Kickers Oxxenbach - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1975/1976 - 6. Spieltag

2:1 (1:0)

Termin: Sa 06.09.1975, 15:30 Uhr
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Walter Eschweiler (Euskirchen)
Tore: 1:0 Josef Hickersberger (45., Foulelfmeter), 2:0 Siegfried Held (88.), 2:1 Bernd Hölzenbein (90.)

 

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Kickers Oxxenbach Eintracht Frankfurt

  • Bernd Helmschrot
  • Hans Schmidradner
  • Wolfgang Rausch
  • Lothar Skala
  • Amand Theis
  • Siegfried Held
  • Hermann Bitz
  • Norbert Janzon
  • Manfred Ritschel (6.)
  • Josef Hickersberger
  • Egon Bihn

 


 

Wechsel Wechsel
Trainer
  • Otto Rehhagel
Trainer

 

 

Prügelknaben

"Endlich geht’s wieder los", freut sich Wolfgang Kraus, der am Riederwald das Training aufgenommen hat, nachdem ihm der Stuttgarter Egon Coordes bei einem rüden Foulspiel am 10. Mai Knöchel und Wadenbein gebrochen hatte. Vor vier Wochen musste er die ersten Trainingsversuche wegen zu starker Schmerzen wieder abbrechen, inzwischen wurden aber Metallplatten und Nägel operativ entfernt und Kraus ist hoffnungsfroh: "Bis zum Oktober will ich wieder auf der Auswechselbank sitzen, um dann in der Rückrunde wieder völlig fit zu sein." Vorerst muss sich Kraus mit leichtem Lauftraining und Gymnastik begnügen und selbst das geht nicht problemlos vonstatten, wie Kraus nach der ersten Einheit berichtet: "Nach 15 Minuten traten die ersten Schmerzen auf, genau wie Dr. Degenhardt erwartet hatte. Diese Schmerzen werden erst in etwa zwei Wochen verschwunden sein. Bis dahin muss ich mich halt etwas quälen."

Jürgen Grabowski will sich dagegen weiterhin eine Qual ersparen, die ihn früher plagte: Er kehrt nicht in die Nationalmannschaft zurück. Dabei ist der öffentliche Druck auf den Spielmacher der Frankfurter Eintracht in den letzten Monaten nicht geringer geworden. "Solange kein neuer Spielmacher und kein neuer Mittelstürmer gefunden seien", hat gerade Franz Beckenbauer im "Bayern-Echo" seines Clubs beschieden, "kann man von unserer Nationalmannschaft keine ganz großen Erfolge erwarten." Bundestrainer Schön bleibt jedoch nur ein bedauerndes "leider, leider, leider", denn seine Versuche Grabowski zum Rücktritt vom Rücktritt zu überreden, sind allesamt erfolglos geblieben. Erstmals klopfte Schön vor dem Europameisterschaftsspiel gegen Griechenland in Athen bei Grabowski an, letztmals vor der WM-Revanche gegen Holland in Frankfurt. Da erbat sich der Mannschaftskapitän der Eintracht sogar Bedenkzeit, als ihm der Bundestrainer die Regisseurrolle anbot. "Da habe ich wirklich stundenlang mit mir gerungen", gibt Grabowski zu. Letztlich hätten aber die Gedanken an den Unfrieden während der Weltmeisterschaft den Ausschlag zum "Nein" gegeben: "Die schlechte Erinnerung verdrängte die süße Verlockung. Denn ich bin nicht nur zurückgetreten, weil ich den Gewinn der Weltmeisterschaft als krönenden Abschluss meiner Länderspielkarriere sah. Auch wenn wir Dritter oder Letzter geworden wären, hätte ich nicht mehr in der Nationalmannschaft gespielt." Grabowski hat nicht vergessen, dass er bei der WM nach der Niederlage gegen die Auswahl der DDR nicht nur seinen Platz in der Nationalmannschaft verlor, sondern auch noch als einer der Sündenböcke herhalten musste. So ohrfeigte Mannschaftskapitän Beckenbauer Grabowski öffentlich, in dem er seinem Mitspieler vorhielt, dieser sei eben nicht der Typ, der seinem Mann nachlaufen würde. Auch wenn Beckenbauer ihm später versicherte, falsch rübergekommen zu sein, Rückendeckung von Helmut Schön bekam Grabowski damals bei Beckenbauers Watsche nicht. Im Gegenteil, Grabowski landete im nächsten Spiel auf der Tribüne und hatte es nur der Verletzung Wimmers und seines Tores gegen Schweden zu verdanken, dass die Weltmeisterschaft für ihn nicht im sportlichen Abseits endete, wie im Falle Günter Netzers.

Während die Dinge, über die Grabowski sich in der Öffentlichkeit nicht weiter auslässt, für Helmut Schön längst "Schnee von gestern" sind, ist "dieser Schnee bei Jürgen Grabowski noch nicht geschmolzen", wie Hartmut Scherzer nach seinem Interview mit dem Eintrachtkapitän notiert: "Wenn er als 30-Jähriger nun auf einmal aufspielt wie nie zuvor als Twen, dann steht diese erstaunliche Leistungsexplosion in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Rücktritt vor einem Jahr. Der Zwang, an dem Posten zu kleben, der ihm allein in der Nationalmannschaft offen stand, die Last, um eben diese Position dennoch immer wieder aufs Neue rangeln zu müssen, waren von ihm genommen." "Ich habe auf einmal völlig befreit aufspielen können", bestätigt Grabowski Scherzers Gedankengang. "Dem Rechtsaußen habe ich zwar viel zu verdanken, er hat mir aber auch viel kaputt gemacht", deutet Grabowski die Erkenntnis an, ein Jahrzehnt lang auf der falschen Position gespielt zu haben.

Es ist seltsam. Grabowski, der sich in seiner Karriere selten seines Platzes in Helmut Schöns Auswahl sicher sein konnte, genießt seit seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft eine ungekannte Wertschätzung. "Über Grabowski zu diskutieren, ist ein Witz. Der Mann ist Spitze", meint Max Merkel und Dettmar Cramer bereitet es "Freude, diesen Grabowski spielen zu sehen". Jetzt sind alle der Meinung, dass Grabowski in die Nationalmannschaft gehört. Udo Lattek glaubt gar, dass "kein anderer Mittelfeldspieler Grabowski in seiner jetzigen Form das Wasser reichen kann", und auch Herbert Burdenski schwärmt vom "Fußball-Genie Jürgen Grabowski", das im Moment "jeden Mittelfeldspieler in Europa aussticht", auch "Overath und Netzer kommen da nicht mit". "Für mich eine höchst angenehme Situation", findet Grabowski durchaus Gefallen an der früher ungewohnten Rolle des Umschwärmten und einhellig Gelobten.

Bernd Hölzenbein, der mit der Nationalmannschaft in Wien weilt, um dort am heutigen Mittwochabend gegen die Auswahl des ÖFB anzutreten, sieht sich in einer weitaus weniger komfortablen Position: "Die Weltmeisterschaft hat mir kein Glück gebracht. Es war zwar ein großer Tag, aber was danach kam ... Ich bin in eine Rolle hineingedrängt worden, die ich gar nicht wollte. Früher war ich der nette blonde Junge mit dem sympathischen Lächeln. Heute bin ich es plötzlich nicht mehr. Überall hackt man auf mir herum", fühlt er sich zum Prügelknaben degradiert. Auch die Schiedsrichter haben Hölzenbein seit dem DFB-Pokalhalbfinale gegen Bayern München und im WM-Endspiel gegen die Niederlande auf dem Kieker. Strafstöße aufgrund eines Fouls an Hölzenbein haben Seltenheitswert, seit die "Bild" behauptete, der Eintrachtspieler hätte ihr gegenüber zugegeben, sich im WM-Finale "hingelegt" zu haben. Dass die "Bild" eine Gegendarstellung Hölzenbeins drucken musste, ist in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen worden. Es herrscht die weit verbreitete, aber deswegen nicht zutreffendere Meinung, dass im auflagebetonten Geschreibe des Boulevardblatts immer auch mindestens ein Körnchen Wahrheit stecke. "Dabei habe ich keinen einzigen Elfmeter geschunden", zitiert die "Bild" den Spieler nun und ergänzt: "sagt Hölzenbein heute".

Feierlichkeiten und Wohltätigkeitsveranstaltungen häuften sich seit dem Titelgewinn und schlugen auf seine Form: "Ich fand das damals eigentlich alles sehr schön - aber nur weil es neu war." Damit soll es nun vorbei sein, auch die von ihm eröffnete Modeboutique schließt Hölzenbein in diesen Tagen mit einem Räumungsverkauf: "Ich will mit den Nebensächlichkeiten Schluss machen - mich wieder auf den Fußball konzentrieren" und in der Nationalelf "wieder Stammspieler werden."


Hölzenbein und Körbel bei der
Nationalmannschaft

Hölzenbein, der nach dem Spiel gegen Schalke - wie der Berliner Erich Beer nach dessen vier Treffern gegen Bayer Uerdingen - doch noch von Helmut Schön nominiert wurde, lässt dann in der Partie gegen die Österreicher von Beginn an auch keinen Zweifel daran, dass er seine Ankündigung in die Tat umsetzen will. Hölzenbein läuft, dribbelt und schießt, was das Zeug hält, wobei seinen Versuchen kein Erfolg beschieden ist. In der 6. Minute prallt sein Schuss an Verteidiger Obermayer ab und in der 10. Minute streicht der Ball einen Meter über das Tor, nachdem er aus 18 Metern abgezogen hat.

Körbel, sein Frankfurter Mannschaftskamerad, hat es bis zu Schwarzenbecks verletzungsbedingter Auswechslung im Mittelfeld mit Jara zu tun, der ihm das Leben nicht gerade leicht macht. Auf Schwarzenbecks Vorstopperposition zieht sich Körbel danach gegen Kreuz wesentlich besser aus der Affäre. Kreuz macht keinen Stich gegen den kopfballstarken Eintrachtspieler, der den Stürmer komplett zudeckt. Sekunden vor der Halbzeit ist dann wieder Hölzenbein an der Reihe. Kurz vor der Tor-Auslinie schnappt er sich den Ball und schießt sofort, doch Koncilia hält.

Die Truppe um Koncilia, Jara, Prohaska und den Offenbacher Hickersberger hält auch sonst dagegen und gut mit und widerlegt den Sprücheklopfer Max Merkel, der ein Freundschaftsspiel des FC Schalke 04 bei Rapid Wien nutzte, um gegen seine Nachfolger zu abzuledern: "Der österreichische Fußball liegt unter dem Sauerstoffzelt, ihm ist nicht mehr zu helfen. Es fehlen ja auch die Zuschauer für einen Profibetrieb. Das Wiener Stadion zum Beispiel ist doch höchstens beim Katholikentag voll. (..) Wir Österreicher sollten endlich den Mut aufbringen und einen ehrlichen Amateurismus einführen. Mit dem großen Fußball ist es bei uns vorbei. Dafür haben wir großartige Skifahrer ..."

Zu Beginn des zweiten Durchgangs ist auch Beckenbauer verletzungsbedingt nicht mehr mit von der Partie. Beer kommt dafür in die Mannschaft, Stielike spielt nun Libero. Beer harmoniert prächtig mit Hölzenbein und schon nach fünf Minuten krönen beide ihre Zusammenarbeit mit dem Führungstor. Nach Hölzenbeins Zuspiel steht der Berliner acht Meter vor dem Kasten frei, sucht sich in aller Ruhe die Ecke aus und schießt mit der Stiefelspitze ein.


Koncilia hält Hölzenbeins Freistoß

Auch Danner, der in der 26. Minute für Schwarzenbeck ins Spiel gekommen ist, weiß an der zuvor von Körbel ausgefüllten Position im Mittelfeld zu gefallen. In der 58. Minute schickt er den Braunschweiger Bernd Gersdorff, der von Strasser verfolgt und kurz vor dem Strafraum umgesenst wird. Hölzenbein legt sich das Leder zum Freistoß zurecht und zieht dann mit einem mächtigen Hieb ab. Der hochaufgeschossene Bruno Pezzey, der am 7.6. gegen die Tschechoslowakei debütierte und heute sein zweites Länderspiel für den ÖFB macht, steht in der Mauer und dreht sich wie seine Kameraden sofort um, um den Flug des präzise geschossenen Balles zu verfolgen. Zu ihrer Erleichterung mach sich Koncilia lang, fischt mit der rechten Hand die Kugel aus dem Torwinkel und lenkt sie zur Ecke.

Sieben Minuten später hat Hölzenbein die nächste Gelegenheit, sein Torkonto in Schöns Auswahl aufzubessern, doch er wird von einer Vorlage Gersdorffs überrascht und wartet zu lange mit dem Abschluss. In der 70. Minute bringt Schön dann einen Spieler aus der 2. Liga, der am Tag zuvor noch für die B-Elf des DFB aufgelaufen war, dort beim 2:0-Sieg gegen Österreichs zweite Vertretung ein Tor erzielt hat und ebenfalls von Schön kurzfristig nominiert wurde: Es ist Ferdinand Keller vom TSV 1860 München, der zu seinem Debüt in der A-Nationalmannschaft kommt.

In der 77. Minute hat Keller im Trio mit Hölzenbein und Seel nur noch zwei Gegenspieler vor sich, doch gerade da setzt Hölzenbein eines seiner sonst durch die Bank erfolgreichen Dribblings in den Sand und verliert den Ball. Zwei Minuten später macht Hölzenbein seinen Fehler jedoch wieder gut. Er flankt über Koncilia hinweg auf die linke Seite, wo Beer den Ball einmal auftippen lässt, um diesen dann mit der Innenseite unhaltbar ins lange Eck zu schieben. 2:0 und mit diesem Resultat siegt Schöns Elf am Ende auch verdient.

"Ich bin zufrieden mit mir", sagt Körbel, der zuerst letzter Mann im Mittelfeld und dann Vorstopper spielte, und auch der Bundestrainer hat nichts auszusetzen: "Was Körbel anbetraf, hatte ich nicht die geringste Sorge, schließlich waren Stielike und er schon unser bewährtes Abwehrpärchen in der Jugendnationalelf." Schön nutzt die Gelegenheit, auf den "Langzeiteffekt" seiner Arbeit hinzuweisen. Weder Stielike noch Körbel seien Entdeckungen des Augenblicks gewesen, erklärt Schön. Er habe sie über Jahre hinweg verfolgt und wisse nicht erst seit gestern, dass sie hervorragendes Talent besäßen und deshalb Garantien für die Zukunft seien.

"Besonders habe ich mich über Hölzenbein gefreut", verkündet der Bundestrainer außerdem: "Ich habe Hölzenbein im Spiel gegen Schalke beobachtet und den Eindruck gewonnen, dass seine Form ansteigt und dass der Bernd auch wieder die richtige Einstellung zum Beruf des Fußballspielers gefunden hat." Die Eintracht dürfe sich freuen, meint Schön, weil zur Genesung Hölzenbeins gewiss auch der Reiz beigetragen habe, wieder einen Platz in der Nationalelf zu erobern. "Jawohl, das war mein wichtigstes Ziel", bestätigt Hölzenbein, der sich nach dem Sieg gegen Schalke noch anders geäußert hatte: "Ich wollte wieder in die Mannschaft." "Mein Tief ist endgültig überwunden", freut sich der Frankfurter, doch wunschlos glücklich ist er nicht: "Dass ich nicht schlecht gespielt habe, weiß ich, aber ein bisschen glücklicher wäre ich schon, wenn mir auch ein Tor gelungen wäre."

In Frankfurt droht ihm derweil Otto Rehhagel, der Trainer der Offenbacher Kickers, gegen die die Eintracht am Samstag antreten wird. Rehhagel muss sich in der nächsten Woche in Frankfurt vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes verantworten, weil er am 19. April beim letzten Bundesligaspiel der Kickers gegen die Eintracht seinem Spieler Amand Theis zugerufen haben soll: "Tritt dem Hölzenbein in die Knochen." "Ich habe meinen Anwalt eingeschaltet und werde Hölzenbein verklagen, wenn er diese Verleumdung nicht zurücknimmt", kündigt Rehhagel öffentlich an. "Der Otto soll keine Scheiße reden, sonst erzähl’ ich dem was", soll Hölzenbeins kurze Replik lauten, berichtet die "Bild". Eintrachts Vizepräsident Ernst Berger vermutet eine gezielte Aktion des Gegners, um das Spiel anzuheizen, bleibt aber ruhig und sachlich: "Wenn Rehhagel vor Gericht ziehen will, wird es sich ja zeigen. Da muss einer einen Meineid schwören oder umfallen." Kritik übt Berger aber auch am DFB: "Der Zeitpunkt der Sportgerichtsverhandlung hätte nicht unglücklicher gewählt werden können. Im Übrigen möchte ich klarstellen, dass die Anzeige gegen Rehhagel nicht von uns kam, sondern vom DFB."

Aufsehen erregt auch der Besuch von Gerhard Zwerenz, der die Offenbacher in ihrem viertägigen Trainingslager in der Erbismühle besucht, in das sich die Kickers zur Vorbereitung zurückgezogen haben. Kickers-Präsident Böhm hat Zwerenz eingeladen und Geschäftsführer Willi Konrad chauffiert den Schriftsteller. "Ich find' den Taunus schön", wird Zwerenz später berichten: "Wir schüttelten uns brav die Hand, aßen gemeinsam zu Mittag, hörten Präsident Böhm zu. Dann sagte ich ein paar Sätze, nur, dass ich für die Kickers bin, sie durchweg für unter Wert geschlagen und gehandelt hielte und mit meinen schwachen Kräften dafür sorgen möchte, die der vielen Krisen und erhöhten Eintrittspreise wegen verärgerten Offenbacher doch noch ins Stadion zu bringen. Die Jungs benötigten Zuspruch." "Für mich, in der Region des »Mainischen Blocks« lebend, wurde Kickers Offenbach meine 1. und Eintracht Frankfurt meine 2. Heimatmannschaft. Ich bin, solange es sie gibt, für beide. Im Zweifelsfall, dem Lokalderby, aber für die Kickers. Nicht nur, weil ich zufällig hier wohne, sondern auch, weil die Kickers die arme Mannschaft einer armen Gemeinde sind. Reiche Vereine werden von ihren Städten unterstützt", erinnert sich Zwerenz. (Zitate aus Zwerenz’ Kolumne im Internet beim Poetenladen Leipzig: "Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte".)

Größere Sorgen bereitet der Eintracht am Donnerstagmorgen Torhüter Wienhold, der mit einem dicken Verband um die linke Hand zum Training kommt: "Es war eine Mordsrakete von Beverungen aus 12 Metern. Bei der Abwehr verstauchte ich mir die Hand. Ich musste zum Arzt, zum Glück ist nichts gebrochen. Ich glaube daran, dass ich trotzdem am Samstag gegen die Kickers dabei bin." Die nehmen das Spiel gegen die Eintracht als günstige Gelegenheit, um die leeren Kassen wenigstens ein wenig zu füllen und verärgern die Fans mit Preissteigerungen von teilweise 100 Prozent. Auf der Südost-Tribüne kosten Plätze, die man beim letzten Heimspiel gegen Essen noch für 15 DM erwerben konnte, nun 30 DM und für die Haupttribüne sind die Preise von bislang 16, 18, 20 und 25 DM auf 25, 30, 35 und 40 DM gestiegen.

Aus finanziellen Gründen mussten die Offenbacher auch einige ihrer besten Spieler abgeben. Erwin Kostedde, der für die Kickers gegen die Eintracht von den letzten 15 Toren allein 6 erzielte, wurde zur Hertha abgegeben, Winfried Schäfer zum Aufsteiger KSC. Die Offenbacher zahlen nun die Zeche dafür, dass sie über ihre Verhältnisse gelebt haben, und das bereits zu Regionalligazeiten, wie der "kicker" in seiner Ausgabe vom 25.8. belegt: "Eine Verteidigungsschrift des unter Beschuss geratenen Offenbacher Präsidenten Leo Böhm, veröffentlicht in der Vereinszeitschrift des Klubs, brachte es an den Tag: Erwin Kostedde, 1971 vom belgischen Meister Standard Lüttich zu den Kickers gewechselt, war zum damaligen Zeitpunkt der teuerste Spieler im deutschen Fußball: Eine Ablösesumme von 800.000 DM musste Offenbach für ihn berappen. Tatsächlich lag diese Summe noch viel höher: Weil der Verein zu jener Zeit nicht flüssig war und einen Bankkredit aufnehmen musste, beliefen sich die Transferkosten am Ende einschließlich der Zinsen auf 1,2 Millionen DM!" Kein Wunder also, dass Geschäftsführer Konrad Anfang der Saison versucht hat, auch Schwemmle, Enders und Schmidradner loszuwerden. Trotz laufender Verträge wurden sie außerhalb des Bundesligakaders gestellt und öffentlich verkündet, dass sie um ihre Transfers gebeten hätten, was die Spieler natürlich zu Recht bestritten. Dieter Schwemmle konnte zwar in die Schweiz zum FC Biel vermittelt werden, doch Enders und Schmidradner stehen weiter auf der Gehaltsliste.

Wen man bezahlt, sollte man auch spielen lassen und so darf der österreichische Nationalspieler Schmidradner heute zum ersten Mal in dieser Saison auflaufen, zumal die sportliche Lage der Offenbacher ein Übriges tut. Mit 3:7 Punkten sind die Offenbacher Tabellenletzter und ihre Ausbeute aus den letzten drei Spielen in Duisburg, gegen Essen und in Bochum ist kläglich: 0:6 Punkte und 3:15 Tore. Mit 2:6, 0:4 und 1:5 gingen alle Spiele deutlich verloren, wobei keiner der Gegner zur Spitze der Liga gehört. Die Eintracht kommt dagegen mit 7:3 Punkten als Tabellenvierter auf den Bieberer Berg, ist in den letzten vier Bundesligaspielen ungeschlagen und kann im günstigsten Fall Tabellenführer werden.

"Wir lassen uns von dieser Ausgangsbasis nicht blenden. Am Samstag spielt nicht der Tabellenletzte gegen den Vierten, sondern Kickers gegen Eintracht. Und das ist ein Spiel, das schon immer unter besonderen Gesetzen stand", sagt Jürgen Grabowski in Erinnerung daran, dass es der Eintracht seit dem Offenbacher Wiederaufstieg im Jahre 1972 nicht gelang, die Kickers auch nur ein einziges Mal zu schlagen. "Diesmal wird das Match zum Existenzkampf für die Kickers hochgeputscht. Uns passt es deshalb überhaupt nicht, in dieser Situation nach Offenbach fahren zu müssen", versichert der Eintrachtkapitän und Trainer Weise glaubt gar: "Die Ausgangsposition ist für Offenbach günstiger. Bei denen muss doch jetzt der Knoten platzen." Weise will aber mehr als einen Sieg der Kickers verhindern: "Ich möchte endlich einmal gegen Offenbach gewinnen."

Für das Spiel auf dem Bieberer Berg greift der Eintrachttrainer auf die zuletzt gegen Schalke 04 mit 2:1 erfolgreiche Elf zurück, was für den Schützen des Siegtores, Bernd Lorenz, wiederum den Platz auf der Bank bedeutet. Bei den Offenbachern spielt Held Mittelstürmer, Bihn Rechtsaußen und Ritschel im Mittelfeld. Die Außenverteidiger Schmidradner und Theis haben die Seiten getauscht, damit der Wiener gegen Wenzel und der Westerwälder gegen Hölzenbein spielen kann.

Die Stimmung ist aufgeheizt, die Anspannung auf beiden Seiten entlädt sich bei den Hausherren in einer Reihe von Fouls. Schiedsrichter Eschweiler zückt bereits nach zwei Minuten die Gelbe Karte für Janzon, wohl auch in der Hoffnung, die Partie damit zu beruhigen. Es gelingt dem Unparteiischen nicht. In der 5. Minute säbelt Ritschel, der gegen Nickel spielen soll, Grabowski um und sieht darauf hin Rot - Eschweiler stellt den Offenbacher vom Platz, was Ritschel fassungslos kommentiert: "Sicher war es ein Foul, aber gleich die Rote Karte …" "Schon zwei Minuten vorher hatte Ritschel unserem Verteidiger Peter Reichel die Stollen in den Unterleib getreten", gibt Grabowski zu bedenken, "das hatte Eschweiler gesehen." "Unverschämtheit", brüllt Kickers-Präsident Böhm und Willi Konrad tobt: "Will uns der Eschweiler aus der Bundesliga pfeifen?" Ein "Dolchstoß" sei diese Rote Karte, ereifert sich der umstrittene Geschäftsführer, stellt sich mit dem Rücken zum Spielfeld und feuert die Sprechchöre auf der Tribüne gestenreich an.

Die Eintracht weiß ungeschickterweise mit der Überzahl nichts anzufangen. Nickel und Grabowski versuchen, das Spiel zu ordnen und Linie in die eigenen Reihen zu bringen. Der Kapitän verleiht seinem Ansinnen lautstark und gestenreich Nachdruck, doch weder er noch Nickel erreichen die Mitspieler. Dabei müssen die Kickers nur sieben Minuten nach Ritschels Platzverweis den nächsten Schlag hinnehmen: Bei einem Zweikampf mit Grabowski verletzt sich Lothar Skala – durch eigene Schuld, wie er später eingesteht - und humpelt mit einem dicken Verband um das rechte Knie mit einem Meniskusschaden vom Platz. Für Skala kommt Faß und Rausch übernimmt die Bewachung Grabowskis.

Die Kickers tun, was jede Mannschaft an ihrer Stelle tun würde: Sie überlassen der Eintracht das Mittelfeld, verstärken die Abwehr und verlegen sich auf Konter. Mit Bihn, Hickersberger und dem trotz seines Alters immer noch ungeheuer schnellen Held haben sie die richtigen Leute dafür. Körbel hat mit dem Ex-Nationalspieler Held große Probleme, immer wieder wird er überlaufen. So kommt es, dass sich die Kickers gute Torchancen erkämpfen. Nach 18 Minuten kann Wienhold einen Schuss von Bihn gerade noch über die Querlatte lenken. In der 26. Minute lässt Hickersberger den langsam und schwerfällig wirkenden Eintracht-Libero Krobbach stehen und kann nur mit einem Rempler gestoppt werden, was den Kickers-Anhang stürmisch einen Strafstoß fordern lässt.

Sieben Minuten später scheint die Führung für die Elf in Unterzahl Realität zu werden, als Held Janzon schickt und Weidle und Krobbach den Offenbacher in der Abseitsfalle wähnen. Doch weder Janzon noch Eschweiler lassen sich davon beeindrucken. Janzon fehlt aber letztendlich die Kaltblütigkeit, um Wienhold zu bezwingen: Er schießt neben den Kasten.


Das angebliche Foul
Nickels an Held

Sechs Minuten vor der Halbzeit nimmt Trainer Weise den schon länger humpelnden Körbel aus dem Spiel. Neuberger nimmt sich nun Helds an und bei der Eintracht kommt mit Lorenz ein weiterer Stürmer. Bevor der aber für Gefahr im Offenbacher Strafraum sorgen kann, ist Held schon wieder im Sechzehner der Gäste. Nickel hindert den famos aufspielenden Kickers-Kapitän am Schuss, Held fällt und Eschweiler entscheidet auf Strafstoß. Hickersberger tritt an, verlädt Wienhold eiskalt und es steht 1:0 in der 45. Minute.

Schiedsrichter Eschweiler pfeift die erste Halbzeit ab und kann nur durch ein Polizeispalier den Platz verlassen. Die Mannschaften, Betreuer und das Schiedsrichterteam sind auf dem Weg in die Kabinen unter der Haupttribüne, als in nächster Nähe des Schiedsrichters ein mittelblonder Mann mit grünem Pullover und blauen Jeans auftaucht und in der Hand einen Revolver hält. Die umstehenden Personen reagieren schnell und drängen den Mann vom Schiedsrichter weg, der aber in der allgemeinen Verwirrung im Gedränge des Kabinenbereichs entkommen und im Gewühl des Stadions verschwinden kann. "Wir stellen das ganze Stadion auf den Kopf, um den Burschen zu fassen. Aber verständlicherweise ist das in diesem Gedränge sehr schwer", sagt Polizei-Einsatzleiter Taube und Kickers-Geschäftsführer Konrad stellt eine Frage, für die sein Verein die Antwort liefern sollte: "Auch das noch: Wie konnte dieser Verrückte nur in den durch zwei Sperren abgesicherten Kabinenbereich gelangen?" Schon während der ersten Halbzeit war es zu einem Zwischenfall gekommen, als einer der Linienrichter von der Stadiontribüne beworfen wurde. Bereits vor dem Spiel wurden mehrere Anhänger von der Polizei aufgegriffen, die Schlagringe, schwere Ketten und dicke Drahtseile mit sich führten. Am ärgsten ist allerdings die Nachricht, dass ein 28-jähriger Zuschauer aus Fulda von einer Bierflasche am Kopf getroffen wurde und um sein rechtes Augenlicht bangen muss. (Wie Gerhard Zwerenz in seiner hier zitierten Kolumne schreibt, verliert er es leider.)

Nach der Pause hat Held mit Reichel den bisher stärksten Gegenspieler. Die Eintracht stürmt nun entschlossener und schnürt die Kickers vor deren Strafraum ein. Mit dem erhöhten Druck häufen sich auch die Chancen für Weises Elf. In der 53. Minute werden sich Lorenz und Wenzel aber leider nicht einig, wer den Ball denn nun ins Tor schießen soll. Es ist den Offenbachern nicht übel zu nehmen, dass sie den Stürmern diese Entscheidung weder abnehmen noch die Arbeit des Gegners erledigen. Nickel ist zwei Minuten später entschlossener als seine beiden Mitspieler, doch Helmschrot entschärft seinen gefährlichen Schuss. Weitere Kanonenschläge - von Nickel und Weidle abgefeuert – erreichen Helmschrot erst gar nicht und verfangen sich in der vielbeinigen Abwehr der Kickers.


Helmschrot, Lorenz und Theis

Die Kickers kontern ihrerseits und in der 58. Minute vergibt Bitz, wie Neuberger und Weidle mittlerweile mit der Gelben Karte verwarnt, eine große Chance zum 2:0: Er setzt aus kürzester Distanz den Ball neben den Pfosten. Ein flacher Schuss von Beverungen, der Zentimeter am Tor vorbeizischt, sowie ein Volleyschuss von Neuberger, den Helmschrot prachtvoll pariert, ist die Frankfurter Ausbeute auf der Gegenseite.

In der 67. Minute wechselt Rehhagel Oleknavicius für den erschöpften Bihn ein, sein Auswechselkontingent ist damit erschöpft. Das rächt sich, als Faß mit einem Verband um den linken Fuß herum nur noch humpeln kann, aber bis zum Ende durchhalten muss. Die spärlich vorgetragenen Entlastungsangriffe der Kickers aber bleiben gefährlich. Nach Vorarbeit von Held muss Wienhold in der 76. Minute einen prächtigen Schuss von Janzon abwehren.

Die Kickers kämpfen weiter, ihre Kräfte scheinen nicht erlahmen zu wollen. Zudem ist auf Helmschrot Verlass. Einen raffinierten Hölzenbein-Freistoß boxt er über die Latte und wirft sich kurz darauf dem einschussbereiten Weltmeister furchtlos vor die Füße. Doch Helmschrot hat auch Glück, als Wenzel aus fünf Metern über und später - nachdem er an dem lahmenden Faß vorbeigestürmt ist – neben das Tor schießt.

Der Ausgleich will gegen diesen mit allen Mitteln kämpfenden Gegner nicht fallen, was immer die Eintrachtspieler auch probieren. Rückkehrer Schmidradner stellt seinen Wert für die Offenbacher unter Beweis: Immer steht er richtig und fängt Angriff um Angriff ab. Zu umständlich, aber mitunter eben auch sehr hilflos fallen die Bemühungen der Frankfurter aus. Und als sich in den letzten Minuten aufgrund des unermüdlichen Ansturms endlich die Chance zum Ausgleich bietet, bringen Beverungen und Nickel den Ball aus nächster Nähe nicht im gegnerischen Tor unter.

Wie es gemacht wird, zeigt Held zwei Minuten vor Schluss. Wieder lässt er Krobbach aussteigen und schießt dann wuchtig aus spitzem Winkel an Wienhold vorbei ins lange Eck. Eine tolle Einzelleistung und ein wunderschöner Treffer. Die Partie ist entschieden, auch wenn der Eintracht in der Schlussminute das gelingt, wofür sie ein ganzes Spiel lang gekämpft hat: ein Tor. Hölzenbein köpft den Ball zum Anschlusstreffer in die Maschen, doch dieser Treffer kommt zu spät.

Gerhard Zwerenz macht mit beiden Händen das Victory-Zeichen und läuft über die Tribüne. Zwischen Mullbinden, Pflastern, leeren Flaschen und verdreckten Trikots stöhnt Grabowski in der Kabine: "Wie oft muss ich das noch mitmachen?" Otto Rehhagel wird dagegen wieder Post vom DFB bekommen und Stellung zu dem Vorwurf nehmen müssen, er habe wegen der Nachspielzeit den Schiedsrichter beschuldigt, bestochen worden zu sein. Auch gegen Willi Konrad wird wegen angeblich beleidigender Äußerungen gegenüber Eschweiler ermittelt werden.

"Jetzt erst recht" sei die Reaktion nach Ritschels Platzverweis und Skalas Ausscheiden gewesen, berichtet der Neuzugang aus Lautern, Bitz. "Es war Schock und Weckruf zugleich", bestätigt Libero Rausch: "Wir hatten die richtige Einstellung schon vor dem Anpfiff. Doch der Platzverweis nach fünf Minuten trieb uns in einen heiligen Zorn. Es ist herrlich zu wissen, dass in unserer Mannschaft so viel Begeisterung und Kampfgeist steckt." "Ich wollte es gar nicht schießen", berichtet Held von seinem Tor zum 2:0: "Erst als ich merkte, dass - wie so oft - keiner mehr da war, knallte ich drauf." Bundestrainer Helmut Schön ist nicht überrascht: "Ich kenne Sigi doch. Ich weiß, wozu er fähig ist. Die zehn Offenbacher übertrafen sich selbst an Einsatz." "Großartig, der Sigi, obwohl Peter Reichel nach der Pause wirklich stark gegen ihn spielte. Der Kickers-Sieg ist nicht unverdient, die Sympathien ihres Publikums verständlich", zeigt sich Jürgen Grabowski als großer Sportsmann: "Trotzdem hätten wir mit unseren Chancen gewinnen müssen. Aber in Offenbach geht das wohl nicht."

"Ich glaube bald nicht mehr daran, dass wir in Offenbach gewinnen", sagt auch Weise mit leiser Resignation: "Wir haben es selbst heute gegen zehn Mann nicht geschafft, und darin liegt unsere Enttäuschung. In der zweiten Halbzelt, das war teilweise Unvermögen von unserer Seite. Aber auch Tragik. Offenbach hat kämpferisch alles gebracht und Glück gehabt. Und es hat perfekt auf Zeit gespielt. Rausch ist da der größte Künstler. Der fällt hin wie ein Halbtoter. Der Schiedsrichter sieht das auch, aber er kann nichts dagegen tun. In unserer Mannschaft kann ich nur Peter Reichel loben. Ich kann zwar keinem meiner Spieler den besten Willen abstreiten, aber wir hatten nicht die Ruhe und nicht die Kaltblütigkeit, auch unsere Chancen zu nutzen. Das ist ein Zeichen, dass wir unsere Nerven nicht in der Hand hatten. Ich habe gehofft, dass wir noch ein Tor machen. Irgendwann musste ja eins bei so viel Druck reingehen: Aber dass die Kickers noch einmal treffen würden, das glaubte ich nicht."

"Ich frage mich", grübelt Dietrich Weise weiter, "ob es die Spieler jemals schaffen werden, ihre Nerven gegen Offenbach in den Griff zu bekommen." Allein "psychologische Ursachen" hat auch Hans Tilkowski, heute Trainer und einst Torwart bei der Eintracht, ausgemacht. Ihm ist ebenfalls die Hilflosigkeit aufgefallen, mit dem zahlenmäßigen Vorteil wenigstens umzugehen, wenn man ihn schon nicht nutzen konnte: "Da wußte keiner, wer denn nach dem Platzverweis nun frei war." "Es war wie verhext", meint Bernd Nickel, "in jedem anderen Spiel gehen solche Schüsse rein. In Offenbach aber gehen sie daneben." Nicht einmal der Strafstoß kann ihn da noch aufregen. Er schildert die Szene leidenschaftslos: "Ich konnte Siggi Held doch nicht zum Schuss kommen lassen. Also angelte ich mir den Ball, als er zum Schuss ausholte. Nicht ich habe ihn, sondern er mich hinten in die Waden getreten, Und dann ist er gefallen. Das hat vielleicht wie ein Elfmeterfoul ausgesehen, war aber keines." Anstatt den Schiedsrichter die Schuld an der Niederlage zuzuweisen, fasst sich Nickel lieber an die eigene Nase: "Normalerweise hätten wir 5:1 gewinnen müssen." So sieht es auch Peter Reichel, der moniert, dass seine Elf Torchancen vergeben hat, "die ausgereicht hätten, um sechs Spiele zu gewinnen."

"Krobbach hat bei den Offenbacher Gegenstößen sehr schlecht ausgesehen. Besonders beim zweiten Tor. Es geht einfach nicht, dass er sich von Held so verladen lässt", tadelt Weise seinen Neuzugang vom HSV besonders, allerdings nicht ohne seine Rüge zu relativieren: "Doch ich kann ihm noch nicht einmal den allergrößten Vorwurf machen, denn alle unsere Spieler haben ja vorne beim Torschuss kläglich versagt." Dennoch wird Peter Krobbach bei Fans und Journalisten zu einer Art Prügelknabe für die Niederlage, weil er es nie verstanden hat, der Abwehr als Libero Halt zu geben, Held nie aufhalten konnte und auch den simpelsten Finten von Hickersberger nie gewachsen schien. Der Wechsel vom leichtsinnigen Trinklein zu Krobbach hat der Abwehr der Eintracht nicht wie erhofft größere Ruhe verliehen, im Gegenteil. "Ich rätsele selbst mit mir herum", ist Krobbach selbstkritisch: "Es tut mir leid. Ich weiß, dass ich schlecht gespielt habe, nicht schnell genug, schwerfällig war. Ich werde eine offene Aussprache mit Herrn Weise führen." Krobbach erliegt nicht einmal im Ansatz der Versuchung, etwas zu beschönigen, bittet aber: "Man sollte das Derby so schnell wie möglich vergessen, die Gedanken ganz auf Mönchengladbach richten, anstatt sich Zweifeln und Grübeleien hinzugeben."

"Körbels Verletzung liegt am Innenschenkel. Was es genau ist, kann ich noch nicht sagen", hat Weise nach dem Spiel erklärt und doch verzichtet er am Sonntag darauf, bei Karl-Heinz Körbel anzurufen und sich nach dessen Verletzung zu erkundigen, weil er nicht mehr über das Spiel reden will: "An die Kickers denke ich erst wieder in sechs Monaten. Unsere ganzen Gedanken gelten jetzt allein Borussia Mönchengladbach." "Dieses Spiel lässt keinen generellen Schluss über unsere Mannschaft zu, denn Spiele gegen die Kickers laufen einfach nicht normal", schließt auch Kapitän Grabowski dieses unerfreuliche Kapitel: "Gegen Mönchengladbach sieht alles schon wieder ganz anders aus." (rs)


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