Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1958/59 - 5. Spieltag

2:4 (0:0)

Termin: 14.09.1958
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 1:0 Witlatschil (55.), 1:1 Dieter Lindner (56.) 1:2 Erich Meier (62.), 1:3 Erich Meier (65.), 1:4 Eckehard Feigenspan (81.), 2:4 Herrmann (83.)

>> Spielbericht <<

Karlsruher SC Eintracht Frankfurt

  • Jungmann
  • Dimmel
  • Baureis
  • Ruppenstein
  • Termath
  • Roth
  • Reitgaßl
  • Witlatschil
  • Rainer
  • Herrmann
  • Blank

 


 

Trainer
  • Ludwig Janda
Trainer

 

Eintracht wartete 10 Jahre

Karlsruher SC — Eintracht Frankfurt 2:4 (0:0)

Nun gibt es keinen Platz mehr in Süddeutschland, wo die Eintracht noch nicht gewonnen hätte. Karlsruhe hielt sich am längsten. Seit mehr als zehn Jahren laufen die Riederwälder diesem Sieg nach, seit mehr als zehn Jahren kamen sie nie über ein Unentschieden hinaus. Die Situation schien ein für allemal versteinert. Und diesmal standen die Zeichen ungünstiger denn je. — Es fehlte Kreß! — Ist der Riederwälder Sturm ohne Kreß überhaupt lebensfähig? So fragten sich die Auguren. Mit Recht! Wer konnte sich an einen Eintrachtangriff ohne Richard Kreß überhaupt noch erinnern?

Aber nur bis zur Pause behielten die Skeptiker recht, und dies auch nur bis zu einem gewissen Grade. Ob die Riederwälder das Andenken ihres Richard Kreß ehren wollten oder ob sie Feigenspan, der seine Stelle eingenommen hatte, unterschätzten, jedenfalls kam Ekko vor der Pause nur in Ausnahmefällen an den Ball. Er war nicht schwach. Er litt nur unter Mangelerscheinungen, Und ähnlich erging es auch der anderen Seite mit Meier. Die Prominenz in der Mitte wollte es partout alleine wissen. Doch sie hatte ihre Rechnung ohne Termath gemacht, der eine ebenso eigenwillige wie effektvolle Stopperpartie herunterspielte. Auch im Abwehrzentrum konnte der Karlsruher Alleskönner sein Stürmerblut nicht verleugnen. Er lief in diesem Kampf mehr als seine Fachkollegen normalerweise in drei Spielen zu laufen pflegen, und doch befand er sich im entscheidenden Moment immer in der richtigen Position.

Fast ein Wunder, daß sich Istvan Sztani als bevorzugte Zielscheibe dieses unermüdlichen Brummers nicht unterkriegen ließ. Er machte allerhand mit, und Alfred Pfaff, der seine Pässe vor allem an ihn adressierte, verschaffte dem Ungarn nur neue Qualen. Im direkten Zweikampf kam er an Termath selten vorbei.

Da außerdem Lindner zunächst nur ein mittleres Reservetempo anschlug, war man im Eintracht-Lager schon zufrieden, daß die leidliche Partie bis zur Pause leidlich im Gleichgewicht blieb. Mehr konnte man unter den obwaltenden Umständen nicht verlangen.

Das Unwahrscheinliche geschah nach dem Wechsel. Trainer Oßwald ist kein Freund von Umbesetzungen während des Spieles. Schwer zu sagen, was ihn diesmal dazu bewog, denn vorher sprach manches gegen seine Maßnahme. Akkurat den relativ schwächsten Eintrachtstürmer, den Dieter Lindner, versetzte er auf den Rechtsaußenposten und verzichtete damit freiwillig auf die Aussicht, durch Aktivierung des Flügelspieles den Termath-Block zu umgehen. Freiwillig engte er auch die Möglichkeiten seines schnellsten Trabers, seines Ekko Feigenspan, im Bannkreis des scheinbar unüberwindlichen Karlsruher Deckungszentrums entscheidend ein.

Warum? Alles nur, um Sztani, der sich in die rechte Verbindung zurückzog, aus unnützen Verschleißkämpfen gegen Termath herauszuhalten? Egal! Der Oßwaldsche Dreh löste Gewalten aus im Eintracht-Sturm, von denen sich der KSC nach dem matten ersten Akt nichts träumen ließ. Es war, als ob sämtliche Riederwälder Stürmer von Kamelen auf Araber-Hengste umgestiegen wären. Von Lindner bis Meier — eine einzige, grandiose Kettenreaktion.

Jetzt mußte die Prominenz mit Feigenspan zusammenspielen, und jetzt merkte man auf einmal, daß sich der Ekko in einer Form befand, die er seit Jahren nicht mehr erreichte. Wenn Termath spurtete, Feigenspan spurtete noch besser. Selbstbewußt, konzentriert und verwegen schlug er seine Kurven und rang Termath nach und nach mit dessen eigenen Mitteln nieder. Pfaff und Sztani trugen den erst so Verschmähten auf einmal förmlich auf Händen, und plötzlich war in der Mitte so viel los, daß die KSC-Abwehr Frankfurts Außenstürmer schlankweg vergaß. Die Außenstürmer schossen denn auch prompt innerhalb zehn Minuten drei schillernde Tore.

Lindner kam gerade vorbei, als die durchgedrehte KSC-Abwehr einen Ball quer durch den Strafraum hoppeln ließ, den jeder Bezirksklassenverteidiger längst aus der Gefahrenzone befördert hätte. 1:1! Meier erwischte eine Pfaff-Vorlage in vollem Lauf. 2:1! Meier holte sich einen bereits verlorenen Ball zurück, drehte sich um, und schon klebte das Leder, von einem Karlsruher leicht abgelenkt, abermals im Netz, 3:1! Den vierten Treffer steuerte Feigenspan bei, der trotz schärfster Bedrängnis in einem Zug stoppte und zuschlug. Was tat's, daß der KSC mit scharfen Ueberrumpelungsschüssen den ersten und letzten Treffer unter die Latte jagte. Das Kernstück der Halbzeit gehörte einer entfesselten Eintracht.

Der KSC kann zu seiner Entschuldigung anführen, daß er durch Verletzungen Becks und Traubs gezwungen war, einen unerfahrenen Anfängersturm ins Treffen zu schicken und daß kurz nach der Pause der tüchtige Außenläufer Roth durch Verletzung ausfiel. Der Anfängersturm jedoch steckt voller Talente. Nur diesmal reichte es noch nicht ganz, vielleicht aber schon in zwei Monaten. Diesmal hatte er sich nach einer halben Stunde zwischen den Routiniers um Horvat, zu denen auch wieder Schymik gehörte (und sich rehabilitierte), ein für allemal selbst verheizt.       Ludwig Dotzert (aus 'Der neue Sport' vom 15.09.1958)

 

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