Bayern München - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1974/1975 - 10. Spieltag

2:1 (0:1)

Termin: Sa 19.10.1974, 15:30 Uhr
Zuschauer: 60.000
Schiedsrichter: Hans-Joachim Weyland (Oberhausen)
Tore: 0:1 Bernd Hölzenbein (15.), 1:1 Gerd Müller (60.), 2:1 Gerd Müller (67.)

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Bayern München Eintracht Frankfurt

  • Sepp Maier
  • Johnny Hansen
  • Franz Beckenbauer
  • Georg Schwarzenbeck
  • Jupp Kapellmann
  • Gerd Müller
  • Ulrich Hoeneß
  • Klaus Wunder
  • Bernd Dürnberger
  • Franz Roth
  • Conny Torstensson

 


 

Wechsel
  • Erwin Hadewicz für Conny Torstensson (46.)
Wechsel
Trainer
  • Udo Lattek
Trainer

 

Der gute Dienst für Magdeburg

Den Preis für ihren 4:0-Erfolg gegen Düsseldorf zahlte die Eintracht noch beim Training am Donnerstag in dieser Woche ab. Trinklein, dessen Fleischwunde am Oberschenkel genäht werden musste, und Peter Reichel aufgrund seiner Knieprellung konnten nur eingeschränkt mittun, Karl-Heinz Körbel pausierte bei der Übungseinheit wegen seiner Oberschenkelschmerzen ganz. Einen Zweifel an ihrer Einsatzfähigkeit am Wochenende ließ Trainer Weise jedoch nicht zu.

Anders sieht das bei Hans-Joachim Andree aus, der seit zehn Monaten an einer Oberschenkelverletzung laboriert, die nicht abklingen will. An eine personelle Verstärkung in der Abwehr denkt der Trainer jedoch nicht und hat dafür seine Gründe: „Einen Klassemann wie den Duisburger Dietz würden wir sofort nehmen, bekommen ihn aber nicht. Was zu haben wäre, brauchen wir nicht, denn da können wir immer unsere Amateure Schwarz oder Dörr einsetzen.“

Kein Geheimnis ist, dass die Eintracht dagegen gerne einen Rechtsaußen verpflichten würde. Die Kontakte zu Arno Steffenhagen und dessen Verein Ajax Amsterdam bestreitet Weise nicht, „aber solange Steffenhagen in Amsterdam nur auf der Bank sitzt und wir uns kein Bild davon machen können, was er noch kann, wird aus der Sache nichts.“

Aber das ist heute schon wieder Schnee von (vor)gestern, denn heute tritt der Bundesligaspitzenreiter aus Frankfurt beim Tabellenzehnten an, um die Tabellenführung zu verteidigen. Was sich auf dem Papier auf den ersten Blick wie eine Pflichtaufgabe liest, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine echte Herausforderung. Nur drei Punkte beträgt der Abstand zwischen den beiden Mannschaften und der heutige Gegner ist kein Geringerer als der amtierende Deutsche Meister Bayern München.

Mit fünf Weltmeistern tritt die Mannschaft, die vor einigen Monaten erstmals den europäischen Landesmeisterpokal erringen konnte, heute gegen den Gast vom Main an. Außerdem scheinen die Bayern die Schwächephase zu Beginn der Spielzeit überwunden zu haben, zuletzt folgten in der Liga drei Siege in Folge.

Nur einer ist trotz sechs Torvorlagen noch nicht wie gewohnt in Tritt gekommen: Mittelstürmer Gerd Müller. Dem Torgaranten, der nach dem Titelgewinn bei der WM im eigenen Land seinen Rücktritt aus der DFB-Auswahl erklärt hat, gelang in den bisher neun Bundesligaspielen nur ein einziger Treffer. Das ist für den Mann, der es gewohnt ist, Tore mit einer Regelmäßigkeit zu schießen, wie ein Huhn seine Eier legt, natürlich eine viel zu magere Ausbeute. Fünfmal hat er schon in einer Saison 30 Tore oder mehr erzielt und es ist fraglich, ob seine fantastische Bestmarke von 40 Treffern aus der Spielzeit 1971/72 jemals überboten werden kann.

Das Gerede über seine Torflaute nervt Müller gewaltig: „Ein Tor schoss ich selbst. Und von 16 Bayerntoren leistete ich bei acht die Vorarbeit. Zählt das nicht?“ Müller ist sich außerdem vor der Partie sicher: „Wir schlagen Frankfurt 2:1.“

Eine Tormaschine ist jedoch auch die Frankfurter Eintracht. Mit 31 Toren in nur neun Spielen haben sich die Hessen zur torgefährlichsten Mannschaft der ersten Liga entwickelt. Die strebt heute ihren zweiten Auswärtssieg beim Meister an. Der einzige Erfolg der Riederwälder bei den Bayern datiert aus der Saison 1966/67. Huberts und Grabowski drehten mit ihren Treffern in der zweiten Halbzeit die Partie, nachdem Müller nach einer Viertelstunde die frühe Führung der Gastgeber herausgeschossen hatte. 18 Mal standen sich beide Teams bisher in der Bundesliga gegenüber, fünfmal siegte die Eintracht, doch neunmal verließen die Bayern den Platz als Sieger.

Die Erfolge der letzten Monate haben die Frankfurter jedoch selbstbewusst werden lassen. Selbst Eintrachttrainer Dietrich Weise – sonst ein Vertreter der eher leisen Töne – kommt vor dem Spiel etwas lauter daher: „Wir brauchen uns hinter den Bayern nicht mehr zu verstecken.“ Thomas Rohrbach, der beim üblichen Presseplausch am Donnerstag die Weltmeister Grabowski und Hölzenbein vertritt, und nie um einen kessen Spruch verlegen ist, bläst in ein ähnliches Horn: „Die Distanz zur Spitze ist nicht mehr so groß. Im letzten Jahr waren wir in München um ein gutes Ergebnis bemüht und zum Schluss ängstlich darauf bedacht, das 2:2 zu halten. Diesmal werden wir in einer solchen Situation versuchen, auch noch den Sieg zu schaffen.“

Der Gefahr einer möglichen Überheblichkeit bei den eigenen Spielern schiebt Weise vorsorglich einen Riegel vor: „Wir müssen vor jedem Spiel begreifen, ob nun gegen Bochum oder Bayern, dass die Kampfbereitschaft an erster Stelle zu stehen hat.“

Für das Spiel nimmt der Eintrachttrainer gegenüber der letzten Bundesligapartie nur einen Wechsel vor: Wolfgang Kraus, der in der letzten Partie für Beverungen aus der Elf genommen wurde, kommt diesmal für Roland Weidle in die Mannschaft. Überraschend ist, dass Weise Kraus und nicht Körbel als Gegenspieler von Müller aufbietet, während Körbel anstelle von Weidle ins Mittelfeld rückt. Die Formation der Eintracht sieht damit wie folgt aus: Kunter – Reichel, Kraus, Trinklein, Müller - Beverungen, Körbel, Grabowski, Nickel – Hölzenbein und Rohrbach. Und es ist diese Elf, die im Münchner Olympiastadion von Beginn an auftritt, wie ein kommender Meister.

Die Bayernabwehr hat mit den schnellen Frankfurter Spitzen Rohrbach und Hölzenbein allergrößte Probleme, während Jürgen Grabowski im Mittelfeld gekonnt die Fäden zieht und seine Stürmer immer wieder gefährlich in Szene zu setzen weiß. Die dieser Überlegenheit geschuldete Führung der Eintracht entspringt jedoch nicht etwa einem der sehenswerten Angriffe der Gäste, sondern einem bösen Schnitzer von Georg Schwarzenbeck.

Ein von Körbel in den Strafraum der Bayern geschlagener Ball wird „Katsche“ zum Verhängnis. Zu kurz gerät ihm die geplante Rückgabe auf seinen Torwart, Bernd Hölzenbein hat aufgepasst, spritzt dazwischen und überwindet den wie eine Schildkröte hilflos auf dem Rücken liegenden Sepp Maier mit einem gefühlvollen Schuss aus kurzer Distanz.

Angetrieben von ihrem wieder einmal überragenden Kapitän Grabowski, der von seinem Gegenspieler Kapellmann in den ersten 45 Minuten einfach nicht gehalten werden kann und den tapsig wirkenden Münchner geradezu der Lächerlichkeit Preis gibt, haben die Gäste vom Main eine Reihe von weiteren Chancen. Es gelingt ihnen jedoch nicht, die knappe Führung auszubauen.

Da scheitert Thomas Rohrbach am Weltmeister im Kasten der Hausherren, nachdem der Frankfurter zuvor den Bayern-Abwehrspieler Hansen alt aussehen ließ. Diese Scharte kann Hansen aber wieder auswetzen, als er im letzten Moment Grabowski stoppen kann, der Kapellmann entwischt ist. Und auch ein Flachschuss von Nickel kann nicht für das längst fällige 2:0 sorgen – Maier ist auch hier auf dem Posten und entschärft das Geschoss Dr. Hammers.

Keine Frage, die Gäste betreiben auf dem durch den Dauerregen nassen und rutschigen Boden einen hohen Kraftaufwand, gehen weite Wege, doch am Ende stehen sie bis auf Hölzenbeins Tor mit fast leeren Händen da. So etwas, sagt man beim Fußball gerne, rächt sich meist.

Tatsächlich kommt Gerd Müller, der teilweise von gleich drei Gegenspielern umringt wird und doch nicht ausgeschaltet werden kann, seinem zweiten Bundesligator dieser Saison immer näher. Doch auch wenn er sich immer öfter gegen Kraus durchzusetzen versteht, seine Kopfbälle und Schüsse verfehlen bisher knapp das Frankfurter Tor.

Es bleibt beim 1:0 für die Gäste und Heinz Krügel, der Trainer des nächsten Bayern-Gegners im Europapokal der Landesmeister, betätigt sich zur Pause als Prophet: „Ich lasse mich nicht blenden. Die Bayern spielen heute genauso wie vor einer Woche in Mönchengladbach. Da haben sie in der zweiten Halbzeit das Spiel aus dem Feuer gerissen.“

Nach der Pause kommt bei den Gastgebern Hadewicz für Torstensson. Für Hadewicz ist es sein 6. Bundesligaeinsatz in dieser Spielzeit, zweimal wurde er aus-, viermal eingewechselt. Am letzten Spieltag gelang ihm nach seiner Einwechslung die Torvorlage zum 1:1-Ausgleichstreffer. Lattek erhofft sich wahrscheinlich heute Ähnliches von seinem Angreifer. Torstensson, der gegen Gladbach ebenfalls eingewechselt wurde und den Siegtreffer erzielte, hat seine Bewährungschance heute vermasselt. Der Schwede traf schon in der letzten Saison nur ein einziges Mal in der Bundesliga, seine vier Tore im Europapokal besserten seine dürftige Bilanz immerhin ein wenig auf.

An diesem Wechsel liegt es jedoch sicher nicht, dass die Bayern nun besser ins Spiel kommen. Eher kommt in Betracht, dass bei den Gästen nun die Kräfte langsam aber stetig erlahmen und ihr Kopf Grabowski mit dem nun deutlich stärkeren Kapellmann ein spürbarer Widerstand erwachsen ist.

Wie beim Führungstreffer bedarf es jedoch auch beim Ausgleich des Fehlers eines ansonsten zuverlässigen Akteurs. Dr. Kunter kann einen Schuss des zu Saisonbeginn von der Wedau an die Isar gewechselten Klaus Wunder nicht festhalten und Gerd Müller ist dort, wo ein Klassestürmer in solch eine Situation sein muss: zur Stelle. Bevor der am Boden liegende Torwart nachfassen kann, ist Müller da und schießt aus drei Metern das Leder an Kunters ausgestreckten Armen vorbei in die Maschen des Frankfurter Tores.

Der Ausgleich nach einer Stunde Spielzeit macht beim Gastgeber weitere Kräfte frei und die Frankfurter sehen sich einer Reihe von Angriffen ausgesetzt, die sie nun mit Roland Weidles Hilfe abzuwehren versuchen. Peter Reichel hat den Platz verletzt verlassen müssen und wird durch den Schwaben in Reihen der Hessen ersetzt.

Doch auch Weidle kann nur sechs Minuten nach dem Ausgleich nicht verhindern, dass sich Uli Hoeneß - nach einem Fehlpass von Grabowski im Mittelfeld - am Flügel durchsetzt und den Ball scharf zurück nach ihnen zieht, wo Gerd Müller bereits wieder lauert. Wolfgang Kraus sieht das Unheil kommen, doch verhindern kann er es trotz beherzter Grätsche nicht mehr: Aus etwa acht Metern Torentfernung schießt Müller erneut ein.

Zwei Tore im Olympiastadion, das ist Gerd Müller zuletzt am 9. Februar beim 5:1 gegen Schalke 04 gelungen. Auf allen Vieren liegt der mittlerweile vollbärtige „Bomber“ rücklings und flach am Boden und streckt glücklich die Arme, während sein zum zweiten Mal geschlagener Gegenspieler Kraus neben ihm auf der Seite liegt, wie ein Revolverheld, der das entscheidende Duell verloren hat und nun tödlich getroffen auf sein Ende wartet. Die rechte Hand von Kraus ist offen, als sei ihm eine Pistole kraftlos entglitten und sein Blick wirkt ungläubig und müde zugleich.

Die Eintracht bemüht sich, diesen Schock zu verdauen, versucht, zurück ins Spiel zu finden, doch das ist gegen die cleveren Bayern schwer. Das ist es wahrscheinlich auch, was Weises Elf, die heute spielerisch zu gefallen und kämpferisch zu überzeigen wusste, fehlt – die Cleverness.

Jürgen Grabowski ist sichtlich bemüht, seinen Fehler wieder gutzumachen. Vielleicht übertreibt er zuweilen das Dribbling, will zu viel, aber wer mag es dem Frankfurter Kapitän verdenken. Er spürt, dass dieses Spiel seinen Mitstreitern alles abverlangt hat, und nun ist der Starke tatsächlich am Mächtigsten allein.

Fünf Minuten vor dem Ende sieht es so aus, als würde Grabowski für seinen unermüdlichen Einsatz belohnt. Die Bayern-Abwehr ist über- und Sepp Maier bereits ausgespielt, doch dann rutscht dem einschussbereiten Grabi auf dem regendurchtränkten Rasen das Bein weg … Die letzte große Chance ist vertan, die Bayern gewinnen das Spiel mit 2:1. Die Eintracht verliert ihren Spitzenplatz und rutscht auf Rang vier ab, während sich die Bayern von Platz 10 auf 9 verbessern und nun nur noch einen Punkt hinter der Eintracht liegen.

Gerd Müller meint nach der Partie mit Blick auf seine beiden Tore: „Irgendwann musste der Bann ja brechen.“ Sein Trainer Udo Lattek stellt seinem Stürmer auch sonst ein gutes Zeugnis aus: „Gerd hat hart an sich gearbeitet. Er steckte aber nie auf, obwohl ihm erst ein Treffer gelang. Deshalb freue ich mich mit ihm.“ Der Siegtreffer lässt den Bayern-Trainer gar ins Schwärmen geraten: „Allein das zweite Tor war das Eintrittsgeld wert. Idealer, harmonischer kann eine Zusammenarbeit nicht mehr sein, als zwischen Hoeneß und Müller.“

Übertroffen wurden diese beiden jedoch von ihrem Kapitän: Franz Beckenbauer dirigierte heute seine Elf wie in den besten Tagen, von seiner Verletzung ist in dieser Partie nichts mehr zu spüren. Es klingt seltsam, aber es ist wohl wahr, dass die Leistung der Bayern in dieser Spielzeit unter der maladen Leiste ihres Kapitäns litt. „Ich musste meistens mit Schmerzen antreten und oft habe ich deshalb nur 50 Prozent meiner Normalform erreicht“, klagt der Libero.

„Der FC Bayern, das ist Beckenbauer“, bestätigt Trainer Weise und hat nach dem Spiel die Lacher auf seiner Seite: „Solange Franz Beckenbauer bei Bayern noch die dominierende Figur ist, solange müssen wir alle noch warten. Erst wenn er einmal schlechter wird, können wir vielleicht auch einmal Deutscher Meister werden.“

Nicht zum Lachen zumute ist Jürgen Grabowski, der in der Kabine von Eintracht Frankfurt direkt nach der Partie eine Stellungnahme abgibt. Erst vor ein paar Tagen hatte nämlich eine Zeitung ein Interview mit Grabowski abgedruckt, in dem Grabi seine Bereitschaft erklärt, seinen Abschied von der Nationalmannschaft rückgängig zu machen und ein Comeback anzustreben. Vor den laufender Kamera spricht Grabi ins Mikrofon: „Das Interview hat es wirklich gegeben, aber ich habe kein einziges Wort über ein Comeback verloren. Das betreffende Zitat von mir ist frei erfunden.“ Der Kapitän fügt hinzu: „Ich will den Eindruck vermeiden, als sei es meine Absicht, mich bei Bundestrainer Helmut Schön anzubiedern.“

Es ist nicht das erste Mal in dieser Spielzeit, dass einem der beiden Weltmeister der Frankfurter Eintracht eine nicht getroffene Aussage in den Mund gelegt wird. Vor wenigen Wochen erst hatte die „Bild“ behauptet, Bernd Hölzenbein habe ihr gegenüber zugegeben, er habe sich im WM-Finale fallenlassen. „Holz“ leitete daraufhin rechtliche Schritte gegen das Boulevardblatt ein.

Von Grabi „Pressekonferenz“ in eigener Sache sind bei der Eintracht nicht alle angetan, gilt es doch als ungeschriebenes Gesetz, dass in der ersten Viertelstunde nach dem Spiel totale Kabinenklausur zu herrschen hat. Die Reaktion des Trainers fällt entsprechend aus: „Das mag ich nicht, gleich nach dem Spiel, das ist unerhört, unverständlich.“ Vizepräsident Ernst Berger richtet dagegen seine Kritik an den Trainer: „Ich verstehe nicht, wie Sie das zulassen konnten, Herr Weise.“ Diesen Vorwurf will Weise wiederum nicht auf sich sitzenlassen und fragt: „Was soll ich tun, wenn der Spieler damit einverstanden ist?“ Das Verhältnis zwischen Berger und Weise, es wird die Eintracht immer wieder mal beschäftigen.

Natürlich meldet sich auch der bei öffentlichen Statements unvermeidliche Franz Beckenbauer zu Wort. „Das ist zwar Grabowskis ganz persönliche Angelegenheit“, stellt Beckenbauer einleitend richtig fest, was den Libero jedoch nicht daran hindert, seine Meinung kundzutun: „Doch in der Nationalmannschaft könnten wir ihn gerade jetzt gut gebrauchen. Nach Overaths Abschied haben wir keinen wirklichen Spielmacher mehr. Grabowski wäre für diesen Posten genau der richtige Mann.“ Kein Zweifel, Beckenbauer hat in der Sache recht. Aus dem Munde des Mannes, dem ein nicht eben geringer Anteil an Grabis Tribünenplatz nach der WM-Niederlage gegen die DDR zugerechnet werden darf, weil er den Frankfurter nach der Partie mit den ungerechten Worten bedachte, „Grabowski ist nicht der Spieler, der seinem Gegner nachläuft“, klingt diese Erkenntnis dennoch seltsam.

Im Lager der Eintracht werden indes nicht nur die Wunden, die die Niederlage geschlagen hat, geleckt, sondern auch körperliche Verletzungen ärztlich versorgt. Bei Wolfgang Kraus, der zur Behandlung ins Krankenhaus musste, sieht es für das Spiel gegen Kiew nicht schlecht aus, meint Dr. Degenhardt: „Er könnte notfalls spielen und dürfte am Mittwoch auch auf der Bank sitzen.“ Kraus verrät die Diagnose und die Ursache: „Mein Nasenbein ist gebrochen. Müller hat mir mit dem Ellenbogen eins draufgegeben.“

Über eine zu harte Gangart seines Gegenspielers „Katsche“ Schwarzenbeck beschwert sich auch Hölzenbein: „Der geht nur noch auf die Knochen und klammert und hält. Wahrscheinlich hat er in der Halbzeit Befehl bekommen vom Trainer, weil er in der ersten Hälfte so dumm ausgesehen hat gegen mich.“ „Katsche“ zeigt sich von den Vorwürfen unbeeindruckt: „Wenn der Hölzenbein sagt, ich wäre hart gewesen, dann hat er noch nie gegen einen harten Burschen gespielt.“

Auch Kapellmann und Grabowski gönnen sich eine verbale Verlängerung der Partie. „Der war eifrig, aber es gibt bessere“, fällt Grabi sein Urteil kurz und knackig, während Kapellmann über seinen Gegenspieler meint: „Nach der Pause war er weg.“ „Ich bin mit meiner Leistung nicht zufrieden, mein Abspiel war schlecht“, schiebt Kapellmann in einem Anflug von Selbstkritik hinterher. Doch wie auf dem Spielfeld kam Grabi seinem Münchner Widerpart auch in diesem Punkt zuvor: „Nachher war keine Ordnung mehr in unserem Spiel, es gab Fehler, auch von mir.“

Franz Beckenbauer, ganz Mann von Welt, baut vorsichtshalber schon einmal für das Europapokalspiel am Mittwoch vor: „Die Frankfurter haben uns müde gemacht. Wir mussten fürchterlich viel rennen. Da haben sie den Magdeburgern einen guten Dienst erwiesen.“ Mit einem Frankfurter Sündenbock nach dem Spiel gegen eine ostdeutsche Mannschaft hat Beckenbauer ja schon gute Erfahrungen gemacht, vielleicht probiert er es deswegen dieses Mal schon vor dem Spiel.

Die Eintracht muss vor ihrem Europapokalauftritt gegen Kiew neben der Auswärtsniederlage eine weitere bittere Pille schlucken: Peter Reichel fällt einer Muskelzerrung im Oberschenkel erst einmal aus. Ob es sich vielleicht sogar um einen Muskelriss handelt, kann Mannschaftsarzt Dr. Degenhardt noch nicht sagen, seine Auskunft ist jedoch auch so niederschmetternd genug: „Man muss mit (einer Pause von) sechs Wochen rechnen.“

Trainer Weise will das noch nicht recht wahr haben: „Es wäre schlimm, wenn er wegen seiner Oberschenkelverletzung ausfallen sollte, denn ich hatte Reichel als Gegenspieler von Blochin vorgesehen, von dem man ja Wunderdinge hört. Notfalls muss jetzt Müller diese Aufgabe übernehmen, während Kalb für Reichel in die Mannschaft käme.“ (rs)

 

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