Besiktas Istanbul - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1978/1979

1:6 (1:2)

Termin: 16.08.1978
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Hilmiok (Türkei)
Tore: 1:0 Arda (5.), 1:1 Jürgen Grabowski (12.), 1:2 Jürgen Grabowski (40.), 1:3 Rudolf Elsener (46.), 1:4 Ronald Borchers (55.), 1:5 Rüdiger Wenzel (68.), 1:6 Bernd Hölzenbein (86.)

 


"75 Jahre Besiktas"


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Besiktas Istanbul Eintracht Frankfurt

 


 

Wechsel
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Trainer
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Jürgen zauberte wie Aladin mit der Wunderlampe

Frankfurter brillierten am „Goldenen Horn" - Grabowski überragte

Besiktas Istanbul — Eintracht Frankfurt 1:6 (1:2)

Zum 75. Geburtstag des türkischen Erstligisten Besiktas Istanbul bot die von dem Frankfurter Fußballmanagerbüro Nikolaus Berger zu diesem Anlaß als Ehrengast an den Bosporus vermittelte Eintracht als Präsent eine wahre Galavorstellung. 30 000 Zuschauer waren alles andere als böse, daß ihre Mannschaft ausgerechnet auf der eigenen Geburtstagsparty deklassiert wurde.

Im Gegenteil: den Schwung, das Tempo, die Spielkunst und immer wieder brillant vorgetragene Kombinationen der Frankfurter wurden am Dienstagabend mit fast ebenso stürmischem Szenenbeifall bedacht wie das überraschende Führungstor der Gastgeber.

Höhepunkte dieses von der Eintracht hochklassig geführten Freundschaftsspiels waren die sechs großartig herausgespielten Treffer, von denen die ersten beiden durch Grabowski und das letzte durch Hölzenbein nach erneut imposanter Vorarbeit durch den Frankfurter Kapitän die temperamentvollen Türken von den Sitzen rissen.

Doch es war weniger großzügige Spendierlaune, die die Eintracht zu diesem Brillantfeuerwerk am „Goldenen Horn" veranlaßte, als vielmehr der verständliche Trotz und Eigennutz, es sich nach der total mißratenen Bundesligapremiere in Schalke selbst beweisen zu wollen. Wäre der letztjährige Tabellenfünfte der türkischen Meisterschaft vor allem in der zweiten Halbzeit ein nicht gar so harmloser Gegner gewesen, man müßte annehmen, bei der Eintracht seien gleich vier Knoten auf einmal geplatzt.

Aus der vor wenigen Tagen noch gewesenen leidigen Pflicht war aber dennoch ein wichtiger Test geworden. Vor allem deshalb, weil Bruno Pezzey bei seiner Premiere im Eintracht-Trikot die Möglichkeit erhielt, sich an einem Sparringspartner der leichteren Sorte nach einigen Anlaufschwierigkeiten für das Bundesligaspiel am Samstag gegen Braunschweig vor eigenem Publikum aufzubauen. Zu den wertvollsten Erkenntnissen dieses von der Eintracht mit großer Konzentration absolvierten Tests gehörten auch die erhebliche Formsteigerung des wieder wendigen und antrittsschnellen Hölzenbein sowie Borchers' blendender Einstand als rechter Verteidiger. Alles überstrahlender Star beim Frankfurter Galaauftritt am Bosporus war aber Jürgen Grabowski. Sein Spiel war allein die 10.000 Dollar wert, die die Eintracht für dieses Gastspiel in Istanbul erhielt. ('Abendpost-Nachtausgabe')

 

 


 

 

Dickes Lob für Eintracht Frankfurts neuen Abwehrchef Bruno Pezzey

Mit ihm sofort bestes Saisonspiel

Auch ein Weltklassemann ist kein Wundermann. Und ein Wunder wäre es tatsächlich gewesen, wenn Bruno Pezzey bei seinem ersten Spiel nach siebenwöchiger Wettkampfpause mit mehrwöchigem Trainingsrückstand nahtlos den Anschluß an seine großartigen Leistungen während der WM in Argentinien geschafft hätte. „Ich brauche noch viel Training und viele Spiele", gab sich der österreichische Nationalspieler nach seinem Debüt bei der Frankfurter Eintracht selbstkritisch.

Kein Zweifel freilich: Pezzeys Premiere war gelungen. Nicht nur, weil die Frankfurter mit ihm als neuem Abwehrchef den letztjährigen Tabellenfünften der ersten türkischen Liga, Besiktas Istanbul, vor der großartigen Kulisse von 30 000 begeisterten Zuschauern mit 6:1 auseinandernahmen. „Von den 14 Vorbereitungsspielen und der einen Bundesligapartie war dies mit Abstand unser bestes Spiel. Wir hatten seit Saisonbeginn noch nie so viele Chancen, schossen noch nie so viel Tore und spielten noch kein einziges Mal mit soviel Schwung und Geschlossenheit", resümierte Manager Udo Klug. Später, als man in der Hotelbar hoch über den Moscheen und Zitadellen der Metropole am Bosporus noch zusammensaß, griff sich der Manager ungläubig an den Kopf. „Da mußten wir bis nach Istanbul fahren, um zu uns selbst zu finden." Der Grund für die Wiederfindung der eigenen Identität war sowohl für Klug wie auch für Jürgen Grabowski der neue Abwehrchef. „Pezzey hat mich begeistert und bewiesen, daß die Eintracht mit seiner Verpflichtung hundertprozentig, richtig lag. Jetzt geht es mit neuem Mut gegen Braunschweig", meinte der Kapitän.

Für Klug ist Pezzey, obwohl er verständlicherweise noch nicht maximal gespielt habe, der Mann, der die Eintracht zur Ordnung ruft. „Was wir jetzt brauchen, ist die Bestätigung dieser Leistung gegen eine Mannschaft, die wie Besiktas auch im Bundesligastil beginnt, im Gegensatz zu Besiktas aber nicht wie eine Amateurmannschaft aufhört", fordert nun der Manager.

Mit anderen Worten: Die Frankfurter Eintracht braucht bei Pezzeys Heimpremiere am Samstag gegen Braunschweig eine überzeugende Leistung, damit die frohe Botschaft vom fernen Bosporus den Fans daheim nicht wie ein Mädchen aus Tausendundeiner Nacht erscheint.

 

 


 

 

Die Eintracht von ihrem neuen Libero begeistert

Sein sachlichster Kritiker war Bruno Pezzey selbst. „Ich brauche noch viel Training. Ich brauche noch viele Spiele. Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen." Als Mann von Weltformat wußte Österreichs WM-Star seine Leistung bei seinem Eintracht-Debüt am Bosporus richtig einzuschätzen. Schließlich war ihm nach fast zwei Monate langer Spielpause anfangs allenfalls der rot-weiß-rote Dreß vertraut, wie er ihn zuletzt beim 3:2-Triumph der Österreicher über die Deutschen im fernen Argentinien getragen hatte. Trotz unverkennbarer Anlauf- und Anpassungs-Schwierigkeiten hatte der neue Libero seinen großen Anteil am stimmungsvollen 6:1 (2:1)-Sieg der Eintracht über Besiktas Istanbul. Allein seine Anwesenheit (Körbel: „Wir waren deprimiert, Bruno hat uns aufgemöbelt") schien die zuletzt verstörten Zauderer urplötzlich in selbstbewußte Zauberer verwandelt zu haben. „Man darf das Ergebnis sicherlich nicht überbewerten, aber die Mannschaft war plötzlich wie befreit. Vor allem Karl-Heinz Körbel lebte an der Seite von Bruno Pezzev förmlich auf".

Welcher Gewinn Bruno Pezzey für die Frankfurter Eintracht wirklich ist, wird sie freilich erst richtig merken, wenn der Stimmungsmacher auch zur Säule der Mannschaft geworden ist, wenn er den Trainings-Rückstand aufgeholt und seine normale Form erreicht hat. "Dafür, daß er erst seit acht Tagen bei uns trainiert, hat er sensationell gespielt", fand Bernd Hölzenbein, der ihn als Gegner aus Cordoba von allen am besten kannte. „Ich weiß, wie schwer man sich tut, wenn die Wettkampfpraxis fehlt. Auch bei Bruno hat man's gemerkt." Grabowski, der 30.000 Türken mit seiner Fußballkunst und zwei Super-Toren begeisterte und damit ihren Schmerz über die vermasselte 75jährige Geburtstagsfeier von Besiktas etwas milderte, machte als Fußball-Ästhet keinerlei Abstriche an Pezzeys Ein-tracht-Einstand: „Bruno hat auf Anhieb bewiesen, daß die Eintracht hundertprozentig richtig lag, ihn zu holen. Er ist ein spielender Libero, bietet sich überall an, hilft überall aus, dirigiert die Abwehr und schlägt lange Pässe nach vorn. Da sieht man gleich den Klassemann, egal wie er in Form ist. Er ist der ehrgeizige Typ, der alles daransetzen wird, seinen Ruf als Weltklassespieler zu bestätigen."

Doch nicht nur die Pezzey-Premiere war für die Eintracht nach der Schalke-Schlappe und vor dem Braunschweiger Spiel von eminenter psychologischer Bedeutung. Das erfrischende Spiel und der hohe Sieg machten allen neuen Mut. Manager Udo Klug: „Da müssen wir bis in die Türkei fliegen, um herauszufinden, daß wir das Fußballspielen nicht verlernt haben."

Fazit: Nach soviel türkischem Honig darf es jetzt gegen Eintracht Braunschweig keine bitteren Pillen geben ...

 

 


 

 

Pezzey-Premiere mit Anpassungsschwierigkeiten beim 6:1 der Eintracht in Istanbul

Dieser Türkentest war wichtig für Bruno Pezzey vor seiner Bundesliga-Premiere am Samstag gegen Eintracht Braunschweig. Das zeigten die ganz natürlichen Anpassungsschwierigkeiten, die Österreichs WM-Star beim überlegenen 6:1-(2:1-)Sieg der Frankfurter Eintracht vor 30.000 Zuschauern im Inönü-Stadion von Istanbul gegen Besitkas noch hatte. Auch ein Weltklassespieler kann eben nach fast zwei Monaten Spielpause, zwei Wochen Trainingsrückstand in völlig neuer Umgebung nicht auf Anhieb Wunderdinge vollbringen. Dafür zauberte Jürgen Grabowski am Bosporus wie Aladin mit der Wunderlampe, flitzte Bernd Hölzenbein fast in WM-Form über die Flügel und fand Rüdi Elsener endlich Gelegenheit, sich als Europas schnellster Sprinter in Fußballstiefeln zu bewähren.

Mit voller Konzentration und ganzem Tempo spielte die Eintracht den nach einer halben Stunde in allen Belangen unterlegenen türkischen Gegner aus und an die Wand. „Nach der Schlappe in Schalke war dieser klare Sieg und unser gutes Spiel wichtig als Selbstbestätigung vor der Heimpremiere gegen Eintracht Braunschweig", war Trainer Otto Knefler zufrieden.

Bruno Pezzey war von Anfang an damit beschäftigt, seine Abwehr lauthals und gestenreich zu dirigieren. Dabei hatte er anfangs selbst noch Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Das Spiel war noch keine fünf Minuten alt, der Österreicher hatte noch keinen Ball am Fuß oder auf dem Kopf gehabt, da nahm der Türke Arda einen Flankenball mit der Brust mit, war im Nu an dem zu spät reagierenden Libero vorbei und ließ Jupp Koitka keine Chance. Schöne Bescherung, dachten alle Frankfurter.

Eine halbe Stunde lang steckte die Hintermannschaft voller Mißverständnisse. Typisch eine Szene in der 33. Minute, als beim Sprung nach dem Ball Borchers seinen Libero umsäbelte und fast daraus das zweite Türkentor entstanden wäre.

Doch mit Fortdauer des Spiels fand Pezzey Bande und Bindung, bewies er in einigen Situationen seine enorme Kopfballstärke und seine gute Spielübersicht. Am meisten profitierte von Pezzeys Einsatz Karlheinz Körbel, der nach dem Debakel gegen Klaus Fischer gegen den türkischen National-Mittelstürmer Atik Ismail eine saubere Partie lieferte. Und wenn er wirklich einmal das Nachsehen hatte, dann war eben Bruno, sein neuer Chef und Zimmerkollege, zur Stelle.

Glanzstück der Eintracht aber blieben ihre beiden „Weltmeister" Jürgen Grabrowski und Bernd Hölzenbein. Beim Ausgleichstor trickste Jürgen Grabowski nach einem Steilpaß von Lorant vier, beim 2:1 nach einem herrlichen Zuspiel Hölzenbeins drei Türken auf engstem Raum aus. Schon diese beiden Szenen waren die 20.000-Mark-Gage der Eintracht wert. Gleiches vollzog Hölzenbein beim krönenden 6:1. Wenn diese beiden mit so viel Frische und Frechheit auftrumpfen, sobald aus der Freundschaft am Bosporus wieder Ernst in der Bundesliga wird, dann braucht einem um die nahe Zukunft der Eintracht wirklich nicht bang zu sein.

Das Experiment, Ronald Borchers als Außenverteidiger, kann man noch keiner gültigen Bewertung unterziehen. Daß dieses große Talent aber in die Mannschaft gehört, zeigte Borchers im verständnisvollen Zusammenspiel mit dem Mittelfeldmotor Werner Lorant und der Kaltschnäuzigkeit, mit der er nach einem Doppelpaß mit Rüdiger Wenzel den Türkentorwart Mustafa zum Tölpel machte.

Bleibt noch zu erwähnen, daß der Feuereifer von Elsener und Wenzel mit zwei geschenkten Toren der Besiktas-Abwehr belohnt wurde, daß Kraus bei allem Eifer etwas abfiel, Koitka sich mit einer Glanzparade (er holte den Ball nach einem überraschenden Weitschuß aus dem Torwinkel) nach der ersten Halbzeit verabschiedete und Pahl sich dann mit einigen Paraden als zuverlässige Nummer 2 bewährte.


 

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