MSV Duisburg - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1983/1984 - Relegation, Hinspiel

0:5 (0:1)

Termin: 01.06.1984
Zuschauer: 29.000
Schiedsrichter: Wilfried Heitmann (Drentwede)
Tore: 0:1 Jan Svensson (23.), 0:2 Uwe Müller (53.), 0:3 Ralf Falkenmayer (68.), 0:4 Cezary Tobollik (78.), 0:5 Harald Krämer (80.)

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MSV Duisburg Eintracht Frankfurt

  • Heribert Macherey
  • Heinz-Peter Großmann
  • Kees Bregman
  • Frank Hammerschlag
  • Uwe Fecht
  • Manfred Dubksi
  • Udo Lay
  • Herbert Büssers
  • Franz-Josef Steininger
  • Roland Wohlfarth
  • Ralf Heck

 


 

Wechsel
  • Michael Struckmann für Ralf Heck (46.)
  • Mike Voßnacke für Uwe Fecht (55.)
Wechsel
Trainer
  • Luis Zacarias
Trainer

 

Zebras spüren Adlerkrallen

Die sportliche Rettung steht noch aus, die wirtschaftliche scheint geglückt. Zumindest überwiegen bei der Mitgliederversammlung am Montag, den 28. Mai, im Frankfurter Palmengarten die positiven Signale. Die 234 anwesenden der mehr als 4.000 stimmberechtigten Mitglieder können den Ausführungen von Schatzmeister Knispel entnehmen, dass der Verein im abgelaufenen Spieljahr seine Schulden um mehr als eine Million Mark reduzieren konnte. Der aktuelle Stand der Verbindlichkeiten liegt bei somit 3,9 Millionen Mark, wobei die Zuschauereinnahmen aus dem zweiten Relegationsspiel eine weitere Reduzierung um etwa 500.000 Mark in Aussicht stellt. Darüber hinaus sollen die Verwaltungskosten im ähnlichen Rahmen reduziert werden, wie dies bei den Kosten für die Lizenzspielerabteilung bereits geschehen ist.


Das Präsidium der Eintracht:
Dr. Harald Böhm, Dr. Klaus Gramlich, Wolfgang Knispel

"Eintracht herrsche endlich wieder im Verein", betont Präsident Gramlich, der zudem den eingeschlagenen Weg der wirtschaftlichen Konsolidierung durch konsequente Sparmaßnahmen als "klar und ehrlich" bezeichnet und auf das Verhältnis zur Stadt Frankfurt als "freundschaftlich und vertrauensvoll" beschreibt. Gleichwohl lässt sich nicht verleugnen, dass nicht alle mit der Arbeit der hauptamtlichen Gremien zufrieden sind. So kommt der erfolgreiche Jugendfußballtrainer Klaus Mank der Forderung aus den Reihen der Mitglieder nach, seinen Rückzug bei der Eintracht - Mank wird in der kommenden Saison den Amateurverein Spielvereinigung Neu-Isenburg trainieren - zu begründen: "Vor einem Jahr wurde vor der Abteilungsversammlung der Fußballamateure unter anderem von Geschäftsführer Gerhardt Position bezogen, der Mitglieder aufforderte, mich nicht zu wählen. Dies war der erste Denkanstoß für mich. Es wird der Versuch im Verein unternommen, unbequeme Leute abzuservieren. Aber selbst wenn ich den Verein verlasse, ich werde ewig und drei Tage lang mit ganzem Herzen Eintrachtler bleiben." Der Aufforderung der Versammlung, für den Verwaltungsrat zu kandidieren, kommt Mank nicht nach.

Enttäuscht dürfte Mank, dem es 1982 und 1983 gelang, mit der A-Jugend der Eintracht Deutscher Meister zu werden, auch über die sportliche Entwicklung des ehemals von ihm verantworteten Bereichs sein. Denn nach der überraschenden 1:2-Heimniederlage des seit Beginn dieser Saison von Reinhard Moll trainierten Eintrachtnachwuchses im ersten Finalspiel um die Hessenmeisterschaft gegen den VfL Marburg folgte am Sonntag ein 0:0, so dass die Eintracht nicht um die Deutsche Meisterschaft mitspielen wird.

Vizepräsident Dr. Harald Böhm kommt nicht umhin, Manks Vorwürfe zurückzuweisen, darf allerdings die Machtspiele innerhalb des Vereins gleich vor Ort mitverfolgen. Kassenprüfer. John Alexander Hinkel, ein Freund Manks, wird nach Angriffen des Abteilungsleiters der Fußballamateure Heinz Hohmann seiner Position enthoben. Hohmann wirft Hinkel vor, dass es unvereinbar sei, als Kassenprüfer von Eintracht Frankfurt gleichzeitig im Amateurverein Spielvereinigung Bad Homburg ein Amt innezuhaben. Erweitert wird der Verwaltungsrat um zwei auf nun elf Mitglieder: Gernot Gaulke und Matthias Ohms, die nach Auskunft von Gramlich mit einer großen Barbürgschaft vor zwölf Monaten maßgeblich zur Lizenzerteilung beigetragen hatten, werden in dieses Gremium aufgenommen.

Ob die wirtschaftliche Sanierung glücken kann, darüber sind sich alle einig, ist vorrangig vom Verbleib der Eintracht in der Bundesliga abhängig. Verantwortlich hierfür ist Trainer Dietrich Weise, der, von den kleinen Grabenkämpfen im Verein unbeeindruckt, seine Spieler in aller Ruhe auf die Spiele gegen den MSV Duisburg vorbereitet. Die Mannschaft trainiert jeweils vormittags und fährt am Donnerstag in ihr Trainingscamp Gut Höhne bei Düsseldorf, wo sie bereits vor ihrem diesjährigen Gastspiel gegen die Düsseldorfer Fortunen Quartier bezog und das Weise vom Pokalfinale '74 her in bester Erinnerung ist.

Der Relegationsgegner MSV Duisburg zählt zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga, damals freilich noch unter seinem altbekannten Namen Meidericher SV. Erst im Januar 1967 erfolgte die Umbenennung in MSV 02 Duisburg. In der allerersten Bundesligaspielzeit konnten die Meidericher auch ihren größten Erfolg in dieser Spielklasse verbuchen: Überraschend schloss man die Saison 63/64 hinter dem 1. FC Köln als Tabellenzweiter ab. Bis zum Abstieg in der Saison 1981/82 etablierten sich die 'Zebras' dann als typische Mittelfeldmannschaft, auch die erste Zweitligasaison 82/83 wurde letztlich jenseits von Gut und Böse auf dem elften Rang abgeschlossen.

In 38 Begegnungen standen sich MSV und Eintracht während ihrer gemeinsamen Erstligazugehörigkeit gegenüber, 18 Mal blieben dabei die Frankfurter erfolgreich, 10 Mal siegte der MSV. Bei dem letzten Aufeinandertreffen der beiden Vereine, bei dem aus dem heutigen Eintrachtkader lediglich Körbel, Sziedat und Falkenmayer mitwirkten, siegt die Eintracht am 24. Spieltag der Saison 81/82 im Waldstadion mit 4:1. Freilich hatte man zuvor das Hinspiel im Wedaustadion mit 2:4 verloren. Das wohl wichtigste Spiel der beiden Kontrahenten fand allerdings nicht im Rahmen der Bundesliga statt, sondern am 21. Juni 1975 in Hannover. Dort standen sich die Eintracht und der MSV im Pokalendspiel gegenüber, das die titelverteidigenden Riederwälder nach einem Tor von Körbel mit 1:0 für sich entscheiden konnten.

In Hinblick auf das anstehende Spiel gegen die Eintracht gibt sich der peruanische MSV-Trainer Luis Zacarias bescheiden: "Gegen Frankfurt sind wir Außenseiter, wir machen uns keine großen Hoffnungen." Zacarias, seit Mai 1983 in Diensten des MSV ist in Deutschland zwar ein sportlich weitgehend unbeschriebenes Blatt, kann aber auf eine weitreichende Erfahrung in seiner südamerikanischen Heimat verweisen. Über die Stationen Jugendtrainer, Assistenztrainer und Trainer der peruanischen Amateurnationalmannschaft wurde er Chef der Nationalelf von Peru und war sowohl bei der Weltmeisterschaft in Argentinien wie in Spanien sowie in rund einhundert Landerspielen als Trainer dabei. Um auch in Deutschland, der Heimat seiner Frau, als Übungsleiter aktiv sein zu können, absolvierte der aus Lima stammende Diplomsportlehrer und Trainer die entsprechenden DFB-Lehrgänge an der Sporthochschule in Köln.

Sorgen dürften dem Duisburger Coach bereiten, dass er im ersten Spiel gegen die Eintracht auf seinen kampfstarken Vorstopper Dietmar Schacht verzichten muss, den seine vierte Gelbe Karte, die er drei Minuten vor Abpfiff in Darmstadt erhielt, zum Zuschauen zwingt. Dafür kann Zacarias wieder auf Manfred Dubski und Frank Hammerschlag zurückgreifen, die beide aufgrund einer Gelbsperre gegen Darmstadt aussetzen mussten.

Allerdings würde der Aufstieg den MSV vor etliche personelle Probleme stellen, denn Stammspieler wie Kees Bregman, der zu Fortuna Köln wechseln wird, Herbert Büssers, der seine aktive Karriere beendet, oder Torjäger Roland Wohlfarth, soeben mit 30 Toren Zweitligatorschützenkönig geworden und für die neue Saison bereits mit Bayern München handelseinig, werden in der kommenden Spielzeit nicht mehr zur Verfügung stehen.

Wohlfarth, der wie die Eintrachtler Anthes, Sievers und Trieb zu der von Dietrich Weise trainierten DFB-Juniorenmannschaft zählte, die 1981 in Australien den Weltmeisterschaftstitel holte, teilt denn auch die pessimistische Grundhaltung von Zacarias und gibt zu Protokoll: ,"Mit dem dritten Tabellenplatz sind bereits alle Erwartungen übertroffen. Vor zehn Wochen hätte ich noch geglaubt, dass wir die Frankfurter leicht besiegen können. Doch wie sie in den letzten "Wochen in der Bundesliga zugeschlagen haben, wird dies kaum möglich sein." Optimistischer sieht Mittelfeldmotor Manfred Dubski, der in Darmstadt gesperrt zuschauen musste, die Ausgangssituation: "Wir haben Respekt vor der Eintracht, aber keine Angst, denn wir haben nichts zu verlieren. Die Nerven werden eine große Rolle spielen, und deshalb rechnen wir uns ganz gute Chancen aus."


Ruhe vor dem Sturm: Trainer Weise instruiert seine Spieler

Auch Eintrachttrainer Weise sieht seine Mannschaft im Spiel gegen den klassentieferen Gegner nicht zwingend in der Favoritenrolle. "Ich möchte nicht, dass es so dargestellt wird, als ob der Zweitligist keine Chance gegen uns hätte. Das werden zwei Pokalspiele für uns, alles ist möglich. Wir müssen uns ganz energisch einsetzen." Nachdem Weise zusammen mit einigen Eintrachtspielern das wenig überzeugende Auftreten der Duisburger in Darmstadt verfolgt hatte, relativiert der Frankfurter Übungsleiter allerdings: "Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie nervös man an so einem Tag ist. Duisburg hat sicherlich nicht so befreit aufgespielt wie sonst, und hatte Glück, dass die zwei schnellen Führungstore gelangen, denn mit etwas mehr Fortune hätte Darmstadt mindestens ebenfalls zwei Tore schießen können." Konkreter werden die Aktiven wie etwa Eintracht-Reservist Bodo Mattern, vor Jahresfrist selbst noch in Darmstadt tätig: "Duisburg ist zu packen." Und Torwart Jürgen Pahl ergänzt: "Wenn wir die Duisburger in dieser Form nicht packen, sind wir selbst schuld und haben in der Bundesliga nichts verloren."

Personell kann der Bundesligist aus dem Vollen schöpfen, bis auf Kapitän Karl-Heinz Körbel sind alle Spieler einsatzbereit. Torhüter ist wie erwartet Pahl, vor ihm formiert sich der Abwehrverbund mit Kroth als Libero, Berthold und Kraaz, der es mit Wohlfarth aufnehmen soll, in der Innenverteidigung sowie Sievers und Trieb außen.

Das Mittelfeldtrio bilden Mohr, Falkenmayer und Borchers, wobei sich bei Letztgenanntem abzeichnet, dass dies eines seiner letzten Spiele im Eintrachttrikot ist. Der nach Torhüter Jürgen Pahl älteste Spieler der Frankfurter Elf, der nach eigenem Bekunden "mehrere Angebote von anderen Bundesligavereinen habe", geht von einem Vereinswechsel aus: "Ich kann doch nicht sagen, weil hier in Frankfurt lauter nette Leute sind, verzichte ich auf die Hälfte meines Einkommens."

Auch für Ralf Falkenmayer läuft die Woche zunächst nicht so wie gewünscht, nachdem Bundestrainer Derwall die letzten beiden freien Plätze in seinem Kader für die Europameisterschaft in Frankreich an den Kölner Strack und den Münchner Dremmler vergibt. Wie Immel, Herget, Mill, Milewski und Günter Schäfer gehört 'Falke' zu den sechs Spielern, die sich im Urlaub auf Abruf bereithalten sollen, um notfalls nachzurücken. Derwall: "Die Termine der Relegationsspiele kollidieren mit unserer Vorbereitung. Deshalb wäre es nicht ratsam gewesen, ihn zu holen." Doch schon kurz darauf ist Derwalls Begründung obsolet: Nach der Absage Dremmlers teilt der Bundestrainer seinem Kollegen Dietrich Weise am Mittag des Spieltags gegen Duisburg telefonisch mit, dass Falkenmayer nun doch zum Kader gehöre. Glückwünsche zur Nominierung lehnt Falkenmayer erst einmal ab: "Natürlich freue ich mich riesig. Aber lasst mich bitte vor dem Spiel in Ruhe."

Im Sturm entscheidet sich Weise schließlich für das Duo Uwe Müller und Jan Svensson; Krämer und Tobollik nehmen auf der Bank Platz. Enttäuscht ist auch Fruck, der darauf hoffte, gegen seine alten Mannschaftskameraden vom MSV zum Einsatz zu kommen. Doch nach der guten Leistung von Kroth im letzten Spiel gegen Kaiserslautern, bei dem Fruck aufgrund einer Gelbsperre fehlte, sieht Weise keinen Anlass für einen Wechsel auf dem Liberoposten.

Vier Stunden vor dem Anpfiff ist das Relegationsspiel allerdings noch gefährdet. Erst als das DFB-Sportgericht den Antrag von Rot-Weiß Oberhausen, den kompletten letzten Spieltag der Zweiten Bundesliga zu wiederholen, abgelehnt hat, ist sicher, dass gespielt wird. Die Oberhausener wollten per einstweiliger Verfügung die Aussetzung bewirken, weil das "Schalker Skandalspiel" gegen Rot-Weiss Essen (5:0), bei dem Zuschauer für einen Spielabbruch sorgten, wiederholt wird und die Essener im Falle eines 4:0-Sieges in der Klasse bleiben würden, während Oberhausen absteigen müsste. Um alle Möglichkeiten offenzuhalten, wollte RWO den ganzen letzten Spieltag wiederholen lassen. (Anmerkung: Schalke wird das Wiederholungsspiel mit 3:2 gewinnen und Essen damit als Absteiger bestätigen.)

Mit 29.000 Zuschauern, darunter geschätzte 5000 Frankfurter, ist das Wedaustadion mit seinen 33.500 Plätzen nicht ganz ausverkauft, als Schiedsrichter Wilfried Heitmann aus Drentwede die Partie anpfeift. Gespannt warten sie darauf, ob der MSV das umsetzt, was die heimische Stadionzeitung vollmundig ankündigt: "Wir stürzen die Eintracht!" Doch schnell wird klar, dass zwischen Wunsch und Wirklichkeit manches Mal Welten liegen. Denn die Spieler des MSV stürzen den Favoriten aus Frankfurt nicht, sondern sie werden gestürzt - und zwar von einer Verlegenheit in die andere.

Die Eintracht tritt von Anbeginn an äußerst konzentriert auf. Bereits in der zweiten Minute setzt sich Borchers in Szene. Von Kroth noch in der eigenen Hälfte angespielt, zieht er in unwiderstehlicher Manier kurz vor dem Mittelfeldkreis einen Spurt an, der ihn an drei Duisburgern vorbei in den Strafraum des MSV führt, den er jedoch nur stürzend erreicht, weil er von Bregman kurz vorher gefoult wird. Den fälligen Freistoß aus 17 Metern Entfernung schießt Falkenmayer in die Duisburger Mauer, die folgende Flanke wird ins Toraus abgewehrt und auch der anschließende Eckball wird aus der Gefahrenzone herausgeköpft.

Auch in der Folgezeit macht die Eintracht Druck, Mohr, Falkenmayer und Borchers dominieren das Mittelfeld, die Stürmer Svensson und Müller sind viel unterwegs und beschäftigen die Duisburger Abwehr. Auch in der Defensive überzeugt der Bundesligist um den sicheren Libero Kroth. Berthold demonstriert bei hohen Flanken seine Kopfballstärke, Kraaz hat Wohlfahrt gut unter Kontrolle. So auch nach rund einer Viertelstunde, als beide nach einem Zweikampf im Strafraum zu Boden gehen, doch der von den MSV-Fans geforderte Elfmeterpfiff zu Recht ausbleibt.


Svensson köpft die Führung

Zählbares als logische Konsequenz aus der Überlegenheit des Bundesligisten lässt sich dann in der 23. Minute notieren. Wieder ist es Antreiber Borchers, der von Falkenmayer angespielt wird, sich auf der rechten Seite durchsetzt und im Fallen in die Mitte flanken kann. Just da, wo sich der Ball senkt, ist Svensson zwischen den Verteidigern Großmann und Hammerschlag zur Stelle, um das Leder im rechten oberen Toreck zum längst überfälligen 1:0 für die Eintracht ins Netz zu köpfen.

Kurz nach der Gästeführung macht Hammerschlag seinem Namen alle Ehre, als er Uwe Müller von den Beinen und sich für diese Aktion eine Gelbe Karte holt. Anders können sich die Duisburger kaum gegen die Attacken der Frankfurter wehren. So hat Berthold die Chance zum 2:0, scheitert mit seinem Kopfball aber an Macherey. Kurz darauf spielt Müller den Ball auf Mohr, dessen Schuss wird jedoch von Verteidiger Steininger zur Ecke abgelenkt.

Nach einer guten halben Stunde Spielzeit nimmt die Eintracht etwas Tempo aus ihrem Spiel, so dass auch die Duisburger zu einer Chance kommen. Die Eintracht hat den Ball nach einem Freistoß der Duisburger auf der rechten Seite erkämpft, doch Mohrs Passversuch wird abgefangen und der angespielte Wohlfarth kann von Kroth gut 20 Meter vor dem Tor nur mit einer Grätsche ohne Ball gestoppt werden. Genau aus dieser halblinken Position hat Wohlfarth in der Woche zuvor gegen Darmstadt 98 ein Freistoßtor erzielt. Doch Pahl kann Wohlfarths flach geschossenen Ball aufnehmen und im Nachfassen unter Kontrolle bringen. Der Dauerregen hat Boden und Ball glitschig werden lassen, was die Aufgabe für die Torhüter nicht leichter macht.

In der 37. Minute brennt es zum wiederholtem Mal im MSV-Strafraum, als Ronald Borchers von Uwe Fecht recht unsanft ausgebremst wird. Die Eintrachtfans, die sich adäquat zu ihren Spielern den Anhängern der Heimmannschaft überlegen zeigen, fordern stürmisch Elfmeter, doch der Pfiff bleibt aus.

Schließlich geht es mit dem 1:0 in die Pause, das die Überlegenheit der Frankfurter allerdings nur unzureichend dokumentiert. Besser gelingt dies durch das Eckenverhältnis, das ein 9:1 für die Gastmannschaft ausweist. Und für Frankfurts verletzten etatmäßigen Kapitän Karl-Heinz Körbel ist klar: "Hier können wir nur durch eigene Dummheit verlieren."


Kraaz legt Wohlfarth an die Kette

Zu Beginn der zweiten Hälfte nimmt MSV-Trainer Zacarias einen Stürmertausch vor: Für den enttäuschenden und früh angeschlagenen Ralf Heck kommt Michael Struckmann. Der MSV versucht nun, Druck zu machen und durch Einsatz die spieltechnische Überlegenheit des Gegners auszugleichen. Doch die erste Möglichkeit nach Wiederanpfiff hat die Eintracht. Es ist erst eine Minute gespielt, als Falkenmayer den Duisburgern in deren eigener Hälfte mit entschlossenem Einsatz, aber fairem Tackling den Ball abnimmt und so Müller auf die Reise schickt. Der dringt aus halbrechter Position nahezu ungehindert in den Strafraum ein, weil sich der einzige verbliebene Abwehrspieler zuerst in die Mitte zu Svensson orientiert, scheitert dann aber aus zehn Metern Torentfernung mit seinem Schuss aus vollem Lauf an Macherey, der das Geschoss auf das kurze Eck mit beiden Fäusten ins Toraus abwehren kann.

Kurz darauf, in der 49. Minute, foult Kroth Büssers auf der Höhe des rechten Strafraumecks. Dubski bringt den Ball hoch in den Strafraum, ein Frankfurter verlängert den Ball per Kopf unfreiwillig auf den langen Pfosten, wo Hammerschlag eine zweite Interpretation für seinen Namen anbietet, als er einen mächtigen Direktschuss aufs Frankfurter Tor absetzt. Zum Schreck der Frankfurter touchiert nach der Parade von Pahl nicht nur der Ball, sondern auch der Kopf des Torhüters den Pfosten. Hammerschlags nachfolgende Flanke von der linken Seite köpft Trieb einige Meter am rechten Torpfosten vorbei zur Ecke, und der Frankfurter Keeper kann nach kurzer Behandlung trotz Beule am Kopf weitermachen.

In der 52. Minute zappelt der Ball dann im Netz des Eintrachttores, nachdem Büssers geflankt und Wohlfarth sich im Kopfballduell mit Kraaz durchgesetzt hatte. Doch Schiedsrichter Heitmann verweigert dem Treffer die Anerkennung. Während die blauweiße Volksseele auf den Tribünen ob dieser vermeintlichen Ungerechtigkeit kocht, entschuldigt sich Wohlfarth bei Kraaz. "Die Entscheidung des Schiedsrichters war korrekt. Ich habe Armin Kraaz weggestoßen", zeigt der Stürmer echten Sportsgeist und klatscht Kraaz’ ausgestreckte Hand fair ab. Kraaz hatte Sekunden zuvor gemeinsam mit Borchers den aufgebrachten Duisburger Fecht, dessen Hand in Sievers’ Gesicht gelandet war, abgedrängt und damit vor Schlimmeren bewahrt.


Uwe Müllers Flugkopfball zum 0:2

Nur eine Minute später erfüllt wieder Torjubel das Wedaustadion, und dieses Mal gilt der Treffer, der allerdings nicht den Ausgleich, sondern das 2:0 für die Eintracht bedeutet: Wieder setzt sich Borchers auf dem Flügel kraftvoll gegen zwei Duisburger durch und ist erneut nur durch ein Foulspiel zu bremsen, das der Eintracht einen Freistoß am linken Flügel etwa 15 Meter vor der Torauslinie beschert. Den von Falkenmayer wunderbar auf den langen Pfosten getretenen Freistoß wuchtet Uwe Müller mit herrlichem Flugkopfball ins Netz. Jubelnd läuft Müller gefolgt von Borchers und Sievers um das MSV-Tor herum, wo er vom Vorbereiter in Empfang genommen wird. Wie passend, dass sich diese Szene vor der Kurve abspielt, in der die Eintrachtfans für diese Partie ihre Heimat gefunden haben.

In der 67. Minute liegt der Ball dann erneut im Tor der Duisburger, doch dem Treffer wird die Anerkennung versagt, da Svensson beim vehementen Schuss von Mohr im Abseits steht. Nur eine Minute später trifft die Eintracht dann aber regulär, Vollstrecker ist der Vorlagengeber zum 2:0, Vorbereiter der überragende Borchers. Büssers spielt den Ball 25 Meter vor dem Tor hoch in Richtung Frankfurt Strafraum. Dort hat Ralf Falkenmayer aufgepasst und köpft den Ball nach vorne, wo sich Ronald Borchers im Zweikampf durchsetzt und den Ball zum Doppelpass zu Uwe Müller spielt, der das Leder sofort die Seitenauslinie entlang schickt. Borchers drückt sich mit einem verbissenen Gesichtsausdruck, den er den gesamten Spurt über den Platz hindurch nicht ablegt, an seinem Gegenspieler vorbei und ist von keinem Zebra mehr zu stoppen, als er entschlossen die Außenlinie hinunterrast. In Höhe des Strafraums schlägt er eine präzise Flanke, die der schmächtige Falkenmayer an der Strafraumgrenze wie ein Routinier abtropfen lässt, um zu schauen, Maß zu nehmen und den Ball unhaltbar für Macherey zum 3:0 ins Tordreieck zu zirkeln.

Nach diesem Treffer darf nun auch Cezary Tobollik mittun, der für Jan Svensson aufs Feld kommt. In der 72. Minute haben die Duisburger die große Chance zum Ehrentreffer, als Kraaz den in der 55. Minute für Uwe Fecht eingewechselten Mike Voßnacke im Strafraum zu Fall bringt und der Schiedsrichter auf Strafstoß entscheidet. Vorausgegangen ist eine schöne Aktion von Voßnacke, der am linken Flügel erst Kraaz ins Leere grätschen lässt, um dann mit einer Körpertäuschung den über sich selbst sichtbar verärgerten Kroth zu versetzen, ehe ihn der zurückgeeilte Kraaz wenige Meter vor der Torauslinie rüde von den Beinen holt. Unglücklich vergräbt Kraaz für einen Augenblick sein Gesicht im Gras, doch noch ist das Leder nicht im Tor. Und tatsächlich: Pahl wehrt den von Steininger nach links geschossenen Elfmeter mit den Fäusten zur Ecke ab.


Krämer schiebt zum 0:5 ein

Nun wechselt Trainer Weise zum zweiten Mal aus und bringt in der 76. Minute Harald Krämer für Uwe Müller. Der komplett neu besetzte Sturm der Eintracht macht die Niederlage für den MSV dann vollends zum Debakel: Zunächst trifft Tobollik in der 78. Minute nach einem Freistoß, den Falkenmayer aus ähnlicher Position wie beim zweiten Tor dieses Mal auf den kurzen Pfosten bringt, per Kopfballaufsetzer ins lange Eck zum 4:0, dann schiebt Krämer zwei Minuten später eine Hereingabe von Tobollik, der nach einem Pass von Mohr auf dem linken Flügel bis zur Grundlinie marschiert war, zu seinem ersten Tor bei den Profis und zum fünften Treffer in diesem Spiel in die Duisburger Maschen. Beide Arme reißt der fünfte Torschütze zum Jubel nach oben, um dann in Manier von Pete Townsend den rechten Arm einmal wie eine Windmühle kreisen zu lassen.

Demoralisierte Duisburger und euphorische Frankfurter lassen die letzten zehn Minuten des Spiels nun ohne weitere Höhepunkte verstreichen. Nach dem Abpfiff tritt die 'Rasselbande' dann eine Ehrenrunde an, die Spieler werfen ihre Trikots in die Menge. Im Kabinengang kann sich Betreuer Toni Hübler kaum beruhigen und hat Tränen in den Augen: "Das ist mein schönster Tag bei der Eintracht, schöner als der UEFA-Cup-Gewinn, schöner als alle Pokalsiege." In seiner Freude verzeiht der gute Toni, der ansonsten peinlich genau auf den Trikotbestand achtet, sogar, dass er um 13 Trikots ärmer wurde: "Was soll's denn, am Dienstag bekommen diese großartigen Jungs noch einmal einen ganzen Satz, um ihn ins Volk zu werfen."

Nicht nur Hübler spürt, dass diesen Jungs die Zukunft gehören kann. So kommentiert Bremens Trainer Otto Rehhagel, der das Spiel auf der Tribüne verfolgt hatte: "Eine sehr, sehr starke Mannschaft, die haben nächstes Jahr mit dem Abstieg nichts mehr zu tun." Lob gibt es auch vom Gegner, so stellt MSV-Trainer Zacarias fest: "Wir haben heute eine gute Frankfurter Mannschaft gesehen, der ich zutraue, in der nächsten Bundesligasaison eine führende Rolle zu spielen. Wir haben verloren, weil wir einfach nicht mehr konnten." Und Duisburgs erfahrener Mittelfeldspieler Manfred Dubski ergänzt: "In zwei, drei Jahren sind die ganz oben."

Die moderatesten Töne sind von einem zu vernehmen, der menschliche und fußballerische Kompetenz noch nie durch markige Aussprüche unter Beweis stellen wollte. "Meine Elf hat heute Respekt gehabt und der war trotz des hohen Ergebnisses auch angebracht. Bis zur 60. Minute war das Spiel noch ausgeglichen, dann hat Duisburg die Rückschläge nicht verkraftet. In der Schlussphase haben wir zum Teil brillant gespielt", stellt Dietrich Weise nach dem Spiel fest. (fgo/rs)

 

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