Eintracht Frankfurt - DSC Arminia Bielefeld

Bundesliga 2007/2008 - 19. Spieltag

2:1 (1:0)

Termin: Freitag 08.02.2008, 20:30 Uhr
Zuschauer: 43.300
Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)
Tore: 1:0 Ioannis Amanatidis (37.), 2:0 Martin Fenin (47.), 2:1 Artur Wichniarek (74.)

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Eintracht Frankfurt DSC Arminia Bielefeld

 


  • Mathias Hain
  • Oliver Kirch
  • Radim Kucera
  • Petr Gabriel
  • Markus Schuler
  • Bernd Korzynietz
  • Rüdiger Kauf
  • Thorben Marx
  • Jörg Böhme
  • Sibusiso Zuma
  • Artur Wichniarek

 

Wechsel Wechsel
  • Jonas Kamper für Thorben Marx (46.)
  • Christian Eigler für Jörg Böhme (73.)
  • Leonidas Kampantais für Rüdiger Kauf (90.)
Trainer Trainer
  • Michael Frontzeck

 

Ein 60minütiges Lehrstück

Auch der Chef bleibt, einen Tag vor dem heutigen Spiel hat Heribert Bruchhagen seinen ursprünglich bis 2009 gültigen Vertrag als Vorstandsvorsitzender der Fußball AG vorzeitig bis 2012 verlängert. Ob er das selbst erwartet hatte, nachdem er am 6. Dezember 2003, kurz vor dem 2:2 gegen Hannover vor 20.000 Zuschauern seinen offiziellen Start hatte und nach dem Abstieg in der Zweiten Liga einen Neubeginn organisieren musste? Unbestritten ist, dass er seitdem hervorragende Arbeit für die Eintracht geleistet hat, was Präsident Fischer auch gerne bestätigt: “Das ist ein guter Tag für Eintracht Frankfurt.“ Bruchhagen fühlt sich in Frankfurt sichtlich wohl: “Und ich kann die Zeitung auch noch auf die Erde werfen, weil meine Frau erst donnerstags nach Frankfurt kommt. Ich habe ein Leben wie Gott in Frankreich.“

Michael Frontzeck fühlt sich dagegen eher wie der Prügelknabe vom Dienst. Erst zur Winterpause gekommen, weht dem gebürtigen Mönchengladbacher nach den Niederlagen im Pokal gegen Jena und der Heimniederlage gegen Wolfsburg in Ostwestfalen bereits ein eisiger Wind entgegen. “Frontzeck? Referenzen: Abstieg!“, so eines der Transparente, die dem Ex-Trainer von Alemannia Aachen im letzten Heimspiel entgegengestreckt wurden. Keine gute Ausgangsposition für die schlechteste Defensive der Liga, die zudem erst einen Auswärtssieg, am 1. Spieltag, einfahren konnte. Um der Eintracht trotzdem die Punkte zu entreißen, muss sich Frontzeck etwas einfallen lassen. Das hat er auch getan: "Vielleicht nehme ich eine Maus mit, um den Adler, ihren Glücksbringer, aus dem Stadion zu locken."

Nach dem tollen 3:0-Sieg in Berlin hat Trainer Funkel ganz andere Probleme, nämlich die Euphorie zu bremsen und die Erwartungen an die Neuzugänge in normale Bahnen zu lenken. Caio wird zur Enttäuschung einiger Fans auch heute nur auf der Bank sitzen. Das Argument dafür hat Caio Friedhelm Funkel geliefert: “Wenn er selbst sagt, dass er bei 75 Prozent ist, dann ist das noch zu wenig. Ich kann nur Spieler einsetzen, die bei 100 Prozent sind.“ Und bei 100 Prozent sind sie alle, die Heimkehrer von der Länderspielreise unter der Woche. Daher spielt erstmals in dieser Saison die gleiche Startelf wie in der Vorwoche, Martin Fenin hat also seine Heimpremiere.

Michael Frontzeck stellt seine Mannschaft gegenüber der Heimniederlage gegen Wolfsburg auf drei Positionen um. Petr Gabriel ersetzt den verletzten Andre Mijatovic in der Innenverteidigung, Bernd Korzynietz spielt für Nkosi als rechter Verteidiger. Neben Artur Wichniarek, der Fenin bereits am Mittwoch kennenlernte, als Polen mit 2:0 gegen Tschechien gewann, stürmt heute Afrikacup-Heimkehrer Sibusiso Zuma. Für den Südafrikaner muss Kamper auf die Ersatzbank.

Von Beginn an spielen die Bielefelder wie die ängstlichen Mäuse, selbst Zuma und Wichniarek stehen vor den beiden Viererabwehrreihen tief in der eigenen Hälfte. Aber die Adler lassen sich wie von Frontzeck prognostiziert nicht herauslocken. Sicher und direkt wird der Ball in den eigenen Reihen gespielt, aber es ist zunächst kein Durchkommen. Dann schlägt Köhler einen Freistoß in den Strafraum, im Getümmel kommt Chris an das Leder, trifft es aber nicht optimal, so dass Torhüter Hain problemlos halten kann (5.).

Die Adler bleiben in der Hälfte der Bielefelder, die kaum Zeit haben, um Luft zu holen. Der Ball wird im Mittelfeld zügig und direkt gespielt, um dann mit schnellen Pässen auf die Außenbahnen zum Erfolg zu kommen.

Noch hält das ostwestfälische Abwehrbollwerk, und auch für die Bielefelder ergibt sich eine Chance: Bei einem Freistoß für Bielefeld aus über 30 Meter Torentfernung testet Jörg Böhme, der in der Saison 1995/1996 als 21jähriger zusammen mit Oka Nikolov bei den Adlern spielte, seinen alten Kollegen. Er drischt die Kugel mit Gewalt auf den Kasten, Nikolov ist überrascht, kann den Aufsetzer, aber nach vorne wegfausten. Zuma kommt an den Ball und schießt ihn aufs Tor, doch Kyrgiakos fälscht das Leder grätschend ab, so dass der Ball am linken Pfosten vorbei geht. Aufregung ist an dieser Stelle fehl am Platze, der Linienrichter hatte die Fahne bereits oben (14.).

Zudem war es nur ein Strohfeuer, Bielefeld flieht schnell in die eigene Hälfte zurück und überlässt den Adlern das Fußballspielen. Patrick Ochs zu der Mäusetaktik: “Wir haben nicht gewusst, dass sie so tief stehen würden. Gegen einen solch defensiven Gegner haben wir noch nie gespielt. Also haben wir erst einmal abgewartet, auf Ballkontrolle geachtet, um sie dann zu überraschen.“

Vielleicht ergibt sich nun ein überraschender Moment für die Hausherren: Ein weiter Einwurf von Spycher in den Strafraum, Chris verlängert mit dem Hinterkopf zu Amanatidis, der im Zweikampf mit Gabriel und Kucera den Ball auf den Brasilianer zurücklegt. Chris drischt aus der Drehung aus 8 Metern drauf, hat aber Rückenlage, so dass die Kugel ebenso hoch über die Latte rauscht (23.).

Chris liefert trotz des missratenen Schusses wieder ein tolles Spiel. Weit vor der Abwehr erkennt er jeden Bielefelder Angriffsversuch bereits im Ansatz, läuft Bälle ab und verteilt diese ohne “brasilianische Schnörkel“ schnell und sicher. Hiervon profitiert das Spiel enorm, das Leder wird flach und direkt gespielt, trotz des Abwehrriegels ist fast immer eine Anspielstation vorhanden. Und wenn nicht, ist da ja noch Patrick Ochs. Immer wieder treibt er den Ball auf der rechten Außenbahn mit unbändigem Willen nach vorne, einzig seine Flanken finden bislang noch nicht das Ziel.

Dann die 37. Minute, die Arminia versucht sich mit einem Angriff, Chris wehrt im Strafraum ab und Kyrgiakos schlägt den Ball nach vorne. Nach dem Kopfball eines Bielefelders ist da schon wieder Chris, der den Ball Volley auf Fenin weiterspielt. Der junge Tscheche spielt einen Doppelpass mit Fink, um den Ball dann am Mittelkreis ansatzlos in den freien Raum auf den rechts nach vorne stürmenden Patrick Ochs zu spielen. Der Rechtsverteidiger startet durch, gelangt in den Rücken der Abwehr und sieht in der Mitte Ioannis Amanatidis. Ochs serviert dem Kapitän den Ball genau auf den Fuß und Amanatidis macht, was er am besten kann. Er schlenzt das Leder über den herausstürzenden Torhüter Hain ins rechte Eck. Das 1:0 für die Eintracht nach einer Traumkombination, ein Lehrstück, wie man eine Betonabwehr spielerisch aushebelt!

Auch nach der Führung bleibt die Eintracht das spielbestimmende Team, Bielefeld versucht sich zwar, scheitert aber bereits im Mittelfeld an Fink und an Chris, die einfach jeden Ball ablaufen. So geht es mit der hochverdienten Führung in die Halbzeit.

Mit Beginn der 2. Hälfte versuchen die Ostwestfalen, die Gastgeber mit dem für Marx gekommenen Jonas Kamper als dritter Spitze zu überraschen und spielen nach vorne. Kyrgiakos sorgt erst mal für Ruhe und stoppt Zuma, es gibt Freistoß aus halbrechter Position. Böhme schießt mit links direkt drauf, aber Nikolov hat aufgepasst und faustet den Ball weit nach vorne. Kamper schiebt den Ball zurück in den Strafraum, aber da ist Amanatidis, der perfekt schaltet und Weissenberger mit einem flachen Pass schickt. Der Österreicher schaltet den Turbo an und sprintet 50 Meter mit dem Ball, während Köhler und Fenin nachsetzen. Kurz vor der Strafraumgrenze schießt Weissenberger flach mit links, Torhüter Hain ist schnell unten, kann den Ball aber nur nach vorne abwehren. Das Leder kullert zu Fenin, der ihn kurz und schmerzlos einschiebt. Das 2:0 für die Eintracht (47.). Bereits das vierte Tor von Fenin, doch Trainer Funkel bremst sogleich die Euphorie: "Das Tor hätte auch meine Oma gemacht, sechs Meter ins leere Tor".

Artur Wichniarek ist sauer: “Wir kriegen auswärts zwei Kontertore. Da stimmt einfach irgendwas nicht bei uns.“ Doch weit gefehlt, wieder hat die Eintracht eine Situation, in der die Bielefelder bei Ballbesitz eigentlich gut standen, durch direktes schnelles Spiel aufgelöst und so den Raum für den Konter erst geschaffen.

Kurz darauf aber doch einmal ein schneller Spielzug der Arminen, Böhme setzt sich auf der linken Seite gegen Ochs durch und flankt scharf in den Strafraum, Galindo verschätzt sich, Zuma steigt hoch und trifft, aber die Kugel trifft nur die linke Torstange (49.).

Und dann das nächste Musterbeispiel für die überfallartigen Konter der Adler: Es gibt Freistoß von links nach einem Foul an Fenin, Weissenberger flankt in den Strafraum, Chris bekommt den Ball mit dem Kopf, doch das Leder geht knapp am linken Pfosten vorbei. Der direkte Gegenzug der Bielefelder über Böhme, dessen Pass jedoch von Köhler abgelaufen wird. Köhler passt den Ball auf Amanatidis, der direkt zu Fenin am Mittelkreis weiterleitet. Wieder schickt Fenin Patrick Ochs, der die Außenbahn entlang sprintet und einen präzisen flachen Pass auf den sich in der Mitte freilaufenden Weissenberger spielt. Eine Bielefelder Schuhspitze fälscht ein wenig ab, bevor der Österreicher den Ball direkt nimmt und der rechte Pfosten für Torhüter Hain rettet (55.).

Nach etwa 65 Minuten nehmen die Adler das Tempo aus dem Spiel und ziehen sich etwas zurück. Erste Nachlässigkeiten schleichen sich bei den Pässen ein, die kraftraubende direkte Spielweise und die Länderspieleinsätze von fünf Spielern unter der Woche machen sich bemerkbar. Bielefeld wird nun aktiver. Trainer Funkel reagiert, bringt aber für Weissenberger keinen Mittelfeldspieler, sondern den Neuzugang Evangelos Mantzios als dritte Sturmspitze (67.). Doch durch die Systemumstellung ergeben sich nun zusätzliche Lücken im Mittelfeld. Der ausgewechselte Markus Weissenberger erkennt das Problem: "Wir haben den Gegner nicht mehr laufen lassen." Die Eintracht zieht sich bei eigener Führung wieder einmal weit zurück und statt der kurzen schnellen Pässe wird das Leder nun immer öfter weit nach vorne geschlagen.

In der 74. Spielminute gibt es Freistoß in der Hälfte von Bielefeld. Torhüter Hain schlägt den Ball auf die linke Seite zum gerade eingewechselten Eigler, Galindo geht dazwischen, aber er schlägt den Ball unglücklich zu Rüdiger Kauf, der in den Strafraum auf Kamper flankt. Kamper legt mit der Brust ab und Wischniarek haut das Leder vom Elfmeterpunkt aus ins rechte Eck. Wo ist die Fahne? Bei der Flanke von Kauf waren Kamper und Wischniarek gut einen halben Meter im Abseits, doch Schiedsrichter Markus Schmidt und sein Assistent haben nichts gesehen. Das Tor zählt, es steht 2:1.

Was nun folgt, beschreibt Trainer Funkel später treffend: “Bis zum Pfostenschuss, der das 3:0 hätte sein können, haben wir sehr gut gespielt, nach dem Anschlusstreffer sind wir aus unerklärlichen Gründen allerdings nervös geworden und haben uns zu weit zurückgezogen. Man hat gesehen, dass uns noch Reife fehlt. Wir sind noch nicht so gut, wie viele uns sehen."

Bielefeld bleibt im Angriff, der Ball wird in den Frankfurter Strafraum geschlagen, Kyrgiakos gewinnt das Kopfballduell mit Kirch, bleibt aber nach dieser Aktion blutüberströmt liegen. Eine Platzwunde ziert den griechischen Dickschädel, der zwei Minuten später gegen Russ ausgewechselt werden muss (77.). Kurz darauf kommt Mahdavikia für den bravourös kämpfenden Patrick Ochs (83.). Bielefeld drückt weiter, doch die Abwehr wackelt nicht, so dass kurz darauf der Sieg eingefahren ist.

Drei Siege in Folge gelangen der Eintracht zuletzt in der Zweitligasaison 04/05. In der Bundesliga liegt dies sogar acht Jahre zurück, als man unter Felix Magath Freiburg, Duisburg und 1860 München besiegte.

Noch länger ist es allerdings her, dass die Eintracht in der Bundesliga bereits am 19. Spieltag 29 Punkte sammelte. Es war die Saison 1993/94, als man mit Falkenmayer, Bein und Yeboah – auf die 3-Punkte-Regel hochgerechnet – auf 34 Punkte kam. Ein klein wenig haben die ersten 60 Minuten heute auch an die damalige Spielweise erinnert. (tr)

 

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