Eintracht Frankfurt - Hannover 96

Bundesliga 2005/2006 - 21. Spieltag

0:1 (0:0)

Termin: Sa 11.02.2006, 15:30 Uhr
Zuschauer: 26.000
Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)
Tore: 0:1 Chavdar Yankov (78.)

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Eintracht Frankfurt Hannover 96

 

 

 

  • Robert Enke
  • Steven Cherundolo
  • Vinicius Bergantin
  • Dariusz Zuraw
  • Michael Tarnat
  • Chavdar Yankov
  • Christoph Dabrowski
  • Hanno Balitsch
  • Ricardo Sousa
  • Jirí Stajner
  • Vahid Hashemian

 

Wechsel Wechsel
  • Thomas Brdaric für Ricardo Sousa (46.)
  • Michael Delura für Vahid Hashemian (75.)
  • Jonas Troest für Jirí Stajner (83.)
Trainer Trainer
  • Peter Neururer

 

 

Die Mannschaft ohne Torchance gewinnt

Die Eintracht im Winter 2005/06, das ist – wie es scheint - Harmonie pur. Ein halbwegs sicheres Punktepolster auf die Abstiegsränge, die Mannschaft funktioniert trotz Verletzungssorgen und auch im berühmt-berüchtigten Umfeld wurden die Dolche gegen Wattebäuschchen getauscht. "Wir haben uns bei einer Tasse Kaffee zusammengesetzt und über das Thema Vertragsverlängerung gesprochen. Ich weiß, dass man mich halten will und ich will auch bleiben. Wir werden uns einigen", plaudert Friedhelm Funkel vor dem Heimspiel gegen den Tabellenachten aus Hannover locker über seine Gespräche mit Vorstandschef Bruchhagen, dessen eigener Vertrag ohne großes Geplänkel bereits bis Juni 2010 verlängert wurde.

Das Einzige, was bislang noch fehlt, ist ein Heimsieg im neuen Jahr. Für dieses Unterfangen muss der Trainer erneut seine Abwehr umstellen, denn Patrick Ochs hat beim 1:0-Sieg in Nürnberg seine fünfte Gelbe Karte kassiert und muss heute pausieren. Dafür ist Chris wieder spielberechtigt und auch Kapitän Jones kann trotz seiner Rippenprellung mit Schmerzmitteln spielen. Doch nicht Rehmer übernimmt die Position auf der rechten Abwehrseite, sondern zur Überraschung aller Du-Ri Cha, der zusammen mit Rehmer, Vasoski und Reinhard die Abwehr bildet. Chris rückt anstelle von Köhler auf die linke Seite der Raute mit Jones, Preuß sowie Meier und Copado stürmt zusammen mit Amanatidis.

Harmonie in Frankfurt, Schwadronieren an der Leine: "Hannover ist ein Verein der europäischen Güteklasse A und damit eine Herausforderung für jeden Trainer", erzählt Peter Neururer, der am 10. November den glücklosen Ewald Lienen unter seltsamen Umständen ablöste. Noch am Tag zuvor saß der mit der sportlichen Leitung zusammen und ging davon aus, weiter zu machen. Doch nach "einem Schmierentheater, einer Veranstaltung zum Verarschen", wie Lienen anmerkt, wurde ihm kurz vor Trainingsbeginn seine Entlassung mitgeteilt, von der auch Kollege Funkel meint, dass diese "absolut respektlos" war.

Doch der Erfolg scheint Manager Kaenzig recht zu geben, denn seit der Übernahme durch Neururer ist Hannover in acht Spielen unbesiegt und liegt mit 26 Punkten in Reichweite der internationalen Plätze. Nach dem 2:1-Erfolg gegen den HSV will der Trainer seine Erfolgsserie heute mit einer Änderung in der Startelf ausbauen: Anstelle von Troest spielt Cherundolo in der Viererabwehr vor Torhüter Enke. Sousa, Balitsch, Dabrowski und Yankov bilden das Mittelfeld hinter den beiden Spitzen Hashemian und Stajner, von dem der Trainer schwärmt wie ein Schulmädchen: "Es macht einfach Spaß, ihn spielen zu sehen. Der ist toll drauf und sieht aus wie gemeißelt."

Die Begeisterung für den Leineclub teilen nicht viele, auch in Frankfurt wollen bei frostigen Temperaturen lediglich 26.000 Zuschauer "die Roten" sehen. Doch die werden mit einem couragierten Start der Frankfurter entschädigt, die das Spielgeschehen von Beginn an bestimmen und den Niedersachsen mit Forechecking schnell den Schneid abkaufen. Vor allem Reinhard und Chris gefallen mit schnellen Vorstößen über die linke Seite, und so ist der erste Aufreger der Partie auch ein Zweikampf zwischen dem 27-jährigen Brasilianer und Zuraw im Strafraum. Chris fällt, doch Schiedsrichter Schmidt sieht kein elfmeterwürdiges Foul (6.). Dann die 14. Spielminute, erneut setzt sich Reinhard gegen Cherundolo durch und spielt das Leder flach in den Strafraum zu Copado. Doch anstatt den Ball anzunehmen, versucht er sich mit einem Hackentrick, der aber gründlich misslingt.

Genau wie das Spiel in die Spitzen, denn trotz der Überlegenheit im Mittelfeld erspielen sich die Adler gegen das Abwehrbollwerk keine Torchancen. Viel zu ungenau sind die Pässe und Flanken auf Amanatidis oder Copado, so dass Torhüter Enke trotz der einseitigen Begegnung wenig zu tun bekommt. Erst nach 25 Minuten kann sich Hannover ein wenig aus der Umklammerung befreien und erste vorsichtige Angriffe starten. Doch die Fehlerquote auf beiden Seiten bleibt hoch, das Spiel ist zerfahren und ohne jegliche Höhepunkte. So sind die frierenden Zuschauer schon froh, als sich Jones mit schnellem Antritt in Richtung Strafraum aufmacht, sein Pass auf Amanatidis jedoch in letzter Sekunde von Zuraw geklärt werden kann (29.).

Es läuft bereits die 36. Spielminute, die Eintracht verliert in der Vorwärtsbewegung den Ball und nun wird es schnell. Balitsch sprintet nach vorne und passt zu Hashemian im Strafraum, aber Vasoski ist zur Stelle und kann den Schuss des 29-jährigen Iraners mit einer Grätsche zur Ecke abblocken. Frankfurt lässt weiterhin die nötige Konsequenz vor dem Strafraum missen, aber vielleicht jetzt: Im Zusammenspiel mit Preuß sprintet Cha die rechte Außenbahn entlang und flankt das Leder vor den langen Pfosten. Genau zu Copado, der jedoch bedrängt von Cherundolo die Kugel aus 7 Metern nicht richtig trifft, so dass Torhüter Enke keine Probleme hat, den Ball aufzunehmen (42.).

So geht es mit dem 0:0 in die Pause und Kapitän Jones schimpft: "Uns hat die Entschlossenheit gefehlt, in den letzten Spielen waren wir immer heiß darauf, ein Tor zu erzielen." Auch 96-Trainer Neururer ist unzufrieden und bringt Brdaric, der bislang 8 Tore erzielte, für den schwachen Sousa. Doch auch dies nützt nicht viel, denn weiterhin bleiben die Frankfurter zwar spielbestimmend, mischen aber weiter heftig mit beim "Festival des Fehlpasses", wie das kicker-Sportmagazin diese Phase treffend umschreibt.


Getümmel vor dem Hannoveraner Tor

Dann vielleicht mit einem Standard, denn in der 54. Spielminute gibt es Freistoß für die Eintracht aus knapp 20 Metern Torentfernung. Copado zirkelt das Leder in Richtung des linken Torwinkels, doch Torhüter Enke kann es mit einer klasse Parade um den Pfosten lenken. Es bleibt dabei, die Adler spielen zwar schön im Mittelfeld und versuchen weiterhin über die schnell ihre Positionen tauschenden Chris, Preuß und Jones Druck aufzubauen, doch irgendein Niedersachse oder die eigene Nachlässigkeit stehen immer im Weg. So in der 61. Spielminute, als sich Meier im Mittelfeld durchsetzt und zu Copado passt, der zwei Rote austanzt, aber seinen Pass auf Amanatidis so fahrig spielt, dass er weggeschlagen werden kann.

In der 69. Spielminute lässt sich Hannover tatsächlich einmal vor dem Strafraum der Eintracht blicken, es gibt Freistoß aus zentraler Position. Stajner schlenzt das Leder in den Strafraum, wo Dabrowski es im Getümmel gefährlich mit dem Hinterkopf verlängert. Doch zum Glück für den beschäftigungslosen Nikolov streicht der Ball nur über die Latte. Nun reagiert Trainer Funkel auf das Treiben und bringt Köhler für den schwachen Copado (70.). Aber es will einfach kein Tor fallen, auch nicht nach einer Ecke von der linken Seite, als der Ball vor den Strafraum geklärt wird und Jones aus 16 Metern abzieht. Denn die Kugel fliegt knapp neben den rechten Pfosten (76.).

Zwei Minuten später sind die Niedersachsen mit dem kurz zuvor für Hashemian eingewechselten Delura im Angriff. Viel zu einfach kann der sich auf der linken Außenbahn gegen Cha durchsetzen und in die Mitte spielen. Genau zu Yankov, dem Reinhard nur zusieht, als der 21-jährige Bulgare aus über 20 Metern abzieht. Wie ein Blitz schlägt der Ball im rechten Torwinkel zur 1:0-Führung für Hannover ein (78.). "Den trifft er bei zehn Versuchen im Training niemals so", meint Kapitän Jones kopfschüttelnd zu dem Sonntagsschuss.


Ioannis Amanatidis

Nun erlöst Friedhelm Funkel den heute sichtlich überforderten Cha, der augenblicklich nur noch ein Schatten seiner selbst ist (81.). Ängstlich und ohne Selbstvertrauen brachte er es auf eine Fehlpassquote von über 80 Prozent, wird aber dennoch vom Trainer in Schutz genommen: "Er hat defensiv ganz gut gestanden, aber ich hatte mir im Spiel nach vorne etwas mehr erhofft." Für ihn kommt Weissenberger in die Partie, während sich die Eintracht zwar wütend, aber weiter ohne Torchancen in der Hälfte der Niedersachsen festsetzt. So kommt in der 84. Spielminute für Meier ein weiterer Stürmer, der 20-jährige Dominik Stroh-Engel, zu seinem Bundesligadebüt und sogleich zu seinem ersten Ballkontakt.

Nach einer Ecke durch Köhler herrscht Konfusion im Strafraum der Roten, die den Ball nicht aus der Gefahrenzone schlagen können. So verlängert Stroh-Engel einen verunglückten Befreiungsschlag mit dem Kopf zu Vasoski, doch dessen Schuss wird in letzter Sekunde von der Torlinie weggeschlagen (85.). Alles Anrennen nützt nichts mehr, im Gegenteil, kurz vor Schluss hat Brdaric sogar die Entscheidung auf dem Fuß, drischt das Leder aber über die Latte (88.). So bleibt es beim mehr als glücklichen 1:0 für Hannover.

Nach dem fünften sieglosen Heimspiel in Folge bleibt die Eintracht auf Rang 11, der Abstand zu Platz 16 beträgt nun 8 Punkte, nachdem Duisburg gegen Mönchengladbach Unentschieden spielte und Kaiserslautern überraschend in Bremen gewann. (tr)


Stimmen zum Spiel

Friedhelm Funkel: "Damit Peters Essen nicht kalt wird, fasse ich mich kurz: 96 hatte keine Chance. Es war eine der unglücklichsten Niederlagen, die ich als Trainer je erlebt habe. Ich habe es nur selten erlebt, dass eine Mannschaft ohne eine einzige Torchance ein Spiel gewinnt. Aber das wirft uns nicht um."

Heribert Bruchhagen: "Wir haben aufopferungsvoll und in der ersten Halbzeit sehr gut gespielt, aber haben die zwei, drei Chancen, die man sich gegen Hannover erst einmal erarbeiten muss, nicht genutzt. Das passiert jedem Bundesligisten pro Saison ein-, zwei Mal. Er dominiert ein Heimspiel und verliert trotzdem."

Peter Neururer, zu der Aussage von Hanno Balitsch, er würde sich für diesen Sieg schämen: "Das spricht für seinen Charakter. Aber das hat auch einen anderen Grund: Balitsch ist nämlich Hesse. Ich gehe davon aus, dass wir am nächsten Samstag München schlagen. Wer so spielt, wie wir in Frankfurt und trotzdem nicht verliert, der schlägt auch die Bayern." Immerhin, ein 1:1 erspielen sich die Niedersachsen tatsächlich.


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