1. FC Kaiserslautern - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1987/1988 - 1. Spieltag

2:2 (2:0)

Termin: Sa 01.08.1987, 15:30 Uhr
Zuschauer: 21.000
Schiedsrichter: Wolf-Günter Wiesel (Ottbergen)
Tore: 1:0 Harald Kohr (16.), 2:0 Harald Kohr (45.), 2:1 Frank Schulz (71.), 2:2 Janusz Turowski (73.)

 

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1. FC Kaiserslautern Eintracht Frankfurt

  • Michael Serr
  • Michael Dusek
  • Herbert Hoos
  • Jürgen Groh
  • Franco Foda
  • Hans-Werner Moser
  • Michael Schulz
  • Wolfram Wuttke
  • Markus Schupp
  • Harald Kohr
  • Sergio Allievi

 


 

Wechsel
  • Wolfgang Wolf für Franco Foda (83.)
  • Stefan Emmerling für Markus Schupp (83.)
Wechsel
Trainer
  • Hannes Bongartz
Trainer

Ein Anlass zu verhaltenem Optimismus

Mit dem Spiel in Kaiserslautern beginnt für die Eintracht ihre 25. Bundesligasaison, für die 15 der 18 Trainer den amtierenden Meister FC Bayern München auch als neuen Titelträger erwarten. Rund sechs Millionen Mark hat die Eintracht im Vorfeld zum Gesamttransfervolumen der Liga von 70 Millionen beigesteuert und sich mit reichlich neuen Spielern eingedeckt.

Die Qual der Wahl hat Trainer Feldkamp entsprechend bei der Aufstellung seines Kaders für die Saisonpremiere. Letztlich fahren 17 Spieler mit nach Kaiserslautern, sieben Mann müssen zu Hause bleiben. Dietmar Roth, Dieter Kitzmann und Alex Conrad sind leicht angeschlagen, so dass sie nicht berücksichtigt werden. Bei Holger Friz, Michael Kostner, Jaroslaw Biernat und Andreas Möller ist Feldkamp der Meinung, dass ihre Leistung hinter der der Nominierten zurückstehe.

Recht hart geht Feldkamp vor allem mit Jungstar Andreas Möller ins Gericht, der als A-Jugendlicher nach seiner Bundesligapremiere am letzten Spieltag der Saison 85/86 gegen den HSV in der letzten Spielzeit immerhin 22 Bundesligaeinsätze zu verzeichnen hatte. "Es ist leicht, den ersten Vertrag zu bekommen. Es ist schwer, sich dann zu behaupten", kommentiert Feldkamp in Richtung Möller, den er sich nur schwer zusammen mit Detari im Mittelfeld vorstellen kann: "Dann bräuchten wir ja zwei Torleute."

Den Gegner Kaiserslautern sieht Feldkamp als echte Bewährungsprobe für seine Spieler. Von einer angeblichen Formkrise der 'Roten Teufel', die eine äußerst durchwachsene Vorbereitung absolviert haben, will er nichts wissen: "In Kaiserslautern werden Mannschaften beim Einlaufen ins Stadion geboren. Da steigt das Fieber, wenn die Tür aufgeht. Was vorher war, zählt nicht. Am Betzenberg spielt man nicht nur gegen den 1. FC Kaiserslautern, sondern auch gegen die Zuschauer und meistens auch gegen den Schiedsrichter."

Auf der Gegenseite äußert auch FCK-Trainer Hannes Bongartz Respekt vor der Eintracht, "... die der Kalli schon ganz schön aufgemotzt hat. Es wird eine sehr harte Nuss für uns, wir werden auf eine viel stärkere Frankfurter Mannschaft als in den zurückliegenden Jahren treffen". Die beiden Trainer sind übrigens alte Bekannte. Zu Feldkamps Zeit als Übungsleiter beim 1. FC Kaiserslautern von 1978 bis 1982 zählte der auch als 'Spargeltarzan' bekannte Mittelfeldspieler Bongartz zum Stammpersonal. Nach Abschluss seiner aktiven Laufbahn 1984 wurde Bongartz dann Trainer, seit 1985 ist er in dieser Position für die Lauterer tätig.

Ähnlich wie Feldkamp in Frankfurt hat auch der Lauterer Coach reichlich neue Spieler im Kader. Abwehrspieler Michael Nushöhr kam vom VfB Stuttgart, Larus Gudmundsson von Bayer 05 Uerdingen. Ein Spätentwickler in Sachen Erstligafußball ist der 26-jährige Michael Schulz, der vom Amateur-Oberligisten VfB Oldenburg in die Pfalz wechselte und dort seine erste Profisaison angeht. Aus der Jugend des FCK schafften Mario Basler, Sascha Kiefaber und Fabrizio Hayer den Sprung in den Bundesligakader, Franco Foda, der als ehemaliger Jungendspieler der Lauterer zwischenzeitlich seine Schuhe für Arminia Bielefeld und den 1. FC Saarbrücken schnürte, kehrte an den Betzenberg zurück. Weiterhin wurde Stefan Emmerling vom SV Sandhausen verpflichtet.

Von den Neuzugängen schaffen es allerdings nur Foda und Schulz in die Mannschaft, die gegen Frankfurt die ersten Punkte einspielen soll. Verletzungsbedingt muss Bongartz auf Frank Hartmann, Axel Roos und Nushöhr verzichten. Der Isländer Gudmundsson findet aufgrund seines Trainingsrückstands keine Berücksichtigung. Fit ist dagegen Kapitän und Abwehrchef Jürgen Groh, dessen Einsatz aufgrund einer Verletzung lange Zeit fraglich war.

Während die Lauterer also nur zwei Neue zum Einsatz bringen, sind es bei der Eintracht mit Schlindwein, Heitkamp, Detari, Schulz, Balzis sowie Klepper, der etwas überraschend den Vorzug vor Ralf Sievers und Uwe Müller erhält, sechs Neuzugänge, die sich zusammen mit den 'Alten' Gundelach, Kraaz, Körbel, Binz und Smolarek den ersten Zusatzverdienst sichern wollen. Denn pro Auswärtspunkt und Spieler gibt es wie in der letzten Saison 1.500 Mark Prämie.

Das Spiel ist auch ein 'Duell' zweier Mittelfeldregisseure. Auf Frankfurter Seite der millionenschwere Neueinkauf Detari, aufseiten der Gastgeber Wolfram Wuttke. Wuttke gilt nicht unbedingt als Musterbeispiel für den pflegeleichten Profi und hatte während seiner Karrierestationen Schalke, Mönchengladbach und Hamburg des Öfteren Auseinandersetzungen mit seinem jeweiligen Trainer. Im September 1985 von HSV-Trainer Happel suspendiert, wechselte Wuttke zum 1. FC Kaiserslautern, wo Trainer Bongartz den gelernten Stürmer erfolgreich zum Mittelfeldspieler umfunktionierte. 1986 absolvierte Wuttke sein erstes Länderspiel, in der Spielzeit 86/87 konnte er für den FCK in 32 Bundesligaspielen 14 Treffer erzielen.

Als Wolf-Günther Wiesel aus Ottbergen, einer der sieben deutschen FIFA-Schiedsrichter, die Partie anpfeift, sorgt die Eintracht für einen schwungvollen Beginn. Bereits nach drei Minuten hat Binz nach einem Steilpass von Balzis die Chance zum Torerfolg, doch der Frankfurter Libero, der die gesamte Pfälzer Abwehr schon überlaufen hat, schießt allein vor Torhüter Serr, der den Vorzug vor dem lange verletzten Stammkeeper Gerald Ehrmann erhalten hat, aus 16 Metern links am Tor vorbei.

Der Frankfurter Elan hält allerdings nur kurze Zeit an. Bald gewinnen die Lauterer Oberwasser, wirken spritziger, wuchtiger und auch cleverer. In der 12. Minute muss Armin Kraaz einen Schuss von Schupp aus kurzer Distanz abblocken, um den frühen Rückstand zu verhindern. Vorausgegangen war ein misslungener Abwehrversuch Gundelachs nach einer Ecke von Wuttke. Nur vier Minuten später ist Kraaz erneut gefordert, zieht aber auf dem rechten Flügel gegen Moser den Kürzeren und lässt sich versetzen. Der Lauterer zieht eine weite Flanke nach innen, Mittelstürmer Kohr wird zwar von Körbel und Schlindwein umrahmt, aber nicht am Kopfball gehindert, so dass der Ball aus etwa sieben Metern an Gundelach vorbei zum 1:0 für die Hausherren ins Netz geht.


Körbel im Kopfballduell
mit Kohr

Außer Kampf hat die Eintracht nun kaum mehr etwas zu bieten. Allen voran ist es Kapitän Körbel, der sich eher rustikal gibt, da er Kohr nur schwer in den Griff bekommt. Die gelbe Quittung in Kartenform erhält Körbel in der 19. Minute zugestellt. In der 31. Minute macht es ihm sein Mitstreiter in der Innenverteidigung Schlindwein nach, als er Schulz von den Beinen holt und ebenfalls Gelb sieht. In der Offensive ist dagegen wenig Farbe im Spiel der Eintracht. Im Mittelfeld müht sich Detari zwar, findet aber kaum Anspielstationen in der Spitze, Smolarek und Balzis werden von der Lauterer Abwehr weitgehend abgemeldet.

Die letzte Spielminute vor dem Halbzeitpfiff sieht noch einmal die Lauterer im Vorwärtsgang. Michael Schulz schickt Wuttke auf die Reise, der den Ball quer in den Frankfurter Strafraum spielt. Dort steht Kohr, erneut nur unzureichend von Körbel abgeschirmt, ungefähr auf der Höhe des Elfmeterpunkts, hält seinen rechten Fuß hin und lenkt den Ball zum 2:0 für den FCK flach ins rechte Eck des Eintrachttores.

"Vielleicht wird es ja noch besser. Nur erst einmal abwarten", gibt sich Bernd Hölzenbein zur Pause trotz der enttäuschenden Frankfurter Vorstellung optimistisch. "Sechs neue Spieler zu integrieren, benötigt eben seine Zeit." Alles auf eine Karte setzen will Trainer Feldkamp. "Entweder wir verlieren 0:4 oder wir biegen das Ding noch um. Wir können es schaffen, die Lauterer sind alles andere als souverän", gibt er seinen Spielern mit auf den Weg aus der Kabine. Mit Turowski wechselt er einen weiteren Stürmer ein. Vom Feld geht dafür der angeschlagene Kraaz, der von seinem Mitspieler Schlindwein empfindlich am Knie getroffen wurde. "Bei einer gemeinsamen Rettungstat ganz am Anfang ist es passiert", beschreibt Kraaz die Situation, "Dieter ist mir voll ins Knie gegrätscht."


Szene mit Symbolcharakter:
Detari verliert den Ball an Wuttke

Wie schon in der ersten Hälfte startet die Eintracht auch furios in die zweite Halbzeit. Bereits in der 46. Minute hat Schlindwein die Chance zum Anschlusstreffer, scheitert aber zweimal aus kurzer Entfernung an Torhüter Serr.

In der 60. Minute hat Detari eine sehenswerte Szene. Frank Schulz legt dem Ungarn einen Freistoßball kurz vor, der zieht aus 20 Metern hart ab, doch Serr im Kasten des FCK kann den Ball mit den Fäusten zur Ecke abwehren. Fünf Minuten später zeigt Wuttke auf der Gegenseite, dass auch er in der Lage ist, gefährliche Freistöße zu schießen, scheitert aber an Gundelach. Kurz danach setzt er seinen Mittelstürmer Kohr mustergültig ein, dieser verzieht jedoch aus aussichtsreicher Position.

In der 70. Minute kommt nicht nur der offensive Uwe Müller für Dieter Schlindwein, der sich gegen den trickreichen Sergio Allievi oft nur mit Fouls zu helfen weiß und knapp vor einem Platzverweis steht, sondern fortan auch mehr Schwung ins Eintrachtspiel. So hält es in der 71. Minute Manfred Binz, den Libero, nicht mehr in der eigenen Hälfte. Einen Alleingang schließt er etwa 20 Meter vor dem Lauterer Tor mit einem schönen Schuss ab, Serr kann den Ball nicht festhalten und aus etwa sieben Metern staubt Frank Schulz ab - nur noch 1:2.


Turowski erzielt das 2:2

Nur vier Minuten später gelingt der Eintracht in einer Gemeinschaftsproduktion der beiden eingewechselten Spieler sogar der Ausgleich: Uwe Müller flankte von rechts, Turowski nimmt den Ball direkt und netzt über Serr hinweg aus spitzem Winkel zum 2:2 ein.

Mit einem Unentschieden nach einer 2:0-Führung wollen sich die Gastgeber in Person von Herbert Hoos allerdings nicht zufriedengeben. In der 78. Minute zieht der Abwehrspieler zieht aus 16 Metern ab, Gundelach ist schon geschlagen, doch der Ball prallt gegen die Unterkante der Latte und von dort - so entscheidet der Schiedsrichter richtig - wieder ins Feld.

Wenig später muss Klepper nach einer von Gundelach erneut verfehlten Ecke von Wuttke, der den Vergleich der Spielmacher gegen Detari glatt für sich entscheidet, in höchster Not retten. Doch auch die Eintracht hat noch eine Chance, als Turowski in der 83. Minute abzieht. FCK-Libero Foda wirft sich in den Schuss und bekommt den Ball aus etwas zwei Metern ins Gesicht. Foda erleidet dabei, so wird sich später herausstellen, einen Nasenbeinbruch und muss vom Platz getragen werden.

Letztlich bleibt es beim 2:2 und der Erkenntnis, dass die Eintracht von der durch Detari erhofften spielerischen Klasse noch ein gehöriges Stück entfernt ist, sich aber eine ordentliche Portion der in der letzten Saison vermissten Kampfkraft angeeignet hat. Ernüchternd fällt das erste Fazit zur Bundesligapremiere von Lajos Detari aus. "Er hatte die befürchteten Anlaufschwierigkeiten", urteilt Jürgen Grabowski über den Mann, der in Frankfurt sein Nachfolger werden soll. Auch Detari selbst beschönigt seine Leistung nicht: "Ich muss mich noch drei oder vier Wochen daran gewöhnen, dass in der Bundesliga schneller und härter gespielt wird als in Ungarn." Auch Ferenc Puskás, der einstige Mittelfeldstar der ungarischen Nationalmannschaft und bei Real Madrid, der das Spiel von der Tribüne aus verfolgte, plädiert dafür, Detari noch eine Schonfrist einzuräumen: "Detari ist ein Ausnahmefußballspieler, gebt ihm ein paar Wochen Zeit".


Stimmen zum Spiel

Hannes Bongartz: "Mit dem Punkt kann ich natürlich nicht zufrieden sein. Wir haben klar gesehen, wo wir noch große Schwächen haben, denn es fehlte ein Abwehrchef. Im Großen und Ganzen geht das Unentschieden in Ordnung."

Karl-Heinz Feldkamp: "Mit einem Unentschieden nach einem Zwei-Tore-Rückstand muss man auf dem Betzenberg immer zufrieden sein. Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie Substanz besitzt".

Jürgen Grabowski: "Wenn die Mannschaft es schafft, nach einer enttäuschenden ersten Halbzeit aus einem 0:2 Rückstand ein 2:2 zu machen, gibt es nichts zu kritisieren. Die Leistung nach der Pause stimmt mich optimistisch."


Der Fall Würzburger

Die Zwistigkeiten zwischen Eintracht Frankfurt und dem Verein aus Bieber um den Wechsel des 18-jährigen Frank Würzburger, den ehemaligen Torjäger der Eintracht A-Jugend, der als Einwechselspieler in der letzten Spielzeit ein Bundesligaspiel für die Riederwälder bestritt, scheinen beendet. Würzburger hatte am 14. Juli einen Zwei-Jahres-Vertrag beim Vizemeister von 1959 unterschrieben und war mit in dessen Trainingslager in den Odenwald nach Burg-Breuberg gereist. Noch am Abend der Ankunft war der Spieler dann von Eintracht-Jugendtrainer Klaus Gerster aufgesucht worden und hatte das Trainingslager zusammen mit Gerster verlassen. Grund für diese Abholaktion: Laut Manager Wolfgang Kraus habe Würzburger am 12. Juli bei der Eintracht einen Vertrag für die Amateure unterschrieben.

Vonseiten der Bieberer wurde unterstellt, die Eintracht habe den Vertrag rückdatiert. Der Vater Frank Würzburgers, der seinen Sohn bei den Kickers angeboten hatte, behauptet, nichts vom Vertrag mit der Eintracht gewusst zu haben. Nachdem der DFB die Spielerlaubnis Würzburgers für die Kickers wieder zurückzieht und es sich abzeichnet, dass sich der DFB-Kontrollaussschuss mit dem Fall beschäftigen werde, erhalten Gerster und seine Familie anonyme Drohungen.

Derweil behauptet Eintracht-Vizepräsident Klaus Mank, die Kickers hätten ihrerseits den Vertrag rückdatiert, da laut DFB-Bestimmungen vereinsfremde Amateure nur bis zum 15. Juli unter Vertrag genommen werden dürfen. Gerster habe die ungewöhnliche Maßnahme nur gestartet, weil die Kickers zu verhindern versucht hätten, dass man Würzburger auf die Problematik zweier unterschriebener Arbeitsverträge hinweise.

Überraschend erfolgt dann Ende Juli die Einigung: Frank Würzburger verbleibt vorerst bei der Eintracht, wird aber an den Verein aus Bieber ausgeliehen. Bereits am 8. August läuft Würzburger erstmals bei einem Ligaspiel für seinen neuen Verein auf. (fgo)

 

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