Eintracht Frankfurt - Rot-Weiß Essen

Bundesliga 1974/1975 - 7. Spieltag

9:1 (4:1)

Termin: Sa 05.10.1974, 15:30 Uhr
Zuschauer: 13.000
Schiedsrichter: Dietrich Basedow (Hamburg)
Tore: 1:0 Klaus Beverungen (2.), 2:0 Bernd Nickel (15.), 3:0 Bernd Hölzenbein (28.), 4:0 Bernd Hölzenbein (31.), 4:1 Willi Lippens (43.), 5:1 Karl-Heinz Körbel (51., Elfmeter), 6:1 Bernd Hölzenbein (53.), 7:1 Wolfgang Kraus (76.), 8:1 Karl-Heinz Körbel (83.), 9:1 Bernd Lorenz (88.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Rot-Weiß Essen

 


  • Jürgen Rynio
  • Eberhard Strauch
  • Gerd Wieczorkowski
  • Gerd Wörmer
  • Werner Lorant
  • Manfred Burgsmüller
  • Klaus Senger
  • Willi Lippens
  • Hermann Erlhoff
  • Dieter Bast
  • Günter Fürhoff

 

Wechsel Wechsel
  • Hans Dörre für Eberhard Strauch (53.)
  • Hermann Lindner für Werner Lorant (81.)
Trainer Trainer
  • Diethelm Ferner

 

Zahlenspiele

Nur drei Tage nach dem eine Halbzeit lang überzeugenden Auftritt in Monaco, der die Eintracht sicher in die zweite Runde des Europapokals der Pokalsieger brachte, steht Hausmannskost auf dem Programm der Hessen: Mit Rot-Weiß Essen kommt die Elf ins Waldstadion, in deren bisherigen sechs Bundesligapartien dieser Saison die wenigsten Tore gefallen sind, 13 an der Zahl.

Die Essener, die mit Manfred Burgsmüller und mit Willi „Ente“ Lippens über einen torgefährlichen Sturm verfügen, haben in dieser Spielzeit gerade einmal fünf Tore erzielt. Andererseits haben sie jedoch auch erst 8 Tore kassiert und stellen damit aktuell die fünftbeste Abwehr der Liga. Auf ein Schützenfest wie in der letzten Saison, als sich die Eintracht beim Erstliga-Aufsteiger mit einem 6:0 für die 3:6-Schlappe aus der Hinrunde bedankte, hoffen heute daher wohl nur die Verwegensten unter den 13.000 Zuschauern. Die müssen dazu allerdings nicht nur die bislang so starke Defensive der Gäste ausblenden, sondern auch die Niederlagen der Eintracht in den ersten beiden Heimspielen dieser Saison. Den besonders großen Optimisten verleiht sicher auch das Wissen um die eigene Offensivkraft Mut: 17 Treffer hat die Eintracht an den ersten sechs Spieltagen erzielt, mehr als jede andere Bundesligamannschaft.

Begleitet wird die Partie im Vorfeld vom journalistischen Boulevard, dem es offensichtlich zu langweilig geworden ist, nur über Spiele und Ergebnisse zu berichten. Die „Story“ hinter der Geschichte muss zu Papier gebracht werden, auch wenn es vielleicht keine Geschichte gibt.

Wie schnell Geschichten „gemacht“ werden können, wenn „dichterische Freiheit“ journalistische Recherche ersetzt, hat unlängst Bernd Hölzenbein am eigenen Leibe erfahren müssen. Hölzenbein hat inzwischen Klage gegen die „Bild“ eingereicht, nachdem das Massenblatt vor dem letzten Punktspiel beim MSV Duisburg in einem Artikel behauptet hatte, dass Bernd Hölzenbein zugegeben habe, die beiden Elfmeterentscheidungen bei der WM gegen Polen und Holland durch absichtliches Fallenlassen provoziert zu haben.

Die folgenden öffentlichen Diskussionen über seine angeblichen „Schwalben“ sorgten für einige Unruhe, der Auflage der „Bild“ tat das keinen Abbruch, der Form des Frankfurter Weltmeisters dagegen schon. Im Europacupspiel im Fürstentum fehlte er allerdings, um eine Knöchelverletzung auszukurieren. Die „Bild“ hat unterdessen Geschmack an „Geschichten“ gefunden und spekuliert direkt nach dem Europacupspiel in Monaco munter drauflos, wartet mit der nächsten „Sensation“ auf und titelt „Geheimplan: Frankfurt will Hoeneß kaufen“.

Wie viele Leser der „Bild“ sich wohl mit der Frage beschäftigen, wie geheim ein Plan sein kann, der nicht nur in einem millionenfach gedruckten Blatt steht, sondern über den „Bild“-Reporter Paul Palmert auch mit dem Eintracht-Fußball-Obmann Ernst Berger sowie dem Schatzmeister Gerhard Jakobi gesprochen haben will?

Angeblich soll die Eintracht nicht nur Interesse an dem Bayern-Stürmer haben, sondern auch bereit sein bis zu 1,2 Millionen Mark auf den Tisch zu legen. Wer die finanziell chronisch klamme Eintracht kennt und weiß, dass der bislang teuerste Bundesligatransfer – Kapellmann vom 1. FC Köln zu Bayern München – etwa 800.000 Mark gekostet haben soll, schenkt nicht nur den genannten Zahlen wenig Glauben...

Den Glauben an seine Mannschaft hat Trainer Weise unterdessen nicht verloren, die Missachtung des von ihm angeordneten Zapfenstreichs nach dem Spiel im Monaco trägt er seinen Spielern aber nach. Dem Journalisten Hartmut Scherzer verriet einer der Eintracht-Akteure auf dem Heimflug von Monaco, dass die lange Nacht in Monte Carlo nicht spurlos am Verhältnis zwischen dem Fußballlehrer und seinen Schützlingen vorbei gegangen ist: „Der Trainer ist sehr enttäuscht. Das müssen wir jetzt am Samstag gegen Essen wiedergutmachen.“

Die Wiedergutmachung lässt auch nicht lange auf sich warten: Keine 120 Sekunden sind gespielt, da bringt Klaus Beverungen die Eintracht mit 1:0 in Führung. „Beve“, der Neuzugang aus Schalke, erweist sich für die Eintracht mehr und mehr als Glücksgriff. Immerhin hat er seine Farben erst vor wenigen Tagen in Monaco nach vier Minuten ebenfalls in Front geschossen.

Das 2:0 erzielte in Monaco übrigens Bernd Nickel nach nur sieben Minuten, dieses Mal müssen die Eintrachtfans auf den Treffer von Dr. Hammer etwas länger warten: Nach einer Viertelstunde schlägt Nickel dann zu und die beiden Torschützen vom Mittwoch haben die Frankfurter erneut zu Beginn des Spiels mit einer beruhigenden 2:0-Führung versorgt – kurios.

Vielleicht wirkt dieser schnelle Vorsprung aber auf einige Adler eine Spur zu beruhigend, denn die Eintracht agiert nun in der Defensive allzu sorglos und lässt die zu Beginn des Spiels herrschende Konzentration in der Abwehrarbeit vermissen. Gut, dass Dr. Kunter auf dem Posten ist und die stürmisch vorgetragenen Angriffe der Gäste in seinen sicheren Händen ihre Endstation finden.

Der Frankfurter Keeper selbst profitiert ebenfalls von seiner überzeugenden Leistung, denn auch Dr. Kunter ist die beeindruckende Vorstellung seines Freundes und Konkurrenten Günter Wienhold in Monaco natürlich nicht entgangen. Wienhold kam dort nach seinem am 28. Juli in einer Vorbereitungspartie erlittenen Gehirnerschütterung erstmals wieder in einem Pflichtspiel zum Einsatz, überraschend für ihn selbst, wie Wienhold sagte. Trainer Weise, der dem guten Günter mit dieser Maßnahme Spielpraxis verschaffen wollte, vertraut wie angekündigt heute wieder seiner „Nr. 1“, dem Joachim Kreck in seinem gleichnamigen Kurzfilm bereits kinematographische Ehren zuteilwerden ließ.

Die Essener zeigen sich allerdings von Kunters Kinokarriere ähnlich unbeeindruckt wie vom frühen und deutlichen Rückstand. Beherzt und auch einigermaßen gekonnt spielen die Gäste von der Hafenstraße den Ball nach vorne, die Handvoll Torchancen, die sie herausspielen, scheinen sie im Glauben zu bestätigen, dass RWE mit der Eintracht spielerisch mithalten kann.

Dieser Glaube währt jedoch kaum eine Viertelstunde, bevor er von Bernd Hölzenbein eindrucksvoll zerstört wird. Ein Doppelschlag des wendigen und trickreichen Stürmers in der 28. und 31. Minute bringt die Eintracht mit 4:0 in Führung. Die 13.000 Zuschauer im Waldstadion sind begeistert, während die Gäste die Zeichen des Augenblicks immer noch nicht verstanden haben. Eine andere Mannschaft würde sich wahrscheinlich nun um Schadensbegrenzung bemühen, um hier nicht eine Abfuhr historischen Ausmaßes zu riskieren, die Essener jedoch suchen hier Heil nicht in der Verteidigung, sondern im Angriff.

Tatsächlich gelingt dem gefährlichsten Essener Angreifer zwei Minuten vor dem Pausenpfiff von Schiedsrichter Basedow der Treffer zum 1:4 aus Gästesicht. Lippens, natürlich Lippens ist man versucht zu sagen. Von den nunmehr sechs Saisontoren der Gäste hat die „Ente“ vier erzielt, die anderen beiden gehen auf das Konto von Manfred Burgsmüller. Dieter Bast, der in der letzten Spielzeit noch 10 Mal erfolgreich war, hat in dieser Saison noch gar nicht getroffen. Ein Schicksal, das er mit dem schnellen Außen Harry de Vlugt teilt: Der Niederländer wartet auf sein erstes Saisontor und fristet die Rolle eines Ersatzspielers. Bitter für den Mann, der 73/74 in 22 Einsätzen zu 11 Treffern kam und nach Willi Lippens bester Torschütze bei den Rot-Weißen war.

In der Halbzeit wird sowohl über die offensive Ausrichtung der Gäste als auch die Treffsicherheit der Eintracht diskutiert. RWE lässt sich möglicherweise vom verheißungsvollen Saisonstart mit zwei Siegen beim 1.FC Köln und dem Wuppertaler SV zu einer Spielweise animieren, die in einem anderen Kulturkreis an Harakiri erinnern würde. Bei der Eintracht könnte der Erfolg der ersten Halbzeit an der veränderten taktischen Aufstellung liegen, die Trainer Weise seiner Mannschaft verpasst hat. An der Mannschaft selbst hat er ja gegenüber dem Europacupspiel lediglich zwei Veränderungen vorgenommen, indem er Kraus und Hölzenbein für Müller und Rohrbach in die Startformation gestellt hat. Kraus spielt allerdings nicht den linken Außenverteidiger, auf diese Position hat Weise gänzlich verzichtet. Weise hat es offensichtlich gewurmt, dass Mönchengladbach und der HSV in Frankfurt mit eben jenem offensiven 4-4-2, das die Eintracht im Pokalfinale gegen die Hanseaten kreiert hatte, zu drei Punkten gekommen sind. Nun hat er aus dem Überangebot im Mittelfeld eine Tugend gemacht. Bewusst stellt der Trainerfuchs heute Kraus zu Grabowski, Nickel, Weidle und Beverungen ins Mittelfeld und formt so ein 3-5-2, mit dem die Essener überhaupt nicht zurechtkommen. Wen wundert das? 4-2-4, 4-3-3 und 4-4-2 kannte man, aber ein 3-5-2? Für Trainer Weise sind derlei taktische Überlegungen weit mehr als Zahlenspielereien: „So zu spielen, das ist für uns die Lösung des Heimproblems.“ Als vorsichtiger und erfahrener Trainer schiebt er natürlich sofort eine Einschränkung hinterher: „Ob es immer reibungslos klappt, das weiß ich natürlich nicht.“

Mit dem Doris-Day-Hit aus einem Hitchcock-Film möchte man Weise an dieser Stelle antworten: „Que sera, sera – what ever will be, will be“. Was heute passieren wird, deutet sich jedoch schon kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit an, als die Essener sich im eigenen Strafraum keinen regelkonformen Rat mehr wissen und des Schiedsrichters Weisheit letzter Schluss der Elfmeterpfiff ist.

Das ist die Gelegenheit festzustellen, ob die Riederwälder einen neuen sicheren Schützen vom berühmten Punkt gefunden haben. Jürgen Kalb, der für die Eintracht von 12 Strafstößen 10 verwandelte, ist seit seinem Fehlschuss am 3. Spieltag bei der Heimniederlage gegen den HSV am Elfmeterpunkt nicht mehr erste Wahl. Nach seiner Verletzung am 4. Spieltag bei TeBe Berlin steht er heute außerdem nur als Einwechselspieler zur Verfügung. Am 5. Spieltag löste der junge Körbel Kalb als Elfmeterschützen ab und traf zum 1:0 gegen Lautern. Die Nervenbelastung für „Charly“ dürfte sich beim Stande von 4:1 in recht überschaubaren Grenzen bewegen. So ist es auch: Körbel läuft an und verwandelt sicher zum 5:1 für die Frankfurter Eintracht.

Die Riederwälder agieren zur Überraschung der Zuschauer trotz der klaren Führung weiterhin ehrgeizig. Grabowski liefert im Mittelfeld eine überragende Partie und ist von seinem Gegenspieler Werner Lorant nie zu halten, während Nickel an Grabis Seite seine ärgsten Kritiker mit einer brillanten Leistung in ihre Schranken verweist. Der bissige Kraus und der durch Wörmer nicht einmal ansatzweise zu bremsende Hölzenbein stürzen die Essener von einer Verlegenheit in die nächste.

Das schaut böse aus für die Gäste, die spätestens nun befürchten müssen, dass sie wie in der letzten Saison ein halbes Dutzend eingeschenkt bekommen. Diese Befürchtung wird nur zwei Minuten später Realität – Bernd Hölzenbein trifft zum dritten Mal und die Eintracht liegt mit 6:1 vorne. Drei Tore schießt selbst der Holz nicht alle Tage und wenn, sind bestimmt nicht zwei Kopfballtreffer dabei. Kompliment an den Fußballweltmeister, der die Auseinandersetzung mit der „Bild“ ebenso weggesteckt hat wie seine Blessur am rechten Fuß.

Diethelm Ferner, der Gäste-Coach, ist offensichtlich der Meinung, dass seine Elf nun genug „weggesteckt“ hat und bringt Hans Dörre. Das Essener Urgestein, das seit 1965 für die Rot--Weißen als Profi die Knochen hinhält, kommt für Eberhard Strauch und soll die Abwehr stabilisieren. Es ist Dörres erster Einsatz, nachdem er am vierten Spieltag bei Essens 1:2--Heimniederlage gegen Eintrachts Namensvetter aus Braunschweig nach 43 Minuten verletzt den Platz verlassen musste.

Die Einwechslung Ferners vermag jedoch nichts an der taktischen Überlegenheit des Frankfurters 3-5-2 zu ändern, mit dem die Essener schlichtweg so überfordert sind wie ein Grundschüler mit einer Integralrechnung. Ferners Kollege Weise erklärt, warum das so ist: „Da steht die gegnerische Abwehr im Raum und weiß nie, wer kommt. Wenn Sie da nicht ganz konzentriert ist, kann es einen bösen Schiffbruch geben.“

Der Kahn von der Hafenstraße würde jetzt wohl nur allzu gerne auf Grund laufen, anstatt im Schlingerkurs auf hoher See dem Sturm der Männer vom Main ausgeliefert zu sein. Bereits leckgeschlagen nimmt die Schlagseite der Essener in der 76. Minute bedrohliche Ausmaße an – Wolfgang Kraus erzielt mit dem 7:1 sein erstes Bundesligator für die Hessen.

Kentern und Untergang der Rot-Weißen sind nicht mehr zu verhindern, auch wenn Trainer Weise zwei Minuten später Jürgen Kalb für Bernd Hölzenbein einwechselt. Auch Ferner reagiert noch einmal und bringt Hermann Lindner für den gegen Grabowski überforderten Werner Lorant (81.), der zum ersten Mal in dieser Saison ausgewechselt wird. Lindner, der zu dieser Saison vom VfB Stuttgart nach Essen gewechselt ist, wird zwar als Stürmer geführt, ist jedoch für RWE noch nicht in der Bundesliga erfolgreich gewesen. Seinen ersten und bisher einzigen Treffer erzielte er im Dezember 1972 noch für den VfB.

Erfolgreicher als Lindner in seiner gesamten bisherigen Karriere ist Vorstopper Karl-Heinz Körbel im heutigen Spiel, denn in der 83. Minute erwischt er eine Flanke vor der Faust des heranfliegenden Essener Keepers Rynio und köpft zum 8:1 ein. 8:1 – der bisher höchste Eintrachtsieg in der Bundesliga datiert vom 4. April 1964, damals gewann die Eintracht gegen Werder Bremen mit 7:0.

Nach seinem zweiten Treffer darf auch Körbel vorzeitig zum Duschen und Helmut Müller darf noch ein paar Minuten beim Schützenfest mittun. Jürgen Rynio im Tor der Rot-Weißen würde sicher einiges dafür geben, wenn das Spiel für ihn auch vorbei wäre. Dreimal ist der Schlussmann, der seine Karriere in den 60er Jahren in der Regionalliga West bei Eintracht Gelsenkirchen begann, mit verschiedenen Klubs schon abgestiegen. Bei RWE konnte er bislang wegen des Stammtorhüters Blasey nicht richtig Fuß fassen und heute wird er buchstäblich ein ums andere Mal auf dem falschen Fuß erwischt. Rynio wird sich wünschen, dass er Blasey nicht am 5. Spieltag erstmals abgelöst hätte, sondern erst nach diesem Tag der offenen Tür im Essener Kasten.

Die Frankfurter Zuschauer stören solche Gedanken wenig, sie fordern lautstark eine Fortsetzung des Torsegens: „Zugabe! Zugabe“, tönt es von den Rängen. Das nimmt sich der Mann zu Herzen, der in letzten Wochen so eine Art Torgarantie zu haben scheint, nachdem er schon zum Fehleinkauf abgestempelt wurde: Bernd Lorenz, der Neuzugang aus Wien, schießt zwei Minuten vor Schluss zum neuen Rekordsieg der Eintracht ein - 9:1! Einen zweistelligen Erfolg verpassen die Frankfurter nur knapp, die Gäste sind aber auch so im wahrsten Sinne des Wortes bedient.

Gut bedient fühlt sich auch Eintracht-Trainer Dietrich Weise: „Ich bin ehrlich überrascht von meiner Mannschaft, Offensichtlich hat die Aussprache, die wir heute morgen hatten, schon Früchte getragen. Ich glaube, die Mannschaft wollte einiges gutmachen, denn am Mittwoch in Monaco lief doch nicht alles so wie gewünscht.“ Der Torhunger seiner Elf hat dem Trainer besonders imponiert: „Ich hatte nach der klaren Pausenführung den Drang nach Erholung befürchtet, aber es ging zu meiner Freude mit unverminderter Energie weiter.“

Weises Freude wird indes nicht von jedermann geteilt, verständlicherweise schon gar nicht von seinem Essener Kollegen Diethelm Ferner. Den ausschlaggebenden Grund für das Debakel hat Ferner richtig erkannt: „Wir wollten spielerisch mithalten, anstatt konsequent zu decken, daran sind wir gescheitert. Wir wollten auch in Frankfurt Tore schießen, anstatt unserer Hauptaugenmerk darauf zu richten, zunächst einmal Tore zu verhindern, das war unser Kardinalfehler.“

Als fairer Verlierer vergisst Ferner jedoch nicht den Gegner zu loben, der diese neun Tore ja erst ein Mal schießen musste: „Diese Eintracht spielte wie entfesselt. Die Mannschaft ist seit der vergangenen Saison noch stärker geworden.“ Ferners kurzes Fazit fällt dementsprechend aus: „Bei Frankfurt lief alles, bei Essen nichts zusammen.“

Hölzenbeins Gegenspieler Wörner stimmt in das Klagelied seines Trainers aus seiner ganz speziellen Sicht ein, denn er stand gegen den Weltmeister auf seinem Platz ebenso auf verlorenem Posten wie die Essener Mannschaft insgesamt: „Der Holz ist nicht zu packen. Er ist immer unterwegs.“

Der so Gelobte wundert sich indes: „Ich weiß gar nicht, wann ich für die Eintracht Kopfballtore gemacht habe.“ Während den Eintrachtfans an dieser Stelle sofort Hölzenbeins herrlicher Flugkopfball am 29.5.1971 gegen den Vizemeister von 1959 einfällt, entlockt die Vorgeschichte zu Holz´ heutigen drei Treffern seinem Trainer ein glückliches Lachen: „Der Bernd kam vor dem Spiel zu mir und wollte eine Spritze haben, weil ihm beim Schießen der Spann des echten Fußes schmerzte. Ich bin grundsätzlich gegen schmerzstillende Spritzen und habe gesagt: Nehmen Sie den Innenrist oder den Kopf. Das hat der Bernd auch gemacht.“ So einfach kann Fußball abseits aller Zahlenspiele sein.

Grabowski und Hölzenbein stehen zum ersten Mal in dieser Saison in der „Elf des Tages“ im 'Kicker' und die Eintracht übernimmt die Tabellenführung. In vier Tagen schon geht es für den Spitzenreiter vom Main weiter, zwischen Ruhr und Emscher wird man auf den Tabellenzehnten aus Bochum treffen. (rs)

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