Bayern München - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1987/1988 - 7. Spieltag

3:2 (1:2)

Termin: Sa 05.09.1987, 15:30 Uhr
Zuschauer: 19.000
Schiedsrichter: Manfred Neuner (Leimen)
Tore: 0:1 Wlodzimierz Smolarek (2.), 0:2 Frank Schulz (37.), 1:2 Norbert Nachtweih (44.), 2:2 Klaus Augenthaler (54.), 3:2 Roland Wohlfarth (62.)

 

>> Spielbericht <<

Bayern München Eintracht Frankfurt

  • Jean-Marie Pfaff
  • Norbert Eder
  • Andreas Brehme
  • Hans Pflügler
  • Klaus Augenthaler
  • Helmut Winklhofer
  • Norbert Nachtweih
  • Hans Dorfner
  • Lars Lunde
  • Michael Rummenigge
  • Roland Wohlfarth

 


 

Wechsel
  • Ludwig Kögl für Helmut Winklhofer (46.)
  • Jürgen Wegmann für Lars Lunde (76.)
Wechsel
Trainer Trainer

Torschusspanik in München

Trotz der bislang wenig überzeugenden Leistungen auf dem Platz und der schlechten Ausbeute von 4:8 Punkten aus den ersten sechs Ligaspielen kann die Eintracht relativ entspannt nach München zu den Bayern fahren. Denn ernsthaft rechnet niemand damit, dass die Frankfurter mit einem Punkt von der Isar heimkehren werden. Seit mehr als einem Jahrzehnt heißt es nach den Spielen im Olympiastadion für die Eintracht stets: außer Spesen nichts gewesen. Der letzte Punktgewinn gelang am 4. Dezember1976, als Bernd Nickel und zweimal Bernd Hölzenbein zum 3:0-Sieg der Riederwälder trafen.

Ein durchaus besonderes Spiel ist diese Partie für Eintracht-Manager Wolfgang Kraus, der während seiner Zeit als Spieler bei den Bayern immerhin vier der Auswärtspleiten seines jetzigen Vereins mitgestaltete. Aber Kraus meint auch, das Rezept zu besitzen, mit dem man in München am ehesten punkten kann: "Wer dort mauert, fängt irgendwann ein Tor ein. Gegen die Bayern hat man nur eine Chance, wenn man mitspielt; und wir haben dafür die spielerischen Möglichkeiten."

Weniger ins Konzept passt Kraus die Münchner 0:2-Niederlage am Mittwoch im letzten Bundesligaspiel bei Borussia Mönchengladbach: "Erstens werden wir jetzt garantiert nicht mehr leichtgenommen, zweitens kann ich mich nicht erinnern, dass die Bayern schon einmal zwei Spiele hintereinander verloren haben." Allzu gut scheint das Gedächtnis des Managers allerdings nicht zu sein, denn beim letzten Ereignis dieser Art - den Niederlagen gegen den 1. FC Köln (0:2) am zehnten und gegen den VfB Stuttgart am elften Spieltag der Saison 83/84 - stand Kraus jeweils in der Mannschaft des Verlierers, also im Bayerndress, mit auf dem Platz.

Auch Trainer Feldkamp glaubt: "Die Münchner sind verwundbar, mit Matthäus fehlt ihnen ein Stück ihres Motors. Ärgern würde ich mich allein, wenn wir keine Chancen herausspielen würden. Immerhin haben wir in den letzten drei Spielen sechs Tore geschossen."

Dass es im letzten Spiel gegen Dortmund trotz mannigfaltiger Gelegenheiten zu keinem Treffer reichte, will Feldkamp keinesfalls an den Leistungen von Detari festgemacht wissen und geht in die Offensive: "Die positive wie die negative Kritik befasst sich im Moment nur mit zwei Mann, mit Lajos Detari und Andreas Möller. Wie im Spiel gegen Dortmund in der Schlussphase über Detari hergefallen wurde, ist für mich einfach lächerlich. Ich muss zum Beispiel auch einen so erfahrenen Mann wie Smolarek in die Verantwortung ziehen, der aus drei, vier klaren Chancen in einem Spiel mehr machen muss."

Klare Worte fordert derweil auch Andreas Möller ein, der sich durch gute Leistungen in den letzten drei Spielen nach anfänglichem Reservistendasein nun eigentlich eines Stammplatzes sicher sein sollte. Konkret geht es um die U20-WM in Chile vom 10. bis 25. Oktober, für die Bundestrainer Vogts den Frankfurter Mittelfeldspieler ebenso wie Torhüter Ernst eingeplant hat. Vor einem Jahr wurde Möller durch den DFB für die Bundesliga gesperrt, weil die Frankfurter ihn nicht für die U19-EM in Jugoslawien freigaben. "So weit, dass vor dem DFB-Sportgericht über mich verhandelt wird, darf es nicht wieder kommen", fordert Möller. "Es darf auch nicht sein, dass mir die Entscheidung zwischen WM und Club aufgelastet wird. Trainer Feldkamp muss ein klares Wort sprechen, ob er mich braucht oder nicht." Wahrscheinlich scheint, dass die Eintracht Möller abstellen wird, denn jeder Bundesligaverein muss zumindest einen angeforderten Spieler für die U20-WM ziehen lassen. "Streit wird es nicht geben, auch wenn wir äußerst ungern auf Möller verzichten, wenn er gerufen wird", sagt Trainer Feldkamp. Ersatztorwart Ernst werde auf keinen Fall abgestellt, so Feldkamp weiter, denn die Eintracht habe dann keine Alternative, wenn sich Gundelach, die Nummer eins, verletzen sollte.

Für das heutige Spiel steht dem Frankfurter Coach allerdings noch der komplette Kader zur Verfügung. Etwas überraschend entscheidet er sich dafür, die Stammformation der letzten drei Spiele auf einer Position zu verändern. Er verzichtet auf Volker Münn, der zusammen mit Ernst, Schlindwein, Klepper und Turowski auf der Ersatzbank Platz nimmt, und stellt stattdessen Ralf Balzis in der Sturmspitze der Startelf neben Smolarek auf. Detari rückt damit hinter die Spitzen und darf sich im offensiven Mittelfeld tummeln.

Bayerntrainer Josef Heynckes muss auf den Einsatz des von Feldkamp bereits erwähnten Matthäus verzichten, ansonsten hat er alle Mann an Bord. Gegenüber der Niederlage in Gladbach nimmt Heynckes Veränderungen in der Offensivabteilung vor. Statt Neuerwerbung Jürgen Wegmann, der von Schalke an die Isar wechselte und immerhin schon vier Bundesligatreffer in der laufenden Saison für die Bayern erzielte, und Ludwig Kögl erhalten Michael Rummenigge und der Däne Lars Lunde Plätze in der Startelf. Etwas überraschend läuft auch Hans Dorfner auf, den Heynckes zuvor deutlich kritisierte: "Bei ihm hat man den Eindruck, als glaube er, der Strafraum ist vermint".


Detari schießt, Smolarek
fälscht ab und es steht
1:0 für die Eintracht

Vor 19.000 Zuschauern gelingt der Eintracht in München ein Traumstart: Knapp eine Minute ist gespielt, als sie nach einem Foul an Smolarek ihren ersten Freistoß in der Nähe des Bayerntores zugesprochen bekommt. Detari schnappt sich den Ball, legt ihn zurecht und zieht ab, der in der Bayernmauer platzierte Smolarek schafft es, dem strammen Schuss einer Richtungsänderung zu verpassen, Pfaff im Tor der Bayern ist konsterniert, und es steht 1:0 für die Gäste.

Fortan erleben die Münchner Zuschauer einen ihnen ungewohnten FC Bayern. Die ansonsten mit Selbstbewusstsein bis an und manches Mal auch über die Grenze der Arroganz auftretenden Kicker von der Isar tapsen nervös über den Rasen. In der 4. Spielminute folgt dann beinahe das 0:2: Smolarek geht nach einem Pass von Detari alleine auf Pfaff zu, zieht aus etwa 16 Metern platziert ab, doch der Belgier zeigt, warum er zu den Besten seines Fachs gehört und fischt den Ball aus der Ecke, noch bevor er seinen Weg ins Tornetz findet.

Auch in der Folge zeigen sich die Bayern konfus und konzeptlos, Flanken von Winklhofer und Brehme segeln ins Leere, die Eintracht dominiert die Partie. Einzig der Mangel, aus Torchancen auch Treffer zu generieren, schmälert die Freude der mitgereisten Frankfurter Fans und der Verantwortlichen auf der Trainerbank. Hintereinander haben Smolarek (27.) und Balzis (28. und 31.) große Chancen, die Führung auszubauen, können diese aber nicht verwerten.

Besser macht es Frank Schulz in der 37. Minute. Detari spielt Sievers frei, der gefühlvoll in den Strafraum flankt, wo wiederum Detari einen Flugkopfball gen Bayerntor ansetzt. Zwar kann Pfaff noch abwehren, doch Frank Schulz ist zur Stelle und drischt den Ball aus wenigen Metern zum hochverdienten 2:0 für die Eintracht unter die Latte.

Nachdem Detari nun an zwei Toren entscheidend beteiligt war, gelingt es ihm in der 44. Minute, auch einen dritten Treffer in dieser ersten Halbzeit zu initiieren. Allerdings fällt dieser auf der Gegenseite, nachdem der Ungar sich ein überflüssiges Foul leistet. Dorfner legt den fälligen Freistoß auf Nachtweih ab, und der ehemalige Frankfurter lässt Gundelach im Tor der Eintracht mit seinem Schuss ins lange Eck keine Chance. Sekunden vor dem Halbzeitpfiff hat Frank Schulz die große Chance, den alten Torabstand wieder herzustellen. Doch der schlaksige Ex-Bochumer verstolpert nach einem Pass von Smolarek acht Meter alleine vor dem Tor.


Gundelach und Roth gemeinsam,
doch Augenthaler macht das 2:2

45 Minuten lang wurden die Bayern im eigenen Stadion fast vorgeführt, jedoch hatte die Eintracht versäumt, mehr als die zwei erzielten Treffer zu markieren. Dies soll sich in der zweiten Hälfte rächen. Die Münchner, die mit Ludwig Kögl für Helmut Winklhofer nun einen weiteren Stürmer auf dem Platz haben, fangen sich, machen weniger Fehler und treten energischer auf.

Als logische Konsequenz fällt in der 54. Minute das 2:2. Augenthaler, der in der Defensive eher durch Fehler denn durch Souveränität auffällt, steigt bei einer Ecke, die Rummenigge in den Strafraum schlägt, hoch und kann hart bedrängt von Gundelach und Roth den Ball mit dem Kopf zum Ausgleich einnetzen. Bei dieser Aktion verletzt Gundelach seinen Mannschaftskollegen Dietmar Roth so schwer, dass dieser mit einer Platzwunde auf der Stirn vom Feld getragen werden muss. Für ihn kommt Thomas Klepper ins Spiel.


Wohlfarth köpft das 3:2

Die nächste große Chance haben die Bayern in der 62. Minute - und wieder treffen sie. Norbert Nachtweih wird von Detari nicht am Flanken gehindert, die Hereingabe köpft Roland Wohlfarth knallhart aufs Tor. Zwar reißt Gundelach noch die Faust hoch und kann abwehren, doch der Ball landet wieder bei Wohlfarth, der ihn aus nächster Nähe per Kopf über die Torlinie bugsiert. Aus der 2:0-Führung für die Eintracht ist ein 2:3 geworden. Ganz wollen sich die Eintrachtspieler allerdings nicht mit einer Niederlage abfinden. So hat Detari zehn Minuten nach der Münchner Führung die Chance zum Ausgleich, als er, von Smolarek hervorragend bedient, alleine aufs Tor zuläuft. Doch der Ungar zögert so lange, bis die Schusschance vergeben ist und die Bayern klären können.

In der letzten Viertelstunde sehen die Zuschauer fassungslos zu, wie die Eintracht ihre Möglichkeiten verschleudert. Die Bayernabwehr ist desolat, Augenthaler wird von den Frankfurtern ein ums andere Mal überlaufen, einzig Pfaff präsentiert sich in Topform und hält das, was die Eintrachtstürmer auf seinen Kasten bringen, wobei das Gros der Bälle neben das Tor geht. So bleibt es beim 3:2 für die Heimmannschaft bis zum Schlusspfiff.

Mit diesem Sieg halten die Bayern den Anschluss an die Spitzengruppe, die Eintracht nimmt punktgleich mit den Mannschaften aus Uerdingen, Kaiserslautern und Homburg den 16. Tabellenplatz ein. (fgo)

Stimmen zum Spiel

Karl-Heinz Feldkamp: "In München war ich noch nie so maßlos enttäuscht wie heute. Wer so viele Chancen auslässt, kann nicht gewinnen. Das 1:2 vor der Pause war wohl eine Vorentscheidung. Aber wir haben gesehen, dass wir gegen jeden Gegner bestehen, jedes Tempo mitgehen können."

Josef Heynckes: "Wir wussten um Eintrachts Formverbesserung. Man hat dies auch während der gesamten 90 Minuten gesehen. Der Anschlusstreffer kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Nach der Pause kamen wir mehr über die Flügel. Jeder Spieler hat alles gegeben, die Mannschaft eine tolle Moral gezeigt. Es war für beide Trainer hochdramatisch, da es bis zum Schluss große Torchancen gab. Insgesamt hat die Eintracht eine gute Leistung gezeigt."

Karl-Heinz Körbel: "Wir haben einfach nicht daran geglaubt, dass wir die Bayern schlagen können. Wir haben gespielt wie im Traum, und keiner hat die Chance erkannt."

 

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