Hamburger SV - Eintracht Frankfurt

Deutsche Meisterschaft, Gruppe 1 1937/38 - 3. Spiel

5:0 (3:0)

Termin: 24.04.1938
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Broden (Duisburg)
Tore: 1:0 Carstens (10.), 2:0 Friedo Dörfel (36.), 3:0 Carstens (41.), 4:0 Noack (47.), 5:0 Höffmann

 

>> Spielbericht <<

Hamburger SV Eintracht Frankfurt

  • Warning
  • Richard Dörfel
  • Bohn
  • Weber
  • Reinhardt
  • Kahl
  • Melkonien
  • Friedo Dörfel
  • Höffmann
  • Noack
  • Carstens

 


 

Trainer
  • Hans Lang
Trainer

 

Der Hamburger Sport-Verein ist dicht vor dem Ziel

Rudi Noack dirigierte den HSV-Angriff

Die Eintracht spielte schön und gab dann auf

Ein paar Jahre zurück. Wir saßen auf dem Eimsbütteler Platz und erwarteten die Mannschaften, die das Zwischenrundenspiel zur deutschen Fußballmeisterschaft bestreiten sollten. HSV. und Eintracht Frankfurt und wir rechneten uns aus, daß der alte große HSV. eine große Chance habe. Nicht nur gegen die Eintracht-Elf, die damals mit Ehmer, Schütz, Stubb, Trumpler und all den großen Kämpen spielte, sondern überhaupt und so. ... Die Hoffnungen des HSV. und seiner Anhänger machten kühne Sprünge und man sah sich in Hamburg schon im Endspiel, griff sozusagen mit dem kleinen Finger nach der Viktoria und dann kam die Eintracht, dann kam die zweite Minute dieses Spieles, in der alle Hoffnungen des Nordens zerschlagen wurden durch eine Bombe von Ehmer, und dann kam ein Spiel, das die große Klasse der Frankfurter Eintracht zeigte, jener Elf, die das moderne W-Spiel um Jahre vorweggenommen hatte und schon damals meisterhaft beherrschte. –

Jetzt sitzen wir wieder an der Hoheluft, zwar ein Haus weiter bei der Viktoria, aber wieder ist der Platz gefüllt mit hoffnungsfreudigen HSV.-Freunden und wieder ist Eintracht Frankfurt der Gegner des norddeutschen Rekordmeisters. Die Gedanken fliegen zurück zu jener Zeit, da Tull Harder und seine Männer von der Frankfurter Elf souverän aus dem Rennen geworfen wurden, und wir denken unser Teil. Man weiß, daß es ein schweres Spiel wird, daß der HSV. einen großen Gegner empfängt, aber man hofft, trotz der trüben Erinnerungen von damals, und der Beginn des Spieles gibt allen Vorahnungen recht.

Eintracht spielt ein wunderschönes Spiel, Eintracht hat ausgezeichnete Techniker in seinen Reihen. Eintracht ist ausgezeichnet, ausgezeichnete süddeutsche Klasse oder doch jedenfalls das, was wir unter süddeutscher Schule verstehen. Der Ball rollt, der Ball läuft, kurz, schön, genau. Eintracht spielt — der HSV. kämpft. Jeder Frankfurter beherrscht jene Eleganz, die uns die Wiener Fußballer in Vollendung zeigen. Kein Zweifel: Der Gast aus der alten Kaiserstadt ist ein Gegner von Format, das ist eine Mannschaft, die wir gerne sehen. —

Und dann, als sich der HSV. seinen Gegner betrachtet hat, als er die Staffelung seines Sturms, in dem Adam Schmidt als Halblinker auf vorgeschobenem Posten steht und Möbs als Mittelstürmer von hinten aufbaut, studiert hat, dann meldet sich erst langsam, dann immer nachdrücklich die Elf der Rothosen zu Wort. Als die fünf HSV.-Stürmer gesehen haben, daß es Eintracht hinten mit der Schnelligkeit nicht sehr heraus hat, als Friedo Dörfel Gramlichs zwar ausgezeichnetes technisches Spiel und seine große Erfahrung, aber auch sein Zeitlupentempo verdaut hat, da geht dieser HSV.-Sturm, und allem voran Dörfel, aufs Ganze. Vielleicht war gerade dieses Duell Dörfel—Gramlich ein Symptom, vielleicht war es eine der Hauptursachen, daß die Eintracht in Hamburg nie gewinnen konnte, mehr noch, daß diese Mannschaft hoch verlieren mußte. Immer wieder sah man den blonden Schopf des jungen HSV.-Stürmers auftauchen, immer wieder sah man, wie sich Dörfel von Gramlich löste, wie er seinen Gegner kurzerhand stehen ließ. Rudi Gramlich ist lange Jahre einer der besten deutschen Außenläufer gewesen. In diesem Spiel wurde er daran erinnert, daß am Besten die Zeit nicht ohne Spuren vorübergeht. Es ist ja überhaupt zu sagen, daß der

HSV. seine große Stärke in seiner Schnelligkeit

hat, in seinem Stil, der heute fast genau derselbe ist, wie vor zehn Jahren. Vor einiger Zeit lasen wir nach langen Jahren wieder einmal das Wort vom Husarenstil. Das ist reichlich krumm gesagt, und wenn wir uns erinnern, daß in früheren Jahren dieser Bezeichnung etwas Primitives anhaftete, so müssen wir schon etwas dazu einwenden. Es ist ja keineswegs so, daß der Nordmarkmeister seine Erfolge durch Glück und aus blauem Dunst, sondern durch eine sehr gekonnte Spielweise errungen hat. Und man kann ja keineswegs behaupten, daß ein langes Spiel mit der konsequenten Ausnutzung des Raumes leichter sei, als ein kurzes Spiel. Und ebensowenig kann man sagen, daß durch große Schnelligkeit das Spiel einer Mannschaft leichter wird. Das also am Rande ...

Die Eintracht sah sich also einer Situation gegenüber, die sie nicht meistern konnte. Und es war interessant, was sie zu ihrer Ueberwindung versuchte. Sie war zunächst bestrebt, sich Tore zu erspielen, was man von einer Mannschaft dieser Wesensart von vornherein erwartet. Hier haben die Rotschwarzen die Erfahrung machen müssen, wenn sie sie nicht schon früher gemacht haben sollten, daß man Erfolge nicht erspielen, sondern erkämpfen muß. Es fehlt bei den prächtig aussehenden Bemühungen der Gäste an jenem Kraftausbruch vor dem Tor, der auf den schnellmöglichen Erfolg ausgeht. Dann versuchten es die Frankfurter mit Weitschüssen, — ein Rezept, von dem sie bis zum Schluß nicht abwichen, ohne indessen zu versäumen, andere Mittel zu versuchen. Als es in der zweiten Hälfte immer schlimmer um die Mannschaft aussah, versuchte sie, den Stil des HSV. zu kopieren. Vielleicht, wahrscheinlich sogar war es aber so, daß der innerlich schwächeren Elf der Stil des Gegners einfach aufgezwungen wurde. Man hat genug Beispiele für einen solchen Vorgang. Und als alles schließlich nichts nützte, wurde einfach

leider recht hart gespielt,

um es nicht allzu deutlich zu sagen. Und das ist bei einer Elf von diesem stilsicheren Format immerhin bedauerlich.

Der HSV. hat also seine Gruppenmeisterschaft bereits so gut wie in der Tasche; denn man bedenke, daß Eintracht nur ein Torverhältnis von 11:11, dazu zwei Verlustpunkte. (aus dem 'Kicker' vom 26.04.1938)

 

 


 

 

Jubel um den schneidigen Hamburger SV.!

HSV. überstürmt sturmlose Eintracht

HSV. — „Eintracht" Frankfurt 5:0

Hamburg. 24. April

Lachender Frühling über dem sattgrünen Rasen des Viktoriaplatzes! Dazu ein HSV. in einer Form, die 25000 Zuschauer im ausverkauften „Haus" entzückte und begeisterte, fünf Tore, eines schöner als das andere, kein Gegentor des so viel gerühmten Frankfurter „Wundersturmes", das war mal wieder was nach dem Herzen und Wunsch der großen Hamburger Fußballgemeinde! Menschlichem Ermessen nach hat der heutige 5:0-Sieg die Gruppenmeisterschaft zugunsten des HSV. bereits entschieden. Auch im Falle einer Niederlage im Rückspiel in Frankfurt - an die hier oben aber niemand glaubt - bleibt unser Meister auf Grund seines viel besseren Torverhältnisses an der Spitze.

„Wenn wir nur ein Unentschieden herausholen, genügt es, denn in Frankfurt werden wir den HSV. schlagen", so rechnen die Eintrachtler optimistisch. Aber im Lager des HSV. denkt man anders!

„Dieses Jahr sind wir wieder an der Reihe, wir wollen deutscher Meister werden", sagt Schwarz, der Vorsitzende des HSV., nach dem Kampf zu mir ... Und nun zum Spiel.

Das sah am Anfang so ganz und gar nicht rosig für den HSV. aus. Wohl schießt Melkonien — er spielt für den gesperrten Sikorski Rechtsaußen — klatschend an den Pfosten, aber dann ist Röll durch und knallt knapp über das leere Tor. Dörfel I kerzt bedenklich. Man ist nervös in den Reihen unseres Meisters. Endlich, nach zehn Minuten hat sich der HSV. gefunden. Melkonien flankt von der Außenlinie hoch zu Carstens, der ungedeckt ist und unter dem sich zu spät werfenden Schmidt einschießt. 1:0. Eintracht gefällt durch das technisch vollendete Spiel seines Sturmes. Jeder Mann ist im Felde ein Könner, aber man kombiniert zu engmaschig und rennt sich dadurch an der jetzt sicherer werdenden Verteidigung des HSV. fest. Die Fünferreihe unseres Meisters aber ist viel, viel schneller, arbeitet produktiver, spitziger und temperamentvoller. Jeder Mann ist entschlossener und so gewinnt der HSV.-Angriff immer mehr an Durchschlagskraft. Die Aktionen der Eintracht dagegen werden langsamer und müder. Der HSV. scheint mehr Kraft und Mumm in seinen Knochen zu haben. In der 36. Minute arbeitet sich Dörfel II im Alleingang auf Vorlage der Verteidigung durch und schießt aus vollem Lauf das zweite Tor. Fünf Minuten später siegt Noack an der Auslinie im Zweikampf mit Lindemann — gibt überlegt zu Carstens, der, neben dem Pfosten in Stellung gelaufen, unhaltbar zum 3:0 einköpft. Im zweiten Durchgang hat Eintracht umgestellt. Möbs stürmt in der Mitte und Schmidt ist auf Halbrechts gegangen. Aber schon in der zweiten Minute ist es wieder geschehen. Noack hat sich elegant und kraftvoll vom Gegner gelöst und schiebt ein. 4:0! Vorübergehend kommt Eintracht etwas auf, denn Dörfel I spielt wieder leichtsinnig und vernachlässigt die Deckung. Aber die Frankfurter können auch diese Chance nicht ausnutzen. Linken — übrigens ein Vetter des Holsteiner Linken — knallt am Tor vorbei und dann ist der HSV. wieder da. Hoffmann schießt bedrängt neben das leere Tor. Carstens trifft den Pfosten. Der HSV. spielt in einer fast nie gesehenen Vollendung. Eintracht verteidigt mit dem Aufgebot seiner letzten Kraft. 25 Minuten vor Schluß muß Fürbeth nach einem Zusammenprall mit Höffmann ausscheiden. Die Frankfurter fallen immer mehr auseinander und sind fertig, restlos fertig. Ein Strafstoß von Höffmann aus 25 Meter Entfernung schlägt Schmidt zum fünften Male ...      J. Vg. (aus dem 'Fußball' vom 26.04.1938)

 

 


 

 

[...]      r.o.k. (aus dem 'Kicker' vom 12.04.1938)

 

 

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