Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1975/1976 - 18. Spieltag

1:0 (0:0)

Termin: Sa 17.01.1976, 15:30 Uhr
Zuschauer: 35.000
Schiedsrichter: Rainer Waltert (Paderborn)
Tore: 1:0 Karl-Heinz Struth (69.)

 

 

>> Spielbericht <<

Karlsruher SC Eintracht Frankfurt

  • Rudolf Wimmer
  • Hermann Bredenfeld
  • Rainer Ulrich
  • Ewald Schäffner
  • Jürgen Kalb
  • Ove Flindt-Bjerg
  • Karl-Heinz Struth
  • Martin Kübler
  • Winfried Schäfer (76.)
  • Wilfried Trenkel
  • Karl Berger

 


 

Wechsel
  • Jürgen Radau für Rainer Ulrich (57.)
Wechsel
Trainer
  • Carl-Heinz Rühl
Trainer



Niedergekämpft

Der Rückrundenstart der Frankfurter Eintracht endete mit einer Enttäuschung. In einem überaus hektischen und zerhacktem Kampfspiel verlor sie beim Karlsruher SC mit 0:1 (0:0) Toren. Die Karlsruher kämpften 90 Minuten lang mit heißem Herzen und verdienten sich den Sieg, den ihr Neueinkauf Struth erzielte, gegen eine Eintracht, die in diesem Spiel nie dazu kam, ihre spielerischen Trümpfe in die Waagschale zu werfen. Die Karlsruher freilich mußten den Sieg sehr teuer bezahlen: In der 75. Minute wurde Winfried Schäfer vom Platz gestellt — ein herber Verlust — und das Spiel drohte danach völlig aus den Fugen zu geraten. Grabowski wurde bei Eckstößen mit vollen Bierbüchsen beworfen. Bester Mann auf dem Platz war Willi Neuberger. Und hätte manch anderer Eintrachtspieler nur die Hälfte seines Laufpensums erledigt, die Eintracht wäre wahrscheinlich um diese Niederlage herumgekommen.

Schwerer Schlag für die Frankfurter Eintracht vor dem Spiel: Peter Reichel, der Jungnationalspieler, fiel wegen einer Knöchelverletzung aus. Am Freitag beim Abschlußtraining war der Verteidiger mit dem rechten Fuß umgeknickt. Eine halbe Stunde vor Spielbeginn nahm Reichel mit Dr. Degenhardt noch einen letzten Test vor, doch schon wenig später kehrte Reichel leicht humpelnd in die Kabine zurück: „Es geht nicht", schüttelte er den Kopf.

Somit mußte Eintracht-Traincr Dietrich Weise die Abwehr umbauen. Gert Trinklein kehrte nach einem Vierteljahr zu seinem vierten Bundesligaspiel in dieser Saison in die Mannschaft zurück, und Willi Neuberger rückte auf den Posten des rechten Außenverteidigers. Weise: „Sicher ist es ein gewisses Risiko, nach so langer Pause einen Spieler in einem so bedeutenden Spiel wieder einzusetzen. Aber wenn der Gert gut spielt, dann stehe ich nächste Woche wieder vor dem Problem, wen lasse ich Libero spielen."

Und Gert Trinklein hatte bereits nach sechs Minuten seine erste ganz große Szene, als er goldrichtig neben dem Torpfosten stand und auf der Linie einen gewaltigen Schuß von Kübler für seinen bereits geschlagenen Torwart Wienhold rettete. Die zweite brenzlige Szene für die Eintracht brachte die Karlsruher Zuschauer auf die Palme, denn sie fühlten sich um ein Tor betrogen. Wienhold war im „Luftkampf" in seinem Hoheitsbereich von zwei Karlsruhern attackiert worden, ließ den Ball fallen, den Berger unter die Latte ins Tor donnerte. Doch Schiedsrichter Waltert hatte das Foul an dem Torwart erkannt und gab den Treffer nicht.

Der KSC spielte in der ersten Halbzeit streckenweise wie aufgedreht. Jeder rannte, als ginge es um sein Leben, deckte und kämpfte knochenhart. Grabowski — er hatte wieder Schäfer zum Gegenspieler — Körbel und Müller humpelten. Grabowski mußte sogar an der Außenlinie behandelt werden. In der hektischen Partie erhielt Körbel, der gegen die dänische Neuerwerbung Flindt spielte, die gelbe Karte. Der andere KSC-Neuling Struth machte im Mittelfeld unerhört Dampf. Gefährlich für die Eintracht waren vor allem die rasanten Sprints und weiten Flanken des Rechtsaußen Berger.

Aus der eigenen Hälfte heraus versuchte Jürgen Grabowski, der oft sogar letzter Mann war, das Eintracht-Spiel im Verein mit Willi Neuberger zu ordnen. Mit gedrosseltem Tempo und viel Ballhalten verschafften sich die Frankfurter immer wieder phasenweise Luft. Doch gefährliche Angriffe brachten sie gegen die hautnah und konsequent deckenden Karlsruher nicht zustande, da weder Nickel noch Hölzenbein auf den Flügeln zu finden waren. Vor allem Hölzenbein war vollauf beschäftigt, seinem offensiven Verteidiger Ulrich über das ganze Spielfeld zu folgen.

So rollten alle Eintracht-Angriffe durch die Mitte, wo sich der Ball und Wenzel, gegen den Jürgen Kalb Vorstopper spielte, immer wieder in dem massiven Karlsruher Abwehrnetz verfingen. Wenzel und Nickel hatten die beiden einzigen nennenswerten Torchancen der Eintracht in der ersten Halbzeit.

Die zweite Halbzeit begann der KSC weitaus zahmer und das Spiel wurde ausgeglichener. Mit einem bewundernswerten Laufpensum kurbelten vor allem die beiden Außenverteidiger Müller und der überragende Neuberger das Eintrachtspiel an. Daran hätten sich andere, etwa Bernd Nickel, ein Beispiel nehmen sollen. Zwischen diesen beiden und vor einem bei hohen Bällen erschreckend unsicheren Wienhold bot Gert Trinklein eine sehr solide Liberopartie.

In der 57. Minute wechselten beide Mannschaften gleichzeitig aus. Beim KSC kam für Ulrich Radau, bei der Eintracht löste Lorenz den schwachen Wenzel, der gegen Kalb keinen Stich bekommen hatte, ab.

Schäfer, der Ex-Offenbacher, schien gegen Jürgen Grabowski eine Art Privatderby zu führen und erhielt in der 60. Minute nach einem seiner zahlreichen Fouls die gelbe Karte. Mitte der zweiten Halbzeit steigerte der KSC jedoch wieder seine Angriffswut und fand in der 69. Minute auch seinen Lohn, als der neue Mann Karl-Heinz Struth eine Schäfer-Flanke mit dem Kopf ins rechte untere Toreck drehte. Schon eine Minute später vergab Weidle allein vor Wimmer den möglichen Ausgleich kläglich. Um doch noch möglich zu machen, was Weidle derart verkorkst hatte, schickte Dietrich Weise in der 74. Minute für Weidle Wolfgang Kraus aufs Spielfeld.

Dann Entsetzen bei den Karlsruhern und den 35.000 Zuschauern in der 75. Minute, als Schäfer bei einer Freistoßentscheidung den Ball wegtrat und meckerte. Schiedsrichter Waltert zog die gelbe Karte. Und als er sich darüber die obligatorische Notiz machte, bemerkte er, daß er Schäfer bereits einmal verwarnt hatte. Der Schiedsrichter steckte die Karte wieder weg und zog die rote. Das Spiel drohte aus den Fugen zu geraten. Wilde Proteste auf den Rängen. Grabowski wurde bei Eckstößen mit vollen Bierbüchsen beworfen und erhielt seinerseits die gelbe Karte, als er sich in dem allgemeinen Tohuwabohu darüber beim Schiedsrichter beschwerte.

Die Eintracht blies zur großen Schlußoffensive. Und in der 82. Minute hatte sie eine neue große Chance, den Ausgleich doch noch zu schaffen, als Nickel einen Ball über Wimmer hinweg ins Tor lupfte. Doch plötzlich tauchte Trenkel auf einmal auf der Torlinie auf und stieß den Ball mit dem Kopf unter der Latte heraus. Mit zehn Mann und einem in der Schlußphase großartigen Torwart Wirnmer rettete der KSC das 1:0 bis zum Schlußpfiff.

Stimme zum Spiel

Dietrich Weise (Eintracht): „Ich bin natürlich nicht so richtig begeistert und nicht nur, weil wir verloren haben, sondern weil es uns 90 Minuten lang nicht gelungen ist, die Hektik abzulegen. Wir waren genau so unruhig, wie der KSC, was wohl in der großen Bedeutung dieses Spiels lag. Ich habe selten ein so hektisches Meisterschaftsspiel erlebt. Von der Hektik wurde sogar der Schiedsrichter Waltert, den ich sonst für einen sehr guten Schiedsrichter halte, angesteckt. Ich bin vor allem enttäuscht, weil meine Mannschaft in diesem Spiel nie zu ihrer Ruhe fand."

 

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