Sturm Graz - Eintracht Frankfurt

Europapokal der Pokalsieger 1975/1976 - Viertelfinale, Hinspiel

0:2 (0:0)

Termin: 02.03.1976
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Gussoni (Italien)
Tore: 0:1 Bernd Hölzenbein (74.), 0:2 Rüdiger Wenzel (87.)

 

 

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Sturm Graz Eintracht Frankfurt

  • Muftic
  • Wirth
  • Russ
  • Weber
  • Huberts
  • Steiner
  • Hofmeister
  • Zamut
  • Kulmer
  • Stendal
  • Jurtin

 


 

Wechsel
  • Gruber für Hofmeister (65.)
  • Thaler für Zamut (73.)
Wechsel
Trainer
  • Karl Schlechta
Trainer

 

0:0 war schon in Sicht - dann gewann Eintracht mit 2:0

Diese Frankfurter haben Chancen auf den Cupsieg

Selten hat man in einem Europacup-Auswärtsspiel eine derart offensiv eingestellte Mannschaft wie gestern die Frankfurter Eintracht gesehen. Die Deutschen gewannen in Graz vor 12.000 Zuschauern das erste Viertelfinalspiel im Cupsiegerbewerb mit 2:0 (0:0). Das Rückspiel folgt am 17. März in Frankfurt. Für Eintracht ist das Retourmatch nur noch Formsache, die Mannschaft hat sogar Chancen auf den Europacupsieg im Pokalbewerb. So groß ist die spielerische Potenz der Frankfurter. Sturm muß man Fairneß bescheinigen.

„Das bessere Mittelfeld war ausschlaggebend, und da spielten wir klar die erste Geige", lobte Eintracht-Trainer Dietrich Weise nach dem 2:0- (0:0-)Sieg über Sturm seine beiden Stars Grabowski und Nickel. „Sie haben das Feld breit gemacht, den Ball gehalten und Sturm nie ins Spiel kommen lassen. Genauso lautete meine taktische Anweisung, denn ich fürchtete ein Tempospiel der Grazer."

Zum Tempospiel kamen die Steirer freilich nicht. Im Mittelfeld lag das größte Übel, denn Steiner war mit Spritzen fitgemacht worden und erreichte genauso wenig Wirkung wie Hofmeister oder Zamut.

Aber nicht allein das ist der Grund dieser klaren Niederlage: Sturm ist einfach international unerfahren. Eintracht war für Sturm, wie erwartet, eine Nummer zu groß. Die deutsche Bundesligaelf zeigte ein zweckmäßiges, teilweise sogar attraktives Spiel. Grabowski und Nickel beeindruckten: sie waren die großen Spieler einer eiskalten Profitruppe.

Typisch die Vorstellung von Hölzenbein: 75 Minuten lang trat der Teamspieler kaum in Erscheinung, dann leitete er den Erfolg und den bereits sicheren Aufstieg ins Semifinale ein. Einen kurzen Moment nur war Sturms Abwehr unkonzentriert, da schlug der Teamspieler zu. „Das ist typisch Bernd!" witzelte Weise.

„Unsere Mannschaft ist noch besser als sie es hier zeigen konnte", meint Grabowski. „Zuletzt spielte ich als Fünfjähriger in einer Sandkiste. Das Terrain in diesem Stadion war tief wie eine Zirkusarena. Der Ball war unberechenbarer als der Gegner.

Die Frankfurter gaben nach dem Spiel zu, daß sie nicht ihre volle Stärke ausgespielt haben. Neuberger: „Ein interessantes Europacupmatch. Wir wurden weniger gefordert als in der deutschen Bundesliga. Die Grazer ließen kein Spielkonzept erkennen." Der Eintracht-Libero hat recht: Steiner war nicht in der Lage, seiner Mannschaft Linie zu geben. Doch ist das keine Schande gegen eine Mannschaft wie Eintracht, die alle vorherigen vier Europacupmatches auch gewonnen hat.

Man kann natürlich sagen, daß die Bälle aus dem Grazer Mittelfeld stets hoch nach vorne gedroschen wurden. - Aber, die Spielerpersönlichkeiten standen eben bei den Deutschen, nicht in der Heimmannschaft (Wiener Kurier vom 03.03.1976).

 


 

Glücksspiel im Sandkasten

Die Siegesserie Frankfurter Eintracht im diesjährigen Europapokal halt weiter an: Nach einem leichten 2:0-(0:0-)Erfolg bei Sturm Graz stehen die Frankfurter nun so gut wie im Halbfinale des Europapokals der der Cup-Sieger. Denn gegen diese biedere und harmlose österreichische Mannschaft droht der Eintracht im Rückspiel am 16. März im Waldstadion keinerlei Gefahr. Die Eintracht hatte einen gemütlichen Nachmittag, denn „Sturm" spielte ohne Drang und mit einem Heidenrespekt vor den routinierten Technikern aus Deutschland. Bernd Hölzenbein in der 75. Minute mit einem Kopfball nach einer Superflanke von Bernd Nickel und Rüdiger Wenzel in der 87. Minute nach einer Mustervorlage von Hölzenbein schossen die Tore.

„Uns ist es gelungen, den Angriffsschwung von Graz, der mir am letzten Freitag gegen Klagenfurt so imponiert hatte, von Anfang an einzudämmen", sagte Trainer Dietrich Weise nach dem Spiel, das er von der Tribüne aus beobachtete. Er war für diese Begegnung bekanntlich gesperrt.

In diesem „Sandkastenspiel" beherrschte die Eintracht von Anfang an das Spiel und den Gegner mit ihrer spieltechnischen Überlegenheit, ihrer Taktik und ihrer Cleverneß. Auf dem unwegsamen Gelände einer wahren Sandkuhle zog sie ihr Spiel geschickt in die Breite, so daß die Grazer kaum dazu kamen, ihre gefürchtete Härte in Zweikämpfen voll einzusetzen. Typisch war, wie der gefürchtete Manfred Steiner zwischen Grabowski und Nickel hin und her irrte wie der Hase und der Igel. „Ich habe von meiner Verletzung her doch noch Schmerzen gehabt", entschuldigte sich der Mannschaftskapitän der Grazer für sein schwaches Spiel.

Das Niveau der Begegnung litt zweifellos unter den widrigen Platzverhältnissen. Es war ein Glücksspiel im Sandkasten. Dabei war das Spielfeld noch in weitaus besserem Zustand, als es am Vortag bei der Besichtigung dramatisiert worden war. Dennoch versandete vieles. So das sonst traumhafte Zusammenspiel zwischen Grabowski und Nickel im Mittelfeld. Doppelpässe kamen kaum an. Und auch beim Schuß war viel dem Zufall überlassen, denn der Schütze hatte auf dem weichen Geläuf keinen festen Stand.

Die Eintracht spielte nicht mit vollem Tempo. Weise glaubte, das habe an der Umstellung auf die frühlingshafte Temperatur und am schweren Sandboden gelegen. Sicherlich aber haben die Spieler — vielleicht nur im Unterbewußtsein — angesichts des harmlosen Gegners auch ihre Kräfte für das Derby gegen die Offenbacher Kickers am Samstag etwas geschont. „Die Disziplin und Ordnung in meiner Mannschaft muß ich loben", sagte Dietrich Weise. „Ich glaube, Graz hat die Niederlage nach unserem Führungstor als unabwendbar hingenommen."

Drang zeigte Sturm nur in ganz kurzen Phasen jeweils gegen Ende der ersten und der zweiten Halbzeit. Ein Schuß von Stendal in der 37. ans Außennetz und ein gefährlicher Weitschuß von Zamut knapp über die Latte in der 40. Minute waren die Grazer Tormöglichkeiten vor der Pause. Gegen Spielende parierte Günther Wienhold einen gefährlichen Aufsetzer von Stendal und einen ebenso raffinierten Schuß von Kulmer. Die Eintracht hatte bis zu ihrer Führung bereits eine Menge Torchancen. Die meisten versiebte davon Klaus Beverungen.

Die eindrucksvollsten Spieler auf der Frankfurter Seite waren der ungemein kraftvoll und aktiv spielende Karl-Heinz Körbel, obwohl der torgefährliche Däne Stendal sein Gegner war, ferner Peter Reichel, der den schnellen Linksaußen Jurtin 90 Minuten lang fest im Griff hatte, sowie der ungemein fleißige, überaus bewegliche und mit viel Übersicht spielende Bernd Nickel. In der zweiten Halbzeit trumpfte auch Bernd Hölzenbein auf.

Schlußkommentar von Sturms Trainer Karl Schlechta: „Das Rückspiel ist für die Eintracht nur noch reine Formsache."

Stimmen zum Spiel

Mit einem Satz charakterisierte Jürgen Grabowski Spiel und Sieg in Graz am treffendsten: „Der Platz hat uns mehr Schwierigkeiten bereitet als der Gegner." Damit ist der Klassenunterschied zwischen beiden Mannschaften schon umrissen. „Auf diesem Sand konnten und wollten wir nicht mit vollem Tempo spielen, sondern mit so wenig Kraftaufwand wie nur möglich das Maximale erreichen, und das ist uns auch gelungen", meinte der Eintracht-Kapitän, der einmal von einem Stollen am Knie getroffen wurde und minutenlang sich am Boden vor Schmerzen krümmte. Aber sonst, abgesehen von den ersten zehn Minuten, war von der gefürchteten Grazer Härte wenig zu sehen — zum Glück für die Eintracht.

„Ich glaube, wir hatten anfangs alle viel zuviel Angst vor der berüchtigten Überhärte der Grazer", erklärte Bernd Hölzenbein das anfangs zaghafte Spiel. „In der zweiten Halbzeit, als ich merkte, daß man die Grazer leicht ausspielen kann, ohne dabei seine Knochen zu riskieren, habe ich dann auch gleich viel stärker gespielt."

Wie Grabowski schrieb auch Willi Neuberger die einzigen Probleme der Mannschaft dem Platz zu: „Auf normalem Boden hätten die Grazer ein paar Tore mehr kassiert. Wir hatten anfangs einfach zuviel Respekt vor deren Härte." Im Vergleich mit der Bundesliga, meint Neuberger, wäre der Kraftaufwand in Graz weitaus geringer gewesen.

Für Sturm Graz wäre demnach ein Spiel unter Bundesligabedingungen zum echten Debakel geworden. Das ahnte wohl auch Manfred Steiner. Die Komplimente des Grazer Mannschaftskapitäns. an die Eintracht waren eine einzige Kette von Superlativen: „Die Eintracht ist eine Mannschaft ohne jegliche Schwächen. Ihre Stärke ist ihre Vielseitigkeit. Da kann jeder alles, und es wäre völlig sinnlos gewesen, wenn ich mich nur zu Grabowski gestellt hätte." Steiner geriet förmlich ins Schwärmen: „Diese Eintracht ist die beste Mannschaft, gegen die ich je gespielt habe, und da beziehe ich auch die Länderspiele gegen Wales und Ungarn mit ein."

 

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