1. FC Nürnberg - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1998/1999 - 23. Spieltag

2:2 (1:1)

Termin: Sa 20.03.1999 15:30
Zuschauer: 34.500
Schiedsrichter: Hellmut Krug (Gelsenkirchen)
Tore: 0:1 Chen Yang (9.), 1:1 Pavel Kuka (20.), 1:2 Chen Yang (62.), 2:2 Sasa Ciric (79.)

 

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1. FC Nürnberg Eintracht Frankfurt

     

  • Andreas Köpke
  • Pavel Kuka
  • Martin Driller
  • Heiko Gerber
  • Frank Baumann
  • Marek Nikl
  • René van Eck
  • Armin Störzenhofecker
  • Knut Reinhardt
  • Thomas Ziemer
  • Sasa Ciric

 

 

Wechsel

  • Henning Bürger für Knut Reinhardt (63.)
  • Marc Oechler für Thomas Ziemer (63.)
  • Markus Kurth für Heiko Gerber (68.)

Wechsel

Trainer

Trainer

 

Mit altem System geht es vorwärts auf der Stelle

Jeder versucht das Wort zu vermeiden, dennoch ist der Begriff allgegenwärtig. Das “Schlüsselspiel“. Der Tabellensechzehnte empfängt den punktgleichen Fünfzehnten. Der Aufsteiger aus dem Frankenland hat erst im jüngsten Heimspiel gegen Schalke das erste Mal zuhause siegen können, dafür aber bereits acht Remis ergattert, während die Eintracht es bislang auf einen Auswärtssieg in Hamburg brachte. "Ohne Bammel müssen wir antreten und von Beginn an richtig dagegenhalten. Denn die Nürnberger bekommen zu Hause Probleme, wenn sie nicht früh in Führung gehen", meint Reinhold Fanz, der - auch wenn er dem vehement widerspricht - in Nürnberg auf das setzt, was ihm die Mannschaft in den vielen Gesprächen empfohlen hat und Alexander Schur auf den Punkt bringt: “Die nächsten Spiele spielen wir wieder im Ehrmantraut-System." So stürmt Westerthaler anstelle des grippekranken Fjørtoft neben Yang und Bernd Schneider, Sobotzik sowie Brinkmann bilden das offensive Mittelfeld hinter dem Schur aufräumen soll. Da Kaymak dafür auf die Bank muss, schafft Kutschera, der noch vor drei Wochen auf der Abschussliste des Managers stand, den Sprung in die Startelf.

Zum Springen reicht es scheinbar auch bei Oka Nikolov, der tags zuvor noch mit einer Magen-Darm-Grippe das Bett hütete. Und sich auf ein Wiedersehen mit dem inzwischen 37-jährigen Andreas Köpke freuen kann, den Nürnberg ebenso wie Knut Reinhardt, Juskic und van Eck in der Winterpause verpflichtet hat. “Wir hatten ein freundschaftliches Verhältnis, die Fronten waren klar. Ich war die zweite Wahl und er war der Nationaltorwart, von dem ich in jeder Beziehung lernen konnte“, erzählt Nikolov über die Zeit zwischen 1994 und 1996, um sich für das Lob, das er für seine Leistungen inzwischen überall erfährt, zu bedanken: “Das freut mich, dass ich die vielen Kritiker zum Verstummen gebracht und meine wenigen Befürworter bestätigt habe.“ Nach so viel schönen Worten nimmt immerhin der Nürnberger Trainer den ominösen Begriff in den Mund: “Für mich ist es ohne Wenn und Aber ein Schlüsselspiel. Gegen Frankfurt müssen wir und werden wir gewinnen.“ Na also, es ist Friedel Rausch, der von Januar 1979 bis Juni 1980 die Eintracht trainierte und seit Beginn des Jahres bei den Franken auf dem Stuhl sitzt. Allerdings wurde sein Vorgänger Willi Reimann nicht entlassen, sondern kündigte selbst frühzeitig an, sein Amt niederzulegen, damit er sich um seine schwer kranke Ehefrau kümmern kann. Der zweite Heimsieg soll also her, dazu beordert er Ziemer wieder in die Schaltzentrale hinter den beiden Spitzen Kuka sowie Sasa Ciric und ersetzt Wiesinger, der sich im Training den Knöchel gebrochen hat, durch Martin Driller.

Bereits die Anfangsphase hält, was beide Trainer versprochen haben. Der Club startet ohne großes Geplänkel mit ersten Angriffen, denen sich die Eintracht engagiert entgegen stellt, um selbst Gegenstöße zu starten. Das sieht gut aus, bereits nach 7 Minuten landet eine Flanke von Brinkmann messerscharf vor dem Fünfmeterraum, wo Westerthaler den Ball nur um Haaresbreite verpasst, so dass Köpke zupacken kann. Doch nur zwei Minuten später geht es wieder über die rechte Seite nach einem klugen Pass von Bernd Schneider. Wieder flankt Brinkmann und diesmal ist Yang zur Stelle, um das Leder zur 1:0-Führung in die Maschen zu köpfen (9.).


Kuka im Duell mit Pedersen

Nürnberg reagiert sofort mit wütenden Attacken, aber die Abwehr hält. Bindewald rackert auf der linken Seite ebenso wie Schur und Libero Janßen, der immer wieder die Gelegenheit nutzt, Angriffe einzuleiten. Kampf und Einsatz beherrschen das Geschehen, aber immer wieder auch Fehlpässe auf beiden Seiten, so dass das Spiel hin und her wogt. Auch Tore Pedersen hat Kuka bislang fest im Griff, doch mit einer katastrophalen Kopfballrückgabe setzt er den 29-jährigen Tschechen schön in Szene. Wie gut, dass der zu lange zögert und Janßen mit der nötigen Wucht dazwischen geht, um schlimmeres zu vermeiden (17.). Dafür wird Ziemer nur drei Minuten später im Halbfeld völlig allein gelassen und bedankt sich mit einem punktgenauen Pass auf Kuka, der die Kugel mit links zum 1:1 verwandelt (20.).

Das Spiel bleibt abwechslungsreich, Nürnberg macht Druck und die Eintracht nutzt jede sich bietenden Gelegenheit, um selbst schnell nach vorne zu kommen. Doch es spielen eben die Kellerkinder, trotz des Einsatzes auf beiden Seiten versanden viele Spielzüge in Fehlpässen, die Nervosität auf dem Rasen ist greifbar. Nur Bernd Schneider kann sich scheinbar von dieser Last befreien, immer wieder zieht er klug die Fäden und treibt die Gäste nach vorne. Diesmal setzt er Yang ein, der das Leder direkt in den Lauf von Westerthaler legt. Doch allein vor Torhüter Köpke scheitert er an seinen Nerven und der Reaktion des 37-Jährigen (41.), so dass es mit dem Unentschieden in die Halbzeit geht.

In der Janßen völlig ausgepowert in der Kabine bleibt, so dass nun Houbtchev die Liberoposition bei den Frankfurtern übernimmt, die auch im zweiten Abschnitt die erste Torgelegenheit haben. Westerthaler ist es, der nach Flanke von Bernd Schneider knapp über die Latte köpft (50.). Danach kommt wieder die Zeit der Nürnberger, die mit Vehemenz auf die Führung drängen, dabei aber oft zu ungestüm und ungenau agieren oder aber an Oka Nikolov scheitern. Ein wenig vergessen sie bei ihrem Drang zudem die Abwehrarbeit, zumal Reinhardt auf der linken Seite meist das Nachsehen gegen Brinkmann hat und Ziemer in der Mitte immer mehr abbaut. So lässt dieser sich von Sobotzik all zu leicht düpieren, der den Raum nutzt und halbhoch zu Yang passt, der die Kugel unter Kontrolle bekommt und sofort abzieht. Köpke fliegt und ist noch dran, kann aber nicht verhindern, dass der Ball zum 2:1 im Tor landet (62.).

Friedel Rausch regt sich mächtig am Seitenrand auf und regiert sofort. Reinhardt und Ziemer müssen vom Platz, Henning Bürger und Oechler kommen, während bei der Eintracht Kaymak Kutschera ersetzt, der sich eine Zerrung zugezogen hat (63.). Wild gestikulierend peitscht der Club-Trainer sein Team nach vorne, so dass sich die Frankfurter jetzt kaum noch aus der eigenen Hälfte befreien können. "Der sieht aus wie tot", unkt unterdessen Präsident Heller über Oka Nikolov, der nun in den Blickpunkt rutscht und neben dem Kampf um den Ball auch den um den inneren Schweinehund austrägt: "Mir war kotzübel, ich wollte mich eigentlich auswechseln lassen, weil mein Bauchgrimmen nicht nachließ. Aber wenn Du unter Dauerdruck stehst, schaltest Du ab. Da kam mir die Hektik vor meinem Tor sogar entgegen." In der Tat hat er jetzt alle Hände voll zu tun und zeigt gegen Kuka eine Glanzparade, nachdem Schneider nach einer Ecke bereits zum zweiten Mal auf der Linie klären muss (76.).


Kutschera, Ciric

Doch der Dauerdruck zeigt Wirkung, zumal Kaymak Sasa Ciric längst nicht so gut im Griff hat wie Kutschera vor seiner verletzungsbedingten Auswechslung. Und auch Bindewald hat jetzt das Nachsehen gegen Driller, der sich auf der linken Seite durchsetzt und scharf vor den Fünfer flankt. Ciric setzt sich gegen seinen Bewacher durch und köpft die Kugel zum 2:2 in die Maschen (79.). Nürnberg will nun den Sieg und stürmt weiter nach vorne, doch zu einer guten Chance kommen sie nicht mehr. Dafür muss schon Libero Houbtchev mit einem schusseligen Absatztrick aus kurzer Distanz sorgen, der eigentlich Nikolov erreichen soll, jetzt aber ins lange Eck trudelt. Mit letztem Einsatz hechtet der Torhüter hinterher und kann den Ball von der Linie stupsen (86.). So bleibt es beim 2:2 nach 90 spannenden Minuten, was eigentlich weder den Franken noch der Eintracht so recht im Abstiegskampf hilft. Mit jeweils zwanzig Punkten bleiben sie vor der Länderspielpause auf den Plätzen 15 und 16. (tr)


Stimmen zum Spiel und zur neuen alten Taktik

Reinhold Fanz: “Ein Riesenkompliment an die Mannschaft, die sich hervorragend gewehrt hat. Ich bin sehr zufrieden mit der Teamleistung, dem Punktgewinn und der Bestätigung des jüngsten Trends. In zwei Wochen wollen wir die Bochumer mit einem Sieg unten reinziehen. Unsere Situation hat sich nicht verschlechtert, aber wir müssen jetzt endlich auch mal dreifach punkten."

Reinhold Fanz zu den Stimmen, dass die Mannschaft die Taktik selbst vorgegeben habe: “So ein Blödsinn. Da wird so offensichtlich Stimmungsmache gegen mich betrieben, dass es schon lachhaft ist. Ich lasse so spielen, wie ich es für richtig halte und orientiere mich dabei nicht an meinem Vorgänger, der auswärts übrigens häufig nur mit einer Spitze spielen ließ.“

Präsident Rolf Heller: "Wir haben in den letzten beiden Begegnungen spielerisch und kämpferisch" zugelegt, was sicherlich in der Systemänderung begründet lag, und auf diesem Weg müssen wir bleiben. Der Trainer hat auf gewisse Situationen reagiert. Wenn er sich dann korrigiert, zeigt das seine Größe, wir haben allen Grund, zuversichtlich zu sein."

Manager Gernot Rohr: "Das war ein kleiner, aber wichtiger Schritt in Richtung Klassenerhalt, denn dieses Spiel durfte einfach nicht verloren gehen. Und wenn wir den packen, wovon ich nach den ansprechenden Leistungen gegen Hertha und in Nürnberg ausgehe, dann wird unser Konzept greifen, das die Eintracht zu einer neuen Blüte führt. Abgerechnet wird am Schluss.“

 

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