Eintracht Frankfurt - FSV Frankfurt

Bezirksliga Main-Hessen, Gruppe Main 1932/33 - 16. Spiel

3:1 (1:1)

Termin: 27.11.1932 im Stadion
Zuschauer: 17.000
Schiedsrichter: Kläger (Offenburg)
Tore: 0:1 Schlagbauer (15.), 1:1 August Möbs (26.), 1:2 Behning (53.), 1:3 Bernhard Leis (59.)

 

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Eintracht Frankfurt FSV Frankfurt

 


  • Wolf
  • Nadler
  • Hensel
  • Knöpfle
  • Ditsch
  • Schlagbauer
  • Heldmann
  • May

 

Trainer Trainer

 

 

Eintracht — Fußballsportverein Frankfurt 3:1 (1:1).

Bescheidenheit, leb' wohl! Begehrlichkeit ist Trumpf! Ich möchte nie mehr arm sein. Geld, Geld, furchtbar viel Geld möchte ich haben, und wenn es noch so ehrlich verdient wäre. Und wenn es gar keine andere Möglichkeit gäbe, möchte ich an den satten Honoraren des „Kicker" zum Krösus der Jetztzeit werden. Nur, um schenken, Gaben austeilen und am laufenden Band beglücken zu können. Weihnachten steht vor der Türe, das Fest der Geschenke. Allen Vereinsfanatikern im Riederwälder und Bornheimer Anhang möchte ich einen automatischen Scheibenwischer für ihr Fußball-Binocle, alias Vereinsbrille, schenken können.

Es tat sich wieder einmal allerhand an diesem herrlichen Tage der Hochspannung. Die einen wollten nicht wahrhaben, daß Stubb einen regelrechten Handelfmeter verschuldet hatte, die andern suchten einem das Märchen anzudrehen, W. May habe den durchbrechenden Behning nicht mit beiden Füßen angesprungen. Manchmal gehören starke Nerven dazu, um dem Großtag im Frankfurter Fußballsport beizuwohnen. Im Grunde sollte man ja all diese Fußballnarren ob ihrer unentwegten Vereinsschwärmerei lieb haben, aber sie sollten dafür auch ihre Intoleranz endlich und endgültig zu Grabe tragen. Vor allem aber sollten die jüngsten, noch schulpflichtigen Jahrgänge ihr anscheinend angeborenes Indianergeheul auf die Stunden ihrer Karl May-Lektüre und örtlich auf ihr trautes Kämmerlein beschränken. Dieses üble und niederträchtige „He—ha—ho" ist unsportlich und geschmacklos zugleich!

Die Sache mit dem Scheibenwischer an der Parteibrille wäre ernsthaft zu überlegen, denn auch bei dem großen Frankfurter Ortstreffen zwischen Eintracht und Fußballsportverein gibt es unendlich viel Wertvolles zu schauen und zu erleben, man braucht nur die Brillengläser fein säuberlich geputzt zu halten. Man braucht nicht auf das Ergebnis zu blicken, nur um festzustellen, daß den Riederwäldern die Revanche für die jüngste Niederlage geglückt ist, man braucht sich nicht zu streiten, ob die Niederlage der Bornheimer nur unglücklich oder der Sieg der Eintracht klar und eindeutig verdient und berechtigt war. Es ist angenehmer und aufschlußreicher, einmal Vergleiche zu ziehen. Dazu war gerade diesmal besonders reichliche und reichhaltige Gelegenheit.

Da waren zunächst einmal die beiden neuen Mittelstürmer der beiden Mannschaften, Schlagbauer auf der einen, Behning auf der andern Seite. Schlagbauer, der Schußgewaltige, zweifellos ein ganz hervorragender Torschütze, der auch diesmal den 1. Treffer dieses Spiels erzielte, auf wundervolle Weise erzielte, und damit fast den Erfolg des Tages bestimmt hätte. Aber da war Behning, der fast auf die gleiche Weise und fast von derselben Stelle aus, ebenfalls zeigte, daß er wuchtig und treffsicher seinen Ball zu placieren versteht. Trotzdem scheint vorderhand Schlagbauer der gefährlichere Schütze zu sein. Aber anscheinend ist er doch nur Stürmer, nicht, wie er es sein sollte, Sturmführer zugleich. Manchmal will es scheinen, als sei er kein Glied in einer Fünferreihe. Behning fügt sich besser ein, hat mehr Kontakt mit seinen Nebenleuten, trotzdem bei seinem Debüt noch lange nicht alles wunschgemäß klappte. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, mag Eintracht den wertvolleren Erwerb zu verzeichnen haben. Man muß abwarten, wie sich die beiden Centre-Forwards weiterhin entwickeln.

Da waren ferner die beiden Torwächter, Wolf für Bornheim, Schmitt für den Riederwald spielend. Man ist hierzulande, durch Willibald Kressens ungemein ästhetisch wirkende Spielkunst, namentlich beim Fangen hoher Bälle, sehr verwöhnt, aber der häufige Beifall auf offener Szene entsprang diesmal durchaus nicht nur dem Gefühl der Dankbarkeit über eine abermals beseitigte Gefährdung des Tores, dieses Händeklatschen löste sich sehr oft ganz spontan aus dem Bewußtsein, sich immer wieder an ausgezeichneten Paraden erfreuen zu können. Hier galt die Anerkennung beiden Torwächtern in gleichem Maße und nach gleichem Verdienst.

Da waren ferner die beiden internationalen Flügelläufer Mantel und Knöpfle. So grundverschieden die Kampfesweise und die technischen Behelfsmittel dieser beiden Könner sind, es reizte zum Vergleich. Knöpfle, seit Jahren und mit Recht der eiserne Bestand unserer Ländermannschaft, diese Personifizierung des Begriffes Willenskraft und Hingabe, Mantel dagegen, dieses „non plus Ultra" einer ausgeklügelten Spielkultur, der „Schöngeist" unter den Frankfurter Fußballspielern. Es ist schwer, diesem vor jenem oder umgekehrt den Vorzug zu geben, es hängt alles davon ab, ob man jeweils für den Augenblick die geistige Aufnahmefähigkeit auf Kampf oder Genuß eingestellt hat.

Da waren ferner die beiden jungen Bergers, der eine, siebzehnjährige, erstmals, der andere auch erst seit ganz kurzer Zeit vor die schweren Aufgaben eines Liga-Verbandsspieles gestellt. Es war ein erfreuliches Gemisch von jugendlichem Stolz, Spielfreudigkeit und ernstem Verantwortungsbewußtsein, mit dem sich beide erfolgreich einsetzten. Wie mag das Antlitz Vater Bergers gestrahlt haben! Es war der Tag der endlichen Erfüllung seines sehnsüchtigen Wunsches: seine beiden Buben in der 1. Mannschaft seiner heißgeliebten „Eintracht". Und nun obendrein noch diese unbestreitbare Tatsache, daß der jüngere von beiden dem Spiele, das in diesem Augenblick noch lange nicht so rosig für „Eintracht" stand, die entscheidende Wendung gegeben hat! Man kann mit gutem Gewissen sagen, daß Berger II allein, ganz allein, durch seine wundervolle Energieleistung, mit der er über den routinierten Knöpfle die Oberhand behielt, den Führungstreffer eingeleitet und ermöglicht hat und somit seiner Partei zum schließlichen Siege den Weg öffnete.

Da waren ferner die beiden Halblinken, Heldmann und Möbs, beide die besten Stürmer ihrer Elf, Möbs obendrein noch der beste Mann auf dem Platze. Beide gleichmäßig gut, man darf sogar sagen, unentbehrlich für ihre Farben, aber trotzdem wieder so unterschiedlich in allen Einzelheiten. Heldmann leider ziemlich klein und ohne körperliche Wucht, so daß seine wundervolle Balltechnik nicht immer zu produktiver Auswirkung kommt, Möbs dagegen auch mit einem Uebermaß an Ballgefühl ausgestattet, darüber hinaus aber auch im Nehmen und Geben gleichmäßig hart und deshalb von großer Durchschlagskraft, für einen Halbstürmer eine ungemein wichtige Eigenschaft.

Da waren ferner die beiden Mannschaften in ihrer Gesamtheit, mit der so außerordentlich unterschiedlichen Spielweise. Eintracht, die Elf der Techniker, Taktiker und Strategen, Fußballsportverein, die Mannschaft des verkörperten und veredelten Vereinsgeistes. Vielen mag die Methode der „Eintracht" besser gefallen, sie bietet in der Tat weit mehr für das Auge des Beschauers und das Erwarten des Kenners. Aber an den Tagen, an denen es zwischen den beiden um Punkte geht, braucht auch der Fußballsportverein sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen.

Der Spielausgang wird jeweils von der Tagesform entschieden werden. Diesmal hatte die Eintracht dieses Plus. Der Spielanfang gehörte den Bornheimern, bis „Eintracht" zum Ausgleich kam. Der Eindruck bei Halbzeit machte das 1:1 berechtigt. Nach der Pause spielte der Süddeutsche Meister zeitweilig wie in seinen besten Tagen. Fußballsportverein dagegen erwies sich als entmutigt. Das war in gewissem Sinne entschuldbar, denn nach glücklichem Start und einem verdienten, obendrein auch noch sehr hübschen Führungstor folgte der unvermutete Ausgleich. Dazu kam ein vom Schiedsrichter offenbar übersehenes Handspiel Stubbs im eigenen Strafraum, später ein Elfmeter gegen die Bornheimer, einwandfrei berechtigt, aber doch grausam in seiner Auswirkung. Zu allem Unglück kurz darauf ein ebenso berechtigter Elfmeter gegen „Eintracht", der aber von dem sonst so treffsicheren Elfmeterspezialisten Hensel knapp verschossen wurde. Das nahm den Bornheimern vollends allen Schneid, und so brauchte man sich nicht zu wundern, daß knappe Fehlschüsse, ein Kopfball auf die Querlatte und die Versäumnis einiger anderer Chancen folgten. Gewiß, auch die „Eintracht" hätte aus ihren Schußgelegenheiten einiges mehr herausholen können, aber der Fußballsportverein war doch mehr vom Pech und seinen unliebsamen Folgeerscheinungen auf die Mentalität seiner Spieler benachteiligt. So endete dies Treffen also 3:1 für "Eintracht". Tagesform! Oder: Tagesform?? A la prochaine fois, messieurs!

Duer Schiedsrichter Kläger aus Offenburg war trotz einiger nicht ganz belangloser Fehler gut. Die Beachtung der Vorteilsregel gehört allerdings auch zu den unentbehrlichen Requisiten vollendeter Pfeifkunst.      Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 29.11.1932)

 

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