten eine ganze Stunde lang mit zehn Mann auskommen mußten. In der 40. Minute wurde Manchesters Verteidiger Cantwell nach einem schweren Foul an Trimhold des Feldes verwiesen. Diese Entscheidung nahm dem Spiel, darüber herrschte Einmütigkeit, die Fasson. Der Eintracht stürmische und wohlgefügte Angriffe, die in der ersten Halbzeit so viel Freude auslösten, wiederholten sich genau so wenig wie die selteneren, dennoch nicht ungefährlichen Ausflüge der Engländer, die einen Linksaußen vom Format Bobby Charltons dabei hatten.

Bobby gehörte zu den attraktivsten Figuren der ersten Halbzeit. Wenn er den Ball führte und an Weber vorbeizog, Flanken zog oder im Slalom bis vor Loys Tor stieß, dann stoben Funken. Aber nicht nur einen Bobby, den Klassemann, hatten die Engländer, sie hatten auch viele Durchschnittsleute. Die meisten Angriffe gingen den stereotypen Weg vom Außenläufer zum Halbstürmer, vom Verbinder zum anderen Verbinder, von dem zum zweiten Außen. Von dem kam — vielleicht — endlich die Flanke. Alles wohlgefügt, im schnittigen Flachpaß, das sei bestätigt, aber alles auch mit einer Langatmigkeit, die alle Alarmklingeln einer ordentlichen Deckung längst hatte schellen lassen. Und die Eintracht-Deckung, mit Höfer an der Spitze, war ordentlich. Nur Weber kam nicht ganz mit, aber er stand ja auch gegen Bobby. Eigenbrodt spielte fast fehlerlos, Loy spielte, wie ihn die Frankfurter lieben.

Der Eintracht-Sturm kam mit Super-Formation. Die drei Neuen, Trimhold, Kraus und Huberts in der Mitte, Kreß rechts, links Kanonier Schämer, der fleißigste Schütze, soweit das Flutlicht reichte. Und dennoch kein Sieg mit diesem Sturm? Dennoch kein Sieg. Fünf gute Leute — das war noch kein Supersturm. Dazu gehört mehr. Dazu gehört unter anderem, daß Trimhold kapieren lernt, wie Kreß am liebsten geschickt werden will, daß Huberts ein bißchen mehr arbeitet, nicht nur wartet, bis der Ball in seine Gasse kommt, daß Kraus, wie es Erwin Stein in seinen großen Tagen tat, mal startet, Freund und Feind vergißt und auf eigene Faust den Weg zum Glück sucht. Diese Dinge haben nichts mit dem Können zu tun, nur mit der Harmonie. Die Zeit kann diese Schwächen heilen.

Was mehr Sorgen bereitete, waren die Leistungen beider Außenläufer. Hinter diesen Sturm gehört ein Gespann, das das Feuer schürt, anstatt es mit langen Pausen aufzuhalten. Dem Balltreiben Stinkas über 20 und 30 Meter fehlte zwar nicht der optische Effekt, aber der Effekt im Spiel blieb karg. Die Vorlagen von Horn kamen genauer als früher, aber dafür kamen sie nur mehr über vier und fünf Meter statt über 30 und 40. Auch dieser Punkt läßt sich vielleicht schon bald ausmerzen. Nicht nur die Neuen müssen sich an die Alten, auch die Alten müssen sich erst an die Neuen gewöhnen. Herbert Windecker (aus 'Der neue Sport' vom 19.08.1963)

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