Eintracht Frankfurt - ASV Nürnberg

Freundschaftsspiel 1930/31

6:0 (4:0)

 

Termin: 17.08.1930
Zuschauer:
Schiedsrichter:
Tore: 1:0 Bruno Goldammer, 2:0 Bernhard Kellerhoff, 3:0 August Möbs, 4:0 Karl Ehmer, 5:0 Karl Ehmer (70.), 6:0 August Möbs

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt ASV Nürnberg

 


  • Haas
  • Brunhuber
  • Kotschenreuther

 

Trainer Trainer
  • Leonhard Seiderer

 

Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — Allgem. Sportverein Nürnberg 6:0 (4:0).

Es konnte ja gar nicht anders sein! Beim Besuch des ersten, nach langer, langer Pause endlich wieder einmal auf dem Riederwaldplatz stattfindenden Spieles der Eintracht empfing man einen solch angenehmen Eindruck von der sorgsamen Platzpflege während der langen Sommermonate, daß ein unbefriedigender Verlauf und Ausgang des Eröffnungsspieles absolut nicht in diesen sympathischen Rahmen gepaßt hätte. Bekanntlich hat lange Zeit um das weitere Pachtverhältnis des Platzes zwischen Eintracht und dem Stadtgewaltigen Dr. Schmude ein höchst unerquicklicher Streit getobt, aber zu guter Letzt hat doch die Einsicht gesiegt, und Eintracht hat die Versöhnlichkeit und Nachgiebigkeit des städtischen Sport-Dezernenten fürwahr nicht schlecht belohnt. Sie hat mit großer Sorgfalt das Hauptspielfeld frisch eingeebnet und eingesät und durch gleiche Maßnahmen auch eines der beiden Nebenfelder zu einem einwandfreien Spielfeld gemacht. Es ist erfreulich in höchstem Maße, wenn wenigstens vereinzelt Vereine auch für die Pflege ihrer Plätze Aufwendungen machen. Leider ist diese Art der Verwendung von Vereinsmitteln noch eine allzu große Seltenheitserscheinung. Vielleicht wirkt das löbliche Vorbild des Süddeutschen Meisters auch auf andere Vereine anfeuernd.

Man merkte den Spielern beider Parteien an, mit welcher Lust und Freude sie auf dem idealen Felde ihre Kunst erproben wollten. Keine Tücken des „Geläufes" beeinträchtigten die Gewendigkeit des Zusammenspiels, kein Zufallsball wurde dem einen zum Vorteil, dem andern zum Verhängnis. Namentlich die Platzbesitzer, die natürlich ein recht dringendes Interesse hatten, sich mit den Verhältnissen auf heimischem Gefilde tunlichst vertraut zu machen, schwelgten sich in Flachkombination aus, aber auch die Gäste aus Nürnberg suchten die Gunst des Augenblickes auszunützen. Auch sie zeigten namentlich im Sturme recht zügiges Flachspiel. So kam denn ein Treffen zustande, das bei den Zuschauern andachtsvolles Schweigen hervorrief. Selbstredend tat auch der sicher errungene, hohe Sieg der Frankfurter ein übriges. Die Harmonie dieses Sonntag nachmittags war vollkommen.

Eintracht rehabilitierte sich von der blamablen Abfuhr, die man acht Tage zuvor von dein Westdeutschen Meister, Schalke 04, empfangen hatte. Sie triumphierte über eine so gute Mannschaft, wie sie der AS. Nürnberg immer noch besitzt, mit einem glatten 6:0. Aus diesem Ergebnis darf auf alle Fülle gefolgert werden, daß die Frankfurter den bevorstehenden Beginn der Verbandsspiele weit weniger zu fürchten haben, als es noch vor einer Woche schien. Es darf jedoch aus dem halben Dutzend Tore, denen die Gäste keinen einzigen Treffer entgegensetzen konnten, nicht gefolgert werden, daß die Mannschaft des nach wie vor unverwüstlichen Wachtler wirklich um diesen Klassenunterschied schlechter war, als ihr Besieger. Gewiß! Die Gäste waren nicht so schnell, nicht so wuchtig, vor allem im Schusse nicht so kurz entschlossen, wie Eintracht, aber sie sind doch keinesfalls um volle sechs Tore schlechter gewesen. Sie hatten mehrfach Pech, und wenigstens aus den beiden Lattenbällen, die ihnen beschieden waren, hätte man ihnen wohlverdiente Tore gönnen mögen. Mit 6:2 hätte dann das Ergebnis das berechtigte Aussehen gehabt.

Die Nürnberger spielen einen recht guten Fußball. Im Sturm wurde sachgemäß und zielbewußt kombiniert, die Läuferreihe gab sich im Spielaufbau redliche Mühe, und die Verteidigung war ebenfalls keineswegs schlecht. Noch weniger wäre dem Torhüter gegenüber vorwurfsvoller Tadel angebracht. Es war sein und seiner Mannschaft Verhängnis, daß diese Goldammers, Ehmers und Genossen so raffiniert schossen, daß von den vielen Bällen sechs unhaltbar ins Netz gingen. Torwächter Haas, der Stellvertreter des Studenten-Internationalen Wenz, zeigte mit einer ganzen Reihe allerbester Paraden, daß er alles andere eher, als ein schlechter Torhüter ist.

Eintracht war gut in Fahrt. Goldammer behauptete sich während 90 Minuten als die Seele seiner Partei, und Ehmer zog — nicht einmal hauptsächlich für sich — Nutzen aus dem planmäßigen Spiel des Mittelläufers und seiner beiden Flügelhalf. Das Schlußtrio der Frankfurter hatte verhältnismäßig leichte Arbeit. Die beiden Verteidiger brauchten nur ihre größere Schnelligkeit wirksam werden zu lassen, um den wesentlich langsameren Gegner in Schach zu halten. Dieser Mangel an Schnelligkeit war Nürnbergs Schwäche und Verhängnis.

Goldammer eröffnete die Serie der Erfolge durch einen prachtvollen und vorzüglich placierten Kraftschuß aus 30 Meter Entfernung. Dann erkämpfte sich Kellerhoff den Ball und steuerte unbehindert aufs gegnerische Tor zu, wo er den Ball schließlich einschob. Kurz darauf profitierte Möbs aus der Unentschlossenheit dreier Gegner und schoß den Ball unter ihren Füßen weg zum dritten Tore ein. Kurz vor der Pause kam noch einmal eine gut abgezirkelte Flanke Kellerhoffs in den Nürnberger Torraum. Brunhuber behinderte bei ihrer Abwehr seinen Torwächter, und Ehmer war der „tertius gaudens". Nach dem Seitenwechsel dauerte es volle 25 Minuten, bis Eintracht einen weiteren Erfolg verzeichnen konnte. Ehmer hatte sich frei gespielt und schoß aus etwa 25 Meter Entfernung ein ähnlich schönes Tor, wie das Goldammers. Auch der sechste Erfolg war eine Prachtleistung. Dietrich täuschte. Kotschenreuther geschickt und leitete einen Angriff ein. Seine Vorlage an Kellerhoff führte zu einer Flanke, die Möbs durch Kopfball verwandelte.

Es ist möglich, daß der AS. Nürnberg mit den diesmal fehlenden Spielern Wenz, Moser und Häßler zahlenmäßig günstiger abgeschnitten hätte. Wie dem auch sei, wir Frankfurter klammern uns in diesem Falle nicht an die nackte Torziffer. Wir halten den Gästen zu gute, daß sie zweifellos achtbare Könner, vor allem aber sportgerechte Verlierer sind.      Ludwig Isenburger. (Aus dem 'Kicker' vom 19.08.1930)

 

 


 

 

Eintracht schlägt A.S.V. Nürnberg 6:0.

Dieses Spiel war das Frankfurter Ereignis. Einfach prachtvoll. Jeder Freund feiner Technik ist auf seine Kosten gekommen. Besonders bei Mantel, Dietrich und Kotschenreuther. Auf dem wie ein Billardtuch daliegenden Eintrachtsspielfeld konnte auch beste Technik produziert werden. Der Platz ist wundervoll hergerichtet. Das Wetter war auch schön. Man sah Tore, und was für welche! Der Besuch des Spiels hat sich also gelohnt.

Der A.S.V. ist natürlich nicht so schlecht, wie es das Resultat anzeigt. In Technik und Zusammenspiel erinnerten die Nürnberger an Wiener Mannschaften, leider aber auch in der Durchschlagskraft. Der Sturm brachte nichts zuwege. Die Abwanderung Scherms ist nicht überwunden worden. Die Eintrachtabwehr, die in der besten Paarung (Pfeiffer, Stubb) spielte, ließ die Gäste gar nicht an den Torwart kommen. Der hatte so gut wie nichts zu tun. Um so mehr Nürnbergs Ersatzhüter (wenn es wahr ist, daß Wenz beim A.S.V. bleibt).

Der Torsegen wurde eingeleitet durch einen Bombenschuß Goldammers, der sich in auffallend guter Form vorstellte und selbst Mantel und Gramlich, seine berühmten Nebenspieler, in den Schatten stellte. Goldammers Zuspiel hat sich so verbessert, daß ich ihm erstmals Chancen geben zu können glaube, sich die internationalen Sporen zu verdienen. Nerz hat ihn beim D.F.B.-Kurs auch nicht übersehen. Da Leinberger nicht alle Spiele mitmachen kann und der D.F.B. kaum auf Kalb oder Pledl zurückgreifen wird, steht Goldammer stark im Vordergrund. Es hat lange gedauert, bis sich dieser faire, lange Mittelläufer herangebildet hat. Als er noch bei der Helvetia war, da hätte niemand daran gedacht, daß aus ihm jemals ein guter Spieler würde. Man kann sich irren. Mancher ist keine geborene Größe, kann es aber durch Beharrlichkeit und Energie weit bringen. Aber diese Fälle sind selten (Knöpfle ist z.B. so ein Spieler.).

Ein anderer Mann der Eintracht ist wieder im Kommen: Schaller, genannt „Bujo", neben Ehmer der gefährlichste Torschütze. Er hatte aber diesmal ausgesprochenes Pech und schoß keinen Treffer, dagegen erzielte Kellerhoff den zweiten Treffer, wobei er sich ganz energisch durchzusetzen verstand. Die Tore Bernhard Kellerhoffs, des ausgezeichneten Technikers, haben Seltenheitswert. Kein Zweifel, daß dieser Treffer im Cafè Hanselmann besonders gefeiert werden wird. Aber vielleicht findet auch Kellerhoff einmal Geschmack am Toreschießen? Es könnte nichts schaden.

Das dritte Tor schoß Möbs, der neue Mann. Dieser hat sich so gut eingeführt, daß schon die Frage auftaucht: Möbs oder Trumpler? Jedenfalls ist Kron in den Hintergrund gerückt. Möbs ist ein wendiger, durchschlagskräftiger Spieler, der schon eine Reihe von Treffern auf sein Konto bringen wird. Sein Schuß aus dem Hinterhalt, den er wohl vorbereitete, verriet fußballerischen Spürsinn.

Am meisten freut man sich sicher bei der Eintracht über die gute Form von Ehmer, der nun einmal zum Eintrachtangriff gehört und für den Erfolg verantwortlich zeichnet. Er kann nicht nur schießen, sondern versteht es auch, Vorlagen zu geben (was Schaller noch lernen muß). Sein weiter Paß zu Kellerhoff kam von diesem zu Dietrich, dessen raffinierte Vorlage Ehmer unhaltbar einrückte. Nach der Pause, als kein Tor mehr gelingen wollte, war es dann wieder Ehmer, der mit einem unheimlichen Schuß aus 25 Metern dem gegnerischen Torhüter aber auch nicht die geringste Chance zur Abwehr ließ. Solche Schüsse liebt das Publikum. Da gibt es stürmischen Beifall, der noch den Wiederanstoß überdauert. In dem Bombenschuß liegt die Entladung aller Energien, die Kraft und die Schönheit des Fußballspiels, Tempo und Rasse, Temperament und Kunst. Ehmer, Schützenkönig am Main, ist deshalb der Liebling der Masse.

Den sechsten und letzten Treffer besorgte Möbs auf Flanke Kellerhoffs durch einen schönen Kopfball. Aber man hätte sehen sollen, mit welch vorbildlicher Kombination vorgearbeitet wurde. Da herrscht vollstes Verständnis zwischen Mantel und Pfeiffer, Dietrich und Kellerhoff. Der Ball wandert hin und her, bis der Gegner, wie im Tennis, „ausplaciert" ist. Das ist Fußballkunst. So wie diese eine Phase hat Ujpest im Genfer Endspiel das ganze Treffen durchgeführt. Technik und Intelligenz ersetzen hier Schnelligkeit und Anstrengung. Diese Art des Spiels sah man mehr auf der rechten Seite der Eintrachtmannschaft, die ein glückliches Gemisch dieser beiden Spielweisen ist.

Dietrich spielte wieder. Er hat wirklich gefehlt bisher! Auch wenn er heute, wo er zum ersten Male wieder spielte, noch etwas untrainiert erschien und nicht zu sehr auffallen konnte. Aber geistig beherrscht und leitet er doch das Spiel der Eintracht. Daran gibt es keinen Zweifel. Ebenso wie Ehmer in seiner Art für die Eintracht unentbehrlich ist, so ist es auch Dietrich. Sie haben beide in Schalke gefehlt. Das erklärt vieles! Andererseits bestätigen auch die Eintrachtspieler, daß Schalke heute über den besten Sturm in Deutschland verfügt. Es besteht also eine „westdeutsche Gefahr" ....

Bei der Eintracht fehlte Trumpler, der beim D.F.B.-Kurs weilt, — nicht .... Als Kuriosum sei auch erwähnt, daß als Ersatzmann neben dem Tore niemand Geringerer als der Internationale Schütz zu sehen war. Glückliche Eintracht, die es sich leisten kann, einen Spieler der deutschen Nationalmannschaft als Ersatzmann aufzustellen, ohne dadurch ihre Elf zu schwächen. Aber das wird noch öfter so sein, denn Frankfurts ältester Ligaspieler, Willy Pfeiffer, läßt sich immer noch nicht ersetzen. Alle Achtung! (Aus dem 'Fußball' vom 19.08.1930)



>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg