Eintracht Frankfurt - Fortuna Düsseldorf

Bundesliga 1973/1974 - 34. Spieltag

2:1 (0:1)

Termin: Sa 18.05.1974, 15:30 Uhr
Zuschauer: 13.000
Schiedsrichter: Heinz Nickel (Neustadt)
Tore: 0:1 Egon Köhnen (29.), 1:1 Raimund Krauth (63.), 2:1 Jürgen Grabowski (66.)

 

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Eintracht Frankfurt Fortuna Düsseldorf

 


  • Wilfried Woyke
  • Werner Kriegler
  • Hans Schulz
  • Egon Köhnen
  • Fred Hesse
  • Klaus Budde
  • Gerd Zewe
  • Dieter Herzog
  • Dieter Brei
  • Wolfgang Seel
  • Reiner Geye

 

Wechsel Wechsel
  • Horst Degen für Hans Schulz (72.)
Trainer Trainer
  • Heinz Lucas

 

 

Finaler Abschied

Der letzte Spieltag, und noch einmal müssen die Riederwälder nach einer anstrengenden, aber erfolgreichen Saison alle Kräfte mobilisieren. Es gilt, die bisher beste Platzierung der Eintracht in der Bundesliga aus der ersten Saison 1963/64 zu wiederholen. Damals wurde man Dritter. In der Saison 1966/67 war die Eintracht nah dran, diese Platzierung sogar zu übertreffen. Doch nachdem man sich lange Zeit mit dem späteren Meister Eintracht Braunschweig einen Kampf um die Deutsche Meisterschaft geliefert hatte, verloren die Hessen am letzten Spieltag im direkten Duell um die Vizemeisterschaft im Stadion an der Grünwalderstraße gegen 1860 mit 1:2. Ein Unentschieden hätte seinerzeit für den zweiten Platz ausgereicht, doch durch die Niederlage musste man dann sogar wegen des schlechteren Torquotienten gegenüber Borussia Dortmund mit Platz vier vorlieb nehmen. Jürgen Grabowski war damals der Frankfurter Torschütze zum 1:2-Endstand.

Heute steht Jürgen Grabowski nach zwei Spielen verletzungsbedingter Pause wieder in der Mannschaft. Der Bluterguss, den er sich im Länderspiel gegen die Schweden im linken Oberschenkel holte, ist abgeklungen, doch er hat seit fast eineinhalb Wochen kaum trainiert. Auch Trinklein, der nach einer Impfung tagelang Fieber hatte, wird nicht geschont. Kalb verliert seinen Platz im Team an seinen Kapitän und muss auf der Bank Platz nehmen. Trainer Weise schickt folgende Elf ins Rennen: im Tor Wienhold, in der Abwehr mit Trinklein, Kliemann sowie den beiden Außenverteidigern Reichel und Müller, im Mittelfeld mit Körbel, Weidle und Nickel sowie im Sturm Grabowski, Hölzenbein und Krauth.

Die Düsseldorfer Fortuna tritt zum Saisonabschluss mit ihrem Paradesturm an: Klaus Budde, Dieter Herzog und Reiner Geye. Gemeinsam kommen die Drei bislang auf 36 Tore (Budde 7, Herzog 13 und Geye 16) und haben damit mehr als die Hälfte der Düsseldorfer Tore erzielt. Erfolgreichster Schütze ist Reiner Geye, der am letzten Spieltag gegen Gladbach sein 16. Saisontor erzielte und mit diesem Treffer zum 1:0-Sieg der Fortuna gegen Gladbach die Meisterschaftshoffnungen der Fohlenelf zerstörte. Das für heute geplante "Endspiel" um die Deutsche Meisterschaft zwischen Gladbach und den Bayern fällt somit aus, obwohl die Partie natürlich ausgetragen wird, doch aufholen können die Gladbacher den 3-Punkterückstand gegenüber den Münchnern natürlich mehr.

Eine knappe Niederlage in Frankfurt genügt Düsseldorf bereits, um den dritten Tabellenplatz zu behalten, doch die Eintracht kann ihrerseits bei einem Sieg mit mindestens zwei Toren Vorsprung noch an den Düsseldorfern vorbei ziehen. "Uns geht es aber in erster Linie darum, sicher einen UEFA-Platz zu haben, also mindestens Fünfter zu werden", sagt Trainer Weise, dessen Vorgänger mit der Eintracht diese Platzierung in fünf Jahren nur ein Mal erreichen konnte und sonst über das Mittelfeld der Liga nicht hinaus kam. Die Leistungssteigerung der Frankfurter Eintracht in dieser Saison wird sich beim Kassenbericht von Schatzmeister Jakobi auf der Mitgliederversammlung am 7. Juni auch finanziell auswirken. Nach dem durch die Baumisere im Waldstadion bedingten Zuschauerschwund im ersten Halbjahr 1973 mit einem Schnitt von 12.000 pro Spiel und einer Einnahme von mageren 603.000 Mark gab es im zweiten Halbjahr einen kräftigen Aufschwung mit einem Schnitt von 24.000 Zuschauern und 1,4 Millionen Mark. Das bedeutet, dass die Schuldenlast von rund 2.4 Millionen Mark im Jahre zuvor um eine ganze Million gesenkt werden konnte.

Und Weises Elf legt nach dem Anpfiff los, als wolle sie den Gast bereits in der Anfangsphase mit zwei Toren in Rückstand sehen. Der Beginn ist geprägt vom hohen Tempo der Gastgeber und von zahlreichen Chancen. Hölzenbein und Grabowski schießen aus allen Rohren auf den Kasten von Woyke, und auch Vorstopper Kliemann und Außenverteidiger Reichel sind weit aufgerückt, um ihr Glück zu versuchen. Kliemann möchte in seinem letzten Spiel für die Eintracht zu gerne noch einmal treffen. Fünf Tore sind dem baumlangen Verteidiger in dieser Saison bereits geglückt.

Sein sechstes Saisontor schießt allerdings nicht Kliemann sondern Egon Köhnen, der Abwehrmann der Düsseldorfer Fortuna. Dieter Herzog bedient Köhnen mit einem Steilpass und der lupft den Ball über den herauslaufenden Wienhold in das Netz des Frankfurter Tores. Nach 29 Minuten liegt also die Fortuna in Führung und nicht die Eintracht. Allerdings hatte sich dieses Tor geradezu angekündigt. Zu passiv waren die Gastgeber nach ihrer stürmischen Anfangsviertelstunde und zu gefährlich die Düsseldorfer Konter über die Sturmspitzen Geye und Herzog. "Ärgerlich, dieses Tor. Bis dahin hatten wir schon drei Tore schießen können, so überlegen waren wir", findet Trainer Weise.

Das schnelle Überbrücken des Mittelfeldes gelingt den Gästen nun ausgesprochen gut, während die Eintracht mit zunehmender Spieldauer immer weniger zustande bringt. Die gut gestaffelte Deckung vor dem Gästetor können die Riederwälder bis zur Pause nicht mehr in ernsthafte Verlegenheit bringen. Im Gegenteil: Zwei Minuten vor dem Halbzeitpfiff schlägt Seel eine schöne Flanke in den Frankfurter Strafraum, Dieter Herzog köpft den Ball auf den Kasten von Wienhold, doch das Leder streicht knapp über die Latte. Das hätte bereits das 0:2 sein können.

Trinklein ist verständlicherweise nicht so energisch und kraftvoll wie sonst und Helmut Müller merkt man das Ende einer langen Saison an, die den jungen Amateurspieler im letzen halben Jahr zu den Profis geführt hat. Auch Roland Weidle fehlt einfach die Kraft. Karl-Heinz Körbel dagegen bietet Seel unermüdlich das Duell an, das der laufstärkste Düsseldorfer auch jedes Mal annimmt, und Grabowski kämpft als ginge es schon um die Weltmeisterschaft. Immer wieder leitet er die Angriffe seines Teams ein. Doch er mutet sich nach der Verletzungspause bei drückender Schwüle zu viel zu und muss sich am Spielfeldrand behandeln lassen. Hölzenbein steht seinem Kapitän in Sachen Einsatz nicht nach, glänzt durch geschickte Vorlagen und wirkt im Spurt noch kraftvoller als Grabowski. Es ist der stärkste Stürmer auf dem Platz, lediglich seinen Torschüssen fehlt die Präzision.

So sehr sich Grabowski und auch Kliemann in seinem letzten Pflichtspiel für die Eintracht sichtlich mühen und abrackern, so lässig wirkt das Spiel von Bernd Nickel, was ihm einige Zuschauer wieder einmal sehr verübeln. Die "Nickel raus"-Rufe mehren sich, doch Trainer Weise hat sich bereits zum Handeln entschlossen, vielleicht auch um seinen Spieler zu schützen: In der 55. Minute bringt er Kalb für den heute tatsächlich etwas blassen Nickel und weitere fünf Minuten später Bundeswehrsoldat Wolfgang Kraus für den Außenverteidiger Müller. Kraus ist nicht stärker als sein Vorgänger, doch die Einwechslung des agilen Kalb bringt mehr Fluss in die Kombinationen der Hausherren.


Krauth köpft den Ausgleich

In der 63. Minute wird der neuerliche Sturmlauf der Eintracht belohnt. Eine Flanke segelt in den 16er der Düsseldorfer, wo sie Mittelstürmer Krauth im Fünfmeterraum findet. Krauth fliegt in den Ball und köpft ihn aus kurzer Distanz wuchtig in die Maschen. Keeper Woyke ist ohne Abwehrchance und der knapp vor der Torlinie postierte Zewe kann der Kugel, die über seinem Kopf hinweg im Netz einschlägt, nur interessiert nachschauen – wie die in unmittelbarer Nähe stehenden Köhnen und Hölzenbein, die in dieser Szene über die Rolle des Zuschauers ebenfalls nicht hinauskommen. Hölzenbein dürfte allerdings von diesen Dreien mit seiner Rolle am glücklichsten sein. Raimund Krauth, der zur neuen Saison zum FK Pirmasens wechseln wird, erzielt mit diesem Treffer in seinem zweiten Jahr am Main und in seinem 23. Ligaspiel endlich sein erstes Bundesligator. Bisher hat er nur einmal im DFB-Pokal getroffen – im laufenden Wettbewerb in der ersten Runde zum 8:1-Endstand bei Tennis Borussia Berlin.

Drei Minuten nach dem Ausgleich haben die Hausherren die Partie dann gedreht: Es ist - natürlich – der Kapitän und herausragende Spieler dieser Saison, der die Eintracht in Führung schießt: Jürgen Grabowski. Es ist Grabowskis 9. Saisontor; nur Bernd Nickel mit 10 und Bernd Hölzenbein mit 12 Treffern waren für die Eintracht in dieser Spielzeit noch erfolgreicher. Wo eben noch lautstark die Auswechslung von Nickel gefordert wurde, hallen jetzt die "Eintracht vor"-Sprechchöre durchs Stadion.

Leider gelingt es den Gästen danach wieder das Tempo aus dem Spiel zu nehmen, außerdem bleiben sie mit ihren Kontern aus einer verstärkten Abwehr heraus gefährlich. Wie gefährlich kann man in den in der Folge an den beiden Schüssen von Seel erkennen, die knapp an Wienholds Kasten vorbei ans Außennetz zischen, oder an Geyes Pfostentreffer in der 73. Minute. Wienhold gelingt es heute zudem nicht immer, die Bälle, die auf sein Tor kommen, auch festzuhalten und provoziert so gefährliche Situationen.

Was Trainer Weise am Ende als "gutes Spiel" wertet, zerflattert bei seiner Mannschaft wieder in Einzelaktionen, die nichts einbringen, doch die Eintracht steckt andererseits auch nicht auf. Leider verliert Trinklein bei einer hart geschlagenen Flanke von Hölzenbein direkt auf den Eintrachtlibero in der 88. Minute zwei Meter vor dem Düsseldorfer Kasten den Stand und gleich darauf vergibt Krauth nach Pass von Grabowski die allerletzte Chance. Ein dritter Treffer will nicht mehr gelingen und so wird der dritte Tabellenplatz am Ende um ein einziges Tor verfehlt. Die Enttäuschung darüber hält sich angesichts des erreichten vierten Platzes und der Qualifikation für den UEFA-Cup in Grenzen. Um die gelungene Saison abzurunden, wird im "Kicker" Peter Reichel, der sich ein großartiges Duell mit dem starken Herzog geliefert hat, zum zweiten Mal in die "Elf des Tages" berufen. Und Uwe Kliemann, der als letzter das Spielfeld verlässt, wird mit Ovationen verabschiedet. Lange nach dem Spiel erschallt draußen vor der Tribüne ein lautstarker Chor: "Uwe, Uwe" …

In der nächsten Saison gilt es, den Abgang des Berliners zu kompensieren, den es an die Spree zurück zieht, wo die Hertha ihm ein lukratives Angebot gemacht hat, das der ohnehin heimatverbundene Abwehrrecke nicht ausschlagen konnte. Die Frankfurter Fans – das steht fest – werden Kliemann, den sie bereits nach wenigen Spielen mit "Uwe, Uwe"-Sprechchören feierten, trotz seines Wechsels in allerbester Erinnerung behalten. Wie in den gesamten zwei Jahren am Main hat Kliemann auch am Schluss immer alles für die Eintracht gegeben. Ein vorbildlicher Profi – das macht den Abschied noch schwerer. Machs gut, Uwe!

Verlassen wird die Eintracht auch Thomas Parits, der zuletzt kaum noch eingesetzte Mittelstürmer. Parits hat beim spanischen Erstligaklub FC Granada einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Berichtet wird, dass die Frankfurter eine Ablöse in Höhe von 300.000 DM erhalten und der 18-fache österreichische Nationalspieler zukünftig jährlich 200.000 DM plus Prämien beziehen wird.

In der eingangs angesprochenen Saison 66/67, in der man schon einmal den vierten Platz belegte, schied man übrigens in der Qualifikation des DFB-Pokals nach einer 2:0-Führung beim KSV Hessen Kassel mit 2:6 aus. In dieser Saison wurde Hessen Kassel in letzter Minute mit 3:2 ausgeschaltet und man steht im Finale des DFB-Pokals, wo im Düsseldorfer Rheinstadion der HSV auf die Eintracht wartet. Leider muss der HSV bis zum Beginn der neuen Saison warten, denn das DFB-Pokalfinale wird wegen der WM erst am 17. August ausgetragen – und damit ohne Uwe Kliemann.

Sollte die Eintracht den HSV schlagen und Pokalsieger werden, kann man wohl mit Fug und Recht von der bisher erfolgreichsten Bundesligasaison der Eintracht sprechen. Dietrich Weise hat bereits in seinem ersten Jahr am Main Außergewöhnliches geleistet. Dabei verzeichnete die Eintracht in dieser Saison mit Andree, der in der Rückrunde keine Rolle mehr spielte, nur einen Neuzugang. Mit Weise – daran besteht kein Zweifel – ist der Eintracht ein Glücksgriff gelungen. (rs)


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