Eintracht Frankfurt - Germania Bieber

Bezirksliga Main-Hessen 1930/31 - 4. Spiel

11:0 (4:0)

 

Termin: 21.09.1930
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Freiländer (Mannheim)
Tore: Fritz Schaller (4), Walter Dietrich (2), Karl Ehmer (2), August Möbs (2), Bernhard Kellerhoff

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Germania Bieber

 


  • Winter
  • Zahn
  • Lukas I
  • Lukas II

 

Trainer Trainer

 

Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — Germania Bieber 11:0 (4:0)

Es ist schwer, am Grabe der ohnedies sehr schwachen Hoffnungen, mit denen Germania Bieber zu dem Eintrachtplatz am Riederwald gekommen sein mag, glaubhafte Worte des Trostes zu finden. Der Fernstehende wird angesichts der haushohen Niederlage von 0:11 Toren jeden Beschönigungsversuch als ein billiges Pflaster auf schmerzhaft brennender Wunde betrachten. Und doch waren auch dem nicht nur dem Scheine nach nutzlosen Bemühen der Unterlegenen bemerkenswerte Lichtseiten abzugewinnen. Da war vor allen Dingen die ins Riesenhafte gesteigerte Abwehr der beiden Verteidiger, namentlich die an Aufopferung grenzende Anstrengung des rechten Verteidigers Zahn, der sich bis zum Letzten bemühte, das hereinbrechende Unglück erträglich zu halten. Da war als weiteres Aktivum in den Leistungen Germanias die flotte und gut aufeinander abgestimmte Arbeit der Angriffsreihe mit ihren keineswegs ganz ungefährlichen Flügelstürmern und dem wie ein Luchs aufpassenden Mittelstürmer Lukas II. Allerdings ließ die Gegenmannschaft diese Sturmlinie herzlich wenig in Aktion treten, aber diese seltenen Augenblicke zeigten doch unbestreitbare Fähigkeiten. Schließlich aber muß auch noch das Verhalten des Torwächters Winter anerkennend hervorgehoben werden. Es war gewissermaßen die Tragik dieses vorzüglichen Torhüters, trotz einer fast endlosen Reihe erstklassiger Paraden elfmal die Rolle des Geschlagenen übernehmen zu müssen. Das ändert nicht das geringste an der Feststellung, daß gerade Winter eine allererste Kraft ist und zweifellos unmittelbar hinter Kreß den zweiten Platz in der Qualitätsliste der mainischen Torwächter einnimmt. Meine genaue Statistik weist 63 kunstgerechte Schüsse auf das Bieberer Tor auf, von denen etwa 40 nach Schärfe und Placierung durchaus nicht leicht zu halten waren. Bedenkt man, daß Ball und Boden naß und glatt waren, so wird ohne weiteres einleuchten, daß Winter mehr als reichlich Gelegenheit hatte, sein gutes Können zu zeigen. Mit Fernschüssen, wie sie wiederholt versucht wurden, war er überhaupt nicht zu schlagen, und was will im übrigen der beste Keeper der Welt machen, wenn seine Verteidiger immer wieder auf das raffinierteste überlistet werden und der Ball vom Gegner bis ins Tornetz gespielt wird!

Auch an der vorbildlich sportlichen Haltung der gesamten Germanenelf darf nicht achtlos vorübergegangen werden, um so weniger, als auch die 2. Mannschaft Biebers, die ebenfalls 1:8 verlor, einen ebenso wohlerzogenen Eindruck machte. Man muß schon seine Nerven gut in der Gewalt haben, will man angesichts einer Situation, wie sie diesmal den Bieberern beschieden war, eine solch untadelige Haltung bewahren. Ueberdies fehlten Schnall und Stahlheber in der Germanenelf, und sie hatte außerdem noch das Pech, kurz nach der Pause Lukas I zu verlieren, der sich bei einem Falle verletzte.

Die Schwäche der Germanen bestand hauptsächlich in ihrer taktischen Hilflosigkeit. Sie wußten nicht, sich der weit überlegenen Technik und Kombination des Gegners zu erwehren. Es fehlte ihnen jegliches Einstellungsvermögen auf das ausgeklügelte Dreieckspiel der Eintrachtleute. Diese abgekartete Kombination, eng- und weitmaschig, je nach Bedarf, muß selbst den ruhigsten Gegner schließlich zur Verzweiflung bringen und ihn bis zur Erschöpfung auspumpen. Die Spieler Biebers haben noch zu lernen, daß der Angriff auf den jeweiligen Ballbesitzer nur dann Zweck und Erfolg hat, wenn gleichzeitig die übrigen Gegner gedeckt werden. Das „mark the man", das in Fleisch und Blut übergegangene Bewußtsein, daß neben jeden Gegner ein wie ein Schatten folgender Wachtposten gehört, ist vorläufig bei Bieber noch nicht wahrnehmbar.

So schußfreudig wie diesmal hat man den Sturm des Süddeutschen Meisters wohl noch nie gesehen. Die gesamte Mannschaft besitzt zur Zeit eine körperliche Verfassung, die wohl eine Klasse besser ist als zu Beginn der vorjährigen Verbandsspiele. Trainer 0swalt, der junge Berliner Hochschüler, wird zweifellos seine helle Freude an der Spielweise seiner Schützlinge gehabt haben, denn er hat unstreitig den größten Anteil an dem sichtlichen Fortschritt seiner Mannschaft. Die Frankfurter werden sich bewußt sein, daß die schwierigsten Aufgaben der Vorrunde ihr noch bevorstehen. Kickers Offenbach, FSpV. und Rotweiß Frankfurt, namentlich die Bockenheimer, werden härtere Prüfsteine sein. Man warte in Ruhe den Lauf der Dinge ab!

Bemerkenswert ist, daß sämtliche Tore ordnungsgemäß von den dazu berufenen Stürmern geschossen wurden und die sonst manchmal notwendige Mithilfe der Läufer diesmal entbehrt werden konnte. Vier Kopftore waren zu verzeichnen, und neben den übrigen sieben Treffern gab es noch drei Lattenschüsse. Schaller erzielte vier, Dietrich, Ehmer und Möbs je zwei und Kellerhoff ein Tor.

Schiedsrichter Freiländer vom VfR. Mannheim gut.      Ludwig Isenburger. (Aus dem 'Kicker' vom 23.09.1930)

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