Eintracht Frankfurt - Karlsruher SC

Bundesliga 2008/2009 - 4. Spieltag (Nachholspiel)

2:1 (0:0)

Termin: Mittwoch, 22.10.2008, 18:30 Uhr
Zuschauer: 47.500
Schiedsrichter: Thorsten Kinhöfer (Herne)
Tore: 0:1 Maik Franz (82.), 1:1 Benjamin Köhler (84.), 2:1 Ioannis Amanatidis (90.)

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Eintracht Frankfurt Karlsruher SC

 


 

Wechsel
Wechsel
  • Andreas Görlitz für Alexander Iashvili (57.)
  • Christian Timm für Joshua Kennedy (65.)
  • Bradley Carnell für Antonio da Silva (79.)
Trainer Trainer
  • Edmund Becker

 

Ein Sieg des unbändigen Willens

Endlich findet es statt, das Heimspiel gegen den KSC. Ursprünglich hätte am 12. September gespielt werden sollen, doch drei Tage nach dem Konzert von Madonna war der Rasen im Waldstadion noch immer in einem so erbärmlichen Zustand, dass das Spiel in letzter Sekunde abgesagt werden musste. Und nun könnte es das letzte Spiel für Friedhelm Funkel werden, denn der Druck aus dem Umfeld ist nach erst 3 Punkten aus 7 Spielen groß, die Fans sind unzufrieden mit den Leistungen. Bei der 0:2-Niederlage gegen Leverkusen vor vier Tagen zeigte die Mannschaft zudem ihr schwächstes Spiel des Jahres.

Dennoch ist Trainer Funkel nach dem überraschend anberaumten Kurztrainingslager am Wiesensee zuversichtlich: “Wir haben keinen Druck. Wir haben ganz einfach die Möglichkeit, mit einem Heimsieg die Abstiegsränge zu verlassen. Ich verspüre keinen Druck. Das habe ich in Frankfurt noch nie verspürt. Wir haben hier bereits ähnliche Situationen durchstanden und uns da wieder herausgekämpft. Klar ist: Ich will bei Eintracht Frankfurt bleiben! Es macht mir Spaß, diese Mannschaft zu trainieren, denn es ist eine tolle Mannschaft.“

Für den dringend benötigten ersten Saisonsieg nimmt der Trainer gleich vier Änderungen vor. Liberopoulos stürmt für Amanatidis, der mit Kniebeschwerden immerhin auf der Bank sitzt, Bellaïd, der einen Muskelfaserriss erlitt, wird durch den nach seiner Rotsperre wieder spielberechtigten Chris ersetzt und für Steinhöfer spielt Korkmaz erstmals von Beginn an. Zudem kehrt Inamoto ins defensive Mittelfeld zurück, da Toski Leistenbeschwerden hat.

Der Trainer des Tabellenzwölften, Edmund Becker, vertraut derselben Elf, die am Wochenende mit 0:1 gegen die Bayern verloren hat. Trotz eines Knochenödems mit dabei ist auch Kapitän Maik Franz, mit dem wohl diesmal Liberopoulos das zweifelhafte Vergnügen haben wird.

Mit Anpfiff durch Schiedsrichter Kinhöfer bemühen sich die Adler, das Spiel zu kontrollieren und sich Chancen zu erarbeiten. Immer wieder geht es mit schnellen Sprints über die Außenbahn durch Ochs und Korkmaz auf der linken Seite. Doch dies ist meist überhastet, Korkmaz will zu viel und rennt sich immer wieder fest. Seine Flanken sind ebenso wie die von Ochs viel zu ungenau, als dass Fenin und Liberopoulos diese nutzen könnten. Aber auch der Spielaufbau durch die Mitte wirkt nervös, Inamoto und vor allem Fink gelingt kaum ein langer Pass zum Mitspieler.

Dann die 16. Spielminute, endlich gelingt ein Doppelpass zwischen Spycher und Korkmaz. Der Schweizer flankt in den Strafraum, doch der Schuss von Liberopoulos geht am Tor vorbei. Danach wieder das alte Bild, die Adler rennen gegen die sehr tief stehenden Karlsruher, die mit ihren Konterversuchen genau so scheitern wie die Adler mit genauen Zuspielen.

Immerhin, trotz des schlechten Spiels feuert die Nordwesttribüne die Eintracht geschlossen an, wieder und wieder schallt das “kämpfen und siegen“ durch das Waldstadion. Doch außer einem Schuss von Fenin nach einem Zuspiel von Liberopoulos in der 27. Minute ergeben sich keine weiteren Chancen, sowohl Torhüter Nikolov als auch KSC-Keeper Miller werden in der ersten Halbzeit nicht einmal geprüft. Das kann nur besser werden.

Wird es aber nicht. Ein Fehlpass folgt dem nächsten, und der KSC steht den Adlern in nichts nach. Nun werden auch die Fans unruhiger, immer wieder wird Caio in Sprechchören gefordert. Und in der 61. Minute wechselt Trainer Funkel: Für Korkmaz, der sich sichtlich aufgerieben hat, kommt nicht der Brasilianer, sondern der Kapitän, Ioannis Amanatidis, obwohl sich Flüssigkeit in seinem Knie gebildet hatte. Es ist nicht bekannt, wie viel Schmerztabletten er vor dem Spiel bekommen hat, nur soviel vorweg, es wird sein letztes Spiel für eine sehr lange Zeit werden.

Es läuft die 67. Spielminute, Porcello setzt sich auf der rechten Außenbahn durch und flankt in den Strafraum. Freis nimmt den Ball volley mit der Fußsohle, doch das Leder trudelt knapp am Tor vorbei. Im direkten Gegenzug ist es Liberopoulos, der Sebastian mit einem kurzen Schlenker umkurvt, aber aus 14 Metern nur das Außennetz trifft. Danach ist wieder ein zehnminütiges Fehlpassfestival angesagt, bevor Karlsruhe plötzlich ein wenig offensiver spielt.

Die 82. Spielminute, es gibt Ecke für den KSC. Carnell flankt in den Strafraum, Nikolov zögert und Russ bleibt auf dem Rasen kleben. Nicht aber Franz, er steigt hoch, trifft den Ball mit dem Kopf und netzt ein. Das 1:0 für Karlsruhe. "Da habe ich gedacht, das darf doch nicht wahr sein", sagt Amanatidis nach dem Spiel und Spycher ergänzt: "Ich dachte, die ganze Welt hat sich gegen uns verschworen".

Nun wird es richtig laut im Waldstadion, Pfiffe gegen die Mannschaft und “Funkel-raus“-Rufe schallen durch das Oval. Die Fans haben genug. Und inmitten dieser Stimmung gibt es Freistoß für die Eintracht aus dem linken Halbfeld. Steinhöfer, der in der 76. Minute für Fenin kam, flankt prima in den Strafraum, Torhüter Miller faustet den Ball in einer Spielertraube auf Liberopoulos. Der Ball springt von dem Griechen zu Köhler, der ihn aus 5 Metern im leeren Tor versenkt. Der Ausgleich! (84.). Doch nur kurzer Jubel der Fans, es überwiegen weiterhin die Rufe gegen den Trainer. Es geht scheinbar nicht mehr um das Spiel und auch nicht mehr um den Spielstand.

Vier Minuten später, wieder Freistoß, wieder Steinhöfer, wieder gut: Der Ball fliegt im Bogen auf Finks Kopf, doch er setzt den Ball knapp neben den linken Pfosten. Die Adler machen trotz der giftigen Stimmung weiter Druck, sie wollen den Sieg. Doch plötzlich ein Ballverlust, ein langer Pass, und Freis umkurvt Russ an der linken Strafraumgrenze. Er läuft allein auf Nikolov zu, schlenzt den Ball an Oka vorbei in die lange Ecke, aber das Leder geht vorbei (89.).

Die 91. Spielminute läuft. Ecke für die Eintracht, sie wird abgewehrt, der Ball kommt aus dem Mittelfeld auf den linken Flügel zu Steinhöfer. Der flankt angeschnitten in den Strafraum, ein KSC-Spieler will klären, aber der Ball springt zu Amanatidis, der sich gegen einen Abwehrspieler durchsetzt. Der Kapitän wird nach links abgedrängt, Rambo Franz bedrängt ihn, aber Amanatidis will, er will unbedingt, er will das Tor! Mit der Fußspitze schießt er aus spitzem Winkel und wenigen Metern aufs Tor, der Ball prallt von Franz´ Fuß ab, rollt Torhüter Miller durch die Beine und ins Tor! Das 2:1 für die Eintracht!

Dann der Schlusspfiff. Amanatidis sinkt im Mittelkreis auf die Knie und reckt die Fäuste in den Himmel, es bilden sich Jubeltrauben auf dem Rasen, die Mannschaft feiert den Sieg ausgelassen. Anders als Teile des Publikums, die noch immer pfeifen und gegen den Trainer schreien - der Sieg interessiert diese “Fans“ nicht.

Neben den traurigen Reaktionen auf den Rängen gibt es zwei neue Hiobsbotschaften. Amanatidis wird am Außenmeniskus operiert werden müssen. Bei der Operation wird festgestellt, dass der Kapitän einen Knorpelschaden hat und bis mindestens März 2009 ausfallen wird. Für Chris ist die Hinrunde ebenfalls beendet: Bei einem Sturz hat er sich die Schulterkapsel so schwer verletzt, dass auch er operiert werden muss. (tr)


Stimmen zum Spiel

Ioannis Amanatidis: “Wir haben nicht an den Trainer gedacht, wir wollten nur das Spiel nicht verlieren.“

Friedhelm Funkel: “Das war ein Sieg der Leidenschaft. Dass die Mannschaft nach dem 0:1 zurückgekommen ist, ist ihr hoch anzurechnen. Die Schmährufe gegen mich und die Mannschaft waren sehr laut. Aber dass wir dieses Spiel am Ende noch gedreht haben, zeigt, wie groß der Zusammenhalt im Team ist. Ob es ein Befreiungsschlag war, werden aber erst die nächsten Spiele zeigen.“

Heribert Bruchhagen: "Kaum einer mehr im Stadion hat an den Sieg geglaubt – nur die Mannschaft. Dass die Rufe auch nach dem Siegtreffer zu hören waren, ist psychologisch kaum zu erklären, so dicht liegen Wohl und Wehe beieinander."

Peter Fischer: "Auf den Vorstandsplätzen ging es zu wie bei den Fans in der Kurve. Wir sind auf die Stühle gesprungen und uns in die Arme gefallen. Wir hatten Tränen in den Augen."

 

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