Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Oberliga Süd 1958/59 - 16. Spieltag

2:2 (1:2)

Termin: 11.01.1959
Zuschauer: 50.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 1:0 Hermann Nazarenus II (4., Eigentor), 1:1 Hermann Nuber (15.), 1:2 Hermann Nuber (43.), 2:2 Alfred Pfaff (81.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Walter Zimmermann
  • Willi Nazarenus I
  • Alfred Schultheiß
  • Heinz Lichtl
  • Helmut Sattler
  • Ernst Wade
  • Engelbert Kraus
  • Hermann Nuber
  • Gerhard Kaufhold
  • Helmut Preisendörfer
  • Hermann Nazarenus II

 

Trainer Trainer
  • Bogdan Cuvaj

 

Das Superderby im Frankfurter Stadion

Pfaff rettet Remis

Im Stadion war's wie beim Länderspiel

Eintracht Frankfurt — Kickers Offenbach 2:2 (1:2)

Ein Derby, das vor einer Kulisse ablief, die schon länderspielähnlichen Charakter hatte. Viel Prominenz auf der Ehrentribüne: Frankfurts OB Bockelmann, Offenbachs Stadtoberhaupt Dietrich, Sepp Herbergers Assistent Helmut Schön, der Präsident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt, Dr. Barthmann, HFV-Präsident Willy Linnenberg und viele des Ansehens werte Damen, die sich pelzumhüllt dieses Treffen der beiden führenden Süd-Vereine nicht entgehen lassen wollten. Eine Kulisse, die man am liebsten jeden Sonntag erleben möchte, aber die man leider nur in Mailand beim Milan oder Inter, in London bei Arsenal, in Manchester bei der United und in Rotterdam bei Feyenoord antrifft. Von den Zuschauermassen in Madrid oder Südamerika möchte man schweigen.

Die Prominenz hatte sich also zusammen mit dem sonntäglichen Fußballfußvolk aufgemacht und es werden 50.000 gewesen sein, die sich im Stadion eingefunden hatten. Sie kamen aus Frankfurt, aus Offenbach und aus dem Hinterland, ja selbst Wagen mit Mannheimer und Münchener Kennzeichen haben wir entdecken können. Der Rahmen war also großartig, vom Derby kann man das nicht so recht behaupten. Gewiß, bis zur Pause war es ein großes Spiel, so spannend, daß man überrascht auf die Uhr schaute, als Kandelbinder zur Pause abpfiff. So rasch war die Zeit vergangen.

Doch die zweite Halbzeit floß träge dahin. Die Offenbacher fühlten sich ihres Sieges sicher und die Eintracht resignierte. Zwei-, dreimal nach Wiederbeginn versuchte Pfaff noch seine Kunststückchen, aber Lichtl nahm ihm unerbittlich den Ball ab und das resignierte Stehenbleiben Pfaffs war der bildliche Ausdruck dafür, wie sehr die Eintracht von der Kickersabwehr eingeschüchtert war. Ja, als Pfaff der Ausgleich gelungen war, da war die Eintracht noch einmal wach, aber da war es zu spät, man hatte viel Zeit vertan.

Zwei Dinge hatten die Offenbacher ihrem großen Rivalen voraus: das genauere Zuspiel und die besseren Außenläufer. Bei Lichtl und Wade fing jeder Vorstoß an, sie kannten aber auch keinen Pardon, wenn es galt, die Eintracht-Halbstürmer festzunageln. Wie viel Spielraum hatten hingegen Nuber und Kaufhold, braucht man sich zu wundern, daß es Nuber war, der beide Offenbacher Tore schoß? Und man weiß doch, wie gefährlich es ist, wenn man den Kickerssturm spielen läßt, wenn man ihm Entfaltungsmöglichkeit bietet!

Hier lag die Ursache für den Punktverlust der Eintracht, aber auch die Offenbacher begingen einen Fehler: sie fühlten sich zu sicher, sie bissen nach der Pause nicht mehr, was zum Teil ein Verdienst der Eintrachtabwehr war. Sie hatten auch kein Glück. Zweimal köpfte Lutz den Ball aus dem Tor. Lutz, das war einer, der auch weiterkämpfte, als das Eintrachtspiel weit unter dem Gefrierpunkt lag. Noch ein paar Lutze, und die zweite Halbzeit hätte für die Eintrachtanhänger freundlicher ausgesehen. So hatte man mit dem Ausgleich nur eine halbe Freude, aber in der 81. Minute hat man an derartigen Sachen auch einen Riesenspaß.      Horst Kickhefel

Gerechter Ausgang

Sie sind beide gut bedient mit dem Unentschieden — die Eintracht und die Kickers. Für jede Mannschaft war nach dem Ablauf des flotten und spannenden Spiels und den gegebenen Torchancen ein Sieg möglich. Doch die Punkteteilung ist das gerechteste Ergebnis. So gut wie die Eintracht in den ersten 20 Minuten, spielten die Offenbacher im ganzen Spiel nicht. Dafür waren die Offenbacher weit länger als 20 Minuten lang die bessere Mannschaft.

Die Stärke der Kickers ist ihre Zuverlässigkeit. Das Mannschaftsgefüge ist mehrfach abgestützt. Diesmal waren Wade, Kaufhold, Nuber und Preisendörfer die tragenden Pfeiler. Die Eintracht steht und fällt mit Pfaff. Solange Pfaff die Züge der Riederwälder mit Umsicht und Raffinesse lenkte, da rollte es wie geölt. Klar und weiträumig angelegt, den Bodenverhältnissen erstaunlich fein angepaßt, bewegten sich die Angriffe der Eintracht auf das Offenbacher Tor zu. Aber als die Wirkung von Pfaff nachließ, da verflüchtigten sich Linie und Halt in mehr als zuträglichem Maße aus der Eintracht-Mannschaft. Da war niemand, der die spielgestaltende Rolle von Pfaff auch nur aushilfsweise oder in mehr als vagen Andeutungen hätte übernehmen können. Auch Weilbächer strahlte keine formende Kraft aus.

Von Bechthold hatte man in dieser Hinsicht bei seiner schwierigen Deckungsaufgabe ohnehin nicht viel erwartet. Wohl aber von Bäumler. Aber Bäumler spielte bestenfalls eben so mit, und das war nicht genug. Denn Kreß und Meier waren selbst nicht in der Lage, ihre Kräfte sinnvoll einzusetzen, und so standen vor allem die Bemühungen des mit lobenswertem Eifer ackernden Kreß in einem krassen Mißverhältnis zum Effekt. Auch Feigenspan stand auf verlorenem Posten. Denn die Kickers-Abwehr ist ein Block, der sich nur in einfallsreicher und rationeller Zusammenarbeit aufspalten läßt. Die Tore der Eintracht fielen denn auch nicht nach schnellen, klugen Spielzügen. Nr. 1 war ein Selbsttor, und Nr. 2 schoß Pfaff mit einem herrlichen Freistoß.

Auch der Offenbacher Sturm war keine Einheit; dazu kickte Nazarenus II zu verworren und operierte Kraus zu unproduktiv. Aber der Kickers-Sturm war doch das einheitlichere Gebilde. Nuber und Kauf hold schafften das Leder aus der eigenen Hälfte nach vorn, und hier lenkte der flinke und gewitzte Kaufhold zusammen mit dem nicht so behenden, aber immer durchdacht handelnden Preisendörfer den Verkehr. Die beiden konnten zwar keine ganz großen Löcher in die Eintracht-Abwehr reißen, doch sie verschafften ihrer Mannschaft viele kleine Vorteile, und sie ließen den Kickers-Kreisel tanzen. Da die Offenbacher im Sturm einen Mann wie Nuber haben, dem man nicht alle Hindernisse aus dem Weg räumen muß, fielen dennoch Tore. Mit Urgewalt klatschte das von Nuber abgefeuerte Leder zweimal ins Netz.

Der Offenbacher Sturm erfreute sich zudem einer feinen Unterstützung durch den von der ersten Minute an im Mittelfeld kaltschnäuzig regierenden Wade und nach dem Wechsel sogar durch Lichtl, der nun gegen Pfaff die Ueberhand gewann. Die Kickers-Deckung hatte nur zu Beginn ernsthafte Schwierigkeiten. Später griff in ihr alles ein wenig reibungsloser ineinander als bei der Eintracht. Nur Nazarenus I war überraschenderweise etwas schwächer als der zähe Sattler, der wuchtige Schultheiß und der zuverlässige Zimmermann. Es ist nur scheinbar paradox, wenn man feststellt, daß in der Eintracht-Deckung mit dem drahtigen Lutz, dem umsichtigen Horvat und dem glänzenden Loy (dazu ein trefflicher Höfer) die besseren Einzelspieler standen. Selbst der hervorragende Horvat als die zentrale Kraft in der Eintracht-Abwehr konnte nicht alle Gefahren bannen, die durch mangelndes Feingefühl für die Situation und schlechte Aufgabenteilung (wer nahm den zurückweichenden Preisendörfer?) erwuchsen.

Die wichtigsten Szenen

Guter Start der Eintracht. Schon in der 4. Minute 1:0 für die Riederwälder — allerdings durch ein Selbsttor. Weilbächer hob den Ball bei einem Freistoß schräg in den Offenbacher Strafraum. Nazarenus I köpfte, traf den Ball nicht voll; das Leder sprang über seinen Kopf und den herausgelaufenen Zimmermann hinweg ins leere Tor. 1:1 in der 15. Minute. Der nichtmarkierte Preisendörfer stürmt aufs Tor. Lutz und Loy werfen sich ihm entgegen. Der Ball prallt zehn Meter nach rechts vor die Füße von Nuber, der wuchtig einschießt. Jetzt werden die Kickers gleichwertig. Es rollt besser. Gefahr nach Freistößen von Pfaff und Kaufhold. In der 34. Minute hechtet Loy einen tollen Schuß von Nuber noch über die Latte. Aber in der 43. Minute 2:1 für die Offenbacher. Nuber schiebt sich nach Zusammenspiel mit Kraus an zwei Abwehrspielern vorbei und donnert das Leder aus 16 Meter los. Keine Chance für Loy.

Zu Ende der ersten und über eine Viertelstunde in der zweiten Halbzeit sind die Kickers überlegen. Ein Senker von Preisendörfer springt auf die Latte. Dann rettet Loy mit Fußabwehr vor Nazarenus II. In der 61. Minute holt Lutz das Leder zweimal hintereinander von der Linie, und schon 60 Sekunden später bringt Bäumler den Ball aus drei Meter Entfernung nicht über die Linie. In der 80. Minute die größte Chance der Eintracht. Kreß wühlt sich durch, schiebt den Ball zurück zu Feigenspan, doch der schießt Schultheiß an, 2:2 in der 82. Minute: Pfaff hebt den Ball bei einem Freistoß aus 18 Meter gefühlvoll über die Mauer und knapp unter die Latte.      Günter Wölbert

Zufriedenheit

Stimmen zum großen Mainderby

Oberbürgermeister Werner Bockelmann (Frankfurt): „Wir hätten gewiß das schönste Spiel der Saison gesehen, wenn der Schneeboden nicht gewesen wäre. Trotz des Schnees haben beide Mannschaften aber ein technisch gutes Spiel gezeigt. Das 2:2 war doch gut für den Frankfurt-Offenbacher Fußball. Die Offenbacher Stürmerreihe war die bessere von beiden."

Oberbürgermeister Georg Dietrich (Offenbach): „In der ersten Halbzeit setzten sich die Kickers mit ihrem schnellen und präzisen Zusammenspiel zweckvoller durch. Ihre 2:1-Fuhrung war durchaus verdient. In der zweiten Halbzeit war die Eintracht kämpferisch stark und offensiv und verdiente sich das 2:2."

Trainer Paul Osswald (Eintracht): „Offenbach hat die geschlossenere, reifere und bessere Mannschaftsleistung gezeigt. Das gilt vor allem für die erste Halbzeit. Sie war fundiert auf die überragenden Außenläufer Lichtl und Wade und die Schußkraft von Nuber, der von uns sträflicherweise nicht genügend gedeckt wurde. Die Berechtigung des 2:2 führe auch darauf zurück, daß die Eintracht in der zweiten Halbzeit kämpferisch und konditionell besser war."

Trainer Bogdan Cuvaj (Kickers): „Ein großes, ein ausgezeichnetes Spiel haben wir gesehen. Ich war mit meiner Mannschaft sehr zufrieden. Bester Mannschaftsteil war bei uns die Läuferreihe. Der Freistoß, der von Pfaff meisterhaft zum 2:2 verwandelt wurde, war vollauf berechtigt. Er war auf ein Foul von Nazarenus II an Bechtold zurückzuführen. Nazarenus II hatte in der Deckung nichts zu suchen."

Spielausschußvors. Ernst Berger (Eintracht): „Es war ein großes Spiel, auf das der Mainbezirk Frankfurt/Offenbach stolz sein darf. Ich hoffe, daß sich diese guten Leistungen künftig auch zuschauermäßig nicht nur in Offenbach, sondern auch bei uns in Frankfurt auswirken. Wenn man die 90 Minuten zugrunde legt, war das 2:2 gerecht."

Spielausschußvors. Ferdi Emberger (Kickers Offenbach): „Auf Grund der großen ersten Halbzeit hatten wir noch ein Tor mehr verdient. In der zweiten Halbzeit ist die Eintracht kämpferisch stark hervorgetreten Ein Sieg wäre für uns schön und naheliegend gewesen. Wir sind aber mit dem Ergebnis auch so zufrieden, denn es ist ja für uns ein Erfolg."

Mittelstürmer Feigenspan (Eintracht): „Ein kämpferisch starkes Treffen, trotz der glatten Bodenverhältnisse. Das Unentschieden wird dem Spielverlauf gerecht. Wir sind damit sehr zufrieden. Die Kickers waren in der ersten Halbzeit sehr gut. Wir hatten in der zweiten Hälfte mehr vom Spiel." Karl Seeger (aus 'Der neue Sport' vom 12.01.1959)

 

Na, das hat ja noch gerade hingehauen, sagt sich Istvan Sztani nach dem Derby und setzt sich aufs Krankenlager. Der junge Ungar trägt immer noch seinen Gipsverband und wird noch eine Weite pausieren müssen.

 

 

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