Eintracht Frankfurt - Bayern München

Bundesliga 1965/1966 - 19. Spieltag

0:0

Termin: Sa 15.01.1966, 15:00 Uhr
Zuschauer: 66.000
Schiedsrichter: Gerd Hennig (Duisburg)
Tore: ./.

 

 

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Eintracht Frankfurt Bayern München

 


  • Sepp Maier
  • Werner Olk
  • Peter Kupferschmidt
  • Karl Borutta
  • Hans Rigotti
  • Franz Beckenbauer
  • Jakob Drescher
  • Gerd Müller
  • Dieter Brenninger
  • Rainer Ohlhauser
  • Rudolf Nafziger

 

Trainer Trainer
  • Zlatko 'Tschik' Cajkovski

 

Sieger nach Punkten?

Das letzte Aufeinandertreffen der Mannschaften von Eintracht Frankfurt und Bayern München in der Oberliga Süd am 30.12.1962 wollten nur 10.000 Zuschauer sehen, heute sorgen 66.000 Zuschauer für ein ausverkauftes Waldstadion. Aber damals wie heute erwartet Besucher und Spieler schneebedeckte Flächen auf den Rängen und dem Rasen und damals wie heute ist es ein Spitzenspiel.

Allerdings tauschte die Eintracht beim letzten Mal als Vierter mit den einen Rang vor ihr liegenden Münchnern durch einen 2:1-Sieg den Tabellenplatz. Das kann ihr heute im Duell mit dem Aufsteiger nicht gelingen, denn die Eintracht trifft als Fünfter und drittstärkste Heimmannschaft der Liga auf den Tabellenzweiten, der auf fremden Plätzen bislang die erfolgreichste Truppe stellt und sieben Punkte mehr auf der Habenseite stehen hat. Zudem ist den Bayern am letzten Spieltag im Derby gegen Tabellenführer 1860 München mit einem 3:0-Sieg, der durch einen Fehler des Löwen-Torhüters Radenkovic eingeleitet wurde, die Revanche für die 0:1-Niederlage im hitzig geführten Auftaktspiel gelungen.

Die Elf von Trainer Zlatko 'Tschik' Cajkovski hat dadurch den Abstand auf die Truppe von Max Merkel mit 28:8 Punkten auf einen Zähler verkürzt und bildet mit dem einen weiteren Punkt zurückliegenden Tabellendritten aus Dortmund das Trio, das den Titel wohl unter sich ausmachen wird. Der 1. FC Köln liegt als Vierter mit 24:12 Punkten bereits fünf Zähler hinter 1860. Die Eintracht, die noch das Auswärtsspiel beim BVB nachholen muss, weist zurzeit 21:13 Punkte auf und hofft mit einem Sieg heute, den Abstand auf die Kölner verringern zu können. Das ist keine unmögliche, aber schwierige Aufgabe, denn die Bayern haben neben der Auftaktniederlage gegen 1860 bislang nur zwei weitere Niederlage kassiert: Bei der 0:2-Heimniederlage gegen den BVB am 8. und beim 1:6-Debakel in Köln am 16. Spieltag.

„Meine Bayern werden so gut aufspielen, wie in den letzten drei Begegnungen“, verspricht Bayern-Trainer Cajkovski und hat damit neben dem 3:0 gegen 1860 auch den 2:0-Sieg im DFB-Pokal gegen den BVB im Sinn: „Na ja – und da müssten wir auch gewinnen.“ „Wenn nicht, dann haben wir Pech gehabt, großes Pech, das sage ich jetzt schon“, blickt Cajkovski offensichtlich in eine Glaskugel. „Hoffentlich schneit’s noch“, wünscht er sich: „Meine Spieler sind ja so leicht, es macht ihnen gar nichts aus, auf was für Boden sie spielen.“

„Ein Glück, dass wir gegen diese tollen Burschen eine ziemlich komplette Elf zusammen haben“, lobt Eintracht-Trainer Schwartz derweil den Gegner: „Hoffentlich ist Grabowskis leichte Zerrung vollends abgeklungen.“ Wieder dabei ist auch Georg Lechner, auf den Schwartz beim 1:0-Sieg in Hamburg noch verzichtet hatte, weil dieser aus beruflichen Gründen nicht am Vormittagstraining teilnehmen konnte. Für Lechner muss Stinka weichen. Die Bayern treten in unveränderter Besetzung an.


Anstoß durch
das Prinzenpaar

Vor dem Spiel wird das Faschingsprinzenpaar Klaus-Günther Jordan und Katrin Bauer von Istvan Sztani mit einem Personenwagen aufs Spielfeld gefahren. „Momentan habe ich noch einen Gipsfuß vom Skilaufen. Der kommt in der nächsten Woche ab, und dann wird es ernst mit dem Training“, hatte Jordan angekündigt, der im Rudern mit seinem Höchster Kollegen Wolfgang Neuss von 1961 bis 1963 Deutscher Meister, 1963 Europameister und 1962 Weltmeister im Zweier mit Steuermann war. Nun will Jordan mit seinem neuen Partner Zumkeller noch einmal an die alten Erfolge anknüpfen. „Die meiste Angst habe ich vor den Russen“, meint er mit Blick auf die WM in Bled im September: „An den Zonen-Zweier Gorny/Bergau glaube ich nicht; die zerbrechen bestimmt an ihrem Knüppeltraining.“

Auf dem eisharten und mit einer dünnen Schneeschicht bedeckten Boden des Waldstadions kommt man mit Gewalt ebenfalls nicht weit. Aus diesem Grund versuchen beide Mannschaften, die Pässe zentimetergenau an den Nebenmann zu bringen. Darin bringen es die mit Technikern gespickten Teams zu beachtlicher Meisterschaft, nur lassen sich allein mit Kurzpässen und ohne schnelle Sprints gegnerische Deckungen schwer aufreißen.

Zumal die Abwehr der Gäste mit einem Doppelstopper agiert, den Borutta und Beckenbauer geben. An dieser zweifachen Barriere im Mittelfeld scheitern die Frankfurter Angriffsbemühungen meist früh. Die Bayern haben sich ganz der Sicherung des eigenen Tores verschrieben, selbst Müller hilft hinten aus. Auch die gefürchteten Vorstöße Beckenbauers haben heute Seltenheitswert.


Grabowski gegen Rigotto, Olk,
Beckenbauer und Borutta

Das wiederum erfreut aufseiten der Eintracht Regisseur Huberts, der genügend Raum vorfindet, den er zweckmäßig nutzt. An seiner Seite brilliert der leichfüßige und gewitzte Trimhold und Lechner überzeugt mit seinem klugen und präzisen Spiel. Der gut aufgelegte Solz, der Siegtorschütze beim letzten Punktspiel gegen die Münchner, übertreibt es mit seinen Dribblings aber am linken Flügel ebenso wie Grabowski am rechten. Dabei können sich beide gegen Kupferschmidt und Olk nicht entscheidend durchsetzen. Grabowski sieht sich oft gleich mehreren Gegnern gegenüber, derweil Beckenbauer kompromisslos die Bälle aus dem Strafraum drischt. Den Außenstürmern der Gäste, Brenninger und Nafziger, ergeht es aber noch ärger. Sie sehen weder Ball noch Land und bringen gegen Wirth, dem explosivsten der Verteidiger, und Höfer nichts zustande. Besonders enttäuschend ist die Vorstellung Nafzigers, der gegen Höfer allzu früh die Segel streicht.

Erst nach einer halben Stunde wird das technisch anspruchsvolle Spiel auch vor einem Tor lebhafter – dem der Gäste. Huberts nimmt das Leder volley und Schlussmann Maier kann sich glücklich schätzen, dass das Geschoss seinen Kasten um Zentimeter verfehlt. Noch vor dem Pausenpfiff des vorzüglichen Schiedsrichters Hennig, der seine unumstrittenen Entscheidungen stets ohne Verzögerung trifft, kommt Huberts noch ein weiteres Mal zum Schuss, der jedoch geblockt werden kann. Lechners Versuch passiert dagegen die Abwehrreihe, kann aber von den Fingerspitzen Maiers am Überqueren der Torlinie gehindert werden. Maier ist nicht oft gefordert, doch wenn, dann reagiert er großartig.

Der Münchner Angriff kommt erst in der zweiten Halbzeit etwas mehr zum Zuge, was auch daran liegt, dass die beiden Mannschaften nun eine Prise Risiko in ihr Spiel einbringen. Gerd Müller hat nach 62. Minuten sogar die Führung auf dem Stiefel, doch Torhüter Kunter steht seinem Gegenüber Maier in nichts nach und entschärft den wuchtigen Schuss des Stürmers. Das war’s aber auch schon mit den Tormöglichkeiten der Gäste, denn die Frankfurter Hintermannschaft hat ebenfalls einen glänzenden Tag erwischt. Ohlhauser wird von Lutz klar beherrscht – der Schnelligkeit des Frankfurters hat der Gästestürmer nichts entgegen zu setzen.

Doch auch die Bayern geben sich in der Deckung keine Blöße. Hat zuvor noch Müller hinten mitgearbeitet, ist es nun Drescher, der die Defensive verstärkt. Entscheidend für die Stabilität in den hinteren Reihen ist der aufmerksame Beckenbauer, dessen Wachsamkeit keine Sekunde nachlässt und der immer im richtigen Moment seinen Fuß und noch mehr seinen Kopf dazwischen bringt. Die rechte Sturmseite der Eintracht mit dem vom Boulevard so genannten „Baby-Flügel“ Grabowski und Bechtold kann sich gegen Spielende endlich besser in Szene setzen, doch Maier meistert auch die Einschussmöglichkeiten von Bechtold und Solz mit seinen Paraden. Ihrem Torhüter verdanken die Gäste den errungenen Punkt, was die „Bild“ mit der dritten Nominierung Maiers für die „Nationalelf der Woche“ honoriert. Dort findet sich auch der beste Mann des Spiels, der Frankfurter Trimhold, bereits zum vierten Mal.

Gäste-Trainer Cajkovski traut sich nach dem Abpfiff nicht, im Zusammenhang mit seiner Mannschaft von Pech zu sprechen, obwohl er Pech ja vor dem Spiel als die einzig mögliche Ursache für etwas anderes als einen Sieg seiner Bayern bezeichnet hatte. Im Gegenteil, er erklärt nun: „Meine Marschroute ging auf einen Punkt aus. Die Rechnung stimmte. Ich freue mich, dass meine junge Mannschaft gegen einen großen Gegner sich gut gehalten hat. Ich bin mit dem einen Punkt zufrieden.“ „Dieser eine Punkt bedeutet für die Bayern wahrscheinlich die Meisterschaft“, meint Elek Schwartz’ Trainerassistent Ivica Horvat, was man vorausschauend oder voreilig nennen kann.

„Wenn es wie beim Boxen nach Punkten gegangen wäre, dann hätten wir heute klar gewinnen müssen. Die meisten „Runden“ gingen an uns“, lautet das nachvollziehbare Urteil von Elek Schwartz, der moniert: „Hätten meine Stürmer konzentrierter und besser geschossen, beide Punkte wären bei uns geblieben.“ „Hätten wir einen Held oder einen Uwe Seeler gehabt, dann wären auch die Tore für uns gefallen“, träumt Schwartz, „wir hätten 4:0 gewonnen …“ „Trotzdem bin ich zufrieden“, sagt der Trainer und Eintracht-Präsident Gramlich stimmt ein: „Ich glaube, das Spiel war so gut, dass die Zuschauer wiederkommen – auch wenn keine Tore fielen.“ „Es war ein glänzendes Spiel“, meint sogar DFB-Bundestrainer Helmut Schön: „Ich war überrascht, dass beide Mannschaften nach der Pause noch soviel zuzusetzen hatten.“

„Beide Mannschaften haben auf dem sehr schweren, glatten Boden mit äußerster Vorsicht gespielt“, gibt Cajkovski zu bedenken: „Beide Teams versuchten durch ein genaues Passspiel, den Ball immer in den eigenen Reihen zu halten. Und die Sicherung des eigenen Tores war ihnen dabei das Wichtigste.“ Wie man gesehen hat.

Epilog

Klaus-Günther Jordan wird mit seinem Partner Zumkeller Deutscher Meister. Bei der WM in Bled erreichen sie das Finale und belegen dort den 6. Platz. Jordan, der bereits im Alter von 15 Jahren zum Frankfurter Ruderclub Nassovia Höchst gekommen ist, bleibt dem Rudersport und der Nassovia auch nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn erhalten. Er hilft beim Bau des neuen Bootshauses, er ist Ausbilder und Trainer und arbeitet im Vorstand mit. Später betreut er die Homepage der Nassovia. Das tut er bis zu seinem Tod im Alter von 71 Jahren am 7.12.2011. (rs)


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