Yorck Boyen Insterburg - Eintracht Frankfurt

Deutsche Meisterschaft, Gruppe 1 1937/38 - 1. Spiel

1:5 (1:2)

Termin: 03.04.1938
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Peters (Berlin)
Tore: 0:1 Adam Schmitt (17.), 1:1 Schulz (29.), 1:2 Albert Wirsching (36.), 1:3 Adam Schmitt (47.), 1:4 Adam Schmitt (50.), 1:5 Friedrich Groß (75.)

 

>> Spielbericht <<

Yorck Boyen Insterburg Eintracht Frankfurt

  • Turkowski
  • Acthun
  • Matteit
  • Albring
  • Furche
  • Sander
  • Tittnack
  • Kuschel
  • Schulz
  • Täger
  • Domnick

 


 

Trainer
Trainer

 

 

 

Eintracht hatte Schußstiefel mitgebracht

In dem traditionsreichen Dessauer Hof, dem zunächst russischen und nach dem Hindenburgsieg bei Tannenberg dann deutschen Hauptquartier des Weltkrieges, war auch das Hauptquartier der friedlichen Fußballschlacht zwischen Gaumeistern aus dem Nordosten und dem Südwesten des Reiches aufgeschlagen. Hierhin strömte alles. Die Eintracht-Mannschaft war hier abgestiegen, der Schiedsrichter Peters wohnte hier. Nach dem Spiel versammelten sich die Mannschaften und Ostpreußens Gauführer und Gaufachwart mit ihren Insterburger Mitarbeitern zu einer kameradschaftlichen Stunde. Und wenn nicht das gastliche Haus ein ganzes Dach gehabt hätte, wäre wohl auch der reichlich nasse Segen des Himmels hineingeströmt. Bereits Sonnabend früh war die Eintrachtmannschaft in Insterburg eingetroffen. Trotz der hohen Siege, die sie bisher bei dem damaligen Ostpreußenmeister Hindenburg Allenstein landete, unterschätzte sie die Insterburger Soldaten durchaus nicht. Dem üblichen Kinobesuch am Sonnabend folgte ein ausgiebiger Schlaf nach der langen Reise, währenddessen sich die Begleiter der Eintracht der sachkundigen Führung des ostpreußischen Fachwartes anvertrauten. Sonntags zum Frühstück waren zur Freude des Insterburger Fußballführers K. Padesske — bis auf ein Trio — alle Kämpfer und Schlachtenbummler in bester Laune wieder im Hauptquartier. Kurz darnach hatte man die Freude, den ebenfalls hier abgestiegenen hochbetagten Generalfeldmarschall von Mackensen in seiner Rüstigkeit zu bewundern; aber die Sorge um das Fehlen der erwähnten drei war unnötig. Rechtzeitiger als erforderlich rollte der Wagen unseres Reichsbundgauführers, Standartenführer Sohn, mit seiner kostbaren Last, dem Schiedsrichter des Kampfes und dem Gaugeschäftsführer, Karl Brust, die eine interessante Fahrt durch das schöne Masuren unternommen hatten, vor, und der Stein von dem Herzen unseres Insterburger Freundes konnte fallen.

Die Tips lauteten auf einen klaren Eintrachtsieg.

Zwar hatte der der Frankfurter Elf auf ihrer Besichtigungsfahrt durch die Stadt und des Platzes beigegebene Unteroffizier einen vollen, mindestens aber einen halben Erfolg des ostpreußischen Gaumeisters als sicher hingestellt; aber weder dadurch, noch durch den Landregen, der den Rasenplatz im Insterburger Stadion mit einer Seenplatte versah, ließen sich die Gäste beeindrucken, geschweige denn beirren. Ihr Plan war, nach dem Gang des Spiels zu schließen, schnell eine Entscheidung herbeizuführen, den Ostpreußenmeister im ersten Spurt zu überlaufen. An diesem hielten sie fest. Und es gelang! Zunächst ging es ja nicht ganz nach Wunsch; denn nicht nur der tüchtige Torwart der Insterburger stellte sich dem Ziele der Eintracht entgegen, sondern auch Latte und Pfosten. Dreimal landeten die gutgemeinten Schüsse von Möbs, Wirsching und Schmidt in den ersten Minuten an Latte und Pfosten. Da sah es sehr, sehr böse für den Ostpreußenmeister aus. Immerhin, der Führungstreffer konnte bei einer so gewaltigen Angriffswelle nicht ausbleiben — und er wurde nach 17 Minuten durch Schmidt erzielt, als er den Insterburger Torwart im Schußansatz täuschte. Jetzt ließen die Frankfurter nach. Sie legten sozusagen eine Verschnaufpause ein, die die noch frischen, durch die Kombinationsmaschine der Eintracht noch lange nicht zermürbten Soldaten sogar ausnützten. Albring erwischte einen von Stubb verpaßten Drehball, zog damit ab, flankte schön vors Tor, wo Schulz mit einem feinen Kopfball ein vielbejubeltes Ausgleichstor erzielte. Kuhglocken ertönten.

Dreitausend Ostpreußen witterten eine Sensation!

Die Rechnung jedoch machte der Südwestmeister auf... Langsam zog er die Spielführung an sich, und 9 Minuten nach dem Ausgleich war die Führung wieder erreicht. Schmidt schoß hoch in die rechte Torecke. Turkowski glitt der nasse Ball aus den Armen, und der wachsame Wirsching hatte nur einzuschieben. Mit 2:1 war das Halbzeitergebnis erreicht. Für die zweite Hälfte wandte die Eintrachtmannschaft das gleiche Rezept an, und diesmal klappte es besser. Binnen fünf Minuten hatte Schmidt den Insterburger Torhüter zweimal geschlagen. 4:1 führt die Eintracht, übrigens mit dem Kicker-Tip, und damit war die Schlacht entschieden.

Die Eintracht konnte es sich jetzt sozusagen erlauben, ein langsames Tempo anzuschlagen, mit dem die jetzt durch die Kombinationsmaschine der Südwester zermürbten Ostpreußen nur mit Mühe mitkamen. Teils zur Sicherung dieses Vorsprunges, teils auch zur Schonung der verletzten Spieler, nahmen nun die Frankfurter einen größeren Spielerwechsel vor. Groß ging nach Linksaußen, Möbs spielte rechten Läufer, Gramlich verteidigte mit seinem Nationalmannschaftskameraden Stubb. Dieser Tausch war nicht schlecht; denn nun spielte Schmidt in der Sturmmitte und er setzte seine Nebenspieler sogar noch besser ein als der ausgezeichnete Techniker Möbs vorher. Eine seiner Vorlagen führte dann auch in der 75. Minute durch den humpelnden Groß sogar zum 5:1. Und jetzt änderten die Ostpreußen ihre vorherige Einstellung. Durch Sprechchöre

„Wir wollen weitere Tore sehen!"

wünschten sie ein zweistelliges oder ähnliches Resultat, das aber der Ostpreußenmeister dank seiner ausgezeichneten Abwehrleistung nicht verdient gehabt hätte. Es blieb bei diesem 5:1 als Schlußergebnis eines fair durchgeführten Meisterschaftskampfes, der seine Werbewirkung nicht verfehlt haben wird.

Der Südwestmeister hatte Insterburg ebenso begeistert wie vor fünf Jahren in Königsberg, als er gegen den damaligen Verbandsmeister Hindenburg Allenstein 6:0 gewann. In den Belangen der Fußballkunst, der Ballführung, täuschen, Tricks und Zuspiel waren sie den ostpreußischen Soldaten um eine gute Klasse überlegen. Aber es ist zuviel schönes Spiel in der Eintrachtelf, Schönspiel, das auf Konto der Produktivität geht. Der Tank Ehmer, diesmal an der Außenlinie als Ersatz spielend, war vor einem Jahr als Sturmführer viel gefährlicher. Immerhin hat jetzt die Eintracht in Wirsching und Schmidt zwei ausgezeichnete Halbstürmer von größter deutscher Klasse. Ausgesprochen schwache Punkte sind in der Eintrachtmannschaft jedoch nicht festzustellen. Allerdings gibt es auch keine Spielerpersönlichkeiten. Selbst die alten Nationalspieler Stubb und Gramlich ragen aus dem Mannschaftsganzen nicht besonders hervor. Einzig der Torwart zeigte viele Unsicherheiten. Durch das Fehlen von Fürbeth, des Mittelläufers, war Trainer Oswald zu einer Aenderung in der Läuferreihe gezwungen. Jedoch verrichtete Lindemann als Stopper seine Sache ausgezeichnet, während Arheilger auf der linken Seite sogar eine große Stütze der Mannschaft bildete. Daß Gramlich ebenso wie Stubb in einer Reihe von Spielzügen zu ihrer Länderspielpraxis kamen, versteht sich von selbst.

Für die nicht verwöhnten Insterburger gab es großes Staunen. Und man bedauert nun, daß nicht auch der HSV. in Insterburg spielen wird. Mit der Fahrt sämtlicher Autobusse Insterburgs und Umgebung nach Königsberg zum HSV. wird bestimmt gerechnet. Aus den vorgenommenen fünf Gewinnpunkten dürfte nun, nachdem die Insterburger Soldaten die ersten beiden Spiele verloren haben, nichts mehr werden. Mit der Revanche gegen den Pommernmeister dürften die Insterburger, die zweifellos nicht die Klasse des vorjährigen ostpreußischen Gaumeisters besitzen, das möglichste erreicht haben.

Am nächsten Sonntag werden nun alle Deutschen ihrer Pflicht genügen. Jedoch am Karfreitag, an dem der Städtekampf Königsberg — Warschau stattfinden sollte (der Kampf ist auf den 24. April verlegt worden), wird Fußball-Ostpreußen Zeuge des HSV.-Insterburg-Spieles sein. Der Kicker-Tip dafür lautet: 5:1.      H. Schemionek. (aus dem 'Kicker' vom 05.04.1938)

 

 


 

 

Eintracht Frankfurt spielte souverän!

York Insterburg — Eintracht Frankfurt 1:5

Souveräne Leistung der Gäste aus Südwest — Eintracht zeigte Kombinationsspiel par excellence — Es hätte auch 8:1 heißen können!

Insterburg, 3. April

Die Frankfurter haben wohl selten mit so vollendeter Kombinationskunst und harmonischen Zusammenwirkens aller Reihen glänzen können wie zu Insterburg. Die „Maschine" lief einfach wunderbar und ihr Rhythmus wurde selbst dann nicht gestört, wenn die Heimelf -- allerdings selten genug -- sich zu geschlossenem Wirken und gefährlichen Vorstößen zusammenfand. Aber selbst in jenen raren Augenblicken war den Mannen aus Südwest nichts am Zeug zu flicken. Zu untadelig arbeitete die Deckung und zu sicher meisterte Eintrachts Hüter die Scharfschüsse der Insterburger in derer bester Periode, nämlich zwischen der 23. und der 34. Minute der 1. Halbzeit. In der 23. war nämlich York — die in der 17. Min. durch Schmitt 1:0 in's Hintertreffen geraten war — durch sein Ausgleichstor von Schulz (Kopfball) mächtig aufgepulvert worden. Allein dem Sturm fehlte die Kraft im Abschluß und als dann Wirsching (Fr.) die Gäste 2:1 nach vorne gebracht hatte (36. Min.), diktierte von da ab nur mehr die „Eintracht" die dann die Yorker glatt in deren Feldhälfte bis wenige Minuten vor Schlußpfiff eingeschnürt hielt. — In der 2. Halbzeit baute Schmitt mit 2 Treffern (47. und 51. Min.) den Vorsprung weiter aus und Groß schloß (75. Min.) den Torsegen 5:1 ab. Yorks letztes Aufflammen erstickte in der elastischen Abwehr der Frankfurter, die sich übrigens nach dem 5. Tor verständlicherweise mit dem Halten des Ergebnisses begnügten und so den Yorkern etwas mehr „Zügel" ließen.      Fr. (aus dem 'Fußball' vom 05.04.1938)

 

 


 

 

Eintracht Frankfurt „Auswärtige Vorrunde"

Wer zufällig einige Sonntage hintereinander mit einer Mannschaft reist, beginnt unwillkürlich an ihren Sorgen teilzunehmen. Das ist ein menschlicher Zustand. Ich war mit der Eintracht beim trostlosen 0:3 von Neunkirchen und acht Tage später beim verwässertet Sieg von Saarbrücken. Es wäre zuviel verlangt gewesen, hätte ich auch die halbe Weltreise nach Insterburg mitmachen müssen. Immerhin holte ich die Männer am Bahnhof ab. Sie waren matt und blaß, die Reise ohne Ende hatte sie erschöpft. Auf der schweren Erde Ostpreußens hat man 5:1 gewonnen. Es war deswegen nicht leicht, weil Groß schon sehr bald mit seiner alten Zerrung zu tun bekam. Er hinkte in den Sturm, wo er erstaunlicherweise kurz vor dem Ende das fünfte Tor schoß. Es ist nötig, dies zu sagen, weil es die Insterburger Berichterstatter nicht gesehen haben — woraus ihnen kein Mensch einen Vorwurf machen wird. (Es ist gar nicht so einfach, eine Elf, die man vielleicht alle fünf Jahre zu Gesicht bekommt, so auseinanderzuhalten, daß man jede Umstellung merkt.)

Die Eintracht lobte die Insterburger Gastfreundschaft.

Die Soldaten — die meisten kommen aus Westdeutschland — waren sehr nett zu den Frankfurtern und wer schöne Pferde liebt, konnte sich kaum sattsehen in den blinkenden Ställen der Insterburger Garnison. Paul Oswald, der Eintrachttrainer, meinte, es sei freilich besser gewesen, wenn man mehr Tore getreten hätte, aber just in der ersten Viertelstunde, in der Eintracht überwältigend gespielt habe, seien Latte und Pfosten zu oft dazwischen gekommen. [...]      r.o.k. (aus dem 'Kicker' vom 12.04.1938)

 

 

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