Eintracht Braunschweig - Eintracht Frankfurt

DFB-Pokal 1972/1973 - 1. Achtelfinale, Hinspiel

1:0 (0:0)

Termin: 03.03.1973
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Paul Kindervater (Köln)
Tore: 1:0 Klaus Gerwien (69.)

 


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Eintracht Braunschweig Eintracht Frankfurt

  • Bernd Franke
  • Wolfgang Grzyb
  • Friedhelm Haebermann
  • Peter Kaack
  • Franz Merkhoffer
  • Hans-Jürgen Hellfritz
  • Eberhard Haun
  • Ludwig Bründl
  • Klaus Gerwien
  • Bent Jensen
  • Dietmar Erler

 


 

Wechsel
  • Allan Michaelsen für Hans-Jürgen Hellfritz (46.)
  • Hartmut Konschal für Bent Jensen (46.)
Wechsel
Trainer Trainer

 

Was will man mehr?

Die Amateur-Nationalelf des DFB feiert Ende Februar ihren ersten Sieg in Italien und die Olympia-Amateure der Eintracht, Wienhold und Kalb, sind mit von der Partie. "Der Mannschaft gebührt ein Gesamtlob", findet DFB-Trainer "Jupp" Derwall. Nur drei Tage später ist Kalb schon wieder am Start, dieses Mal aber mit der Eintracht im Hinspiel des Achtelfinales im DFB-Pokal beim Namensvetter in Braunschweig.

Seit Februar 1964 haben die Hessen bei den Niedersachsen nicht mehr gewinnen können, nur zwei Unentschieden gelangen ihnen dort in den letzten acht Jahren. Das Bundesligagastspiel in dieser Saison ging in der Wiederholung mit 1:2 verloren, nachdem die erste Begegnung beim Stande von 3:0 für die Braunschweiger zur Halbzeit wegen Nebels abgebrochen werden musste.

In der Liga läuft es für den Deutschen Meister von 1967 alles andere als optimal. Durch die beiden letzten Heimsiege gegen den Tabellenletzten Oberhausen und den 1. FC Köln haben sich die Braunschweiger aber nun von Platz 16 zwei Ränge nach vorne arbeiten können. Die Abstiegsgefahr ist jedoch längst noch nicht gebannt – der Abstand auf Rang 17, den ersten Abstiegsplatz, der aktuell vom Hamburger SV belegt wird, beträgt nur 3 Punkte.

Doch auch für die Eintracht läuft die Bundesligasaison unbefriedigend. Die Mannschaft von Erich Ribbeck tummelt sich im Mittelfeld, obwohl sie doch den Anspruch hat, um europäische Startplätze mitspielen zu wollen. Hinzu kommen personelle Engpässe, so dass neben Kalb auch Wirth und Schämer neu in die erste Elf rücken, wobei Kalb und Krauth bereits beim letzten Punktspiel eingewechselt wurden. Außerdem wird Körbel für Trinklein aus dem Mittelfeld ins Abwehrzentrum zurückgezogen. Neben Trinklein fehlen gegenüber der Heimniederlage gegen Offenbach auch Rohrbach, der wie Trinklein erkrankt sein soll, sowie der verletzte Nickel. Hölzenbein und Grabowski fallen ohnehin weiterhin aus.

Umso überraschender ist es, dass die Frankfurter die Partie von Beginn an im Griff haben. Es ist keine halbe Minute gespielt, als der Braunschweiger Torwart Franke einen Schuss von Parits meistern muss. Während den Niedersachsen kaum gute und noch weniger gefährliche Szenen vor dem Tor der Hessen gelingen, brennt es im Strafraum der Elf von Trainer Knefler häufiger. So auch in der 12. Minute, als Weidle bei einer der typischen Frankfurter Attacken außerhalb des 16-Meter-Raums zu einem Schuss ansetzt und die Latte des Braunschweiger Tores trifft. Franke hätte keine Abwehrmöglichkeit gehabt.

Geschickt bestimmen die Gäste vom Main das Tempo, was in diesem Fall bedeutet, dass man sich schwer tut, im Zusammenhang mit der Geschwindigkeit in dieser Partie von Tempo zu sprechen. Doch wen kümmert es, außer vielleicht die bedauernswerten 4.000 Zuschauer, die sich von einem Stadionbesuch nicht haben abhalten lassen? Die Taktik der Eintracht aus Frankfurt ist nicht schön anzuschauen, aber sie geht in dieser ersten Halbzeit voll auf.

Ribbecks Truppe hält den Ball, geht aber zuweilen forsch auf die Pirsch, wenn sie beim Gegner eine Lücke ausgemacht hat. Was nützen den Niedersachsen dagegen ihre überstürzten Angriffsversuche, denen man allzu deutlich anmerkt, dass sie ohne einen Plan vorgetragen werden? Weit vor Dr. Kunters Tor werden die beherzten, aber kopflosen Attacken der Braunschweiger von den dichten Abwehrreihen der Hessen mühelos abgefangen.

Die steilen Konter der Frankfurter, die so selten wie schnell erfolgen, bringen die Gastgeber dagegen nicht nur einmal in große Verlegenheit. In der 37. Minute ist es allerdings ein ruhender Ball, der Torwart Franke tief durchatmen lässt: Kliemann setzt einen Freistoß aus gut 25 Metern nur knapp an Frankes Tor vorbei. Und eine Minute später startet Parits einen vielversprechenden Alleingang, der allerdings durch den schlammigen Untergrund aufgehalten wird. Es ist nicht einfach, auf diesem schweren Boden zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen.

Der Braunschweiger Anhang hat zur Pause genug gesehen und begleitet die Gastgeber mit Pfiffen in die Kabine. "Das muss anders werden", hofft Braunschweigs Präsident Ernst Fricke auf die zweiten 45 Spielminuten. Trainer Knefler reagiert und bringt Konschal und Michaelsen für Jensen und Hellfritz. Die Auswechslungen – oder die Ansprache des Trainers zur Pause – bleiben auch nicht ohne Wirkung. Die Gastgeber agieren nach dem Wiederanpfiff geordneter und durchdachter als zuvor.

Es gelingt Kneflers Mannen aber nicht, die andere Eintracht aus dem Rhythmus zu bringen. Im Mittelfeld werden weiterhin die Angriffsabsichten des Gegners rechtzeitig durchschaut und so gut wie immer durchkreuzt. Kalb liefert eine starke Partie gegen Haun, der noch eine Woche zuvor den Kölner Flohe zur Bedeutungslosigkeit verdammt hat. Auch Weidle behauptet sich gegen Hellfritz, lediglich "Kalla" Wirth gerät das eine oder andere Mal gegen Bründl ins Hintertreffen.

In der Frankfurter Offensive geht ebenfalls nicht mehr viel, zumal sich nur Parits im Zweikampf ein ums andere Mal durchzusetzen versteht, Hofmeister bleiben diese Erfolgserlebnisse meist versagt. Dafür ist in der Abwehr auf Reichel und Schämer Verlass, die Erler und Gerwien sicher im Griff haben. Körbel hatte ja seinen Gegenspieler, den dänischen Nationalspieler Jensen, bereits bis zur Pause so entnervt, dass dieser in der Kabine bleiben musste. Noch besser ist Uwe Kliemann, der die Abwehrkette ausgezeichnet organisiert und überall dort auftaucht, wo sich Gefahren abzeichnen.

Schade, dass es gerade Kliemann ist, der gute 20 Minuten vor Spielende die Führung der Braunschweiger einleitet. Durch ein Foul an Konschal, für das er die Gelbe Karte erhält, verschuldet er einen Freistoß, den Grzyb in den Frankfurter Strafraum befördert, wo Gerwien – einen Moment von Schämer aus den Augen gelassen - per Kopf das 1:0 erzielt. Es ist Gerwiens erstes Pflichtspieltor in dieser Saison.

Die Gastgeber drängen auf weitere zählbare Erfolge, doch diese sind ihnen nicht vergönnt, obwohl den Hessen gegen Ende des Spiels die Kräfte auszugehen scheinen. Trotzdem hat Hofmeister drei Minuten vor Schluss nach vortrefflicher Vorarbeit von Parits den Ausgleich vor Augen, doch er vergibt die große Chance zu überhastet und unkonzentriert.

"Nie hatte ich das Gefühl, mit mehr als einem Treffer Differenz zu verlieren", meint Trainer Ribbeck nach der Niederlage überraschend selbstbewusst. "Dieses 1:0 kann nicht froh stimmen", ärgert sich derweil Braunschweigs Trainer Otto Knefler. Die Spielverzögerungstaktik der Gäste hat ihm die Laune ein wenig verhagelt, zumal es seiner Elf nicht gelungen ist, das Tempo anzuziehen und den in der eigenen Hälfte geschickt den Ball in ihren Reihen haltenden Eintrachtspielern, das Hand- beziehungsweise das "Fußwerk" zu legen. "Dass die Frankfurter so etwas können, wissen wir. Es sind ja alles Filigrantechniker", sagt Knefler anerkennend.

Der Ärger hält sich bei Knefler aber dann doch in Grenzen, weil er dieser Pokalbegegnung keine besondere Bedeutung beimisst. Der Hauptaugenmerk ist bei den im Abstiegskampf befindlichen Niedersachsen auf eine andere Stelle gerichtet: "Für uns sind die Meisterschaftsspiele der Bundesliga wichtiger", bestätigt Knefler: "Gegen Frankfurt ging es auch darum, sich auf unser nächstes Heim-Punktspiel gegen Hertha BSC vorzubereiten."

Der Sieg sollte etwas Sicherheit geben, zumal der Coach bei seiner Truppe einen entscheidenden Vorteil ausgemacht zu haben glaubt: "Wir können mit unserer Kondition jeden Gegner niederzwingen." "Wir haben uns doch heute wirklich bemüht. Die Mannschaft hat 90 Minuten mit Hingabe gekämpft. Meine Jungs haben ihr Letztes gegeben", macht Ribbeck kein Geheimnis daraus, dass seine Elf am Ende tatsächlich stehend k. o. war. "Ich hoffe nur, dass bis zum Rückspiel einige meiner Stammspieler wieder gesund sind."

"Man muss doch berücksichtigen, dass wir mit fünf Ersatzleuten antreten mussten", ist auch Uwe Kliemann zufrieden: "Und welcher andere Verein würde mit einem solchen Handikap so gut fertig werden, wie wir es in Braunschweig geworden sind? Die nur knappe Niederlage lässt zudem alle Möglichkeiten für den Rückkampf offen, in dem wir, so hoffe ich, alles klar machen werden. Wir haben jedenfalls eine gute Chance, das Viertelfinale zu erreichen." Trainer Ribbeck versteigt sich sogar zu der Frage: "Was wollen wir eigentlich noch mehr?" "Im Rückspiel können wir nach diesem knappen Ergebnis die Braunschweiger packen", ist der Coach zuversichtlich.

Seine Zuversicht bekommt aber bald darauf einen Dämpfer. Ribbeck werden im Rückspiel zwar sowohl Trinklein als auch Rohrbach und wahrscheinlich auch der noch verletzte Nickel wieder zur Verfügung stehen, doch "auf Grabowski und Hölzenbein werden wir allerdings auch dann noch verzichten müssen." (rs)

 


Interview von Werner Bremser mit Erich Ribbeck und Dietrich Weise

Zwei Vereine tauschen ihre Trainer: Dietrich Weise, 1. FC Kaiserslautern, geht in der nächsten Saison nach Frankfurt. Erich Ribbeck, Eintracht Frankfurt, übernimmt dafür den 1. FC Kaiserslautern. Was empfinden diese beiden Bundesliga-Trainer vor ihren Umzügen?

Streiten jetzt nicht zwei Seelen in Ihrer Brust?

Ribbeck: Meine Hauptarbeit gilt der Eintracht. Ein Teil der Sorgen wird mir jedoch von Dietrich Weise abgenommen. Er schaut sich nach neuen Spielern für die Eintracht um, ich umgekehrt für Kaiserslautern.

Weise: Nein. Bis zum 30. Juni arbeite ich nur für Kaiserslautern. Natürlich werde ich die Berichte über die Eintracht noch aufmerksamer studieren.

Welchen Spieler würden Sie am liebsten zu Ihrem neuen Verein holen?

Ribbeck: Ich würde Gerd Müller verpflichten.

Weise: Ich wüsste schon, wen. Aber ich sage es nicht.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Ribbeck: Dass er mehr erreicht als ich. Vor allem, dass er einen besseren Start hat als ich in Frankfurt.

Weise: Dass alles so weiterläuft. Und dass Erich das Glück zur Seite steht.

Was sagte Ihre Frau zum Umzug?

Ribbeck: Meine Frau wäre lieber näher ihrem Heimatort Wuppertal geblieben. Sie hat bestimmt ein bisschen Heimweh.

Weise: Meine Frau nimmt das in Kauf. Sorge macht uns der Sohn, der jetzt ein Jahr vor dem Abitur die Schule wechseln müsste.

Auf was freuen Sie sich am meisten außerhalb des Fußballs?

Ribbeck: Ich hoffe, dass ich viele neue Freunde kennen lerne. Erst dann fühlt man sich heimisch. Die Pfälzer Landschaft kommt unserem Geschmack sehr entgegen.

Weise: Auf die größere Auswahl an Theatern. Hoffentlich habe ich Zeit dafür. Auch der Taunus wird so gelobt.

Wem oder was trauern Sie am meisten nach?

Ribbeck: Ich verlasse einen großen Bekanntenkreis. Natürlich sind mir auch die Spieler sehr vertraut geworden. Andererseits: Frankfurt ist nicht weit weg von Kaiserslautern …

Weise: Meiner Mannschaft. Wir haben es gemeinsam geschafft, dass wir nicht mehr als "Hacker" verschrien sind und auch nicht mehr von vornherein als Abstiegskandidat gelten.


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