VfR Mannheim - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1959/60 - 11. Spiel

1:1 (1:0)

Termin: 21.11.1959
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Eckel (München)
Tore: 1:0 Hoffmann (25.), 1:1 Dieter Lindner (55.)

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VfR Mannheim Eintracht Frankfurt

  • Benzler
  • Bachmann
  • Wäckerle
  • Hoffmann
  • Schreck
  • Haberkorn
  • Bast
  • Gründel
  • Schötz
  • Schmidt
  • Heckmann

 


 

Trainer
  • Schmidt
Trainer

 

Hartes Muß nichts für die Eintracht

Ludwig Dotzert berichtet aus dem Mannheimer Stadion

VfR Mannheim — Eintracht Frankfurt 1:1 (1:0)

Es kam alles ganz anders. Das war nicht der Tag, auf den die Eintracht gewartet hatte, um sich einen Gegner vorzuknöpfen, der ihr vor wenigen Monaten die schmerzlichste Niederlage des Jahres zugefügt hatte. Das war — falls eine Anleihe aus dem Sechstagejargon erlaubt ist — der Tag der weichen Birnen. Die Eintracht ging an den VfR Mannheim wie das kleine Fritzchen an den Spinat: voller Widerwillen, ohne Begeisterung, und nur, weil es sein mußte. Schon nach den ersten fünf Minuten wußten die Fahnenschwinger auf der Gegengeraden Bescheid: heute gibt's nichts zu lachen.

Es gab noch weniger zu lachen. Wer die erste Halbzeit dieses Samstagnachmittagskickens nicht erlebte, hat keine Ahnung, wie schwach die Riederwälder sein können. In dieser ersten Halbzeit leuchtete kein Stern. Außer Loy! Bei ihm, dem Tormann, der auch mit dem wuchtigsten Hinterhaltschuß, nicht zu verblüffen war, bei den Mannheimer Stürmern, denen Vor lauter Staunen über ihre eigenen Erfolge im entscheidenden Augenblick die Spucke wegblieb, und bei der Stelle, die den Fußballern das Glück zuteilt, haben sich die Riederwälder zu bedanken, daß sie nach fünfundzwanzig Minuten nicht mit drei Toren im Rückstand lagen.

Sie selbst lieferten nichts als geradezu monströsen Murks. Niemand — Loy ausgenommen — schloß sich aus. Wie der sattsam bekannte Ochs vor dem Berg stand der Sturm vor der Mannheimer Doppelstopper-Abwehr. Wie ein Rohr im Wind schwankte die Abwehr. Noch nicht einmal ein Versuch war zu entdecken, den holpernden Schlitten endlich flott zu machen. Die Halbstürmer Pfaff und Lindner schienen darauf zu warten, daß von den Außenläufern endlich etwas käme. Die Außenläufer harrten der Halbstürmer. Am End' tat keiner nix.

Halt! Um nicht in den Verdacht der Ungerechtigkeit zu geraten: Stinka spielte so etwas wie Zimmerfußball und erzielte bisweilen in einem Quadrat von etwa zehn Metern Seitenlänge beachtliche Wirkungen, und Weilbächer ließ den Gegner hin und wieder fühlen, daß er sich eines gesunden Knochenbaus erfreut. Lutz verbreitete mehr Angst und Schrecken unter den Fahnenschwingern als drei Frankenstein-Filme.

An Lutz konnte der toleranteste Zuschauer an diesem Tag verzweifeln. Er schien ständig hin- und hergerissen zwischen Hochmut und Minderwertigkeitsgefühlen. Das linke Bein wußte nie, was das rechte tat. Damit wären die markantesten Figuren auf Riederwälder Seite aufgezählt. Alles andere verschwamm im Nebel.

Als Mannheims Außenläufer Hoffmann in der Mitte des ersten Durchgangs etwa vom Elfmeterpunkt aus zum Führungstreffer des VfR in die Ecke traf, wunderte das keinen Menschen mehr. Die Mannheimer hatten sich zwar nach Doppelstopperart gestaffelt, hatten ihren als Linksaußen nominierten Heckmann sofort in die Position des linken Verteidigers zurückgezogen und den als linken Verteidiger genannten Wäckerle hinter Stopper Schreck als „Ausputzer" aufgebaut; aber sie blieben keineswegs in der Defensive. Was tat's, daß nur vier Stürmer für Mannheim stürmten?

Die Außenläufer Hoffmann und Haberkorn machten schon das bißchen. Sie hatten längst gemerkt, daß ihnen Pfaff und Lindner nichts anhaben konnten. Sie hatten längst den Spieß umgedreht und trabten mit nach vorne, wenn es irgend ging. Meist blieben sie unverfolgt und plötzlich sah sich die vollzählige Eintracht-Abwehr mit der unglaublichen Tatsache konfrontiert, daß sie gegen das anrückende Doppelstopper-Mannheim in der Minderheit war.

Nach dem Wechsel wurde die Eintracht zwar nicht viel besser, aber immerhin etwas: munterer. Das genügte, um den VfR in der eigenen Hälfte festzunageln. Es genügte jedoch nicht, um den Sieg zu retten. Denn nun fehlte den Eintrachtstürmern der Platz. Ehe Meier auf Höchstgeschwindigkeit kam, saß er schon mit dem Kopf vor der Wand. Ehe Stein zum Schuß ausholte, war die Schußbahn hoffnungslos verbarrikadiert und Gassen für die Pfaffschen Gassenbälle gab es überhaupt nicht. Lindner setzte sich mehr und mehr nach außen ab.

Der einzige, der in diesen gedrückten Verhältnissen noch Durchschlupf fand, war der kurzbeinige Bäumler. Er, Weilbächer und Schymik, der endlich von seinen Freiheiten Gebrauch machte (als rechter Verteidiger war er neunzig Minuten lang ohne direkten Gegner) bohrten die tiefsten Löcher in den Abwehrblock des VfR.

In den letzten fünf Minuten brachten die Mannheimer den Ball kaum noch aus ihrem Strafraum hinaus. Aber warum auch? Hier in diesem Drunter und Drüber war er am besten aufgehoben. Wenn sie das Spiel, dennoch in letzter Minute fast verloren hätten, dann weil ein Fernschuß Höfers das Strafraumgedränge auf dem Luftwege überbrückte. Tormann Benzler bäumte sich mit gereckter Faust rechtzeitig dem Ball entgegen. Nichts ging mehr!

Schon einmal war das Gedränge im. Mannheimer Strafraum so dicht: als die Riederwälder kurz nach der Pause einen Zwischenspurt einlegten. Daß — nach einer Ecke von Bäumler — der Kopfball Lindners dennoch zum 1:1 ins Netz fand, gehört zu den Unfaßlichkeiten dieses Spiels. Ein Kamel war durch's Nadelöhr gegangen. (aus 'Der neue Sport' vom 23.11.1959)

 

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