FC Schalke 04 - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2010/2011 - 26. Spieltag

2:1 (1:0)

Termin: 12.03.2011, 15:30 Uhr
Zuschauer: 61.673
Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)
Tore: 1:0 Jurado (45., Foulelfmeter), 1:1 Georgios Tzavellas (70.), 2:1 Angelos Charisteas (84.)



 

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FC Schalke 04 Eintracht Frankfurt

  • Manuel Neuer
  • Atsuto Uchida
  • Kyriakos Papadopoulos
  • Christoph Metzelder
  • Sergio Escudero
  • Jefferson Farfan
  • Anthony Annan
  • Peer Kluge
  • Jurado
  • Mario Gavranovic
  • Raúl

 


 

Wechsel
  • Joel Matip für Peer Kluge (60.)
  • Julian Draxler für Jurado (75.)
  • Angelos Charisteas für Mario Gavranovic (83.)
Wechsel
Trainer Trainer

 

Kurios und hilflos in Richtung Abstiegsränge

Trotz der miserablen Leistung der Eintracht beim letzten Heimspiel und der bedrohlichen Tabellenlage gibt sich Heribert Bruchhagen vor dem Auswärtsspiel gegen den Tabellenzehnten aus Gelsenkirchen ruhig und abgeklärt: “Ich habe keine Angst, und Druck hat man in dem Geschäft immer. Den hatte ich schon, als ich 1984, in meiner ersten Saison als Trainer, mit Gütersloh in der Aufstiegsrunde zur zweiten Liga scheiterte. Danach ist das Leben auch weitergegangen. Ich werde jetzt ganz sicher nicht die Apokalypse ausrufen, denn die größten Fehler machen Funktionäre in der Euphorie und in der Depression.“ So hält er auch weiterhin an Michael Skibbe fest und betont, weder dem Trainer ins Tagesgeschäft zu reden noch einen flammenden Appell vor der Mannschaft zu halten.

“Wir müssen gegen Schalke und St. Pauli die nötigen Punkte holen, um uns zu stabilisieren. Der Druck auf die Mannschaft und mich ist sehr groß“, meint unterdessen Michael Skibbe, während auch im Training die Nerven blank liegen. Denn nach einem Foul von Altintop an Ochs gibt es eine Rangelei zwischen den beiden, die sich zwar schnell beruhigt. Aber Ochs zog sich bei dem Foul einen Bänder- und Kapselriss im linken Sprunggelenk zu und wird ebenso wie der gelbgesperrte Franz sowie Köhler, der an einem Muskelfaserriss laboriert, ausfallen. So spielt Rode in der Innenverteidigung und Clark neben Schwegler vor der Abwehr. Caio auf rechts sowie Meier und Altintop bilden das offensive Mittelfeld vor Amanatidis, der überraschend Gekas als einzige Sturmspitze ersetzt.

"Fragen bitte nur zum Spiel", raunzt Felix Magath bei der Pressekonferenz am Freitag. Dabei gäbe es so viel zu fragen. Denn kurz vor dem Champions League-Sieg gegen Valencia machen Gerüchte die Runde, dass der Aufsichtsrat um Clemens Tönnies Magath bereits vor dem Spiel gegen die Eintracht vor die Tür setzen will. "Wir müssen die Reißleine ziehen, im ganzen Verein brennt es lichterloh", gibt der Aufsichtsratschef dem kicker-Sportmagazin zu Protokoll, während Magath mit Pokermiene antwortet: "Ich weiß von nichts, ich gehe davon aus, meinen Vertrag bis 2013 zu erfüllen." Doch nur vier Tage später wird er entlassen, um kurz darauf selbst zu kündigen und bereits am nächsten Spieltag beim VfL Wolfsburg als Nachfolger von Dieter Hoeneß sowie Interimstrainer Littbarski auf der Bank zu sitzen. Doch zurück zum Spiel, in dem Felix Magath gegenüber der 0:1-Niederlage in Stuttgart Papadopoulos und Escudero anstelle des gesperrten Höwedes sowie Schmitz in der Abwehr beginnen lässt. Das Mittelfeld um Raul, Farfan, Jurado und Kluge komplettiert Annan.

Es ist ein behäbiger Beginn in der Fußballhalle auf Schalke. Die Eintracht versucht aus einer dicht gestaffelten Abwehr, das Spiel zu beruhigen, während der Tabellenzehnte vor allem über die rechte Seite mit Uchida und Farfan vergeblich versucht, zu Torchancen zu kommen. Viele Abspielfehler und kleine Nickligkeiten verhindern zudem, dass so etwas wie Spielfluss zustande kommt. Vielleicht jetzt, denn Altintop setzt sich auf der linken Seite gegen Uchida durch und passt das Leder zu Meier, der im Halbfeld viel Platz hat, sich den Ball zurechtlegt und abzieht. Doch der zu einem Rückpass verkümmerte Schuss trudelt nur in die Arme von Torhüter Neuer (18.).

Bezeichnend für die Leistung “des Langen“ am heutigen Tag, aber auch Altintop und Schwegler machen es nicht besser. Während Altintop, der sich ansonsten auf links kaum einmal durchsetzen kann, kurz darauf Neuer mit einem Schuss vom linken Strafraumeck prüfen kann, ist der 23-jährige Schweizer total von der Rolle. Bieder spult er sein Pensum vor der Abwehr ab, kaum ein Pass des heutigen Trägers der Kapitänsbinde kommt an. Da bei Schalke jedoch auch keiner in der Lage ist, für eine überraschende Aktion zu sorgen, dümpelt das Spiel zäh vor sich hin. In der 28. Spielminute gibt es nach einem Foul an Amanatidis immerhin Freistoß für die Eintracht aus knapp 30 Metern. Doch der gefährliche Aufsetzer ins linke Toreck durch Caio, der ansonsten keine Akzente im Spiel setzen kann, stellt den aufmerksamen Neuer vor keine Probleme.

Erst in der Schlussviertelstunde der ersten Halbzeit wird es etwas lebhafter auf dem Rasen, was allerdings an der rechten Seite der Hausherren liegt, die nun aufzuwachen scheint. Mit einem flachen Ball setzt Kluge Uchida in Szene, der locker an Altintop und Tzavellas vorbei zieht und das Leder halbhoch in den Fünfmeterraum flankt. Torhüter Fährmann kann den Ball nicht festhalten und hat sich hoffentlich bei Jung bedankt, der vor Gavranovic in höchster Not rettet (32.). Fünf Minuten später ist es Farfan, der sich gegen den fallsüchtigen Tzavellas durchsetzt und zu Uchida spielt, der nach vorne sprintet und das Leder vor der Torauslinie scharf in den Strafraum schlägt. Rode und Farfan verpassen, nicht aber Kluge, der aus halblinker Position abzieht. Diesmal ist Fährmann zur Stelle und kann parieren.

Dann die 45. Spielminute, nach einem Eckball von der rechten Seite kann Fährmann einen Kopfball von Metzelder locker parieren. Während sich die Frankfurter nach vorne orientieren, will sich der Torhüter den Ball in aller Seelenruhe zum Abschlag zurechtlegen. Genau darauf hat Raul gewartet, der an der Torauslinie verharrte, während sich seine Mitspieler bereits Richtung eigene Hälfte orientierten. Von hinten schnappt er sich die nun freie Kugel, so dass dem überraschten Fährmann nichts weiter übrig bleibt, als den Spanier umzusensen und die Gelbe Karte zu kassieren. Keine Frage, es gibt Elfmeter, den Jurado mit einem trockenen Schuss zum 1:0 ins linke Toreck verwandelt (45.). "Es tut mir wahnsinnig leid für die Mannschaft, ich würde es gerne ungeschehen machen, aber das geht leider nicht“, entschuldigt sich der 22-jährige Torhüter, während Skibbe ihn sanft kritisiert: “Das ist wie im Straßenverkehr, der Blick nach hinten muss immer sein.“

Zur zweiten Halbzeit bringt Trainer Skibbe Heller für den gut spielenden Clark, um der bislang brach liegenden Offensive Unterstützung zu geben. Doch es bleibt bei den langen Pässen, die nicht ankommen und nur dafür sorgen, dass Schalke gegen die weit aufgerückten Frankfurter zu schnellen Gegenangriffen kommt. So in der 47. Spielminute, als Raul nach vorne sprintet und einen schnellen Pass direkt in den Lauf von Farfan spielt. Fährmann am kurzen Eck reagiert diesmal klasse und boxt die scharfe Flanke aus der Gefahrenzone. Drei Minuten später ist es erneut Raul, der mit einem flachen Pass am Mittelkreis die Abwehr der Eintracht überlistet. Gavranovic kommt an das Leder und sprintet alleine auf Fährmann zu, doch wieder behält der die Nerven und fischt dem Stürmer die Kugel von den Schlappen.

Weiterhin ist von einem Aufbäumen der Eintracht nichts zu sehen, immer wieder sind es leichte Abspielfehler, die Schalke zum Kontern einladen. Die Knappen aber sind in dieser Phase viel zu unkonzentriert, um den Frankfurtern ein weiteres Tor einzuschenken. Wie in der 58. Spielminute, als Torhüter Neuer eine Flanke von Heller abfängt und das Leder weit nach vorne wirft. Erneut ist es der überragende Raul, der Uchida mit einem weiten Pass auf die rechte Seite in Szene setzt. Leichtfüßig geht der Japaner an Altintop vorbei, findet aber seinen Meister in Fährmann, der geschickt den Winkel verkürzt und den Schuss mit dem Fuß abwehrt. So gut er hier pariert, so unfreiwillig komisch agiert er vier Minuten später, als er eine Flanke von Uchida wie ein kleines Mädchen nach vorne patscht, wo Gavranovic es zum Glück schafft, den Ball aus sieben Metern als Aufsetzer über die Latte zu dreschen.

Kurz darauf kommt Gekas für Altintop, so dass Amanatidis nun auf der linken Seite spielt. Und Gekas bekommt sofort seine erste Chance, nachdem ein langer Pass von Schwegler einmal ankommt. Da Metzelder ausrutscht, hat Gekas freie Bahn, doch sein Kullerball landet genau in den Armen von Neuer (64.). Nachdem Fährmann eine Minute später erneut im Duell gegen Farfan die Übersicht behält und ihm die Kugel von den Füssen boxt, wird es in der 70. Spielminute kurios. Ein Angriff der Knappen wird abgefangen und Tzavellas haut das Leder einmal mehr aus der eigenen Hälfte weit nach vorne, auf dass es bei Gekas lande. Tatsächlich kommt der Pass aus 73 Metern Torentfernung im Strafraum an. Gekas versucht den Ball mit der Fußspitze zu erreichen, irritiert aber nur Neuer, der auf dessen Schuss spekuliert, während das Leder über den sich nach links orientieren Torhüter zum 1:1 ins Netz springt. Unglaublich, nach genau 793 torlosen Minuten beendet Tzavellas die Torflaute der Eintracht mit einem Rekordtreffer. Der bisherige Rekordhalter Klaus Allofs hatte 1986 für Köln gegen Leverkusen aus 70 Metern getroffen.

Wer gehofft hat, dass das Tor neue Kräfte frei setzen und Selbstvertrauen geben würde, sieht sich schnell getäuscht. Obwohl Schalke nun sichtlich verunsichert wirkt, schafft es die Eintracht nicht, das Leder kontrolliert nach vorne zu spielen. Sie dominieren jetzt, aber alles wirkt zufällig und hausbacken. Erst tritt Meier aus bester Position über den Ball (73.), dann trifft auch Jung die Kugel im Strafraum nicht (74.) und schließlich kann Caios unplatzierter Schuss geblockt werden (77.). “Da haben wir dominiert, da waren wir dem Sieg näher als Schalke, die waren stehend k.o.“, meint Amanatidis zu dieser Phase, steht mit seiner Ansicht aber ziemlich allein da.

In der 83. Spielminute reagiert Felix Magath und bringt Charisteas für Gavranovic. Nur Sekunden später schlägt Torhüter Neuer den Ball nach einem missratenen Pass von Tzavellas mit all seiner Wut über den Ausgleich vom rechten Strafraumeck aus nach vorne. Russ will mit dem Kopf klären, verlängert das Leder aber nur in den Lauf des bereits startenden Charisteas. Der läuft ein paar Schritte, blickt auf und schiebt den Ball durch die Beine von Fährmann zur 2:1-Führung ins Tor. “Ich habe den Punkt verbockt, die Niederlage geht auf meine Kappe. Ich möchte mich bei der Mannschaft entschuldigen“, meint der zerknirschte Russ.

Denn von diesem Treffer erholt sich die Eintracht nicht mehr. Nach dem neunten Rückrundenspiel mit erst zwei Zählern auf der Habenseite rutscht Frankfurt auf den 15. Platz ab und hat nun ebenso viele Punkte wie der nächste Gegner, der Tabellensechzehnte St. Pauli. (tr)


Stimmen zum Spiel

Michael Skibbe: “Wir haben uns gut aus der Affäre gezogen, gut und geschickt verteidigt. Es ist total unbefriedigend, dass wir am Ende noch verloren haben. Das einzig Positive, was wir mitnehmen. ist, dass wir ein Tor geschossen haben. Das zeigt, dass wir es noch können. Jetzt haben wir keine andere Wahl. Jetzt muss gegen St. Pauli die Kuh vom Eis. Ich freue mich über die totale Rückendeckung im Vorstand und im Umfeld, das gibt mir Kraft, um mit der Mannschaft weiterzuarbeiten.“

Heribert Bruchhagen: “Wir hätten einen Punkt verdient gehabt. Nun müssen wir unsere Kräfte bündeln. Die Unruhe von außen darf sich nicht auf die Mannschaft übertragen. In unserer Situation brauchen wir Ruhe, denn wir sind ohne Zweifel in einer tiefen Krise. Trainer Michael Skibbe hat mein Vertrauen, wir müssen nächste Woche das wichtige Spiel gegen St. Pauli unbedingt gewinnen.“

 

 

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