Eintracht Frankfurt - Union Böckingen

Süddeutsche Meisterschaft, Gruppe Nord-Süd 1932/33 - 8. Spiel

5:0 (4:0)

Termin: 26.02.1933
Zuschauer: 5.000
Schiedsrichter: Reichel (Fürth)
Tore: 1:0 Theodor Trumpler (9.), 2:0 Willi Lindner (26.), 3:0 Willi Lindner (42., Handelfmeter), 4:0 Theodor Trumpler (43.), 5:0 Stefan Hemmerich (60.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Union Böckingen

 


  • Hengsteler
  • Walter II
  • Grau
  • Scholl
  • Kollmer
  • Hoffmann
  • Sammet
  • Walter I
  • Schadt
  • Stegmüller

 

Trainer Trainer

 

Eindrucksvoller Sieg der Frankfurter Eintracht

Eintracht Frankfurt — Union Böckingen 5:0 (4:0).

Es war bezeichnend für dieses Meisterschaftstreffen am Riederwald, das der Frankfurter „Eintracht" einen bemerkenswert klaren 5:0-Sieg über „Union" Böckingen brachte, daß niemand aus dem Eintracht-Anhang in Erinnerung an das betrübliche 0:2 der ersten Begegnung in Böckingen sagte: "Und von einer solchen Mannschaft hat sich der Süddeutsche Meister schlagen lassen!" Zweierlei ist aus dieser ungewohnten Zurückhaltung zu entnehmen. Erstens, daß man hierzulande, soweit man mit den Riederwäldern sympathisiert, froh war, daß die Mannschaft überhaupt an diesem Tage zu einem Siege von vorläufig noch unberechenbarer Bedeutung gekommen war, zumal dieses 5:0 eindeutig klar und verdient war. Zweitens darf man aus der auffallenden Ruhe und Gelassenheit, mit der dieser Erfolg dankbarst quittiert wurde, schließen (und korrekte Augenzeugen werden es rückhaltlos bestätigen), daß die Gäste aus Böckingen sicherlich nicht so schlecht waren, wie es ein Fernstehender der nackten Torziffer entnehmen möchte. Union hatte eben das Mißgeschick, die Eintracht an einem Tage der Hochform anzutreffen und wurde überspielt, ohne recht zu wissen, wie das alles kam. Das Stammpublikum vom Riederwald erkannte die Ursachen der Wandlung zum Besseren ziemlich leicht, wußte bereits nach Ablauf der ersten Halbzeit, daß der wichtigste Mannschaftsteil, die Läuferreihe, ausgezeichnet war, wie immer oder wenigstens meistens, daß das internationale Verteidigerpaar vielleicht gerade rechtzeitig vor dem Länderspiel gegen Frankreich sich wieder in absolut zuverlässiger Form zeigte, und daß Torwart Schmitt allenfalls mangels ausgiebiger Gelegenheit nicht ganz so deutlich, wie an den letzten Sonntagen in den Vordergrund treten konnte. Vor allem aber erkannten die Gewohnheitszuschauer der Eintrachtspiele, daß die in letzter Zeit niemals voll vertrauenerweckende Angriffsreihe wie umgewandelt war. In der Aufstellung Lindner, Mantel, Ehmer, Hemmerich, Trumpler, also trotz Fehlens so guter Spieler wie Möbs, Berger I und II, usw.; präsentierte sich diese Sturmreihe so ungewohnt lebendig, daß der neue Silberstreifen am Horizont der Riederwälder fast schon vergoldet erschien.

*

Trotz allem sollte man nicht aus dem einen Extrem der seitherigen Verzweiflung in das andere der allzu beifallsfreudigen Ueberschwenglichkeit verfallen. Noch ist nicht alles Silber, was da am Horizont streifte. Fest steht m.E. bis jetzt nur, daß der Linksaußen Lindner zweifellos eine neue Hoffnung für unsere Nerz-Mannschaft, wenn auch vielleicht noch nicht für die März-Mannschaft ist. Karl Wohlschlegel hat ja bekanntlich den ehemaligen Niederräder längst in sein Herz geschlossen, und Otto Nerzen wird es bekannt sein, daß man längst in Berlin promovieren kann, wenn man das badensische Physikum in der Tasche hat. Und wenn unser Bundestrainer ganz sicher gehen will, dann möge er sich die erforderlichen Referenzen bei Bernhard Kellerhoff beschaffen, der sich sichtlich freute, in Lindner einen solch würdigen Nachfolger erhalten zu haben. Vielleicht ist auch Trumpler in eine ähnliche Dauerform zu bringen, wenn er sich angewöhnt, etwas früher zu flanken. Ehmer war zwar heute ein besonders gut aufgelegter Mittelstürmer, aber ich bedaure, den Cronberger nach wie vor ausschließlich für einen Halblinken halten zu müssen, und wundere mich nur, daß er selbst nicht einmal verlangt, auf diesem Posten ausprobiert zu werden. Mantel verriet schon durch sein dauerndes Verweilen in der Läuferreihe, daß er im Grunde dorthin gehört. Damit soll und darf keineswegs verschwiegen werden, daß er gerade heute, besonders nach der Pause, für Eintrachts weitaus besten Stürmer Lindner geradezu unbezahlbare Vorarbeit verrichtete. Wer sich die lohnende Mühe machte, Mantels wundervolle Vorlagen einer verdienten, ganz besonderen Aufmerksamkeit zu würdigen, weiß, welch großen Anteil Mantel an Lindners Prunkform hatte. Hemmerich verspricht sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten.

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Unions beste Kräfte waren das Brüderpaar (oder sind es nur Namensvettern?) Walter I und II. Namentlich der rechte Verteidiger Walter II erregte durch die Art und Weise, wie er sein fast unmenschliches Arbeitspensum glatt bewältigte, berechtigtes Erstaunen. Neben ihm trat sein Partner Grau wohl merklich zurück, aber trotzdem war auch dieser Fullback sehr gut. Der Leistungsunterschied beweist eben nur, wie vortrefflich der rechte Verteidiger seinen schweren Posten ausfüllte. Hengsteler ergänzte in sehr würdiger Weise zu einem Schlußtrio, wie es manche andere Ligaelf auch nicht besser hat. Die fünf Tore, die Hengsteler passieren lassen mußte, waren eben in der Tat für ihn unerreichbar. Seine Abwehrarbeit gegenüber vielen anderen, manchmal recht schwierigen Bällen, läßt keinen Vorwurf für den Torwart aufkommen, am hohen Spielverlust schuldig gewesen zu sein.

Weniger restlos befriedigend präsentierte sich die Böckinger Läuferreihe, der man allerdings zugute halten muß, daß für Schnabel und Frey zwei Ersatzleute, Scholl und Kollmer, eingestellt werden mußten, deren positive Leistungen obendrein noch durch die Regsamkeit des Eintrachtsturms beeinflußt waren. Der Union-Sturm hatte fast durchweg sehr gute Einzelkräfte, namentlich, wie schon erwähnt, Walter I in der Mitte. Aber auch Sammet und sein Nebenmann Hoffmann auf Rechtsaußen konnten, soweit sie im Besitz des Balles waren, gut gefallen. Und fast ebenso verrieten auch Stegmüller und Schadt vollauf die Berechtigung ihrer Zugehörigkeit zu einer gut renomierten Ligamannsaft. Nur eines war eben bei allen gleichmäßig zu bemängeln: das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Zusammenarbeit, also der Kombinationswille und die Kombinationsleistung, kam bei aller Güte der Einzelleistung zu kurz. Dieser Umstand, unterstrichen durch die erwähnten Schwächen in der Läuferreihe, mögen die Niederlage verschuldet haben, die zum Glück von allen Gastspielern mit Würde ertragen wurde. Beide Mannschaften zeigten übrigens, daß man um wichtige Punkte scharf, aber trotzdem fair spielen kann.

Union Böckingen hat trotz der hohen Niederlage absolut nicht schlecht gefallen. Schade, daß die Mannschaft infolge Schußpechs in der zweiten Halbzeit nicht zu einem Ehrentor gekommen ist, das berechtigt gewesen wäre.

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Von den fünf Toren fielen vier vor der Pause, während Eintracht vollkommen dominierte. Trumpler in der 9., Lindner in der 26. und nochmals in der 42. (Handelfmeter!) und dann wieder Trumpler in der 43. Minute waren die Torschützen. Eine Viertelstunde nach der Pause, als sich Eintracht angesichts des sicheren Sieges nicht mehr restlos ins Zeug legte und der Kampf zeitweilig ausgeglichen war, erhöhte dann Hemmerich auf 5:0.

Spielleiter Reichel aus Fürth amtierte korrekt, trotz zweier Verstöße gegen die Vorteilsregel und mehrfacher Abseitsfehler gegenüber dem Böckinger Linksaußen Stegmüller, der vor der Pause fast ständig abseits stand. Offenbar klappte die vorher verabredete Zusammenarbeit mit den Linienrichtern nicht, weil Reichel immer nur seinen Helfer jenseits der Tribüne beachtete. Ludwig Isenburger.       (aus dem 'Kicker' vom 28.02.1933)

 

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