Eintracht Frankfurt - Tasmania 1900 Berlin

Bundesliga 1965/1966 - 14. Spieltag

4:0 (1:0)

Termin: Sa 27.11.1965, 15:00 Uhr
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Walter Horstmann (Hildesheim)
Tore: 1:0 Walter Bechtold (35.), 2:0 Oskar Lotz (50.), 3:0 Oskar Lotz (77.), 4:0 Jürgen Grabowski (83.)

 

 

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Eintracht Frankfurt Tasmania 1900 Berlin

 


  • Klaus Basikow
  • Hans-Jürgen Bäsler
  • Hans-Günter Becker
  • Klaus Konieczka
  • Eckhardt Peschke
  • Erwin Bruske
  • Horst Szymaniak
  • Ulrich Sand
  • Wulf-Ingo Usbeck
  • Helmut Fiebach
  • Herbert Finken

 

Trainer Trainer
  • Heinz-Ludwig Schmidt

 

Eine undankbare Aufgabe

„Ich wünsche allen Vereinen den Erfolg, den Tasmania in dieser Saison haben wird“, hatte der Präsident des 1. FC Köln Franz Kremer gesagt. Angesichts der bisherigen sportlichen Leistungen der Berliner darf man sich fragen, wie groß die politische Färbung seiner Aussage war. Denn dass Tasmania in der Bundesliga chancenlos sein würde, durfte man bereits vor Rundenbeginn annehmen, als die Mannschaft in die 1. Bundesliga gehievt wurde, ohne sich sportlich auch nur annähernd qualifiziert zu haben.

Der Grundstein für den Auf- und sehr wahrscheinlichen Abstieg der Tasmania wurde am letzten Juli-Wochenende 1962 in der Dortmunder Westfalenhalle gelegt. An jenem Wochenende traf übrigens die Eintracht in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals im Waldstadion zufällig auf Tasmania. Die Elf von Meistertrainer Osswald besiegte die Berliner nach dem Platzverweis für Eigenbrodt, der sich über einen nicht gegebenen Treffer von Solz so echauffierte, dass er des Feldes verwiesen werden musste, in Unterzahl mit 1:0. „Wer sich wie ein Irrsinniger gebärdet, wer dem Linienrichter zu Leibe rücken will, für den gibt es nur den Weg in die Kabine. Weilbächer und Kreß konnten nur mit Brachialgewalt Eigenbrodt vor Tätlichkeiten zurückhalten, Kreß hielt dem um sich schlagenden Eigenbrodt den Mund zu, wie gesagt, es war eine Szene, die dem Renommee der Eintracht unwürdig war“, schrieb der Journalist Horst Kickhefel in „Der neue Sport“ damals.

Den Vertretern der westdeutschen Fußballverbände fehlte es 1962 in der Dortmunder Westfalenhalle an der letzten Konsequenz, als sie die Einführung der Fußball-Bundesliga beschlossen, sich dabei aber auf einen praxisuntauglichen Kompromiss einigten: Anstelle des professionellen Vertragsfußballers, mit dem sich die dem Amateurgedanken verhafteten Funktionäre nicht anfreunden konnten, wurde das Konstrukt des Lizenzspielers geschaffen. „Der Lizenzspieler ist nichts anderes als ein Profi“, betonte DFB-Präsident Gössmann und begründete: „Wir müssen aber unter den gegenwärtigen Umständen den Professionalismus erst einmal begrenzen, um seine Auswirkungen studieren zu können.“

Während der DFB die Auswirkungen studierte, sorgte wenig überraschend der Wettbewerb dafür, dass die Vereine die starren Regeln umgingen. Bis zu 1.200 DM monatlich sollte ein Lizenzspieler – von Ausnahmefällen, die zudem von den Finanzbehörden genehmigt werden mussten, abgesehen – maximal verdienen dürfen, doch wer einen Spieler unbedingt haben wollte, zahlte unter der Hand natürlich mehr. Hertha BSC, benachteiligt durch die geographische Lage im geteilten Deutschland, war da keine Ausnahme. Die Hertha perfektionierte das System der verdeckten Zahlungen, bis sie ins Fadenkreuz des DFB geriet und wegen überhöhter Prämienzahlungen zum Zwangsabstieg verurteilt wurde.

Da beide sportlichen Absteiger – Schalke 04 und KSC – den Platz der Hertha beanspruchten und der DFB aus politischen Gründen weiterhin eine Mannschaft aus Berlin in der 1. Bundesliga haben wollte, kamen die Funktionäre auf eine Lösung, die man elegant und feige nennen darf: Die Bundesliga wurde zur aktuellen Saison von 16 auf 18 Mannschaften aufgestockt und der Abstieg für die letzte Saison ausgesetzt. Aus der West-Berliner Regionalliga, die nicht mehr als eine Stadtliga war, drang jedoch keine frohe Kunde zum DFB. Nachdem Tennis Borussia Berlin in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga gescheitert war, verzichtete der zweitplatzierte Spandauer SV auf den angebotenen Aufstieg in die Bundesliga. Und so kam mit Tasmania Berlin der Dritte der Westberliner Stadtliga in die Eliteklasse des DFB.

Am 14. Spieltag gibt es daher im Waldstadion drei Jahre nach dem eingangs erwähnten knappen Pokalsieg ein Wiedersehen mit der Tasmania. Die hat zwar am ersten Spieltag den KSC vor über 80.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion geschlagen, doch danach nur noch am 8. Spieltag beim 0:0 auf dem Betzenberg einen einzigen Punkt ergattern können. Mit drei Punkten auf dem Konto erscheint also der Tabellenletzte, der seit fast 12 Stunden kein Tor mehr erzielt hat. Die Berliner sind besonders auf fremden Plätzen leichte Beute: 0:5 in Gladbach, 1:5 in Hamburg, 2:7 in Nürnberg, 0:3 in Duisburg und 0:5 in Bremen.

Die Niederlage bei Werder leitete nach der vorausgegangenen 0:6-Heimniederlage gegen Köln das Ende der Amtszeit von Trainer Franz Linken ein, der seine Entlassung mit bissigem Unterton kommentierte: „In Deutschland muss man Jugoslawe sein, um als Trainer etwas zu gelten. Ich werde mich ab jetzt Linkovic nennen.“ Sein Nachfolger Heinz-Ludwig Schmidt stellte am letzten Wochenende gleich im ersten Punktspiel unter Beweis, dass es nicht an Linken gelegen hat: Tasmania wurde vom TSV 1860 München im Berliner Olympiastadion mit 0:5 überrollt.

Die Eintracht dagegen hat am letzten Spieltag beim Tabellenvorletzten Borussia Neunkirchen ihren bislang höchsten Auswärtssieg in der Bundesliga gefeiert. Dennoch laufen die Berliner wie die Gastgeber mit derselben Aufstellung auf. An der Formation seiner Elf hat Trainer Schmidt aber Änderungen vorgenommen, um die Defensive zu stärken. So bietet er Herbert Finken, der die Nummer 9 auf dem Rücken trägt, natürlich nicht im Angriff, sondern als Doppelstopper auf und zieht auch Erwin Bruske zurück ins defensive Mittelfeld. Wilhelm Huberts hat Trainer Schwartz diesmal auf die rechte Seite gestellt, wo ihm Nationalspieler Szymaniak gegenübersteht.

Horst Szymaniak, der bereits 1956 unter Sepp Herberger in der DFB-Auswahl debütierte, ist trotz seiner Zeit in Italien, die ihn über CC Catania (1961-63) und Inter Mailand (1963/64) in der letzten Saison zum FC Varese führte, auch unter Herbergers Nachfolger Helmut Schön noch ein Kandidat für die WM in England. Schön stellte den gebürtigen Erkenschwicker, der in der Oberliga für den Wuppertaler SV (1955-59) und den Karlsruher SC (1959-61) antrat, in die beiden wichtigen Qualifikationsspiele gegen die Schweden auf. Auch beim letzten Gruppenspiel auf Zypern war der 31-Jährige mit von der Partie und erzielte beim 6:0 sogar einen Treffer – es war erst sein zweiter im 41. Länderspiel. Mit Szymaniak und Herbert Finken, der sich beim 1. FC Köln nicht durchsetzen konnte und deshalb 1961 mit 21 Jahren zum niederländischen Klub Heracles Almelo wechselte, sind die beiden prominentesten Neuzugänge der Tasmania bereits genannt.

Bereits mit 19 Lenzen hatte Jürgen Wähling den Weg ins Ausland eingeschlagen, wo er in der Schweiz von 1960 an vier Jahre lang beim FC Luzern unter Vertrag stand. Seine Rückkehr nach Deutschland im letzten Jahr steht aber unter keinem guten Stern, weil er wegen einer Meniskusoperation lange aussetzen muss. Auch Peter Engler ist heute nicht dabei. Engler, den es von 1959 bis 61 zur Hertha und 1962 zum Club nach Nürnberg gezogen hatte, kehrte ebenfalls bereits im letzten Jahr dem frisch gebackenen Schweizer Pokalsieger Lausanne Sports den Rücken, um zum dritten Mal für die Tasmania die Fußballstiefel zu schnüren.

Erst zu dieser Spielzeit zog es Hans-Jürgen Bäsler von der zweitklassigen Arminia aus Bielefeld zur Tasmania zurück, die er ein Jahr zuvor Richtung Ostwestfalen verlassen hatte. Bäsler immerhin ist heute mit von der Partie und bildet zusammen mit Kapitän Hans-Günter Becker das Abwehrzentrum. Becker ist ein kluger Kopf, der sich keinen Illusionen hingibt. Für seine Mitspieler hat er mit der Vereinsführung geringe Siegprämien zugunsten höherer Grundgehälter ausgehandelt und mit seinem Arbeitgeber, dem Berliner Eichamt, hat er die Reduzierung seiner Arbeitszeit um die Hälfte vereinbart – für die Dauer dieser Saison.

Zu Beginn der Partie, die lediglich 8.000 Zuschauer sehen wollen, schaut die Welt für die Gäste aber gar nicht mal so schlecht aus, zumindest vom Ergebnis her. Doppelt sieht dagegen Lindner bereits in der 3. Minute, nachdem er mit Stürmer Usbeck zusammengerasselt ist. Lindner wird hinter der Seitenlinie behandelt, kann jedoch ins Spiel zurückkehren. Es ist eher unwahrscheinlich, dass Schiedsrichter Horstmann diese Szene als Anlass nimmt, jede Kleinigkeit gegen die Berliner abzupfeifen, während er bei den Hausherren manches durchgehen lässt. Eher ist es wohl so, dass ihn die Sorge treibt, dass die Tasmania auch hier nur mit ihrer Kampfkraft dagegenhalten kann und den Einsatz übertreiben könnte. Diese Sorge aber ist unbegründet: Die Gäste von der Spree erweisen sich als hoffnungslos unterlegen, aber bereits als faire Verlierer, bevor sie überhaupt in Rückstand geraten sind.

Keine Frage, die Frankfurter sind in allen Belangen die bessere Mannschaft, aber was hat das schon zu sagen? Bei aller Eleganz, bei allem spielerischen Witz – die Wucht, zu der diese Elf fähig ist, erreicht sie heute nicht. Auch wenn Trimhold und Lechner im Mittelfeld brillieren und mit der zurückhängenden Spitze Huberts fantasievolle Kombinationen kreieren, die Durchschlagskraft fehlt, weil es der Eintracht an einem Gegner mangelt, der sie fordert.

So ist es in erster Linie der Fleiß von Becker und Finken, aber auch Bäsler und Peschke, die gemeinsam mit Basikow einen früheren Rückstand verhindern. Dabei ist Basikow, der 1959 zur Tasmania wechselte, nur einer von drei Torhütern, die die Berliner in dieser Saison bereits einsetzten. Am 8. und 9. Spieltag kam der 33-jährige Hans-Joachim Posinski zum Einsatz, der seit 1950 für die Tasmania spielt und vor drei Jahren seinen Platz als Stammtorhüter an den fünf Jahre jüngeren Basikow verloren hat, der Posinski in der folgenden Saison vollends verdrängte. Nachdem Basikow beim Auftaktsieg gegen den KSC mit von der Partie war, verletzte er sich beim Aufwärmen vor dem zweiten Punktspiel gegen Borussia Mönchengladbach am Rücken und wurde vorübergehend von Heinz Rohloff ersetzt. Am 5. und 6. Spieltag war Basikow wieder dabei, musste dann jedoch bis zum 12. Spieltag auf seine nächsten Einsätze warten. 0:17 Tore hat seine Elf in den letzten drei Punktspielen mit ihm kassiert.


Das 1:0 durch Bechtold

Auch heute muss der tapfere Schlussmann natürlich hinter sich greifen, es dauert allerdings bis zur 34. Minute und bedarf der tätigen Mithilfe eines Tasmanen. Es ist Finken, der bei einer Flanke, die Huberts vom linken Flügel in den Strafraum schlägt, auf dem glitschigen Boden keinen Halt findet und ausrutscht. Mittelstürmer Bechtold ist unbewacht und im Besitz des Balles und lässt sich den Führungstreffer nicht entgehen.

Bechtold ist es auch, der drei Minuten nach der Halbzeitpause das erste Ausrufezeichen setzt und das Leder an den Pfosten knallt. Der zweite Treffer fällt dann kurz darauf und wiederum leistet die Abwehr der Tasmanen dem Eintrachtsturm hilfreiche Unterstützung. Dieses Mal ist es Bäsler, der ins Rutschen kommt und Oskar Lotz den Ball einschussbereit serviert. 2:0 heißt es nach 51 Minuten und Lotz kann sich über sein erstes Saisontor freuen.

Die Gäste mühen sich weiter redlich, doch außer „Schimmi“ Szymaniak haben sie keinen bundesligatauglichen Akteur auf dem Platz. Und die Pässe des Nationalspielers überfordern seine Mitspieler fast so sehr wie es die Eintracht tut. Für „Schimmis“ Kameraden sind die Zuspiele oft zu steil, weil sie seine Ideen nicht erraten und es ihnen an Schnelligkeit fehlt. Während Fiebach, der auch körperlich nichts zuzusetzen hat, und Sand bereits mit der Ballannahme überlastet sind, wartet ganz vorne Usbeck einsam auf eine Einzelaktion, die nicht kommt. Wehmütig denkt der Stürmer wahrscheinlich an den 1. Spieltag im August zurück, als er beim 2:0-Sieg im Heimspiel gegen den Karlsruher SC beide Tore erzielte.

Vielleicht schaut Usbeck aber auch ein wenig mit Neid auf Jürgen Grabowski, der von beiden Flügeln her Tasmanias Riegel aufreißt. Der junge Mann ist mal wieder bester Spieler auf dem Platz. Der könnte auch Huberts sein, wenn er den Raum, dem ihn sein Gegenspieler „Schimmi“ lässt, nutzen könnte. Doch Huberts verballert Chance um Chance, was seine Mitspieler noch emsiger versuchen lässt, den Österreicher immer wieder in eine gute Schussposition zu bringen.

Wie es geht, zeigt Lotz mit seinem zweiten Saisontreffer in der 77. Minute. Sein erster Versuch prallt zwar an einem Berliner ab, doch dafür nimmt er bei seinem Nachschuss umso besser Maß: Aus gut 20 Metern Entfernung rauscht sein Geschoss direkt neben dem Pfosten ins Tor – unhaltbar für Basikow. Der hat sechs Minuten später noch einmal das Nachsehen, nachdem Finken einen Freistoß verschuldet hat. Fast von der Torauslinie schlenzt Grabowski das Leder über alle Köpfe ins lange Toreck. 4:0 – der schönste Treffer sorgt für das standesgemäße Resultat.

Bei der Eintracht gab es keinen schwachen Punkt, doch welcher Berliner hätte einen solchen auch aufdecken können? Und so bekommt Torwart Egon Loy heute nicht nur keinen ernstzunehmenden Ball auf seinen Kasten, sondern vom „kicker“ auch keine Note. Das Sportmagazin sieht sich außerstande den beschäftigungslosen Schlussmann zu bewerten. „Ich glaube, das macht den gegnerischen Torleuten auch keinen Spaß“, kommentiert Tasmania-Mittelläufer Peschke mit Galgenhumor: „Sie sollten sich mal alle einen Muff kaufen, damit sie ihre Hände warm halten können, wenn sie gegen uns spielen.“

Bei einem Eckballverhältnis von 1:20 ist der Tabellenletzte mit der 0:4-Niederlage außerordentlich gut bedient. „Gegen diesen schwachen Gegner hatten wir es schwer“, meint Elek Schwartz entschuldigend. „Bis zur Pause haben wir schwach gespielt“, gibt der Trainer zu: „Aber es ist natürlich schwer, bei einem Gegner, dem es augenscheinlich nicht darauf ankommt, selber Tore zu schießen, sondern der nur drauf achtet, dass die Packung nicht zu dick wird.“

„Nach der Pause allerdings, als der Riegel zusammenbrach, lief unser Spiel“, freut sich der Eintracht-Trainer. Der Sieg hätte gerade deswegen höher ausfallen müssen, was Schwartz jedoch nicht dem Unvermögen seiner Spieler zuschreibt: „Wir hatten einiges Pech.“ „Eine knappe Niederlage wäre mir sympathischer gewesen“, sagt Tasmania-Trainer Schmidt, der offensichtlich allen Ernstes Ansätze für eine sportlich bessere Zukunft gesehen haben will: „Ich glaube aber, dass es langsam, aber sicher aufwärts geht.“

„Die Berliner?“, fragt Eintrachts Mittelfeldspieler Georg Lechner und fährt fort: „Na ja, nette Leute und faire Kämpfer, aber es ist doch recht undankbar, gegen sie zu spielen. Eigentlich kann man sich nur blamieren. Die Zuschauer wollen gegen Tasmania Tore und Tore sehen. Sie fragen nicht, ob wir gewinnen, sondern wie hoch.“

Epilog

Klaus Basikow steht in dieser Saison insgesamt 14 Mal zwischen den Pfosten. Sein letztes Spiel bestreitet er am 27. Spieltag gegen den Meidericher SV, das mit 0:9 verloren geht. Wie am 2. Spieltag spielt dem Schlussmann der Rücken übel mit. „Wir konnten nur mit einer Versehrtentruppe antreten“, erinnert er sich an den 26.3.1966: „Ich hatte so schlimme Rückenschmerzen, dass ich eigentlich nicht hätte spielen dürfen. Ich bekam reichlich Spritzen. Dadurch hatte ich keine Schmerzen mehr, aber auch kein Reaktionsvermögen. Ich konnte kaum was sehen. Den Ball sah ich erst, wenn ich ihn aus dem Tor holte …“ Im Jahr 2005 ist seine Kehrseite immer noch sein Problem: „Ich darf keinen Sport machen, sonst könnte ich schnell im Rollstuhl landen. Ich darf auch nichts stemmen und nichts heben, sieht man mal von einem Bierchen ab.“

Über seine ehemaligen Mitspieler Horst Szymaniak und Franz Linken kursieren Geschichten, die hier noch erwähnt werden sollen, weil sie oft und gerne erzählt werden.

So soll Szymaniak, der sich einst bei Vertragsverhandlungen mit einem Vereinspräsident nicht mit einem um ein Drittel höheres Gehalt begnügen wollte, verlangt haben: „Ich will mindestens ein Viertel!“ Die Meinungen, ob Szymaniak dies beim KSC, in Italien, bei Tasmania Berlin oder beim Verkauf eines Mietshauses gesagt haben soll, gehen auseinander, so dass es fraglich erscheint, ob er es überhaupt gesagt hat. In der Wikipedia ist sogar zu lesen, dass „Schimmi“ Mitte der 1960er einen Verlag erfolgreich auf Unterlassung der Verbreitung dieser Behauptung verklagt hat.

Andererseits gibt Hans-Günter „Atze“ Becker, der damalige Kapitän von Tasmania Berlin, im Buch „Als die Ente Amok lief“ an, Augen- und Ohrenzeuge gewesen zu sein, als ihn Szymaniak zur Unterstützung an den Schreibtisch des Präsidenten von Tasmania rufen ließ, weil es um den Anteil Szymaniaks an den Zuschauereinnahmen ging. „Komm, Atze, du musst mir helfen. Ich glaub, die wollen mich verarschen“, zitiert Becker „Schimmi“: „Die haben mir fünfzig Prozent versprochen, ich hab das schriftlich. Und jetzt wollen die mich mit Zweidrittel abspeisen. Ich hab das schriftlich.“

Schriftlich gibt es auch folgendes: „Herbert Finken ist als Fußballer nicht besonders auffällig geworden. Er war Verteidiger“, schreibt zeit-online über den Spieler, der zu seinem Bedauern in seiner Berliner Zeit „auf jeder Position eingesetzt“ wurde. Herbert Finken ist aber mit nur zehn Bundesligaspielen bekannt geworden, weil schon der Spiegel in seiner Ausgabe vom 21.2.1966 berichtete: „Einer von ihnen stellte sich auf dem Spielfeld seinem Gegner vor: ‚Ich heiße Finken. Und du wirst bald hinken.’“

Im Buch „Tasmania Berlin, der ewige Letzte“ bekommt dieser Gegenspieler auch einen Namen: Reinhard Libuda, der Dribbelkönig jener Zeit. Im Interview mit der niederländischen „Almelo’s Weekblad“ bestätigt Finken im April 2010, dass er in seinem ersten Bundesligaspiel von Libuda in den ersten Minuten gleich zwei Mal nur die Hacken zu sehen bekam. Danach sei er zu ihm gegangen sei, habe ihm auf die Schulter getippt und ihn dann gewarnt: „Mein Name ist Finken und gleich wirst du hinken. Du kannst jetzt pinkeln gehen oder einfach nur hier stehen, aber denke daran: Ich werde dir folgen, wohin du gehst.“ Als Libuda das nächste Mal an der Seitenlinie an Finken vorbei gehen wollte, schickte dieser ihn so parterre, dass Libuda auf der Laufbahn landete.

Aus einer einmaligen Anekdote entwickelte sich in der Folge eine angebliche Begrüßungsformel, so dass Finken bis heute nachgesagt wird, er habe sich den „Gegenspielern stets mit (diesem) Spruch vor(ge)stellt“. (tagesspiegel.de, 13.1.2013)

Kaum bekannt ist dagegen, dass Finken mit dem Niederländer Jacobus Prins, der von 1963 bis 1965 beim 1. FC Kaiserslautern in der Bundesliga spielte, 1967 zu den neu gegründeten Pittsburgh Phantoms in die US-amerikanische National Professional Soccer League ging. Finken wechselte nach wenigen Spielen noch im selben Jahr zu den New York Generals, zu denen Prins 1968 folgte, nachdem die Phantoms aufgelöst worden waren. Die Generals, ebenfalls 1967 gegründet, überlebten die Phantoms aber nur ein Jahr. Finken und Prins spielten bei den Generals übrigens mit César Luis Menotti, der zehn Jahre später als Trainer die argentinische Nationalmannschaft zum WM-Titel führte. (rs)


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