Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1998/1999 - 3. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: Di 08.09.1998 20:00
Zuschauer: 31.500
Schiedsrichter: Uwe Kemmling (Kleinburgwedel)
Tore: 0:1 Chen Yang (69.), 1:1 Jörgen Pettersson (89.)

 

 

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Borussia Mönchengladbach Eintracht Frankfurt

     

  • Robert Enke
  • Matthias Hagner
  • Karlheinz Pflipsen
  • Toni Polster
  • Patrik Andersson
  • Jörgen Pettersson
  • Sladan Asanin
  • Marcel Witeczek
  • Martin Schneider
  • Markus Hausweiler
  • Marcel Ketelaer

 

 

Wechsel

  • Sebastian Deisler für Markus Hausweiler (63.)
  • Chrissovalantis Anagnostou für Matthias Hagner (74.)
  • Marco Villa für Marcel Witeczek (78.)

Wechsel

Trainer

Trainer

 

 

Einen Punkt gewonnen oder drei Zähler verloren?

Ist es schon die Woche der Wahrheit? Nach dem heutigen Dienstagsspiel in Mönchengladbach empfängt die Eintracht bereits am Freitag den VfB Stuttgart. Zumindest nicht, wenn es nach Horst Ehrmantraut geht, der das positive Denken bei seinem Team beschwört: "Wir fahren mit einem guten Gefühl nach Gladbach und wollen ebenso frech aufspielen wie in Erfurt.“ Diese Stimmung teilen nicht alle in der Mannschaft, denn bei den Reservisten wird Kritik laut, dass der Trainer im Sturm nur auf Chen Yang setze. "Ich werde mit diesen Spielern reden und versuchen, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie weiterhin wichtig für uns sind. Eine schlechte Stimmung darf nicht aufkommen, denn die führt schnell zu schlechten Leistungen“, schaltet sich Kapitän Weber ein, der nach einer Operation am Weisheitszahn nicht voll einsatzfähig ist und die Sache mit der Stimmung mit Epp und Westerthaler auf der Bank besprechen kann. Denn wie schon beim Pokalsieg in Erfurt setzt der Trainer nur auf Yang im Sturm und einem offensiven Mittelfeld mit Bernd Schneider, Sobotzik und Pisont, die bei Bedarf in die Spitze stoßen sollen. Nicht einmal im Kader steht nach der heftigen Kritik an der Abwehr Uwe Schneider, so dass Bindewald wieder neben Libero Houbtchev und Kutschera als Manndecker agiert, während Zampach die linke Seite bearbeiten wird.

"Wir sind nur mit sehr viel Glück noch von der Schippe gesprungen“, erzählt unterdessen Karlheinz Pflipsen rückblickend, der nach dem Wechsel von Stefan Effenberg zu den Bayern dessen Rolle im zentralen Mittelfeld der Mönchengladbacher übernehmen soll. Erst am letzten Spieltag sind sie mit einem Sieg in Wolfsburg dem Abstieg entronnen, in diesem Jahr soll nun alles besser werden, verspricht auch Trainer Friedel Rausch, den die Borussen sechs Spieltage vor Schluss als erfolgreichen Feuerwehrmann holten. Genau der Rausch, mit dem die Eintracht 1980 den UEFA-Cup gegen Mönchengladbach holte, genau der Trainer, auf den Horst Ehrmantraut “eigentlich noch heute stocksauer ist, weil er mir als Spieler lange keine Chance gab“, wie er dem kicker-Sportmagazin beichtet.

18 Jahre später wissen die Borussen nach einem deutlichen Sieg gegen Schalke und der Niederlage in Kaiserslautern allerdings noch nicht so recht, wo sie stehen, zumal sie sieben Verletzte zu beklagen haben. "Die Eintracht steht derzeit stark unter Druck und wird deshalb erst einmal auf Torsicherung aus sein. Da müssen wir alles geben, das ist für uns heute ein richtungsweisendes Spiel. Mit einem Sieg bleiben wir oben dabei", meint Matthias Hagner, der von 1993 bis 1996 bei der Eintracht spielte und vor Saisonbeginn ebenso in Frankfurt im Gespräch war wie der neue Stürmer Toni Polster, den Mönchengladbach für 1 Million Mark vom 1. FC Köln verpflichtete.

Wie von Hagner befürchtet, ist die Eintracht auf dem Bökelberg tatsächlich zunächst auf Sicherheit und eine kompakte Defensive aus, was gerade Pflipsen überhaupt nicht behagt, der von Schur auf Schritt und Tritt verfolgt wird, während sich Sobotzik um Hagner kümmert. Das reicht bereits, um den Offensivdrang der Borussen kräftig ins Stocken zu bringen, zumal sie sich über die Außen auch kaum durchsetzen können. Die Gäste wiederum verstehen es, mit schnellem Umschalten aus der Abwehr den emsigen Brinkmann auf rechts immer wieder in Szene zu setzen. Schade nur, dass es den Flanken in die Mitte an Genauigkeit fehlt, zumal sich Yang viel zu selten in der Mitte durchsetzen kann. Aber auch Pisont und Schneider finden den Strafraum nicht, so dass das Spiel des Aufsteigers zwar schön anzuschauen ist, aber die Durchschlagskraft völlig fehlt, so dass Torhüter Enke erst nach 30 Minuten bei einem Schuss von Yang eingreifen muss.

Polster und Pettersson machen es auf der anderen Seite ebenfalls nicht besser. Ein Verdienst vor allem von Kutschera und Bindewald, die wesentlich besser stehen als noch zuletzt gegen die Löwen. So geht nach ein paar kleineren Chancen erstmals in der 41. Minute ein Raunen durch den Bökelberg, als sich Hagner an der Strafraumgrenze durchsetzen kann und abzieht, den Ball aber ein paar Zentimeter über die Latte setzt. Es bleibt laut, denn auf der anderen Seite vernascht Brinkmann einmal mehr Ketelaer, um mit einem Haken in den Strafraum zu ziehen. Andersson bringt ihn im Strafraum allerdings so leicht zu Fall, das Schiedsrichter Kemmling nur den Kopf schüttelt und kein Frankfurter sich ernsthaft beschwert (42.).

Bei einsetzendem Regen hat Mönchengladbach im zweiten Abschnitt die erste gute Möglichkeit, als Pflipsen nach herrlichem Querpass von Hagner von der Strafraumgrenze aus abzieht. Aber Nikolov hat Glück, dass das Leder um Zentimeter am linken Pfosten vorbei rauscht (47.). Mehr ist von den zusehends unsicherer spielenden Hausherren aber nicht zu sehen, während die Eintracht den Weg nach vorne sucht. Schade nur, dass sie auf dem nassen Geläuf zu wenig schießen. Erst Yang traut sich nach 61 Minuten mal einen Distanzschuss zu, der knapp am rechten Pfosten vorbei segelt. So reagiert Horst Ehrmantraut und bringt mit Westerthaler für Pisont einen zweiten Stürmer ins Spiel, während bei Gladbach der 18-jährige Sebastian Deisler für Hausweiler zu seinem Bundesligadebüt kommt (63.).


Abgeklatscht: Yang und
Sobotzik nach dem 1:0

Die Eintracht stürmt weiter über Bernd Schneider, der den Ball am Mittelkreis zu Yang in die Gasse spielt. Mit einem kurzen Haken nach rechts versetzt der seinen Gegenspieler und nimmt Maß. Aus 23 Metern schlägt die Kugel bereits im rechten oberen Winkel ein, während Torhüter Enke noch fliegt. Ein wunderschöner Treffer zur inzwischen längst verdienten 1:0-Führung für die Eintracht (69.). "Das war schon ein tolles Gefühl, wie der Ball so geflogen ist", freut sich der 24-jährige Chinese über sein erstes Bundesligator, für das er vom Kicker-Sportmagazin zum “Spieler des Spiels“ gelobt wird: “Ein ständiger Unruheherd, schnell und laufstark, sehenswert sein präziser Distanzschuss zum 0:1.“

Seltsam, aber mit der Führung verlieren die Frankfurter langsam aber sicher den Faden. Statt der überlegten Ballstafetten probieren sie es viel zu oft mit langen Bällen in die Spitze, was die Niederrheiner wieder zurück ins Spiel bringt. Und es wird nicht besser, als Horst Ehrmantraut die ballsicheren Schneider und Brinkmann aus dem Spiel nimmt, um Gebhardt und Weber zu bringen was den “weißen Brasilianer“ so sehr nervt, dass er wild gestikulierend und laut motzend den Platz verlässt. “Der Trainer erklärte mir, dass er befürchtete, dass ich vom Platz fliege. Das habe ich akzeptiert und nach Spielschluss war der Ärger wieder vergessen“, erklärt Brinkmann nach dem Spiel. Aber auch Horst Ehrmantraut schimpft wie ein Rohrspatz während der Schlussphase: “Das Raumverhalten hat nicht mehr gestimmt, viel zu leicht haben wir in der Schlussphase den Ball verloren.“ Dennoch reicht es zunächst noch für einem Konter, den Westerthaler aber neben den Kasten setzt (88.). Noch 60 Sekunden…

"Dreimal ist er über den Ball gefallen", ärgert sich Horst Ehrmantraut in der Schlussminute, als Gebhardt die Kugel in der Vorwärtsbewegung verliert, so dass der Ball nach einer schnellen Kombination zwischen dem für Hagner ins Spiel gekommenen Anagnostou und Deisler im Frankfurter Strafraum landet, wo Kutschera das Duell gegen Polster verliert. Der Österreicher legt zurück zu Pettersson, der sich von Bindewald davon geschlichen hat und das Leder nun über den vor ihm knienden Nikolov hinweg unter die Latte zimmert. Zum 1:1 in allerletzter Sekunde, der der Eintracht einen Punkt, aber keinerlei Luft im Abstiegskampf beschert, in dem UEFA-Cup-Teilnehmer Bremen das neue Schlusslicht ist.

Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut: "Kampf war heute Trumpf bei uns. Spielerisch hatten wir besonders in der ersten Halbzeit noch Defizite. Da ist es uns nicht gelungen, die Pässe zu den gefährlichen Gladbacher Spitzen zuzustellen. Nach der Pause waren wir endlich ballsicherer und produzierten nicht so viele Abspielfehler. Der Zeitpunkt, zu dem der Ausgleich fiel, war natürlich sehr, sehr ärgerlich, aber insgesamt war das 1:1 gerecht. Auch dieser Punkt wird uns Auftrieb geben und unser Selbstvertrauen steigern."

Friedel Rausch: "Gratulation an die Eintracht. Sie hat kämpferisch sehr gut gespielt, war taktisch gut eingestellt und hat ein wunderbares Tor erzielt. So war es für uns letztendlich ein glücklicher Punktgewinn, da wir es vor der Pause versäumt hatten, in Führung zu gehen."

Rolf Heller: "Ich bin sehr zufrieden, die Mannschaft gewinnt zunehmend an Substanz."

Toni Polster über Chen Yang: “Er ist schnell, bewegt sich gut und hat ein wunderschönes Tor geschossen. Die Frankfurter haben sich was gedacht bei seiner Verpflichtung, ich bin sicher, dass er sich in der Bundesliga durchsetzen wird.“


Randnotiz: Bertie Vogts tritt zurück, Erich Ribbeck wird Teamchef der Nationalelf

“Ein bisschen Menschenwürde möchte ich noch behalten“, erklärt Bertie Vogts sichtlich bewegt, als er nach acht Jahren als Nationaltrainer seinen Hut nimmt. Zu nachhaltig war die Häme, die ihn nach dem missratenen Auftritt bei der WM in Frankreich und den blamablen Auftritten gegen Malta und Rumänien verfolgt. Auch Stefan Effenberg, den Vogts vier Jahre nach seiner Nationalmannschaftsverbannung wieder zurückholt, kündigt kurz darauf seinen endgültigen Rücktritt aus der Nationalelf an. Nach einer teilweise dilettantisch in der Öffentlichkeit ausgetragenen Trainersuche, bei der immer wieder Jupp Heynckes und sogar Paul Breitner als Favoriten des DFB genannten werden, übernimmt schließlich ein Gespann die Nationalelf. Erich Ribbeck wird Teamchef und Uli Stielike Trainer der DFB-Auswahl.


Randnotiz Zwei: Fußballer des Jahres 1998

Ein Frankfurter ist nicht in der Auswahl der Kicker, welche die Sport-Journalisten für dieses Jahr zur Auswahl hatten. Gewonnen haben Oliver Bierhoff (AC Mailand) vor Loddar Matthäus (Bayern) und Olaf Marschall (Kaiserslautern). (tr)

 

 

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