Eintracht Frankfurt - Werder Bremen

Bundesliga 2007/2008 - 21. Spieltag

1:0 (0:0)

Termin: Samstag 23.02.2008, 15:30 Uhr
Zuschauer: 51.500
Schiedsrichter: Dr. Helmut Fleischer (Sigmertshausen)
Tore: 1:0 Ioannis Amanatidis (56.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Werder Bremen

 


  • Tim Wiese
  • Patrick Owomoyela
  • Per Mertesacker
  • Naldo
  • Sebastian Boenisch
  • Jurica Vranjes
  • Frank Baumann
  • Tim Borowski
  • Diego (40.)
  • Boubacar Sanogo
  • Ivan Klasnic

 

Wechsel Wechsel
  • Martin Harnik für Jurica Vranjes (73.)
  • Clemens Fritz für Patrick Owomoyela (78.)
Trainer Trainer
  • Thomas Schaaf

 

Mann und Memme

Genau eine Woche hatten die Adler Zeit, Lehren aus dem blamablen Auftritt bei Hansa Rostock zu ziehen. Etwas kürzer ist die Vorbereitungsphase für den anderen Hanseaten, dem Tabellenzweiten aus Bremen. Vor etwas mehr als 38 Stunden gewann Werder das Rückspiel der UEFA-Cup-Zwischenrunde bei Sporting Braga in Portugal mit 1:0 nach einem glanzlosen Auftritt, um nun im voll besetzten Waldstadion aufzulaufen. Doch im Gegensatz zu den selbstgefälligen Ligasprachrohren aus München jammert Manager Klaus Allofs noch nicht: "Wir beschweren uns darüber nicht, weil wir die Spielregeln selbst so gemacht haben.“

Jammern wollen auch die Adler nicht, die die letzten zwei Heimspiele gegen Bremen mit 0:1 und 2:6 verloren haben. Patrick Ochs gibt sich kämpferisch: “Wir werden nicht so auseinanderbrechen wie vor eineinhalb Jahren.“ Und Trainer Funkel gibt die Devise aus: “Wir müssen kompakt stehen und schnell auf Offensive umschalten. Wir müssen mit wenigen Leuten sehr effektiv nach vorne spielen.“

Und dies soll fast mit der gleichen Mannschaft wie gegen Rostock gelingen, nur Inamoto ersetzt den erkrankten Weissenberger. Viel Alternativen im Mittelfeld hat Trainer Funkel ohnehin nicht: Caio hat nach erst vier Wochen Training noch Rückstand und neben Meier und Mahdavikia ist nun auch Toski verletzt.

Werder-Trainer Schaaf ändert sein Team hingegen gleich auf fünf Positionen: In der Offensive ersetzen Diego, Klasnic und Sanogo die im UEFA-Cup eingesetzten Jensen, Rosenberg und Almeida, Vranjes rückt für Özil ins Mittelfeld und Boenisch spielt für Fritz in der Abwehr.

Die Adler haben Anstoß und legen gleich gut los. Weiter Einwurf von Spycher auf Fenin, der jedoch rüde von Mertesacker umgerissen wird. Es gibt Freistoß für die Eintracht am linken Strafraumeck. Köhler führt aus und bekommt den abgewehrten Ball gleich wieder. Ein schöner Querpass auf Inamoto, der das Leder direkt in den Rücken der Abwehr auf Amanatidis spielt. Der Kapitän stoppt das Leder mit der Brust und knallt mit Rechts drauf, aber Torhüter Wiese, der einmal mehr mit einem fraulich-fröhlichen Gesang von den Fans begrüßt wurde, pariert sehr gut (2.). Und weiter geht es mit einem weiten Einwurf von Chris in den Bremer Strafraum, Borowski köpft das Leder nach vorne. Aber genau auf Köhler, der den Ball Volley über die Latte haut (3.). Ein guter Start für die Adler.

Auch Werder ist nun aufgewacht und es entwickelt sich ein verbissen geführtes Spiel. Die 7. Spielminute, Fink spielt zu Amanatidis auf der rechten Seite, der den Ball wieder in den Lauf von Fink passt. Der flankt am rechten Strafraumeck zu Fenin, Baumann will klären und Mertesacker lässt gleichzeitig sein Bein stehen. Derart in die Zange genommen, fällt der Tscheche. Elfmeter! Doch die Bremer haben „geschickt“ gefoult, weder der Linienrichter noch Dr. Fleischer konnten die Szene sehen.

Erneut versuchen die Bremer, Druck aufzubauen, einmal mehr über Diego, der es von Beginn an schafft, bei fast jedem Zweikampf mit einem Adler auf dem Hosenboden zu landen und das Mitleid von Schiedsrichter Dr. Fleischer zu erregen. Er gehört halt geschützt, der sympathische kleine Filigrantechniker. Dafür bedanken sich auch die Frankfurter Zuschauer, die nun bei jeder Ballberührung des 22jährigen Brasilianers anerkennend pfeifen. Die 9. Minute, Diego fällt nicht, nein, er passt in den Strafraum, doch das Leder wird abgefangen. Aber Diego erkämpft sich das Leder im Laufduell mit Inamoto, rennt in den Strafraum, doch Kyrgiakos grätscht ihm das Leder von den filigranen Schlappen, gut so.

Verbissen geht das Spiel weiter, keiner schenkt dem anderen auch nur einen Zentimeter Raum. Dann Freistoß für die Adler durch Köhler. Der Ball fliegt in den Strafraum und Chris nimmt das Leder Volley mit der Hacke. Schade, aber da fehlte ein halber Meter (12).

Es läuft die 20. Minute, Diego, der immer wieder auf die Flügel ausweicht, da er von Inamoto bislang sehr gut abgeschirmt wird, ist am Ball. Zweikampf mit Chris, der Artgeschützte fällt einmal mehr und Dr. Fleischer darauf rein. Es gibt Freistoß für Bremen aus gut 30 Metern, ein Fall für Naldo. Ein kurzer Anlauf und dann knallt der andere Brasilianer das Leder nicht filigran, aber vehement auf das Tor. Oka Nikolov hat aufgepasst und hätte den Ball, der knapp am Toreck vorbeirauscht, gehabt.

Nun ein weiter Abschlag von Nikolov und Boenisch gewinnt in der Bremer Hälfte das Kopfballduell gegen Amanatidis. Der Ball kommt zu Ivan Klasnic, der vor knapp 9 Monaten seine zweite Nierentransplantation erfolgreich hinter sich gebracht hat. Klasnic rennt unbedrängt die linke Seite entlang, dann flankt er in Richtung des mitgelaufenen Sanogo. Der Ball fliegt in hohem Bogen über Nikolov, landet am rechten Lattenkreuz und springt zurück. Doch Glück für die Adler, dass Sanogo das Leder nicht unter Kontrolle bekommt, von seinem Oberschenkel prallt der Ball ins Toraus (26.).

Die Bremer versuchen nun zunehmend, Druck aufzubauen. Doch die Eintracht steht defensiv sehr gut, auch wenn sie sich ein klein wenig zu weit zurückfallen lässt, um auf Konter zu lauern. Aber ein ums andere Mal laufen Amanatidis und vor allem Fenin ins Abseits. Bremen kann mit dem Platz im Mittelfeld nicht viel anfangen, vor allem, weil Diego bei Inamoto und auch bei Chris in guten Händen ist, was dem Brasilianer genauso wenig wie das Pfeifkonzert behagt.

Es läuft die 39. Minute, ein weiter Abschlag von Torhüter Wiese landet bei Diego, der von Kyrgiakos bedrängt wird. Diego verliert den Zweikampf und sitzt ein weiteres Mal auf seinem Hosenboden. Diesmal pfeift Dr. Fleischer nicht, zu Recht, das Spiel läuft weiter. Kyrgiakos ist ob der Fallsucht des Brasilianers ein klein wenig erbost und sagt ihm dies auf seine Weise. Fünf kleine Wörter, die das Zeug zum Klassiker haben: “Stand up and f... you.“ Diego bedankt sich weder filigran, noch literarisch - mit einem rüden Bodycheck haut er den überraschten Griechen von den Beinen. Dr. Fleischer rennt zu seinem Linienrichter, informiert sich über den Vorfall, der sich in seinem Rücken abgespielt hat, und gibt Diego völlig zurecht die Rote Karte (40.).

Auch nach dem Spiel zeigt der kleine Techniker keine Größe: "Es tut mir leid. Ich bin hier von Anfang an provoziert worden. Ich habe die Nerven verloren, weil mich Kyrgiakos ständig provoziert hat. Ich entschuldige mich bei Mannschaft und Trainer." Und auch Klaus Allofs übt sich nun in jammernder Hoeneß-Pathetik: “Diego darf sich nicht so verhalten, das war ein Fehler. Aber es hat ständig Provokationen vonseiten der Eintracht-Bank gegeben. Das ist ein Frankfurter Markenzeichen." Ein “schöner“, allzu durchschaubarer Versuch, die Tätlichkeit des Ausnahmefußballers zu legitimieren. Doch voller Dankbarkeit fallen große Teile der schreibenden Zunft hierauf rein und drücken ihre Anteilnahme mit Diego aus, der sich doch nur gegen die ständigen rüden Attacken des „zotteligen Abwehrkolosses“ gewehrt hatte. Dumm nur, dass den Schreiberlingen entgeht, dass Kyrgiakos bei diesem Zweikampf das erste Mal in dieser Partie auf den Bremer getroffen war. Was interessieren uns Tatsachen, wenn sie nicht zu Geschichte passen wollen: Aus Diego dem Täter wird Diego das Opfer gemacht.

Doch zurück zum Fußball, denn die Eintracht ist nun am Drücker. Ein tatsächliches Frankfurter Markenzeichen sind die weiten Einwürfe von Chris: Der bedient mit einem solchen von der rechten Seitenlinie Kyrgiakos, der mit dem Kopf auf Amanatidis verlängert. In allergrößter Not bekommt Owomoyela seinen Fuß im Fünfmeterraum dazwischen, während Torhüter Wiese Amanatidis umrennt (43).

Dann ist Pause, Zeit für Umstellungen. Friedhelm Funkel bringt, sehr zur Freude der Zuschauer, den brasilianischen Youngster Caio für Inamoto, den nimmermüden, nun arbeitslosen Bewacher von Diego. Inamoto hat sich eine Verletzung zugezogen und muss ersetzt werden. Der Eintrachttrainer entscheidet sich für eine offensivere Variante mit Caio.

Kaum dreißig Sekunden sind gespielt und Amanatidis ist am Mittelkreis am Ball. Dem ersten Foulversuch von Baumann kann sich der Kapitän noch mit einem Schlenker entziehen, doch beim zweiten Mal haut Baumann ihm von hinten rüde in den Knöchel. Es gibt keine Karte für diesen brutalen Tritt und kein Gemecker vom Kapitän, Amanatidis genießt eben keinen besonderen Artenschutz wie ein Diego. Amanatidis muss einige Minuten an der Seitenlinie behandelt werden, bevor der humpelnd auf das Spielfeld zurückkehrt.

Die Bremer stehen nun zunächst tief in der eigenen Hälfte, es ist kein Durchkommen für den bienenfleißigen Amanatidis, der sich in der Mitte immer wieder der Bewachung durch Mertesacker und Naldo erfreuen darf. Doch dann die 55. Minute, Abwurf von Torhüter Wiese zu Boenisch auf der linken Seite. Der trabt gemütlich ein paar Schritte und passt genau so lässig zu Vranjes in der Mitte. Aber nicht mit Chris, der Brasilianer spritzt dazwischen und befördert das Leder in den freien Raum. Amanatidis startet, Wiese stürmt aus seinem Kasten, aber der Kapitän schlenzt das Leder geschickt über den Torhüter ins Netz. Das 1:0 für die Eintracht.

Doch der Führungstreffer gibt den Adlern keine Sicherheit, im Gegenteil. Trotz der Überzahl stimmt die Zuordnung nicht mehr, zwischen Abwehr und Angriff klaffen große Lücken, in die die Werderaner nun beherzt stoßen. Die 61. Minute, Kampf im Mittelfeld und das Leder kommt irgendwie zu Borowski, der es sofort mit einem Heber über die Abwehr schlägt. Klasnic kommt heran und schießt Volley mit links, während ihm Galindo entgeistert zuschaut, aber zum Glück für Oka Nikolov geht der Ball einen Meter am linken Pfosten vorbei. Kurz darauf unterläuft Fink ein Foul an Sanogo, es gibt Freistoß für Bremen. Wieder ist es Klasnic, der den Ball aus über 25 Metern knapp am linken Toreck vorbei senst (64.). Und Bremen bleibt am Drücker. Baumann flankt auf Borowski am linken Strafraumeck, der legt ab und Boenisch knallt das Leder in Richtung linkes Toreck, aber da fliegt Nikolov und kann den Ball ins Toraus fausten (65.).

Das Spiel der Eintracht ist nun, wie Trainer Funkel es hinterher formuliert, “eine Katastrophe. Wir waren zu fahrlässig und hatten zu viele Ballverluste.“ Zehn Bremer bestimmen das Spiel im Mittelfeld nach Lust und Laune. "Da war immer einer frei", sagt auch Patrick Ochs hinterher. Natürlich liegt dies an der Mannschaft, nicht nur an der Hereinnahme vom Caio, doch eine Bindung zum Spiel findet der junge Brasilianer noch nicht. "Heute hat man gesehen", so Friedhelm Funkel, "warum ich ihn bisher noch nicht gebracht habe.“ In der 71. Minute reagiert der Trainer erneut und bringt Marco Russ für Michael Fink. Doch keine Zeit zum Luftholen, die Adler bekommen den Ball einfach nicht aus der eigenen Hälfte und Boenisch kommt auf links an den Ball. Er schlägt eine hohe, weite Flanke in den Rücken der Abwehr. Borowski stürmt heran, Kyrgiakos geht hält Distanz und Köhler verschätzt sich, nicht aber Nikolov, der den Kopfball von Borowski aus kurzer Distanz festhalten kann (73.).

Die 78. Spielminute, Ochs schlägt einen Ball aus den Strafraum, der sofort abgefangen wird, Paddy eilt heran und Sanogo fällt, gleichzeitig foult Chris Borowski, es gibt Freistoß für Bremen. Wieder ein Fall für Naldo. Hart schlenzt er das Leder ins rechte Toreck, aber Nikolov fliegt und pariert prächtig. Auch bei der nachfolgenden Ecke kommt der Brasilianer im Strafraum an das Leder, doch sein Kopfball geht knapp über die Latte. Dann ist es Martin Harnik, der von der linken Seite nach innen zieht. Bedrängt von Chris drischt der Österreicher aus 25 Metern auf das Tor, aber Nikolov faustet das Leder über das Tor (80.). Viel zu tun für die Adler auf den Rängen, zittern, bangen, anfeuern und wieder zittern trotz frühlingshafter Temperaturen im Waldstadion.

Dann Zweikampf im Mittelfeld und endlich die Chance zum Konter für die Eintracht gegen die aufgerückten Bremer. Köhler flankt schön auf Caio, der sich auf der rechten Seite freiläuft. Caio kommt an das Leder, aber er legt sich den Ball im Strafraum zu weit vor, Torhüter Wiese kann dazwischenspringen (81.). Schade, eine große Chance vertan.

Quälend langsam verrinnen die Minuten, es läuft schon die Nachspielzeit. Bremen wirft alles nach vorne und es gibt Ecke von links. Borowski führt aus, alle Bremer sind im Strafraum, der Ball fliegt hoch hinein, gefühlte fünf Bremer wollen an das Leder, aber Nikolov springt höher und schnappt ihn sich. Dann ein weiter Abschlag und Werder kann klären, doch Chris kommt an das Leder. Vehement setzt er sich auf der rechten Seite durch. Auch Boenisch kann ihn nicht stoppen, als er das Leder in die Mitte auf Köhler spielt. Köhler könnte nach innen auf den freistehenden Fenin spielen, doch er macht es selbst. Unbedrängt schlenzt er den Ball knapp am rechten Pfosten vorbei (92.). Das hätte er besser machen müssen.

Danach ist Schluss, Riesenjubel im Waldstadion, die Eintracht hat gewonnen und einer wird besonders laut mit Sprechchören gefeiert, der heute unbezwingbare Oka Nikolov.

Stimmen zum Spiel

Friedhelm Funkel "Gegen zehn Bremer war das nach der Pause ein ganz schlechtes Spiel. Wir haben fahrlässig viele Chancen zugelassen und uns mit Glück ins Ziel gerettet. Wir haben noch viel Arbeit."

Heribert Bruchhagen: “Es ist zwar erfreulich, dass wir erneut gegen einen Großen gepunktet haben, aber ich war enttäuscht, dass wir den Vorsprung nur verteidigt haben. Ich habe da höhere Ansprüche an die Mannschaft."

Ioannis Amanatidis: “Mein Tor hat unser Spiel nicht beruhigt. Nach Diegos Platzverweis hätten wir nicht mehr so ins Schwimmen geraten dürfen.“ (tr)

 

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg