Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1957/58 - 11. Spieltag

2:2 (1:0)

Termin: 20.10.1957
Zuschauer: 22.000
Schiedsrichter: Fischer (Augsburg)
Tore: 1:0 Dimmel (6.), 1:1 Helmut Geiger (70.), 2:1 Ertug (78.), 2:2 Eckehard Feigenspan (87.)

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Karlsruher SC Eintracht Frankfurt

  • Fischer
  • Schwall
  • Baureis
  • Pal Csernai
  • Hesse
  • Ertug
  • Roth
  • Kunkel
  • Dimmel
  • Beck
  • Witlatschil

 


 

Trainer
  • R. Fischer
Trainer

 

Kreß spielte wie der junge Zeus

Sie lebt noch, die alte Eintracht! Der Name Karlsruhe, die Angst um den 2. Platz und die Vorfreude auf das Spiel der Spiele am nächsten Sonntag gegen den Klub haben sie wachgerüttelt. — Und doch wären um ein Haar beide Punkte in Karlsruhe geblieben. 2:1 für den KSC stand es noch in der 86. Minute. Da schleppte Pfaff abermals den Ball nach vorn, er, der sonst am frühesten verzagte, schwang diesmal die Fahne der Zuversicht am unverdrossensten. Ehe ihm einer in die Quere kommen konnte, erspähte er Bäumler, der als Linksaußen an der rechten Eckfahne in Stellung lief, und Bäumler riß den Ball förmlich unter dem Gegner hindurch zur Mitte, wo Feigenspan eingeklemmt in einem ganzem Knäuel von Karlsruhern zuschlug: 2:2! „Uff, es war geschafft!" Mehr wollten die Riederwälder von diesem KSC, der seit fünf Wochen nur siegen konnte, nicht haben.

Dabei hätten sie mehr verdient. Beim Schlußpfiff schlug dem Reporter ein Karlsruher Fanatiker auf die Schulter: „So nahe war die Eintracht in den letzten zehn Jahren hier noch nie dem Sieg!" In der Tat, dieser Mann hatte recht. Zwanzig Minuten brauchten die Riederwälder, um die KSC-Läuferreihe aus ihrer Hälfte herauszujagen und nach dem Wechsel noch einmal eine Viertelstunde, um den Zwischenspurt des Gegners zu stoppen. Dann aber waren sie dran. Es ging alles ein bißchen langsamer, ein bißchen betulicher zu als beim Gegner, aber auch ein bißchen gründlicher.

Kein Riederwälder Stürmer gab den Ball weiter, ohne sich vorher genau über die Lage orientiert zu haben, und was man dabei an Genauigkeit gewann, ging oft an Zeit verloren, denn wenn der Eintrachtexpreß in den Zielbahnhof einlief, waren die Anschlüsse meistens weg. Das alte Lied. Aber alles andere war wie neu: der Sturm in der Formation Feigenspan, Kreß, Pfaff, Geiger und Bäumler und, vor allem, die einzelnen Stürmer.

Kreß spielte Halbrechts

Die dickste Ueberraschung lieferte Kreß. Er, der als Rechtsaußen gar oft seinen Motzkopf aufsetzte, spielte in Karlsruhe als rechter Verbinder wie ein junger Zeus. Der Kontrast gegen sonst halte nicht schärfer sein können. Wenn Kreß sonst an zwei Spielern vorbei war, stand er vor einer Wand, diesmal stand er im freien Raum. Ein Jammer, daß er nicht schießen kann. Der gute Wille war da, aber er kann's wirklich nicht, genau wie die anderen. Nahezu eine Stunde lang — alles in allem — hatten die Riederwälder in Karlsruhe mehr oder weniger die Oberhand, ohne daß sich Rudi Fischer im Tor des KSC ein Bein auszureißen brauchte. Beide Treffer der Eintracht fielen aus unmittelbarer Nähe.


Weilbächer gegen Beck

Aber sonst... Wer kann sich den Alfred Pfaff als Arbeitstier vorstellen? Bitte, diesmal war er eines. Immer noch mißglückte ihm viel mehr als damals, als die Riederwälder noch mit ihm standen und mit ihm fielen. Diesmal jedoch schaffte er sich von Mißgeschick zu Mißgeschick nach oben, bis er als zurückhängender Mittelstürmer doch noch zu einer der Schlüsselfiguren wurde. Und Geiger? Wenn er mit einem Schaukeln des Oberkörpers schon bei der Ballannahme seinen Bewacher „verschaukelte", dann ganz groß! Wenn er zauderte, ganz klein. Im ganzen jedoch war er unverkennbar verbessert, und besser als sonst spielten auch Feigenspan und Bäumler, der später von Linksaußen auf den Mittelstürmerposten wechselte.

Der hagere Schymik mit der Figur eines Vegetariers verströmte im Wildparkstadion mehr Energien als manche komplette Läuferreihen. Eben noch wie ein gelernter Rechtsaußen bis zum gegnerischen Strafraum vorstürmend, fing er in der gleichen Minute schon wieder den Gegenstoß des KSC in der eigenen Hälfte ab. Nicht zu umgehen und kaum zu halten — ein „Traum-Schymik". Da konnte selbst Weilbächer neidisch werden.

Wie viele Tore Schymik verhinderte, ließ sich nicht zählen. Eingeleitet hat er mindestens eines: Als er wieder einmal bis zur Eckfahne vorlief, eine Flanke zog wie gemalt und Geiger den Ball mit der Brust über die Linie drückte. Dieses Schymik-Geiger-Tor war das 1:1. Es fiel in der 70. Minute, und schon glaubte sich die Eintracht ihres Unentschieden sicher.

Da schnellten auf einmal die großen Konterfußballer aus Karlsruhe nach vorne wie noch nie in diesem Spiel, und acht Minuten später lagen sie abermals in Führung. Es war ein internationales Tor reinsten Wassers. Pustasohn Csernai dirigierte einen Freistoß von der rechten Strafraumgrenze flach zwischen Torwart und „Mauer" und Türke Ertug stieß geistesgegenwärtig zu.

Daß sie jetzt, 12 Minuten vor Schluß, immer noch nicht resignierten, das war der Riederwälder erstaunlichste Tat. Sie waren an diesem Tag durch nichts umzuwerfen. Das deutete sich schon an, als die Karlsruher etwas billig zu ihrem frühen 1:0 kamen. Horvat hatte sich bei einem Paß an Bechtold in der Entfernung verschätzt und verschaffte damit Dimmel freie Bahn, der präzise in die entferntere Ecke traf. Es war so ziemlich der einzige Fehler einer Abwehr, die abermals ihren großen Ruf bestätigte. (Ludwig Dotzert in 'Der neue Sport' vom 21.10.1957)

 

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