Olympique Marseille - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1929/30

2:4 (2:1)

Termin: 26.12.1929
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Jacu
Torschützen: 1:0 (22.), 2:0 (26.), 2:1 Karl Ehmer (36.), 2:2 Joseph Kron (81.), 2:3 Theodor Trumpler (82.), 2:4 Karl Ehmer (85.)

 

>> Spielbericht <<

Olympique Marseille Eintracht Frankfurt

 


 

Trainer
Trainer

 

Auch in Marseille - Sieg.

Olympique Marseille - Eintracht Frankfurt 2:4 (2:1).

G.B. Marseille, den 26. Dezember 1929.

Der Höhepunkt der ganzen Frankreichreise der Eintracht war dieses Spiel in Marseille. Olympique Marseille, der französische Pokalmeister, hatte die ganze Reise arrangiert, nur um zur Revanche zu kommen, denn Olympique verlor im Sommer in Frankfurt 5:0. Man hatte im Kreise der Eintracht keinen Augenblick die Schwierigkeiten des Spiels in Marseille unterschätzt, man wußte, daß ein harter Kampf bevorstand, daß Olympique alles daransetzen würde, um zu gewinnen... Man fühlte sich aber sicher. Da kamen im letzten Augenblick unberechenbare Widerstände hinzu. Die langen Reisen hatten die Eintracht-Mannschaft doch mehr mitgenommen, als man geglaubt hatte. Das Spiel in Cannes war hart gewesen, und fast alle Spieler hatten mehr oder weniger abbekommen, sodaß tatsächlich nur vier völlig unverletzte Spieler in der Mannschaft standen, die dem französischen Meister gegenübertrat.

Die Platzanlage von Olympique Marseille war ebenso vorbildlich wie die in Cannes. Der Sieg in Cannes hatte sich herumgesprochen: Es waren über 4000 Zuschauer anwesend, als die Zeit des Spielbeginns heranrückte. Auch nach Marseille waren eine große Anzahl Deutsche gekommen, der deutsche Konsul ließ sich den Besuch des Spiels ebenfalls nicht nehmen, kurz: das Spiel war ein besonderes Ereignis für die Südfranzosen. Der Vorstand von Olympique hatte sich der Eintracht-Mannschaft stark angenommen. Zu Beginn des Spiels überreichte der Vorsitzende eine Silbervase, Graf v. Beroldingen revanchierte sich mit einem Seidenwimpel.

Das Spiel nahm einen

äußerst bewegten Verlauf.

Die Befürchtungen der Eintracht-Begleiter schienen sich in vollstem Maße zu erfüllen, als die Franzosen schon nach einer halben Stunde mit 2:0 vorne lagen. Die Eintracht-Mannschaft zeigte zu deutlich Ermüdungserscheinungen, als daß man mit einem besseren Ausgang hätte rechnen dürfen. Und doch wurde das Unglaubliche zur Tatsache. Plötzlich begann die Eintracht zu spielen, obwohl die Marseiller in ihrem Eifer keineswegs nachließen. Man merkte es den Spielern an, daß sie die Zähne aufeinander bissen und das Letzte hergaben, nur um die fast sichere Niederlage abzuwenden. Jetzt zeigte die Eintracht-Mannschaft, was in ihr steckt. Sie holte unter brausendem Jubel des Publikums - das zulegt ganz auf seiten der Frankfurter stand - auf, ging in Führung und stellte sich schließlich den Sieg sicher. Ausgleich und Siegestore fielen in den letzten Minuten. Man kann sich daher denken, wie sehr das Spiel sowohl Spielern als auch Publikum an die Nerven ging.

Der Reigen der Tore

begann in der 22. Minute. Der französische Rechtsaußen war gut durchgekommen, flankte genau herein, der Halbrechte schoß sehr sicher und plaziert ein unhaltbares Tor. Vier Minuten später gab derselbe Außen einen Eckball gut herein, der hinzuspringende Mittelstürmer erzielte mit einem unhaltbaren Kopfstoß das zweite Tor. Eintracht konnte erst allmählich Terrain gutmachen. Zehn Minuten nach dem zweiten Tor der Franzosen brachte Kellerhoff einen Ball von der Eckfahne aus genau in die Mitte, Trumpler sperrte einen angreifenden Gegner geschickt vor Ehmer ab, dessen Bombenschuß nicht zu halten war. Es stand also bei

Halbzeit 2:1 für Marseille.

In der zweiten Halbzeit wurde die Eintracht immer besser und besser. Man sah fabelhafte Einzelleistungen und prachtvolle Zusammenarbeit. Trotzdem schien es, als ob sich am Ergebnis nichts mehr ändern würde. Die Franzosen sahen, daß für sie nichts mehr zu holen war und verlegten sich nun mit aller Macht darauf, den knappen Vorsprung zu halten. Das sehr objektive Publikum fand aber daran keinen Gefallen und wandte seine Sympathie nun unverhohlen der Eintracht zu. Als Kron in der 36. Minute, also neun Minuten vor Schluß, eine Einzelaktion mit dem ausgleichenden Torschuß abschloß, brach spontaner Beifall los, der sich wiederholte, als der Ball wieder angestoßen wurde. Jetzt war der Bann gebrochen. Ehe sich die Franzosen versahen, führte Eintracht 3:2. Schon eine Minute noch dem Ausgleichstor lief Schaller durch, flankte genau, Trumpler nahm auf und schoß ein. Den Abschluß des Torreigens bildete wieder ein Tor von Ehmer, der in der 40. Minute drei Leute umspielte und einschoß.

Die Kritik der Leistungen.

Die Franzosen stellten eine schnelle Mannschaft, die gegenüber den anderen Mannschaften, die bisher gegen die Eintracht spielten, den Vorzug hatte, flach und sehr genau zuzuspielen. Die Mannschaft war technisch und taktisch glänzend durchgebildet, ein Werk ihres Mittelläufers, des bekannten schweizerischen Internationalen Schneebeli, der auch der beste Mann der Mannschaft war. Als Olympique in Frankfurt spielte, fehlte dieser Spieler, sonst wäre das Spiel in Frankfurt vielleicht nicht so glatt an die Eintracht gegangen. Von den übrigen Einzelkräften der Mannschaft stachen besonders der Rechtsaußen und der Mittelstürmer hervor. Sehr sicher waren auch die Verteidiger und der Torwächter, der manchen guten Schuß sehr sicher hielt.

Bei der Eintracht verdient die Energieleistung, mit der die Mannschaft dem Spiel die günstige Wendung gab, besonders lobende Erwähnung. Die Mannschaft stand diesmal: Trumpp; Stubb, Pfeiffer; Gramlich, Goldammer, Mantel; Schaller, Trumpler, Ehmer, Kron, Kellerhoff.

Ehmer war diesmal so gut, wie noch nie in den letzten Jahren. Auch Kron zeigt Leistungen, wie man sie selten von ihm gesehen hat. in der Läuferreihe machte Gramlich wieder eine ausgezeichnete Figur und in der Verteidigung war Pfeiffer "der" Mann.

Einen besonderen Absatz muß man dem Schiedsrichter widmen. Schiedsrichter auf Auslandsspielen sind bekanntlich immer ein besonderes Kapitel. Es ist selten, daß ein Unparteiischer den ausländischen Gästen in allem gerecht wird, weil in den anderen Ländern zumeist eine andere Auffassung einzelner Regeln herrscht (Rempeln, Handspiel usw.). Der Schiedsrichter des Marseiller Spiels, ein Monsieur Jacu, leitete aber im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen schlechthin vollendet. Er ließ sich durch nichts beirren, fällte ruhig und korrekt seine Entscheidungen, sah alles und pfiff, wenn es nötig war. Man dachte unwillkürlich an das Spiel in Paris, mit einem solchen Schiedsrichter hätte die Eintracht das Spiel dort nie verloren.

* * *

Entgegen unserer Meldung in den Vorschau über die Frankreichreise der Eintracht müssen wir heute richtigstellen, daß Döpfer die Reise nicht mitmachte. Wie D. uns selbst mitteilt, wurde ihm in letzter Minute eröffnet, daß ein anderer, neuer Spieler die Reise mitmachen würde.     (aus dem 'Sport-Echo für das Maingebiet' vom 30.12.1929)


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