Hannover 96 - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1987/1988 - 16. Spieltag

1:2 (1:1)

Termin: Sa 14.11.1987, 15:30 Uhr
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Markus Weber (Bergkamen)
Tore: 0:1 Lajos Detari (17., Foulelfmeter), 1:1 Gregor Grillemeier (25., Foulelfmeter), 1:2 Wlodzimierz Smolarek (58.)

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Hannover 96 Eintracht Frankfurt

  • Ralf Raps
  • Bastian Hellberg
  • Karlheinz Geils
  • Heinz Knüwe
  • Peter Hobday
  • Mathias Kuhlmey
  • Andrzej Palasz
  • Karsten Surmann
  • Andreas Müller
  • Siegfried Reich
  • Gregor Grillemeier

 


 

Wechsel
  • Bernd Dierßen für Heinz Knüwe (75.)
Wechsel
Trainer
  • Jürgen Wähling
Trainer

 

Matchwinner Stein an der Leine

Mittelmaß pur - am 16. Spieltag der Bundesligasaison 1987/88 kommt es in Hannover zum Aufeinandertreffen des Tabellenelften Hannover 96 und dem Tabellenzehnten Eintracht Frankfurt. Beide Vereine weisen derzeit 13:17 Punkte auf, es ist also ein Duell auf Augenhöhe.

Nicht zum besten scheint es momentan um das Verhältnis zwischen Detari und Möller bestellt. Der Ungar beschwert sich, dass Möller zwar von ihm bedient werde, der Jungstar ihm andererseits aber kaum einen Ball "in einer guten Situation zuspielt." Zu dieser Vermutung Detaris äußert sich Feldkamp sarkastisch: "Wir haben doch nur zwei, drei Spieler, die gezielt entscheiden können, wohin sie spielen. Die anderen sehen gar nicht, wen sie da schneiden. Der Andy war gerade drei Wochen in Chile. Außerdem hat er offen zugegeben, gegen Schalke den Lajos einmal einfach übersehen zu haben."

Von seinen beiden Mittelfeldakteuren erwartet Feldkamp gegen Hannover ein deutliches Zeichen, um den erhofften und geforderten Auswärtssieg einfahren zu können. "Wir haben alle Mann an Bord und sind nicht schlechter besetzt als Hannover. Es gibt also keine Ausrede. Wenn wir gewinnen, können wir uns endgültig von hinten absetzen", findet er klare Worte und nimmt gegenüber der Startaufstellung vom Sieg gegen Schalke lediglich eine Änderung vor: Für den Gelb-gesperrten Körbel läuft Klepper auf, der seine Erkältung überwunden hat, die Kapitänsbinde übernimmt Manni Binz.

Allerdings ist man beim Aufsteiger aus Hannover, der in seinem letzten Punktspiel einen überraschenden 2:1-Sieg in Mönchengladbach feiern konnte, willens, die Punkte an der Leine zu behalten. So zeigt sich der Torwart der 96er Ralf Raps davon überzeugt, dass Uli Stein mindestens drei Tore kassieren, er selbst aber höchstens einmal hinter sich greifen werde. Raps ist zumindest den langjährigen Fans der Eintracht kein Unbekannter, denn der heute 27-jährige Stammtorhüter der Hannoveraner spielte schon ab der C-Jugend für die Riederwälder, konnte unter anderem 1977 den Deutschen Meistertitel der B-Junioren mit der Eintracht erringen und bestritt am 9. März 1982 in seiner letzten Saison in Frankfurt vor seinem Wechsel nach Hannover sogar ein Bundesligaspiel für die Adler, als er in der 17. Minute bei der 3:5-Niederlage in Nürnberg für den verletzten Jüriens eingewechselt wurde.

Im Gegensatz zu Feldkamp muss Hannovers Trainer Jürgen Wähling bei seiner Mannschaftsplanung auf etliche verletzte Akteure verzichten. Allerdings zählen Drews, Dammeier, Kohn, Belarbi, Hartmann und Willmer nicht zu den unverzichtbaren Stammspielern. Mit seinem Frankfurter Kollegen teilt er sich allerdings die Aufgabe, reichlich neue Spieler in den Kader zu integrieren. Für diese Saison wurden für insgesamt rund vier Millionen Mark Karlheinz Geils, Holger Willmer, Bernd Dierßen, Günter Drews, Martin Groth, Andreas Müller, Andreas Reinke, Stefan Kohn sowie als Stareinkauf der polnische Nationalspieler Andrzej Palasz verpflichtet, von denen es allerdings mit Geils, Palasz und Müller nur drei in die Startelf gegen Frankfurt schaffen.


Roth und Sievers stoppen Grillemeier

Was die 18.000 Zuschauer im Niedersachsenstadion in den ersten 45 Minuten zu sehen bekommen, kann nur wenige begeistern. Denn die Spieler beider Mannschaften agieren mit einer Lässigkeit, die auf dem regennassen Rasen nur allzu oft in Nachlässigkeit abrutscht. Wenig durchdachte Spielzüge und viele Fehlpässe sind die Folge, herausgespielte Torraumszenen Mangelware. Einzig Balzis mit schwachen Schüssen in der 8. und 10. Minute, die Raps keine Probleme bereiten, sowie auf der Gegenseite Grillemeier, der vorbeizielt, können so etwas wie Gefahr vor dem gegnerischen Tor heraufbeschwören.

Nach 17 Minuten haben dann zumindest die Eintrachtfans einen Grund zum Jubel, als Smolarek nach einem Zuspiel von Binz den Ball fast vertändelt, Möller jedoch nachsetzt und vom Hannoveraner Torhüter Raps im Strafraum derart attackiert wird, dass der Frankfurter durch diese äußere Einwirkung, aber auch durchaus mit der inneren Bereitschaft zum Sturz, zu Boden geht. Zum fälligen Elfmeter tritt Detari an, der die 1:0-Führung für die Gäste erzielt. Raps ahnt zwar die richtige Ecke und taucht nach links ab, kann aber den platzierten Flachschuss nicht erreichen.


Stein verfehlt den Ball, erwischt aber Reich

Nun hat die Eintracht die Chance, die Partie in den Griff zu bekommen, denn die Gastgeber agieren weiter einfalls- und temperamentlos. Doch die Frankfurter schaffen es nicht, ihr Spiel ruhig und sicher zu gestalten, sondern leisten sich weiterhin viele Fehler. In der 25. Minute sind es Smolarek und Möller, die einen eigentlich vielversprechenden Angriffsversuch vermasseln, und Detari mit einem Anspiel in Bedrängnis bringen. Der Ungar wird vom Ball getrennt, Siggi Reich startet durch, überläuft Klepper und stürmt in den Strafraum. Dort legt er die Kugel am herausstürmenden Uli Stein vorbei, der bei seinem Abwehrversuch sehr wohl die Beine von Reich, nicht aber den Ball zu fassen bekommt. Die Folge: Elfmeterpfiff, Grillemeier führt aus, 1:1

Nach dem Ausgleich gewinnen die Gastgeber Oberwasser, die Eintrachtabwehr wackelt. Zwar präsentiert sich Binz in ansprechender Form, doch Klepper offenbart Schnelligkeitsdefizite, Roth hat Probleme mit Grillemeier, Sievers wirk fahrig und Kraaz lässt sich von den Unsicherheiten seiner Nebenleute ein ums andere Mal anstecken. In der Konsequenz ergeben sich für die 96er vor dem Pausenpfiff etliche Schusschancen, doch Geils (33.), Hobday (37.), Grillemeier nach einer haarsträubenden Rückgabe von Möller (44.), und Palasz (45.) aus 12 Metern scheitern entweder am Eintracht-Schlussmann oder an ihrer mangelnden Zielsicherheit.

Die zweite Hälfte beginnt, wie die erste geendet hatte, aber auch jetzt kann Hannover die Flatterhaftigkeit des Hühnerhausens in der Eintrachtabwehr nicht zu einem Torerfolg nutzen. Schafft es ein Ball in Richtung Tor, steht dort mit Uli Stein ein Keeper, der selbst im dicksten Getümmel die Nerven behält, so etwa in der 52. Minute, als er nach einer Stafette über Kuhlmey, Grillemeier und Reich rettet.

Die Eintracht verlegt sich vor allem aufs Kontern und setzt in der 55. Minute einen Warnschuss ab, als Detari mit einem Pass Smolarek auf die Reise schickt, eine Fußabwehr des aus seinem Kasten eilenden Raps die Chance aber zunichtemacht. Besser klappt es drei Minuten später. Der heute wieder einmal fleißige Frank Schulz spielt Smolarek im Strafraum frei, und der Pole bugsiert den Ball mit der Fußspitze an dem herausstürzenden Raps vorbei zur 2:1-Führung nach 58 Minuten ins Netz.

Nun ziehen sich die Frankfurter vollends zurück, einzig Detari versucht ein ums andere Mal, Entlastungsangriffe aufzuziehen, hat damit aber wenig Erfolg. Im Mittelpunkt des Eintrachtspiels steht weiterhin Uli Stein, der alles hält, was zu halten ist und mit seiner Ruhe nun auch seine Vorderleute ansteckt. Trotzdem scheint in der 79. Minute der Ausgleich bereits perfekt, als Grillemeier aus abseitsverdächtiger Position und 14 Metern abzieht. Doch Stein kann den Schuss mit einer Fußabwehr über die Latte lenken.


Enttäuschter Reich, gefeierter Stein

Sekunden vor Schluss haben der für Möller eingewechselte Turowski und Heitkamp, der für Smolarek auf den Platz gekommen war, dann noch Chancen zu einem dritten Eintrachttor verpassen es aber, den Sieg festzuzurren. Als Schiedsrichter Markus Weber aus Bergkamen die Partie nach 90 Minuten abpfeift, wissen die Adlerträger, bei wem sie sich zu bedanken haben: Der zweite Auswärtssieg dieser Spielzeit ist vor allem ein Verdienst von Uli Stein, dessen Verpflichtung sich schon nach zwei Spielen auszuzahlen scheint. Auch Hannovers Trainer Wähling stellt nach dem Spiel fest: "Stein ist der beste Schlussmann in Deutschland."

Nach diesen zwei Auswärtspunkten geht es für die Eintracht aufwärts auf den achten Platz. Und die Aussichten, im nächsten Spiel das derzeitige Punktekonto von 15:17 Zähler auszugleichen und dabei weiter in der Tabelle zu klettern, stehen gut, denn Gegner am nächsten Samstag im Waldstadion ist der Tabellensiebte aus Karlsruhe.


Eisige Nebengeräusche

Am Donnerstag vor dem Spiel gegen Hannover stellt Schatzmeister Knispel die Bilanz des Gesamtvereins für das am 30. Juni 1987 abgeschlossene Geschäftsjahr 1986/87 vor, die den Mitgliedern am 30. November anlässlich der Jahreshauptversammlung zur Genehmigung vorgelegt werden soll.

Insgesamt weist der Verein für das Geschäftsjahr 1986/87 bei einem Umsatz von 16,3 Millionen Mark ein Plus von 4.588,20 Mark aus. Gleichzeitig aber haben sich die Verbindlichkeiten des Vereins um 477.000 Mark auf 2,48 Millionen Mark erhöht, was Knispel mit einer Vorlage von 500.000 Mark für Spielereinkäufe der Eishockeyabteilung erklärt, die schon im April mit der Vorbereitung der Saison 1987/88 begann.

Entsprechend ist mehr von Eishockey als vom Fußball die Rede, denn der Etat der Abteilung steht auf wackeligen Füßen. Die Eishockey-Profis zum Beispiel erwirtschafteten in der letzten Spielzeit zwar einen Überschuss von 41,33 Mark, allerdings ist der Jahresetat von 4,4 Millionen Mark im Vorjahr auf jetzt 4,95 Millionen Mark gestiegen, wobei es zur Deckung notwendig ist, dass alle Ligaspiele in einer mit 6.000 Zuschauern ausverkauften Halle stattfinden. Schon beim Spiel gegen Landshut in der aktuellen Saison blieben aber bereits 700 Plätze leer.

Andere Einkunftsquellen sieht Abteilungsleiter Herold nicht, die Eintrittspreise seien kaum noch zu erhöhen, sie betragen im Schnitt über 17 Mark (beim Fußball 14,80 Mark); die Kosten für die Abteilung seien kaum zu senken, wenn die Mannschaft konkurrenzfähig bleiben soll. Schon jetzt habe der Verein dem Deutschen Eishockey-Bund den höchsten Etat aller Bundesligavereine mitteilen müssen (zum Vergleich Düsseldorfer EG: 2,4 Millionen; ERC Iserlohn 1,2 Millionen), was man sich dadurch erkläre, "dass es bei anderen Eishockey-Arbeitgebern bei den Sozialabgaben und steuerlich nicht immer mit rechten Dingen zugehe." Für Knispel ist klar: "Wenn in Frankfurt in der Ersten Liga weiterhin Eishockey gespielt werden soll, muss sich die Stadt zumindest vorübergehend beteiligen. Entweder kommt Hilfe von außen, oder es wird der Abstieg in Kauf genommen." Die eingeforderte Unterstützung könne etwa durch den - allerdings illusorischen - Bau einer größeren Mehrzweckhalle mit einer fünfstelligen Zuschauerkapazität oder durch den Verzicht auf die jährliche Hallenmiete für die Eissporthalle in Höhe von 250.000 Mark erfolgen.

Mit ihren Zahlen protzen können allerdings auch die Fußballer nicht. So wurde in der sportlich misslungenen Saison gegenüber der vorangegangenen Spielzeit mit 3,86 Millionen Mark rund 900.000 Mark mehr an Gehältern und Prämien gezahlt, obwohl die Mannschaft 400.000 Mark weniger einspielte als eingeplant. Unter dem Strich sind die Fußballprofis vor allem aufgrund gestiegener Werbeeinnahmen für 360.000 Mark Gewinn gut, und das, obwohl ihnen in dieser Bilanz die Verwaltungskosten für den gesamten Verein zugeschlagen werden. (fgo)

 

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