FSV Frankfurt - Eintracht Frankfurt

Gauliga Südwest 1933/34 - 19. Spiel

1:6 (0:5)

Termin: 04.03.1934 im Stadion
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Seltsam (Heidelberg)
Tore: 0:1 Willi Lindner (5.), 0:2 Karl Monz (19.), 0:3 Karl Monz (22.), 0:4 Pettinger (34.), 0:5 Willi Lindner (41., Handelfmeter), 0:6 Pettinger (59.), 1:6 Schlagbauer (88.)

 

>> Spielbericht <<

FSV Frankfurt Eintracht Frankfurt

  • Dietrich
  • Nadler
  • Schöb
  • Schweinhardt
  • Schlagbauer
  • Schuchard
  • Hartwig
  • Krock
  • Fendt
  • Heldmann
  • Haderer

 


 

Trainer
Trainer

 

Fußballdämmerung in Frankfurt a.M.

3000 Zusehauer beim „Derby"! — Dabei 1500 Freikarten — Eintracht baut wieder auf — Schütz spielte Mittelstürmer — Stubb wieder hergestellt — Ein neues Läufertalent! Zipp! — Bornheims Läuferreihe verschuldet 1:6-Niederlage

Das "große Derby" ist vorüber. Es blieb aber diesmal recht klein... So wie wenn zwei Boxer mit klangvollen Namen sich auf ihre alten Tage noch einmal einen Fight liefern. Das zieht nicht mehr, trotz aller Reklame. Das Publikum weiß, was ihm geboten wird, es weiß auch, was es sehen will. Selbst die milde Frühlingssonne, von Naturfreunden und Photographen mit gleicher Freude begrüßt, lockte keine Menschenmenge ins Frankfurter Stadion.

Ganze 3000 kamen zu Sportverein — Eintracht! Dazu hatte man 1500 Freikarten an Schüler ausgegeben. Ist dieser Mangel an Interesse nicht ein Jammer und eine stille Anklage?! Die Frankfurter sind gekränkt, daß keiner ihrer Vertreter Meisterschaftsaussichten hat. Sie versagen jetzt den beiden Vereinen die Gefolgschaft, die in den Tagen des Glücks das Stadion zu füllen vermochten. Die Gunst des Volkes ist wandelbar. Sie ist nur dem Erfolge treu.

*

Eintracht hat 6:1 gesiegt, Halbzeit 5:0. Der Sieg hätte leicht höher ausfallen können. Der Ehrentreffer Bornheims durch Elfmeter Schlagbauers in der letzten Minute war ein großzügiges Geschenk von Stubb. Nur schade, daß die zweite Halbzeit so gegen die erste abgefallen ist. Eine 5:0-Führung schläfert anscheinend ein.

Die Riederwälder haben so hoch gewonnen, weil — Sportverein es zuließ, Lindner instinktsicher vier Torchancen verwertete und Schütz ausgezeichneter Sturmführer war. Um es vorweg zu nehmen: Schütz fehlen heute fast alle physischen Eigenschaften, die einen guten Mittelstürmer ausmachen. Seine Routine ist jedoch so groß, sein kluges, rationelles Spiel so durchdacht, daß die Eintracht wohl seit langem im Sturm nicht mehr so gut geführt wurde wie diesmal.

Trotzdem bleibt Schütz im Sturm eine Verlegenheitslösung. Man hatte zwar gottlob den ausgezeichneten Hennes Stubb wieder in der Verteidigung, doch der 60-Meter-Torschütze des Ungarnspiels mußte zu viele Fehler seines Partners Otto ausgleichen. Er tat dies mit bewundernswerter Schnelligkeit in internationaler Form. Dafür wirkte Otto wie ein Gewitterbock und feuerte beängstigende Löcher in die Luft. Unterdessen erlebte Torwart Schmidt die Sensation des Roulette-Spielers, ob es ein Treffer ist oder nicht, so oft, daß er kaum noch Herr seiner Nerven war. Otto aber, der von einer schwarzen Serie von Fehlschlägen betroffen war, hob schützend die Hand vor die Augen und schob alle Schuld auf die — hinter ihm stehende Sonne. Man muß mit Ausreden vorsichtig sein...

Die Aufstellung der Eintracht lautete: Schmidt; Otto, Stubb; Gramlich, Leis, Zipp; Berger II, Mons, Schütz, Pettinger, Lindner.

Es fehlten also vor allem Tiefel, Möbs und Trumppler. Trotzdem war Otto der einzige schwache Mann. Glänzend hielt sich vor allem die Läuferreihe. In dem neuen, aus der Jugend hervorgegangenen linken Läufer Zipp, ist ein großes Talent erkennbar. Merkwürdig, daß die Eintracht immer so gute Außenläufer hat. Anscheinend wirkt das Beispiel ansteckend. Wenn Zipp noch etwas genauer zuspielen lernt, dann ist er mit seiner Abwehrkunst und Kampfesfreude eine große Verstärkung.

Ein anderer neuer Mann ist der Halblinke Pettinger. der sich erst noch einspielen muß. Man kann ihn noch nicht abschließend beurteilen. Etwas verschlechtern in dem wackeligen Eintrachtssturm wird er auf jeden Fall nicht. — Sehr nett auch Mons, der als Verbindungsstürmer besser zur Geltung kommt als in der Mitte.

Lindner, unregelmäßig in seinen teilweise hervorragenden Leistungen, schoß vier Tore, darunter einen Elfmeter. Mons und Schütz waren je einmal erfolgreich.

Die Eintracht dürfte sich mit diesem Siege aus der näheren Abstiegsgefahr herausgearbeitet haben. Sie kann jetzt langsam an den Neuaufbau der veralteten Mannschaft gehen. Gute Grundlagen sind vorhanden. Wann aber wird man würdige Nachfolger für die großen alten Kanonen finden?! Sind denn die Talente so rar geworden?!

*

Fußballsportverein hat in den letzten Wochen manche bittere Pille schlucken müssen. Das hat sich recht schlimm ausgewirkt. Gestern noch Spitzenkandidat, heute schon abstiegsgefährdet...

Zuerst kam die Vereinsstrafe gegen J. May und Knapp. Hier hätte man einen Unterschied machen müssen. Das Vergehen von Knapp ist lange nicht so strafwürdig wie das von J. May. Es war mehr unüberlegt als verwerflich. Sportverein vergibt sich nichts, wenn er Knapp jetzt begnadigt!

Dann die Pirmasenser Sache! Die Platzsperre kann katastrophale Folgen haben und auch die Meisterschaft beeinflussen. Auch hier genügt die Warnung. Man sollte es bei den 14 Tagen bewenden lassen.

Schließlich ist auch die Sperre von Wolf und W. May eine bedenkliche Schwächung. Der kleine Ersatztormann Dietrich mag talentiert sein, aber er kann ja kaum bis an die Latte heraufreichen. Überhaupt, die vielen kleinen Spieler in der Bornheimer Mannschaft. Glaubt man z. B. mit dem Sturm der Dreikäsehochs etwas erreichen zu können?! Krock und Fendt sind zwischen Haderer, Heldmann und Hartwig eine Unmöglichkeit.

*

Fußballsportvereins Standardaufstellung ist in die Binsen gegangen. Jeder Sonntag bringt eine neue Aufstellung. Diesmal hieß sie:

Dietrich; Nadler, Schöb; Schweinhardt, Schlagbauer, Schuchard; Hartwig, Krock, Fendt, Heldmann, Haderer.

Am schwächsten in dieser Elf sah vielleicht der Sturm aus. Nach meiner Ansicht trifft aber die Läufer das größte Verschulden. Keine Deckung, kein Aufbau. Wozu waren sie denn überhaupt da?! Da hatten es die Verteidiger recht schwer. Da half auch das unausgereifte Talent des etwas zu harten Schöb nichts, ebensowenig wie einige schöne Leistungen des nach rechts gestellten Nadler.

Zu erwähnen ist noch, daß Schiedsrichter Seltsam, Heidelberg, seinem Namen wirklich alle Ehre machte. Das Spiel war sehr fair. Es fehlte die Rivalenstimmung. Die zweite Halbzeit war sogar ausgesprochen langweilig.      Dr. C. E. L. (aus dem 'Fußball' vom 06.03.1934)

 

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